BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde der Ehegemeinschaft XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes des Geschäftsbereiches II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 10.1.2024, AZ II/4-DZ/23-24267527010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2023:
A)
Der Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 30.11.2022 elektronisch einen Mehrfachantrag Flächen (in der Folge: MFA Flächen) für das Antragsjahr 2023. Sie beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen, darunter das Feldstück (FS) Nr. 4.
2. Am 3.2.2023 korrigierte die Beschwerdeführerin die Angaben betreffend das FS 4 dahingehend, dass Schlag (SL) Nr. 6 hinzugefügt wurde und stellte zugleich einen Antrag auf Änderung der Referenzfläche des FS 4 SL 6. Die beantragte Fläche sei im Jahr 2022 käuflich erworben worden, referenzlos und solle in Hutweide geändert werden.
3. Mit Schreiben vom 19.6.2023 informierte die AMA die Beschwerdeführerin dahingehend, dass der Antrag auf Änderung der Referenzfläche des FS 4 SL 6 nur teilweise positiv beurteilt werden konnte, da die Änderung laut Luftbild auch nur teilweise nachvollziehbar sei.
4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid gewährte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2023 Direktzahlungen in Höhe von EUR 1.381,67. Das FS 4 SL 6 wurde dabei nicht berücksichtigt, da diese beantragte Fläche die von der AMA festgelegte maximal förderfähige Fläche übersteige bzw. nicht mit der Festlegung der AMA übereinstimme (Hinweis auf § 30 GSP-AV).
5. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 16.1.2024, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, das die Beschwerdeführerin ihren MFA Flächen 2023 nunmehr korrigiert habe, weil sie das Schreiben vom 19.6.2023 übersehen und irrtümlich nicht darauf reagiert habe. Sie beantrage, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die beantragten Direktzahlungen gewährt werden oder den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.
6. In einem Nachtrag zur Beschwerde übermittelte die Beschwerdeführerin Fotos vom FS 4 SL 6 zum Nachweis, dass es sich dabei um eine Hutweidefläche von 90-100% handle, und beantragte die Neubeurteilung des Schlages.
7. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 21.3.2025 die Beschwerde und die zugehörigen Unterlagen des Verwaltungsverfahrens vor. Im Rahmen der Aktenvorlage führte die AMA im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass ein neues Berechnungsergebnis vorliege, das zu einer weiteren Prämiengewährung führen würde, wäre die AMA noch zuständig. Eine Entscheidung durch die AMA würde zu einer wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens führen (Hinweis auf § 28 Abs. 3 VwGVG).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin stellte am 30.11.2022 elektronisch einen MFA Flächen für das Antragsjahr 2023, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen, darunter das Feldstück 4.
Die Behörde erließ einen Bescheid, der sich jedoch hinsichtlich der Referenzfläche des FS 4 SL 6 als unzutreffend herausgestellt hat. Die Behörde selbst würde nunmehr eine Prämie für diese Fläche gewähren.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft mit Regeln zur Anwendung des GAP-Strategieplans (GAP-Strategieplan-Anwendungsverordnung – GSP-AV) lautet:
„Regeln zur förderfähigen Fläche
§ 22. Im Sinne dieser Verordnung bedeuten die Begriffe
1. Feldstück: eine im Bundesgebiet gelegene, eindeutig abgrenzbare Bewirtschaftungseinheit eines Landwirts mit nur einer Nutzungsart gemäß § 24, die im Geografischen Informationssystem (GIS) als Polygon digitalisiert ist und aus Schlägen besteht;
2. Schlag: eine zusammenhängende Fläche innerhalb eines Feldstücks, die für eine Vegetationsperiode hinsichtlich der Kultur (Schlagnutzungsart) bzw. die Förderung betreffenden Angaben bewirtschaftet oder in zufriedenstellendem agronomischem Zustand gemäß § 20 Abs. 3 erhalten wird und im Invekos-GIS als Polygon oder als Punkt digitalisiert ist;
[…]
Referenzparzelle
§ 23. (1) Referenzparzelle im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2022/1172 ist der physische Block, der als eindeutig nach außen abgrenzbar (zB durch Wald, Straßen, Gewässer) und durch in der Natur erkennbare, zusammenhängende Flächen gebildet wird, – bzw. bei Hutweiden und Almweideflächen der Schlag (das Segment) mit gleicher Oberflächenbeschaffenheit – und nach folgenden Arten unterschieden wird:
1. Heimgutflächen,
2. Hutweiden,
3. Almweideflächen,
4. Forstflächen und
5. Landschaftselemente.
(2) Die AMA hat
1. für jede Referenzparzelle die förderfähige Höchstfläche, die für Invekos-Maßnahmen in Betracht kommt, unter Heranziehung der §§ 27 und 29 bis 31 festzulegen und
[…]“
§ 28 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG lautet:
„(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“
Der Amtswegigkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichtet die Behörde, von Amts wegen ohne Rücksicht auf Vorträge, Verhalten und Behauptungen der Parteien die entscheidungserheblichen Tatsachen zu erforschen und deren Wahrheit festzustellen. Der Untersuchungsgrundsatz verwirklicht das Prinzip der materiellen (objektiven) Wahrheit, welcher es verbietet, den Entscheidungen einen bloß formell (subjektiv) wahren Sachverhalt zu Grund zu legen. Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde den wahren Sachverhalt hinsichtlich der von der Antragstellerin beantragten Änderung der Referenzparzelle erheben müssen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 39 Rz 3 ff). Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde. Die AMA wird im weiteren Verfahren der Beschwerdeführerin die beantragten Direktzahlungen zu gewähren haben, wenn alle zusätzlichen Bedingungen für das Vorliegen einer Referenzparzelle gemäß § 23 GSP-AV eingehalten worden sind und die förderfähige Höchstfläche für das FS 4 SL 6 neu festgelegt worden ist. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Rückverweise