G316 2307878-1/5Z
Teilerkenntnis
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina MUCKENHUBER über die Beschwerde von XXXX , StA. Polen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.02.2025, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zu Recht:
A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 02.02.2025 wurde gegen den polnischen Staatsangehörigen XXXX (im Folgenden: BF) gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Zu Spruchpunkt III. führte die belangte Behörde aus, dass der BF mit seiner strafgerichtlichen Delinquenz massiv ein Grundinteresse der Gesellschaft verletzt habe und ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Ausreise bestehe. Er weise im Bundesgebiet keine familiären Bindungen auf, welche eine aufschiebende Wirkung rechtfertigen würden. Zudem verfüge er über keine finanziellen Mittel und bestehe die Gefahr, dass der BF bei Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes erneut strafbare Handlungen begehen würde. Das Verhalten des BF stelle eine erhebliche Gefahr für die Gesellschaft dar.
Der BF erhob fristgerecht Beschwerde und führte aus, seit mehreren Jahren eine Beziehung zu seiner namentlich genannten Verlobten zu führen. Er habe mit seiner Verlobten bei seinem Schwiegervater gelebt und könne nach seiner Entlassung aus der Freiheitsstrafe dort weiter wohnen. In Polen habe er keine Familie. Er habe in Haft einen Deutschkurs besucht und dort gearbeitet. Er verfüge auch über mehrere Hundert Euro und habe daher genügend Geld für die erste Zeit nach seiner Entlassung aus der Strafhaft, bis er wieder eine Arbeit finden würde.
Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt am 19.02.2025 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist polnischer Staatsangehöriger.
Er hält sich seit August 2021 im Bundesgebiet auf.
Der BF hat eine Lebensgefährtin mit polnischer Staatsangehörigkeit, welche im Bundesgebiet lebt und arbeitet. Der BF gab an, bereits in Polen und auch im Bundesgebiet vor seiner Festnahme mit seiner Lebensgefährtin und ihrem Vater im gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben.
Während der Strafhaft wurde der BF regelmäßig von seiner Lebensgefährtin besucht.
Der BF stellte keinen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung bei der Niederlassungsbehörde.
Der BF ging im Bundesgebiet zwischen August und November 2021 mit Unterbrechungen kurzfristigen angemeldeten Beschäftigung bei drei verschiedenen Arbeitgebern nach. Darüber hinaus ging er gelegentlich unangemeldeten Tätigkeiten im Bundesgebiet nach.
1.2. Der BF wurde mehrfach strafgerichtlich verurteilt:
1) Am 01.06.2023 wurde der BF von einem Landesgericht wegen der Vergehen des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB und der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.
Dem Urteil lag zugrunde, dass der BF im September 2022 Waren im Wert von EUR 81,33 aus einem Baumarkt und im November 2022 und Mai 2023 Waren im Wert von EUR 33,03 und EUR 13,92 aus Lebensmittelgeschäften zu stehlen versuchte. Zudem unterdrückte er einen Personalausweis und einen Führerschein, welche er zuvor unabhängig voneinander fand.
Bei der Strafbemessung wurden die drei einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen mehrerer Vergehen als erschwerend sowie das teilweise reumütige Geständnis im Vorverfahren und der Umstand, dass es bei den Diebstählen beim Versuch geblieben ist als mildernd gewertet.
Das Urteil wurde aufgrund des unentschuldigten Fernbleibens des BF von der Hauptverhandlung in Abwesenheit gefällt.
2) Am 21.02.2024 wurde der BF von einem Landesgericht wegen der Vergehen des Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 15, 127, 129 Abs. 1 Z 3 StGB und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.
Dem Urteil lag zugrunde, dass der BF im Dezember 2023 Aufpasserdienste leistete, während sein Mittäter das Schloss eines versperrten E-Bikes im Wert von EUR 1.700,- mit einem Seitenschneider aufzubrechen versuchte, um dieses unrechtmäßig wegzunehmen, wobei sie bei frischer Tat betreten wurden. Weiters wurden beim BF bei der daraufhin erfolgten Festnahme zwei Bankomatkarten gefunden, über die er nicht verfügen durfte.
Bei der Strafbemessung wurden das Zusammentreffen von drei Vergehen und 11 teils einschlägige Vorstrafen als erschwerend sowie das Geständnis, der Beitrag zur Wahrheitsfindung und der teilweise Versuch als mildernd gewertet.
Der BF ab 31.12.2023 in Haft und wurde am 10.02.2025 bedingt aus der Strafhaft entlassen.
3) Der BF wurde in Polen wegen der Begehung von Vermögensdelikten mehrfach strafgerichtlich verurteilt.
1.4. Am 10.02.2024 wurde gegen den BF ein gelinderes Mittel gemäß § 77 FPG angeordnet.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Identität des BF steht aufgrund des in Kopie vorliegenden polnischen Personalausweises unstrittig fest.
Der Aufenthalt des BF seit August 2021 ergibt sich aus seinen Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 07.02.2024 und deckt sich mit den Eintragungen im Zentralen Melderegister.
Die Feststellungen zur Lebensgefährtin beruhen ebenso auf seinen Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 07.02.2024 und der Beschwerde sowie einem eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie einer Abfrage ihrer Sozialversicherungsdaten.
Die Feststellung zu den regelmäßigen Besuchen in der Justizanstalt beruhen auf der aktuell eingeholten Besucherliste der JA XXXX vom 21.02.2025.
Dass der BF keinen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung stellte, beruht auf der diesbezüglich fehlenden Eintragung im Fremdenregister.
Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet ergeben sich aus seinen Angaben in der Stellungnahme vom 07.02.2024 sowie einer Abfrage seiner Sozialversicherungsdaten.
2.2. Die strafgerichtlichen Verurteilungen im Bundesgebiet und die genauen Tatumstände sowie Strafbemessungsgründe ergeben sich aus dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 01.06.2023, XXXX und des Landesgerichts XXXX vom 21.02.2024, XXXX .
2.3. Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.04.2024.
Die Dauer der Strafhaft ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister sowie einer Mitteilung der JA XXXX vom 21.02.2025.
Die Straffälligkeit des BF in Polen beruht auf den genannten Strafurteilen des Bezirksgerichts XXXX vom 01.06.2023 und des Landesgerichts XXXX vom 21.02.2024.
2.4. Die Anordnung des gelinderen Mittels beruht auf einer entsprechenden Eintragung im Zentralen Fremdenregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur jener – trennbare – Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt, die sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) richten.
Die Entscheidung in der Hauptsache (dh. konkret gegen die Spruchpunkte I.-II. des angefochtenen Bescheides) ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.
3.2. Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Gegenständlich bringt der BF in der Beschwerde vor, seit nunmehr vier Jahren in Österreich zu leben und im Bundesgebiet ein aufrechtes Familienleben mit seiner polnischen Lebensgefährtin zu führen. Laut Besucherliste aus der Justizanstalt wurde der BF auch regelmäßig von seiner Lebensgefährtin besucht. Die Lebensgefährtin geht aktuell einer Beschäftigung im Bundesgebiet nach.
Auch wenn eine sofortige Ausreise gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aufgrund der Straffälligkeit grundsätzlich indiziert ist, macht der BF mit seinem Vorbringen ein reales Risiko einer Verletzung von Artikel 8 EMRK geltend. Weitere Ermittlungen sind daher notwendig, um im gegenständlichen Fall eine Verletzung von Artikel 8 EMRK ausschließen zu können.
Es war daher der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. stattzugeben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuzuerkennen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und solche sind auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Im Ergebnis war die Revision daher nicht zuzulassen.
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