W122 2250982-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch HAIDER OBEREDER PILZ, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 21, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien der Telekom Austria AG vom 19.11.2021, GZ VrSt311588/2021, betreffend Besoldungsdienstalter, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben. Das Besoldungsdienstalter zum 28.02.2015 beträgt: 31 Jahre und 2 Monate.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei erhob gegen den Bescheid in Angelegenheit des Besoldungsdienstalters fristgerecht Beschwerde, welche dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Zur Klärung der unionsrechtlichen Frage der Altersdiskriminierung wurde das Verfahren durch das Bundesverwaltungsgericht ausgesetzt.
Das Vorliegen einer Altersdiskriminierung in der nationalen Einstufungsregelung wurde mit dem Urteil des EuGH vom 20.04.2023, C-650/21 nach einem Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.10.2021 wiederholt (auch EuGH 28.06.2009, C-88/08; 11.11.2014, C-530/13; 08.05.2019, C-396/17 und C-24/17) festgestellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführende Partei steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. In ihrer Einstufung sind folgende Elemente enthalten, die hinsichtlich der vor und nach dem 18. Geburtstag zurückgelegten Zeiten differenzieren:
Die Einstufung der beschwerdeführenden Partei erfolgte bislang auf der Grundlage ihres Besoldungsdienstalters in einem alten Besoldungssystem, das für diskriminierend befunden wurde. Dieses System erlaubte für die Bestimmung des Besoldungsdienstalters nur die Berücksichtigung der anrechenbaren Vordienstzeiten, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden.
Im Zuge der Überleitung aus einem alten Besoldungssystem am 12.02.2015 wurden der beschwerdeführenden Partei – im Wege eines Überleitungsbetrages – sonstige Zeiten zwischen dem 14. und dem 18. Geburtstag nur soweit angerechnet, als sie vier Jahre überstiegen. Die Erhöhung der Berücksichtigungsmöglichkeit sonstiger Zeiten vor dem 18. Geburtstag auf sieben Jahre führte daher nicht zu einer Voranstellung sonstiger Zeiten vor dem 18. Geburtstag.
Nach dem 18. Geburtstag zurückgelegte sonstige Zeiten wurden der beschwerdeführenden Partei angerechnet, während jene sonstigen Zeiten vor dem 18. Geburtstag unberücksichtigt blieben.
Bei der bislang nicht berücksichtigten sonstigen Zeit vor dem 18. Geburtstag handelt es sich weder um bereits angerechnete Zeiten der 12. Schulstufe, gleichwertige Zeiten, noch um Lehrzeiten bei einer Gebietskörperschaft.
Das (unter Nichtberücksichtigung der sonstigen Zeiten zwischen dem 14. Geburtstag und dem 18. Geburtstag festgestellte) Besoldungsdienstalter zum 28.02.2015 betrug: 29 Jahre und 2 Monate.
Vor dem 18. Geburtstag wurden bei der Überleitung per 12.02.2015 mittels Vergleichsstichtagsberechnung vorangestellt:
Zeiten der 12. Schulstufe: keine
Gleichwertige Zeiten: keine
Lehrzeiten bei einer Gebietskörperschaft: keine
Nach Hälfteanrechnung der bis dato nicht angerechneten sonstigen Zeit zwischen dem 14. und dem 18. Geburtstag hat daher das Besoldungsdienstalter zum 28.02.2015 zu lauten:
31 Jahre und 2 Monate
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen ergeben sich aus der eindeutigen Aktenlage sowie aus den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers und hinsichtlich der historischen Rechtslage aus den Feststellungen des EuGH. Die belangte Behörde ermittelte den entscheidungsrelevanten Sachverhalt im behördlichen Verfahren hinreichend und die beschwerdeführende Partei stellte die Feststellungen insbesondere zum diskriminierenden Besoldungsdienstalter, zu den Zeiten der 12. Schulstufe, zu den gleichwertigen Zeiten und zu den Lehrzeiten zwischen dem 14. und dem 18. Geburtstag nicht in Abrede.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da für den hier vorliegenden Fall in den maßgeblichen Materiengesetzen keine Senatsbestimmungen vorgesehen sind, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Entscheidungsrelevante Tatsachenannahmen wurden nicht substantiiert bestritten und es wurde kein neuer maßgeblicher Sachverhalt behauptet. Für das Bundesverwaltungsgericht sind insoweit keine Fragen der Beweiswürdigung aufgetreten und es wurden keine neuen Sachverhaltsfeststellungen getroffen (vgl. VwGH 19.12.2022, Ra 2019/06/0141).
Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe – wenn auch neue - Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung, abgesehen werden.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.
Zu A)
GehG 2010
Um die Diskriminierung wegen des Alters zu beseitigen, die sich aus der vorigen Fassung des Gehaltsgesetzes ergab und vom Gerichtshof im Urteil vom 18. Juni 2009, Hütter (C‑88/08, EU:C:2009:381), festgestellt wurde, sah § 8 des Gehaltsgesetzes 1956 (BGBl. 54/1956) in der durch die Bundesbesoldungsreform 2010 (BGBl. I 82/2010) geänderten Fassung (im Folgenden: GehG 2010) in Abs. 1 vor:
„Für die Vorrückung ist der Vorrückungsstichtag maßgebend. Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, beträgt der für die Vorrückung in die zweite in jeder Verwendungsgruppe in Betracht kommende Gehaltsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre.“
§ 12 GehG 2010 bestimmte:
„(1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären, unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:
1. die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze,
2. sonstige Zeiten, die
a) die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a erfüllen, zur Gänze,
b) die … Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a nicht erfüllen,
aa) bis zu 3 Jahren zur Gänze und
b) bis zu weiteren 3 Jahren zur Hälfte.
(1a) Das Ausmaß der gemäß Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. aa und Abs. 2 Z 6 voran gesetzten Zeiten und der gemäß Abs. 2 Z 4 lit. d voran gesetzten Lehrzeiten darf insgesamt drei Jahre nicht übersteigen. Wurde jedoch
1. eine Ausbildung gemäß Abs. 2 Z 6 abgeschlossen, die auf Grund der jeweiligen schulrechtlichen Vorschriften mehr als zwölf Schulstufen erforderte, so verlängert sich dieser Zeitraum um ein Jahr für jede über zwölf hinaus gehende Schulstufe;
2. eine Lehre gemäß Abs. 2 Z 4 lit. d abgeschlossen, die auf Grund der jeweiligen Vorschriften eine Lehrzeit von mehr als 36 Monaten erforderte, so verlängert sich dieser Zeitraum um einen Monat für jeden über 36 Monate hinaus gehenden Monat der Lehrzeit.
…“
Die Festsetzung des Stichtags für die Vorrückung eines Beamten und für seine daraus resultierende besoldungsrechtliche Stellung durfte gemäß § 113 Abs. 10 und 11 GehG 2010 nur auf Antrag vorgenommen werden, bei sonstiger Fortgeltung der bisherigen Bestimmungen in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung.
GehG 2015
Um die Diskriminierung wegen des Alters zu beseitigen, die sich aus dem GehG 2010 ergab und vom Gerichtshof im Urteil vom 11. November 2014, Schmitzer (C‑530/13, EU:C:2014:2359), festgestellt wurde, wurde das GehG 2010 durch die Bundesbesoldungsreform 2015 (BGBl. I 32/2015), durch die Dienstrechts-Novelle 2015 (BGBl. I 65/2015) und durch das Besoldungsrechtsanpassungsgesetz 2016 (BGBl. I 104/2016) rückwirkend geändert (im Folgenden: GehG 2015).
§ 8 („Einstufung und Vorrückung“) Abs. 1 GehG 2015 sah vor:
„… Für die Einstufung und die weitere Vorrückung ist das Besoldungsdienstalter maßgebend.“
In § 12 („Besoldungsdienstalter“) Abs. 1 GehG 2015 hieß es:
„Das Besoldungsdienstalter umfasst die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten.“
§ 169c GehG 2015, der die Überleitung bestehender Dienstverhältnisse in das neue Besoldungs- und Vorrückungssystem betrifft, bestimmte:
„(1) Alle Beamtinnen und Beamten der in § 169d angeführten Verwendungs- und Gehaltsgruppen, welche sich am 11. Februar 2015 im Dienststand befinden, werden nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen alleine auf Grundlage ihrer bisherigen Gehälter in das durch dieses Bundesgesetz neu geschaffene Besoldungssystem übergeleitet. Die Beamtinnen und Beamten werden zunächst aufgrund ihres bisherigen Gehalts in eine Gehaltstufe des neuen Besoldungssystems eingereiht, in welcher das bisherige Gehalt gewahrt wird. …
2) Die Überleitung der Beamtin oder des Beamten in das neue Besoldungssystem erfolgt durch eine pauschale Festsetzung ihres oder seines Besoldungsdienstalters. Für die pauschale Festsetzung ist der Überleitungsbetrag maßgebend. Der Überleitungsbetrag ist das volle Gehalt ohne allfällige außerordentliche Vorrückungen, welches bei der Bemessung des Monatsbezugs der Beamtin oder des Beamten für den Februar 2015 (Überleitungsmonat) zugrunde gelegt wurde. …
(2a) Als Überleitungsbetrag wird der Gehaltsansatz für jene Gehaltsstufe herangezogen, die für die ausbezahlten Bezüge für den Überleitungsmonat tatsächlich maßgebend war (Einstufung laut Bezugszettel). Eine Beurteilung der Gebührlichkeit der Bezüge hat dabei sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu unterbleiben. Eine nachträgliche Berichtigung der ausbezahlten Bezüge ist nur insoweit bei der Bemessung des Überleitungsbetrags zu berücksichtigen, als
1. dadurch Fehler tatsächlicher Natur berichtigt werden, welche bei der Eingabe in ein automatisches Datenverarbeitungssystem unterlaufen sind, und
2. die fehlerhafte Eingabe offenkundig von der beabsichtigten Eingabe abweicht, wie sie durch im Zeitpunkt der Eingabe bereits bestehende Urkunden belegt ist.
…
(3) Das Besoldungsdienstalter der übergeleiteten Beamtin oder des übergeleiteten Beamten wird mit jenem Zeitraum festgesetzt, der für die Vorrückung von der ersten Gehaltsstufe (Beginn des 1. Tages) in jene Gehaltsstufe derselben Verwendungsgruppe erforderlich ist, für die in der am 12. Februar 2015 geltenden Fassung das betraglich zum Überleitungsbetrag nächstniedrigere Gehalt angeführt ist. Gleicht der Überleitungsbetrag dem niedrigsten für eine Gehaltsstufe in derselben Verwendungsgruppe angeführten Betrag, so ist diese Gehaltsstufe maßgebend. Alle Vergleichsbeträge sind kaufmännisch auf ganze Euro zu runden.
(4) Das nach Abs. 3 festgesetzte Besoldungsdienstalter wird um den Zeitraum verlängert, der zwischen dem Zeitpunkt der letzten Vorrückung in ein höheres Gehalt und dem Ablauf des Überleitungsmonats vergangen ist, sofern er für die Vorrückung wirksam ist.
…“
Nach § 175 Abs. 79 Z 3 GehG 2015 treten die §§ 8 und 12 GehG 2015 samt Überschriften in der Fassung des GehG 2015 an dem der Kundmachung folgenden Tag, d. h. am 12. Februar 2015, in Kraft, wobei diese Bestimmungen in allen früheren Fassungen in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden sind.
GehG 2020
Um die Diskriminierung wegen des Alters zu beseitigen, die sich aus dem GehG 2015 ergab und vom Gerichtshof in den Urteilen vom 8. Mai 2019, Leitner (C‑396/17, im Folgenden: Urteil Leitner, EU:C:2019:375), und vom 8. Mai 2019, Österreichischer Gewerkschaftsbund (C‑24/17, EU:C:2019:373), festgestellt wurde, wurde das GehG 2015 durch die 2. Dienstrechts-Novelle 2019 (BGBl. I 58/2019) und die Dienstrechts-Novelle 2020 (BGBl. I 153/2020) geändert (im Folgenden: GehG 2020).
In § 169f GehG 2020 heißt es:
„(1) Bei Beamtinnen und Beamten,
1. die sich am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 … im Dienststand befinden und
2. die nach § 169c Abs. 1 (allenfalls in Verbindung mit § 169d Abs. 3, 4 oder 6) übergeleitet wurden und
3. deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist und
4. bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen [der Bundesbesoldungsreform 2010] vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit [dieser Reform] bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind,
ist die besoldungsrechtliche Stellung von Amts wegen bescheidmäßig neu festzusetzen.
…
(3) Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 … anhängigen Verfahren, welche die Frage der Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten, der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags, insbesondere nach § 113 Abs. 10 in der Fassung [der Bundesbesoldungsreform 2010], der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine Beamtin oder einen Beamten nach Abs. 1 Z 3 als Hauptfrage zum Gegenstand haben, erfolgt eine Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren. Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 … anhängigen Verfahren, in denen eine solche Frage als Vorfrage zu beurteilen ist, erfolgt die Beurteilung unbeschadet des § 38 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, nach Maßgabe des Abs. 6.
(4) Die Neufestsetzung nach den Abs. 1 bis 3 erfolgt nach Ermittlung des Vergleichsstichtags (§ 169g) durch Feststellung des Besoldungsdienstalters zum Ablauf des 28. Februar 2015. Das Besoldungsdienstalter nach § 169c erhöht sich um den zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegenden Zeitraum, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt, andernfalls vermindert es sich um diesen Zeitraum. Für den Vergleich ist der letzte Vorrückungsstichtag maßgebend, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde.
…
(6) Die Bemessung der Bezüge erfolgt rückwirkend unter Berücksichtigung der für die Vorrückung wirksamen Dienstzeit
1. im Fall des Abs. 4 (für Zeiten vor dem 1. März 2015 unter Anwendung von § 169c Abs. 6b in der geltenden Fassung und § 8 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2015 …) nach Maßgabe des neu festgesetzten Besoldungsdienstalters …
…“
§ 169g GehG 2020 bestimmt:
„(1) Der Vergleichsstichtag wird dadurch ermittelt, dass die nach Erreichen des Mindestalters für eine Beschäftigung im Rahmen eines Systems der dualen Ausbildung nach Art. 4 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz, in der Fassung ABl. Nr. L 216 vom 20.08.1994[,] S. 12, zurückgelegten Zeiten, die bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtags voranzustellen waren oder bei Außerachtlassung der Altersgrenze von 18 Jahren voranzustellen gewesen wären, nach Maßgabe der Abs. 2 bis 6 dem Tag der Anstellung vorangestellt werden.
(2) Für die Ermittlung des Vergleichsstichtags sind folgende Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag nach Maßgabe der Abs. 3 bis 6 anzuwenden:
1. § 12 in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 96/2007,
2. § 12a in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2011, BGBl. I Nr. 140/2011,
3. § 113 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 176/2004,
4. § 113a in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 53/2007, und
5. die Anlage 1 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2004 …
Maßgebend sind die Bestimmungen für jene Verwendungsgruppe, welcher die Beamtin oder der Beamte im Zeitpunkt der Festsetzung des Vorrückungsstichtags nach § 169f Abs. 4 letzter Satz angehört hat.
(3) Abweichend von den Bestimmungen nach Abs. 2 Z 1 bis 5
1. treten an Stelle der vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten die vor Erreichen des Mindestalters für eine Beschäftigung im Rahmen eines Systems der dualen Ausbildung nach Art. 4 Abs. 2 lit. b der Richtlinie [94/33] liegenden Zeiten;
2. sind bei Beamtinnen und Beamten, für deren Verwendungsgruppen die Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag eine Voranstellung von Zeiten des erfolgreichen Studiums an einer höheren Schule vorsehen, ausschließlich jene Zeiten als Zeiten des erfolgreichen Studiums an einer höheren Schule voranzustellen, die
a) zwischen dem Ablauf des 31. August jenes Kalenderjahres, in dem die Beamtin oder der Beamte die Aufnahme in die zwölfte Schulstufe erreicht hat, und
b) dem Ablauf des 30. Juni des nachfolgenden Kalenderjahres
zurückgelegt wurden. Wenn die für die Beamtin oder den Beamten geltenden schulrechtlichen Vorschriften eine Regelstudiendauer von mehr als zwölf Schulstufen vorsehen, so verlängert sich der voranzustellende Zeitraum für jede weitere Schulstufe um ein Jahr;
3. sind mit Zustimmung der Bundesministerin oder des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Zeiten einer gleichwertigen Berufstätigkeit nach § 12 Abs. 2 Z 1a zur Gänze zu berücksichtigen, die
a) vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden oder
b) nach Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden, wenn für die Voranstellung von sonstigen Zeiten im öffentlichen Interesse nach § 12 Abs. 3 in der damals geltenden Fassung eine Höchstgrenze gesetzlich vorgesehen war.
Bei der Bemessung eines allfälligen Überstellungsverlusts gelten diese Zeiten als Zeiten in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft;
4. sind sonstige Zeiten, die bis zum Höchstausmaß von drei Jahren zur Hälfte zu berücksichtigen sind, bis zum Höchstausmaß von sieben Jahren zur Hälfte zu berücksichtigen;
5. sind Zeiten in einem Ausbildungsverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft als Lehrling nur dann voranzustellen, wenn die Beamtin oder der Beamte nach dem 31. März 2000 ins Dienstverhältnis eingetreten ist;
6. sind Zeiten einer Tätigkeit als Wissenschaftlicher (Künstlerischer) Mitarbeiter (in Ausbildung) gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste, BGBl. Nr. 463/1974, nur dann voranzustellen, wenn die Beamtin oder der Beamte nach dem 30. September 2001 ins Dienstverhältnis eingetreten ist.
(4) Die zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten sind bei der Ermittlung des Vergleichsstichtags nur insoweit voranzustellen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen.
(5) Wenn für die Voranstellung von Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres ein Höchstausmaß oder ein Verlust wie im Fall einer Überstellung gesetzlich vorgesehen war, sind diese Bestimmungen gleichermaßen auf alle zu berücksichtigenden Zeiten anzuwenden.
(6) Soweit die Abs. 3 bis 5 keine abweichenden Regelungen vorsehen, ist bei der Voranstellung von Zeiten von entschiedener Sache hinsichtlich der nach Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten auszugehen, wenn diese bereits bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtags (§ 169f Abs. 4 letzter Satz) nach den Bestimmungen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 5 oder nach früher geltenden Fassungen dieser Bestimmungen zur Gänze vorangestellt oder nicht vorangestellt wurden.“
Der österreichische Gesetzgeber wollte „mit dem Erlass von § 169f Abs. 1 GehG 2020 von Amts wegen die besoldungsrechtliche Stellung von im Dienststand befindlichen Beamten, auf die ein Mechanismus zu einer Neueinstufung angewandt wurde, die anhand eines ‚Überleitungsbetrags‘ gemäß § 169c Abs. 2 GehG 2015 vorgenommen wurde, festlegen, obwohl dieser Überleitungsbetrag auf der Grundlage von Vorschriften ermittelt worden war, die für die Berücksichtigung anrechenbarer Vordienstzeiten danach unterschieden, ob die fraglichen Zeiten vor oder nach dem 18. Geburtstag der Betroffenen lagen.“ (EuGH, 20.04.2023, C-650/21, Rz 50)
Der in § 169g Abs. 4 GehG geregelte Pauschalabzug von 4 Jahren („nur insoweit voranzustellen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen“) wurde auf die beschwerdeführende Partei angewendet, widerspricht aber – nach dem diesbezüglich klaren Wortlaut des EuGH (20.04.2023, C-650/21) – dem Unionsrecht:
„Die Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf in Verbindung mit Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind dahin auszulegen,
dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen,
nach der die Einstufung eines Beamten auf der Grundlage seines Besoldungsdienstalters in einem alten Besoldungssystem erfolgt, das für diskriminierend befunden wurde, weil dieses System für die Zwecke der Bestimmung des Besoldungsdienstalters nur die Berücksichtigung der anrechenbaren Vordienstzeiten erlaubte, die nach Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt wurden und damit vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegte Vordienstzeiten ausschloss, soweit diese Regelung eine Korrektur der ursprünglich ermittelten anrechenbaren Vordienstzeiten durch Ermittlung eines Vergleichsstichtags vorsieht, bei dem für die Zwecke der Bestimmung des Besoldungsdienstalters nunmehr vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegte anrechenbare Vordienstzeiten berücksichtigt werden, wenn zum einen hinsichtlich der nach dem 18. Geburtstag zurückgelegten Zeiten nur die zur Hälfte zu berücksichtigenden ‚sonstigen Zeiten‘ berücksichtigt werden und zum anderen diese ‚sonstigen Zeiten‘
von drei auf sieben Jahre erhöht werden, jedoch nur insoweit berücksichtigt werden, als sie vier Jahre übersteigen.“
Die Benachteiligung des Alters lag darin, dass der beschwerdeführenden Partei sonstige Zeiten vor dem 18. Geburtstag nicht angerechnet werden konnten, obgleich sie angerechnet wurden, wenn sie nach dem 18. Geburtstag zurückgelegt wurden. Die nunmehr heranzuziehende Grenze des 14. Geburtstages entspricht der Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz.
Durch die Verbesserung der sonstigen Zeiten um die Hälfte der zwischen Vollendung des 14. und der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden - bis dato nicht angerechneten Zeit – wird diese Unionsrechtswidrigkeit beseitigt.
Eine Beschränkung der Berechnung auf den vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Teil des Besoldungsdienstalters ist – abweichend vom Prinzip der ungeteilten Feststellung des Besoldungsdienstalters – möglich, da die Teilrechtskraft des seinerzeitigen Vorrückungsstichtagsbescheides in § 169g Abs. 6 GehG normiert wird. In diese entschiedene Sache war – nach unionsrechtlich gebotener minimalinvasiver Anpassung der sonstigen Zeiten – nicht einzugreifen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an einer Rechtsprechung fehlt. Insbesondere das Zusammenwirken der beiden in den Spruchpunkten 1. und 2. des oben genannten EuGH Urteils vom 20.04.2023 beschriebenen Diskriminierungen erscheint ungelöst.
Die Heranziehung der mittels Verkürzung der fünfjährigen Verweildauer in der Gehaltsstufe 1 (unionsrechtsunmittelbar und contra legem) entdiskriminierten Fälle als Maßstab zur nunmehrigen Entdiskriminierung scheidet aus, da gem. § 169f Abs. 4 GehG für den Vergleich der letzte Vorrückungsstichtag, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde, auch für jene Fälle maßgebend ist.
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