IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid der Stellungskommission Steiermark betreffend Feststellung der Tauglichkeit vom 11.10.2024, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 07.11.2024, Zl. P1983405/2-SteKoST/2024, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 2 des Wehrgesetzes 2001 – WG 2001 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , im Folgenden Beschwerdeführer, wurde vom 10. bis 11.10.2024 der Stellung unterzogen, bei der mit mündlich verkündetem Bescheid der Stellungskommission festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer tauglich ist.
Aus dem Statusblatt, einer Beilage des bei der Stellung erstellten Untersuchungsprotokolls, ergibt sich, dass beim Beschwerdeführer aufgrund der durchgeführten Untersuchung und der vom Beschwerdeführer bei der Stellung vorgelegten Befunde folgende medizinischen Diagnosen festgestellt wurden:
„Idiopathische Skoliose beim Jugendlichen, Adoleszentenskoliose - 1,2 linkskonvex, Cervicothoracal, COBB 24° sbf. Erhöhter Blutdruckwert ohne Diagnose eines Bluthochdrucks-RR 145/90, Befund zur EU“
Aus der vom Beschwerdeführer unterfertigten Niederschrift ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Beweisaufnahme (Stellungsverfahren) von obigem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt und Parteiengehör eingeräumt wurde.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und ersuchte um nochmalige Prüfung im Sinne des beigelegten Befundes seines Facharztes für Orthopädie vom 25.10.2024, weil nach den Ausführungen des Facharztes eine Verschlechterung der idiopathischen hochthoracalen Skoliose des Beschwerdeführers bei Ableisten des Grundwehrdienstes zu befürchten sei.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.11.2024 wurde die Beschwerde von der belangten Behörde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt Nach Wiedergabe des Verfahrensganges wurde wörtlich wie folgt ausgeführt:
„Alle bei der Stellungsuntersuchung von Ihnen vorgelegten Befunde und die schriftlich eingebrachte Beschwerde wurden im Zuge des Stellungsverfahrens behandelt und haben auch jeweils in der Bewertung Ihrer Eignung Niederschlag gefunden. Die bei der Stellung vom 10.10.2024 - 11.10.2024 vorgelegten Befunde von Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie orthopädischer Chirurgie und von Dr. XXXX vom LKH XXXX wurden im Zuge der Untersuchung der Untersuchungsärztin als Basis ihrer Untersuchung herangezogen. Aus dem Ergebnis der Untersuchung der Ärztin geht hervor, dass die vorgelegten Befunde berücksichtigt wurden. Das Ergebnis führte zu einer Minderung in der Wertung im medizinischem Bereich mit einem Ausnahmeprofil: (Heben, Tragen, längeres Stehen). Der mit der Beschwerde vorgelegte ärztliche Befundbericht von Dr. XXXX Facharzt für Orthopädie orthopädischer Chirurgie vom 25.10.2024 wurde ebenfalls berücksichtigt, ergibt aber keine weiteren neuen Erkenntnisse.“
4. Mit Note vom 19.11.2024 wurde seitens des Beschwerdeführers die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt und ausgeführt, dass der Befund des Facharztes auf die Beschwerden wegen der idiopathischen hochthoracalen Skoliose verweise. Der Beschwerdeführer führe ambulante Physiotherapie durch und müsse regelmäßig stationär therapiert werden und führe ein tägliches Heimübungsprogramm durch. Aufgrund der Lage der Skoliose sei eine Operation nach derzeitigem medizinischen Wissenstand nicht möglich, eine Verschlechterung sei im Wehrdienst nicht auszuschließen, weshalb eine Amtshaftung im Raum stünde.
5. Mit Schreiben der Stellungskommission Steiermark vom 26.11.2024 wurden die Beschwerde, die Beschwerdevorentscheidung, der Vorlageantrag und der gegenständliche Verfahrensakt dem BVwG vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die Beschwerde und der Vorlageantrag wurden rechtzeitig eingebracht.
1.2. Der Beschwerdeführer hat sich vom 10. bis 11.10.2024 einer Stellung für die Eignung zum Wehrdienst unterzogen und wurde für tauglich befunden.
Der Beschwerdeführer leidet – soweit hier unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen relevant – unter idiopathischer Skoliose 1,2 linkskonvex, Cervicothoracal.
Laut ärztlichem Befundbericht seines Orthopäden vom 05.05.2023 ist aufgrund des Alters und der Beschwerdefreiheit des Beschwerdeführers keine OP-Indikation zu stellen. Es sollen allerdings jährliche Therapiezyklen durchgeführt werden und wird eine stationäre Therapie bei den jährlich stattfindenden Skoliosetherapiewochen am XXXX bei Bedarf empfohlen. Eine derartige Therapie hat der Beschwerdeführer vom 18.02.2023 bis 23.02.2024 absolviert und wurde aus dieser ohne häusliche Dauermedikation entlassen. Laut ärztlichem Entlassungsbrief vom 23.02.2024 besteht keine Operationsindikation und soll der Beschwerdeführer die erlernten Übungen zu Hause sowie intermittierende physikalische Therapien im niedergelassenen Bereich fortführen.
Laut ärztlichem Befundbericht seines Facharztes vom 25.10.2024, den der Beschwerdeführer aufgesucht hat, weil er Bedenken hinsichtlich einer Verschlechterung seiner Beschwerden bei Leistung des Grundwehrdienstes habe, wurde bei gleichlautendem Befund folgendes festgehalten:
„Aus orthopädischer Sicht ist eine regelmäßige physiotherapeutische Betreuung notwendig um eine Verschlechterung der Situation zu verhindern. Hierbei sind […] physikalische Therapien mit Wirbelsäulenturnen nach Schroth und eventuell auch Massagen wichtig. 2 Zyklen pro Jahr inklusive konsequent durchgeführten Heimübungsprogramm sollten hierbei absolviert werden. Es ist der guten körperlichen muskulären Konstitution und Konsequenz von Herrn S. zu verdanken, dass er derzeit relativ beschwerdearm ist. Aus meiner Sicht besteht ein Risiko für eine Verschlechterung der stabilen Situation, sollte sich die Schlafgewohnheit sowie die Möglichkeit zur regelmäßigen Therapien und Durchführen des Heimübungsprogramm ändern. […]“
1.3. Die belangte Behörde hat die oben festgestellte gesundheitliche Beeinträchtigung im Rahmen eines sogenannten Ausnahmeprofils berücksichtigt. Dies bedeutet, dass während des Präsenzdienstes des Beschwerdeführers beim Heben, Tragen, und längerem Stehen darauf Rücksicht genommen wird.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Parteienvorbringen und den von der Partei vorgelegten Unterlagen und sind soweit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß§ 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die der Beschwerdeführer ohnehin nicht beantragt hat, konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den vorgelegten Unterlagen geklärt erscheint, sodass eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhaltes erwarten lässt. Auch die Rechtsfrage ist nicht derart komplex, dass es einer mündlichen Erörterung bedürfte. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (keine „civil rights“ betroffen) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 (kein Bezug zu EU-Normen) entgegen.
Zu Spruchpunkt A):
1. Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 – WG 2001, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 77/2024 von Bedeutung:
„§ 9. (1) In das Bundesheer dürfen als Soldaten nur österreichische Staatsbürger aufgenommen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung als Soldaten besitzen.
(2) […]
§ 17. (1) […]
(2) Die Stellungskommissionen haben die Eignung der Personen nach Abs. 1 zum Wehrdienst auf Grund der ärztlichen und psychologischen Untersuchungen mit einem der folgenden Beschlüsse festzustellen: „Tauglich“ oder „Vorübergehend untauglich“ oder „Untauglich“. Zu den Beschlüssen der Stellungskommission bedarf es der Anwesenheit aller Mitglieder und der Mehrheit der Stimmen. Ein auf „Tauglich“ lautender Beschluss bedarf jedenfalls der Zustimmung des Arztes. Erscheint für die Feststellung der Eignung eine fachärztliche Untersuchung erforderlich, so sind die Personen nach Abs. 1 von den Stellungskommissionen einer solchen Untersuchung zuzuführen.“
2. Die belangte Behörde hat die Beschwerde gegen den auf „Tauglich“ lautenden, mündlich verkündeten Stellungsbeschluss mit der Beschwerdevorentscheidung im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die beim Beschwerdeführer festgestellte gesundheitliche Einschränkung nicht derart schwerwiegend sei, dass der Beschwerdeführer nicht über die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung verfügen würde. Außerdem würde auf die vorliegende gesundheitliche Einschränkung in Form eines Ausnahmeprofils insbesondere was Heben, Tragen, und längere Stehen betrifft, Bedacht genommen werden. Auch ergäbe sich aus dem Beschwerdeführer vorgelegten Befund seines Facharztes keine weiteren neuen Erkenntnisse.
Dem ist entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht entgegen zu treten. Denn die oben unter Punkt II.1. festgestellte gesundheitliche Beeinträchtigung lässt nicht erkennen, dass dadurch die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers derart maßgeblich beeinträchtigt wäre, dass sich daraus ableiten ließe, dass es ihm an der Tauglichkeit für den Wehrdienst fehlt. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass dies der Beschwerdeführer nicht einmal selbst behauptet.
Wenn der Beschwerdeführer im Vorlageantrag darauf verweist, dass eine Verschlechterung laut Befund seines Orthopäden durch den Wehrdienst nicht ausgeschlossen werden könne, ist er darauf hinzuweisen, dass laut Befund das Risiko einer Verschlechterung bei Änderung der Schlafgewohnheit, Therapie oder Heimübungsprogramm besteht. Warum der Beschwerdeführer nicht weiter auch während der Zeit des Grundwehrdienstes seine intermittierenden physikalischen Therapien oder seine Heimübungen durchführen können sollte, bleibt offen. Auch die Ausführung, dass eine Operation nach derzeitigem medizinischen Wissenstand nicht möglich wäre ist, ist unrichtig, sondern ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden, dass keine Indikation für eine Operation besteht.
In diesem Zusammenhang ist auch auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs aufmerksam zu machen:
Im Erkenntnis vom 08.08.2002, Zl. 2002/11/0096, hat der Verwaltungsgerichtshof auch im Geltungsbereich des WG 2001 an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten und ausgeführt, dass Personen, die zwar nur in sehr eingeschränkter Weise militärisch ausgebildet werden können, die aber dennoch für bestimmte Dienstverrichtungen im Bundesheer in Betracht kommen, als "Tauglich" im Sinne des § 17 Abs. 2 WG 2001 zu qualifizieren und gemäß § 41 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. im Rahmen ihrer Dienstfähigkeit zu verwenden sind. Der Dienst im Bundesheer umfasst jedenfalls eine militärische Komponente im engeren Sinn, auf die sich auch die Ausbildung der Grundwehrdiener zu erstrecken hat. In diesem Sinne ist § 9 Abs. 1 WG 2001 zu verstehen. Gefordert ist eine körperliche Leistungsfähigkeit, die das Bedienen einer Waffe und die Aufbringung eines Mindestmaßes an Kraftanstrengung und Beweglichkeit erlaubt, um die Grundausbildung zu absolvieren. Ein auf "Tauglich" lautender Beschluss bedarf gemäß § 17 Abs. 2 letzter Satz WG 2001 der Zustimmung des Arztes. Die einem solchen Beschluss zu Grunde liegende Beurteilung muss erkennen lassen, warum der Arzt der Auffassung ist, der Stellungspflichtige besitze die notwendige körperliche und geistige Eignung im oben beschriebenen Sinn (vgl. auch VwGH 24.02.2005, 2003/11/0308).
Im vorliegenden Fall lässt sich die Feststellung der Tauglichkeit durch den Arzt der Stellungskommission problemlos nachvollziehen und der Beschwerdeführer hat letztlich keine konkreten Gründe und kein schlüssiges Argument vorgebracht, um Zweifel an dieser Einschätzung aufzuwerfen.
Nachdem das Beschwerdevorbringen unter Bedachtnahme auf die beim Beschwerdeführer festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht geeignet war, Zweifel an der festgestellten Tauglichkeit des Beschwerdeführers hervorzurufen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Insbesondere waren der belangten Behörde auch keine Ermittlungsfehler vorzuwerfen und ist der Sachverhalt entgegen der Beschwerdebehauptung auch nicht ergänzungsbedürftig. Denn die belangte Behörde hat sämtliche vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Befunde gewürdigt und in ihre Beurteilung miteibezogen. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde schließlich auch ein Ausnahmeprofil festgelegt, dementsprechend auf die gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers bei Leistung des Präsenzdienstes Rücksicht genommen wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die maßgebliche Rechtsfrage der für einen auf tauglich lautenden Stellungsbeschluss geforderten körperlichen Leistungsfähigkeit wurde in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH mehrfach behandelt. Nach der oben zu Spruchpunkt A dargelegten Rechtsprechung war im vorliegenden Fall diese als gegeben zu erachten.
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