IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 28.09.2023, nach Beschwerdevorentscheidung vom 18.03.2024, Zl. LGSOÖ/Abt.2/2023-0566-4-013855-EE, betreffend Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerdevorentscheidung wird gemäß § 56 Abs. 2 AlVG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde behoben.
II. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) vom 28.09.2023 wurde gemäß § 10 AlVG ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin für den Zeitraum von 01.09. bis 12.10.2023 den Anspruch auf Arbeitslosengeld verloren habe. Begründend wurde ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführerin auf eine vom AMS zugewiesene Stelle bei dem Unternehmen XXXX beworben habe. Am Probetag sei ihr die fixe Stelle angeboten worden, die sie jedoch abgelehnt habe. Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin über ihre rechtsfreundliche Vertreterin Beschwerde und führte aus, dass die zugewiesene Stelle aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar gewesen sei. Sie sei am Probetag noch schwanger gewesen und habe an chronisch-rezidivierendem Husten gelitten, der sich durch die Reinigungsmittel verschlechtert habe. Auch die Wirbelsäulenbeschwerden hätten sich während der Reinigungstätigkeit verschlimmert.
Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 18.03.2024, Zl. LGSOÖ/Abt.2/2023-0566-4-013855-EE, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.09.2023 abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführerin geweigert habe, die ihr trotz gesundheitlicher Einschränkungen zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG lägen nicht vor.
Die Beschwerdeführerin beantragte, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde.
II. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin bezog ab 18.02.2023, mit aus dem Bezug von Krankengeld resultierenden Unterbrechungen, Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Der Beschwerdeführerin wurde am 04.07.2023 ein Stellenangebot als Reinigungskraft bei XXXX in einem Anstellungsausmaß von 20 Wochenstunden vom AMS übermittelt. Der Tätigkeitsbereich der zugewiesenen Stelle erfasste die gründliche Reinigung der Böden von Sanitär- und Gemeinschaftsräumen, die Müllentsorgung, das Befüllen des Geschirrspülers sowie die Reinigung der Gemeinschaftsküche und der Allgemeinflächen. Es handelte sich dabei um einen kollektivvertraglich entlohnten Arbeitsplatz.
Die Beschwerdeführerin hat sich telefonisch am 06.07.2023 auf die zugewiesene Stelle beworben, woraufhin am 11.07.2023 ein Vorstellungsgespräch stattfand. Es wurde ein Termin für eine Arbeitserprobung am 24.07.2023 vereinbart, den die Beschwerdeführerin wahrgenommen hat. Die Beschwerdeführerin hätte die Arbeit am 30.08.2023 antreten können.
Die Beschwerdeführerin lehnte nach Absolvierung der Arbeitserprobung die Aufnahme des Dienstverhältnisses ab. Begründend führte sie an, dass sie entgegen vormaliger Mitteilung ihrer potentiellen Dienstgeberin neben dem Wischen des Bodens auch andere Reinigungstätigkeiten durchführen musste, wofür sie die gesundheitliche Eignung nicht aufwies.
Die Beschwerdeführerin leidet an persistierender Dorsolumbalgie bei Rotationsskoliose, am stärksten an der mittleren und oberen Brustwirbelsäule, sowie am intermittierenden Zervikalsyndrom bei Listhese C3/C4 (Grad 1,2 mm). Laut eingeholter orthopädischer Beurteilung vom 30.01.2024 ist die Beschwerdeführerin für leichte sowie leicht bis mittelschwere Tätigkeiten einsetzbar. Mittelschwere und schwere Tätigkeiten sollten nicht mehr durchgeführt werden.
Laut Leistungskalkül des arbeitsmedizinischen Gutachtens vom 01.02.2024 ist der Beschwerdeführerin die Reinigung der Böden, Müllentsorgung, Befüllung von Geschirrspüler, Reinigung der Gemeinschaftsküche und der Allgemeinflächen aus medizinischer Sicht zumutbar. Sie ist am allgemeinen Arbeitsmarkt auch als Reinigungskraft einsetzbar. Dabei ist die Beschwerdeführerin für leichte und leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten (Arbeit im Sitzen, in dauerndem Stehen oder mit langsamen Gehen, das Bedienen leicht gehender Steuerhebel und Kontroller oder ähnlicher mechanisch wirkender Einrichtungen, das Heben und Tragen in der Ebene bis zu 15 kg bis zu 5 % der Schicht, bis zu 11 kg bis zu 10 % der Schicht und bis zu 7 kg bis zu 33 % der Schicht) und im Sitzen, Stehen und Gehen vorwiegend einsetzbar. Überkopfarbeiten, Tätigkeiten mit Armvorhalt sowie vorgebeugtes, gebücktes, hockendes und kniendes Arbeiten sind fallweise möglich. Hand- und Fingergeschick liegt vor. Berufsbedingtes Lenken eines PKW, LKW oder Staplers ist mangels Führerschein nicht möglich. Arbeiten, bei denen Steighilfen benötigt werden und höhenexponierte Stellen bis auf eine Raumhöhe von 2,5 Metern, Arbeiten an unfallgefährdenden, rotierenden Maschinen sowie unter allgemein unfallgefährdenden Bedingungen sind möglich. Belastende Arbeitsbedingungen und Umwelteinflüsse (hautbelastende Exposition, atemwegsbelastende Exposition, Lärmexposition, Hitzeexposition, Nässeexposition/Feuchtarbeiten und Kälteexposition sind überwiegend möglich; Vibrationen bzw. Erschütterungen sind fallweise möglich. Publikumsverkehr ist möglich. Bildschirmarbeit ist vorwiegend möglich. Ein normales Arbeitstempo ist möglich, ein forciertes Arbeitstempo ist fallweise möglich, ein ständig forciertes Arbeitstempo ist nicht möglich. Einsetzbarkeit zu Tagesarbeitszeit, Wechselschicht und Vollzeitbeschäftigung ist möglich.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Bezug von Arbeitslosengeld, der durch den Bezug von Krankengeld unterbrochen wurde, ergibt sich aus dem Bezugsverlauf.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführerin am 04.07.2023 ein Stellenangebot als Reinigungskraft übermittelt wurde, ergibt sich aus den diesbezüglichen Dokumentationen des AMS, insbesondere dem Begleitschreiben zum Vermittlungsvorschlag. Die Feststellungen zum Tätigkeitsbereich der zugewiesenen Stelle ergeben sich aus dem Stellenangebot, jene zur Entlohnung aus dem Stellenangebot in Zusammenschau mit dem – auch von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten – Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung.
Dass sich die Beschwerdeführerin telefonisch am 06.07.2023 auf die Stelle beworben hat, am 11.07.2023 ein Vorstellungsgespräch und daraufhin am 24.07.2023 eine Arbeitserprobung stattgefunden hat, ergibt sich aus den in Aktenvermerken des AMS aufgezeichneten Aussagen der potentiellen Dienstgeberin und den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in der Beschwerde. Die Feststellung zum möglichen Arbeitsantritt am 30.08.2023 ergibt sich aus der Niederschrift des AMS vom 06.09.2023.
Die Feststellungen zur Ablehnung der Aufnahme eines Dienstverhältnisses nach erfolgter Arbeitserprobung ergeben sich aus den in der Niederschrift vom 06.09.2023 dokumentierten Angaben der potentiellen Dienstgeberin und der Beschwerdeführerin sowie den Angaben der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 05.01.2024 und Beschwerde.
Die Feststellungen zu den gesundheitlichen Einschränkungen der Beschwerdeführerin und dem Ergebnis der orthopädischen Untersuchung ergeben sich aus dem Bericht der orthopädischen Untersuchung vom 30.01.2024. Die Feststellungen zum Leistungskalkül des arbeitsmedizinischen Gutachtens vom 01.02.2024 ergeben sich aus ebendiesem Gutachten des BBRZ Österreich. Dabei wurden die Befunde des Facharztes für Hals-, Nasen und Ohrenheilkunde vom 04.09.2023 mit der Diagnose eines chronisch-rezidivierenden Hustens, ein Ambulanzbericht des XXXX vom 08.08.2023 zur Verlaufskontrolle bei Verdacht auf gestörte Frühgravidität, wobei diese bestätigt wurde (missed abortion, DD Windmole), sowie Befunde zu Röntgen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule vom November 2023 gesichtet und somit auch im Rahmen der Erstellung des Leistungskalküls berücksichtigt.
IV. Rechtliche Beurteilung:
A) I. Behebung der Beschwerdevorentscheidung:
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt zehn Wochen.
Die Beschwerde langte am 25.10.2023 beim AMS ein. Die Frist für die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung endete daher am 03.01.2024. Die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde wurde erst am 18.03.2024 versendet (ein Zustellnachweis liegt nicht vor).
Die Frist für die Erlassung des Bescheides endete am 03.01.2024. Die Beschwerdevorentscheidung wurde frühestens am 18.03.2024 zugestellt und somit erlassen. Das AMS war zu diesem Zeitpunkt für die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht mehr berechtigt. Die dennoch erlassene Beschwerdevorentscheidung stammt somit von einer unzuständigen Behörde und ist daher zu beheben.
A) II. Abweisung der Beschwerde:
1. Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen.
Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
Aus dem arbeitsmedizinischen Gutachten ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin für die Reinigung der Böden, Müllentsorgung, Befüllung des Geschirrspülers, Reinigung der Gemeinschaftsküche sowie der Reinigung der Allgemeinflächen aus medizinischer Sicht einsetzbar war. Auch aus dem Bericht der orthopädischen Untersuchung lässt sich keine Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigungsmöglichkeit als Reinigungskraft ableiten. Vielmehr geht daraus hervor, dass die Beschwerdeführerin für leichte sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten einsetzbar ist. Eine Tätigkeit als Reinigungskraft im genannten Umfang war der Beschwerdeführerin trotz ihrer Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, ihres Hustens sowie ihrer vormals bestehenden Schwangerschaft, die bei der Erstellung des Leistungskalküls ausdrücklich mitberücksichtigt wurden, sohin zumutbar.
Dem steht auch nicht das Vorbringen der Beschwerdeführerin entgegen, wonach ihr mitgeteilt worden sei, sie müsse lediglich die Böden wischen, zumal sie schon auf Grund des im Stellenangebot angegebenen Tätigkeitsbereichs von einer umfangreicheren Betätigung ausgehen musste, die ihr unter Berücksichtigung der Ergebnisse des orthopädischen und arbeitsmedizinischen Gutachtens zumutbar gewesen wäre.
Die zugewiesene Beschäftigung ist daher zumutbar.
2. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verliert die arbeitslose Person, wenn sie sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen – abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. VwGH 28.08.2019, Ra 2019/08/0065).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 25.09.2024, Ra 2024/08/0085 mwN).
Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. VwGH 27.08.2019, Ra 2019/08/0065, mwN).
Unter „Vereitelung“ im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG ist ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogene Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das – bei Zumutbarkeit der Beschäftigung – das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt (vgl. VwGH 18.06.2014, 2012/08/0187).
Die §§ 9 und 10 AlVG verlangen nicht nur, dass sich eine arbeitslose Person um die Absolvierung eines positiven Vorstellungsgesprächs bemüht, sondern auch, dass diese anschließend die Beschäftigung tatsächlich antritt, um möglichst bald aus dem Leistungsbezug nach dem AlVG wieder auszuscheiden (vgl. VwGH 22.02.2012, 2009/08/0071).
3. Der Beschwerdeführerin wurde am 04.07.2023 ein Stellenangebot als Reinigungskraft vom AMS übermittelt. Die Beschwerdeführerin bewarb sich am 06.07.2023 auf die zugewiesene Stelle, woraufhin ein Termin für eine Arbeitserprobung am 24.07.2023 vereinbart wurde, welchen die Beschwerdeführerin auch wahrgenommen hat. Nach Absolvierung der Arbeitserprobung lehnte die Beschwerdeführerin die zugewiesene Stelle ab.
Infolge der Ablehnung der Arbeitsaufnahme nach der Arbeitserprobung liegt keine unverzügliche Handlung zur Erlangung des angebotenen Arbeitsplatzes vor. Damit hat die Beschwerdeführerin das Zustandekommen eines zumutbaren Dienstverhältnisses vereitelt. Das Verhalten der Beschwerdeführerin war kausal für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses, welches sie am 30.08.2023 antreten hätte können. Der Beschwerdeführerin musste auch bewusst gewesen sein, dass ihr Verhalten nach allgemeiner Erfahrung zwangsläufig dazu führt, dass ein Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kommt. Es ist somit bedingter Vorsatz gegeben.
Damit ist der Tatbestand der Vereitelung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG erfüllt.
Die Beschwerdeführerin verliert gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß § 10 Z 1 bis 4 AlVG um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Beschwerdeführerin hat diesen Anspruch erstmalig verloren, weshalb ein Anspruchsverlust in der Dauer von sechs Wochen im Zeitraum von 01.09. bis 12.10.2023 zu Recht erfolgte.
4. Gemäß § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruchs gemäß § 10 Abs. 1 AlVG in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
Dass eine solche Beschäftigung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgenommen worden sein muss, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Grundsätzlich kann daher jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der (endgültigen) Entscheidung über die Nachsicht angetreten worden ist und auf Grund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag. Während aber im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen ist (vgl. VwGH 01.06.2001, 2000/19/0136, VwSlg. 15.621 A), werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld zu verlangen sein, damit – allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen – noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Die Beschwerdeführerin nahm am 12.02.2024 eine Beschäftigung auf. Damit liegt keine zeitliche Nähe zur Vereitelung im Juli 2023 vor. Es ist daher gemäß § 10 Abs. 3 AlVG keine Nachsicht zu erteilen.
5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Die Beschwerdeführerin beantragte ohne nähere Begründung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.
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