W132 2255455-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.03.2023 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang: 1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat mit Bescheid vom 02.04.2008 einen Antrag des Beschwerdeführers vom 22.11.2007 auf Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des in Höhe von 20 vH objektivierten Grades der Behinderung abgewiesen. 2. Mit Bescheid vom 16.04.2009 hat die belangten Behörde einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses des Beschwerdeführers aufgrund des in Höhe von 40 vH festgestellt Grades der Behinderung abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Bescheid der Bundesberufungskommission vom 21.05.2010 abgewiesen. 3. Ein neuerlicher Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 06.03.2014 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.08.2014 aufgrund des weiterhin mit 40 vH objektivierten Grades der Behinderung abgewiesen. 4. Mit Bescheid vom 27.10.2016 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 01.07.2016 auf Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des mit 40 vH objektivierten Grades der Behinderung abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2019 stattgegeben. Es wurde ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH festgestellt. 4.1. Am 26.09.2019 hat die belangten Behörde dem Beschwerdeführer einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen. 5. Mit Bescheid vom 07.10.2021 hat die belangte Behörde einen Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2022, GZ XXXX abgewiesen. 6. Der Beschwerdeführer hat am 30.12.2019 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO gestellt, welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gilt. 6.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.03.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen. 6.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten des Parteiengehörs wurden unter Vorlage medizinischer Beweismittel Einwendungen erhoben. 6.3 Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten, Dris. XXXX , Facharzt für Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.01.2021, mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder die erhobenen Einwendungen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen. 6.4. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurden unter Vorlage medizinischer Beweismittel Einwendungen erhoben. 6.5. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 09.03.2021 datierte medizinische Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass die erhobenen Einwendungen nicht geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen. 6.6. Mit Bescheid vom 11.03.2021 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Als Beilage zum Bescheid wurden das Gutachten Dris. XXXX vom 12.01.2021 und dessen medizinische Stellungnahme vom 09.03.2021 zur Kenntnis gebracht. 7. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers ohne Vorlage weiterer Beweismittel fristgerecht Beschwerde erhoben. 7.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in Erledigung der Beschwerde mit Beschluss vom 15.11.2021 GZ XXXX , den angefochtenen Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Der belangten Behörde wurde insbesondere aufgetragen, medizinische Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Innere Medizin, basierend auf persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers, einzuholen. 8. Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin, und Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie und Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers am 21.12.2021 und 01.02.2022 mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen. 8.1. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurden ohne Vorlage medizinischer Beweismittel Einwendungen erhoben. 8.2. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde eine auf der Aktenlage basierende medizinische Stellungnahme vom bereits befassten Sachverständigen Dr. XXXX mit dem Ergebnis eingeholt, dass die erhobenen Einwendungen nicht geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen. 8.3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.04.2022 hat die belangte Behörde den Antrag den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Als Beilage zum Bescheid wurde der eingeholte Sachverständigenbeweis zur Kenntnis gebracht. 9. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass beim Beschwerdeführer schwere, nicht auskorrigierte Schmerzen und Einschränkungen infolge einer Knie-Operation 2021 mit Implantat vorlägen. Auf Grund starker Schwellungen und Schmerzen sei er nicht in der Lage eine Wegstrecke von 300 bis 400 M zurückzulegen. Hinzu komme die Harninkontinenz, durch welche er immer in der Lage sein müsse eine Toilette zu erreichen. Er leide an chronischen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und Kniegelenke und sei daher in seiner Bewegungs- und Leistungsfähigkeit derart eingeschränkt, dass das Erreichen von öffentlichen Verkehrsmitteln ein großes Hindernis darstelle. Auch seien Liftanlagen in der Regel nur beim Ausstieg vorhanden. Der Beschwerdeführer sei auf einen Sitzplatz angewiesen, da das linke Bein erheblich beeinträchtigt sei. Durch die ruckartigen Bewegungen während der Fahrt bestehe Sturz- bzw. Verletzungsgefahr. Die Überwindung von Niveauunterschieden bedürfe der Zeit und Ruhe, welche bei stark frequentierten Stationen nicht gegeben sei, weshalb ein Ein- und Aussteigen nicht ohne Gefahr für den Beschwerdeführer möglich sei. Der Beschwerdeführer trage entgegen den Angaben im Gutachten immer orthopädische Schuhe, da eine Beinlängendifferenz von 1,7 bzw. 2 cm bestehe und er diese benötige um sicherer in der Bewegung zu sein und Hüftgelenke und Wirbelsäule zu entlasten. Der Tinnitus des Beschwerdeführers sei nicht berücksichtigt worden, durch welchen er oft spontane, kurzzeitige Gehörausfälle sowie Konzentrationsschwierigkeiten erleide und er durch diese Irritation nur eingeschränkt fähig sei, sich auf Stresssituation einzustellen. Aus dem Entlassungsbericht der Rehaklinik vom 29.02.2021 gehe hervor, dass der Zehengang links erschwert und der Fersengang links nicht möglich sei. Die dadurch vorliegende starke Bewegungseinschränkung mache die Zusatzeintragung unerlässlich. Die Schlussfolgerungen der Sachverständigen seien insgesamt daher nicht schlüssig. 9.1. Mit dem – im Bundesverwaltungsgericht am 01.06.2022 eingelangten – Schreiben vom 31.05.2022 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt. 9.2. Im Zuge der Ladung zur persönlichen Untersuchung wurde der Beschwerdeführer im Wege der bevollmächtigten Vertretung darauf hingewiesen, dass gemäß § 46 BBG neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. 9.3. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von DDr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 01.09.2022, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen. 9.4. Im Zuge der persönlichen Untersuchung wurden vom Beschwerdeführer weitere medizinische Unterlagen in Vorlage gebracht.
Der Beschwerdeführer hat zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Wesentlichen vorgebracht, dass die Aussagen im Gutachten nicht zutreffend seien. Es sei keine ausreichende Stellungnahme zu den beim Beschwerdeführer bestehenden Schmerzen getroffen worden. Der Beschwerdeführer leide sehr wohl unter starken Schmerzen beim Gehen und sei ihm die Verwendung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar, weil er eine Wegstrecke von 300 bis 400 m nicht ohne starke Schmerzen zurücklegen könne. 9.6. Am 17.03.2023 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, dessen bevollmächtigte Vertreterin und die medizinische Sachverständige DDr. XXXX teilnahmen. Die belangte Behörde hat nicht an der Verhandlung teilgenommen. Die medizinische Sachverständige nahm zu den erhobenen Einwendungen eingehend Stellung und erstattete diesbezüglich ein ergänzendes Sachverständigengutachten. In der Folge wurden die Auswirkungen der beim Beschwerdeführer festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingehend erörtert. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben sein Vorbringen ausführlich zu erläuterten und nahm die Sachverständige dazu umfassend Stellung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen: 1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.
Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 01.06.2022 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Die weiteren Beweismittel wurden im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 01.09.2022 und somit nach dem 01.06.2022 vorgelegt. 1.2. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. 1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand adipös.
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.
Thorax: symmetrisch, elastisch. Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: Rektusdiastase, Umbilikalhernie etwa 3 cm, sonst klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz. Inkontinenzhose wird getragen. lntegument: unauffällig.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, Muskelverhältnisse: Links geringgradig geschwächt. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Schulter links: endlagige Bewegungsschmerzen, nicht verkürzt, nicht verbacken, keine Impingementsymptomatik. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Schultern rechts frei, links F und S 0/120, Rotation endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke links 0/20/130, rechts 0/0/140, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind rechts uneingeschränkt durchführbar, links bis zum linken Ohr bzw. linken ISG möglich. Links Dysdiadochokinese, geringgradig spastisch. Kraft proximal und distal bds. KG 5/5.
Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich, Zehenballenstand und Fersenstand beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken möglich, links etwas kürzer durchgeführt, bds. kein Einsinken. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich. Die Beinachse ist im Lot. Muskelverhältnisse: Bandmaß Oberschenkel rechts 53 cm, links 51 cm, Unterschenkel rechts 43 cm, links 40 cm. Beinlänge nicht ident, links -2 cm. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, bds. Varizen, die Sensibilität wird links als herabgesetzt angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Kniegelenk rechts: Narbe bei Knietotalendoprothese, keine wesentliche Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, stabil. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Geringgradig Spitzfußhaltung links. Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie bds. 0/0/130, Sprunggelenk links endlagige Einschränkung der Beweglichkeit, Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Kraft proximal und distal KG 5/5.
Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule. Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich. BWS/LWS: FBA 20 cm. Rotation und Seitneigen 20°. Lasegue bds. negativ.
Gesamtmobilität – Gangbild am 01.09.2022: Kommt selbständig gehend mit orthopädischen Schuhen mit Längenausgleich links +1,7 cm, mit einer Unterarmstützkrücke, das Gangbild ist geringgradig links hinkend, geringgradig breitspurig. Schrittlänge nicht verkürzt, nicht unsicher. Richtungswechsel ohne Anhalten möglich. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert: Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Art der Funktionseinschränkungen:
- Hemiparese links
- Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
- Abnützungserscheinungen am Bewegungsapparat
- Beinverkürzung links 2 cm
- Obstruktives Schlafapnoesyndrom mit CPAP-Therapie
- Diabetes mellitus II
- Arterielle Hypertonie, Vorhofflimmern
- Depressio
- Krampfaderbildung untere Extremität bds. 1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Der Beschwerdeführer kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen, bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht erheblich erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht in hohem Maße auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich – auch im Gesamtbild – nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Es liegen weder erhebliche dauerhafte Einschränkungen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Leistungsfähigkeit vor.
Die cardiopulmonale Leistungsbreite ist ausreichend.
Es ist eine für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichende Funktionsfähigkeit des Stütz- und Bewegungsapparates gegeben. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule erreichen auch im Zusammenwirken mit der geringgradigen Hemisymptomatik links sowie der geringgradigen Bewegungseinschränkung der linken oberen Extremität kein Ausmaß, welches das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln maßgebend behindern würde.
Der Beschwerdeführer ist unter Verwendung von Hilfsmitteln (orthopädisches Schuhwerk, Stützkrücke) ausreichend in der Lage, sich fortzubewegen.
Die Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten ist ausreichend. Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist hinreichend möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Es besteht ausreichend Kraft an den oberen Extremitäten. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend.
Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet sind.
Bezüglich die vorgebrachten Schmerzen und Einschränkungen des Bewegungsapparates sind zumutbare und erfolgversprechende Therapieoptionen in Form von Intensivierung der Schmerztherapie, Muskelaufbau und rehabilitative Maßnahmen zur allgemeinen körperlichen Stabilisierung und Konditionierung gegeben, da in dieser Hinsicht das Behandlungsangebot nicht voll ausgeschöpft ist.
Beim Beschwerdeführer liegen auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
2. Beweiswürdigung: Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt. Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und bis 01.06.2022 vorgelegten Beweismittel:
Das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten DDris. XXXX ist auch in Zusammenschau mit den durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten hinsichtlich der beschriebenen Leidenszustände und der Beurteilung der Funktionseinschränkungen vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend Stellung genommen. Die getroffene Beurteilung entspricht den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Der eingeholte Sachverständigenbeweis wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert. Der Beschwerdeführer hatte die Möglichkeit, Fragen an die Sachverständige zu richten und ein ergänzendes Vorbringen zu erstatten. Die Sachverständige hat die Fragen des Beschwerdeführers und des Senates ausführlich, umfassend und für einen Laien verständlich sowie widerspruchsfrei und fachärztlich überzeugend beantwortet.
Die Sachverständige begründet ihre im Gutachten getroffenen Schlussfolgerungen unter detaillierter Darlegung der durchgeführten Untersuchungsmethoden schlüssig und nachvollziehbar, indem sie zusammenfasst, dass weder aus dem erhobenen orthopädischen Status noch aus den vorliegenden medizinischen Beweismitteln eine erhebliche Einschränkung der Gesamtmobilität abzuleiten ist. Sie erläutert anschaulich, dass sich im Rahmen der persönlichen Untersuchung das Gangbild unter Verwendung einer Stützkrücke nur geringgradig links hinkend und geringgradig breitspurig zeigte, die Schrittlänge aber nicht verkürzt war und sich das Gangbild insgesamt nicht unsicher darstellte.
Sie führt weiter im Einklang mit dem Untersuchungsbefund schlüssig aus, dass die Wirbelsäule eine gute Beweglichkeit bei nur mäßigen Verspannungen aufweist, bei der Überprüfung der Kraft bei bekannter Hemiparese kein klinisch objektivierbares Defizit erhoben werden konnte, an der linken oberen Extremität zwar eine Seitendifferenz der Bemuskelung und eine geringgradige Spastizität vorliegen, die Beweglichkeit der linken Schulter und des linken Ellbogens jedoch nur geringgradig eingeschränkt ist, sowie die Beweglichkeit der Kniegelenke und aller anderen Gelenken der unteren Extremitäten im Rahmen der Untersuchung als gut objektiviert werden konnte, was insgesamt im Einklang mit dem feststellbaren Gangbild bei geringgradiger Hemisymptomatik links steht.
Auf Grund des erhobenen klinischen Status kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei auf einen Sitzplatz angewiesen, da erhöhte Sturzgefahr bestehen, nicht gefolgt werden. Ebenso kann auf Grundes des vorliegenden Bewegungsumfanges und der vorliegenden Kraftgrade nicht darauf geschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer das Überwinden von Niveauunterschieden und Anhalten an Haltegriffen erheblich erschwert wäre.
Zudem ist der Beschwerdeführer dem erhobenen klinischen Befund hinsichtlich der Bewegungsumfänge und des Kraftausmaßes auch nicht konkret entgegengetreten.
Zu den vom Beschwerdeführer angeführten Schmerzen erläutert die Sachverständige anschaulich, dass die mit den Abnützungserscheinungen einhergehenden Schmerzen einer multimodalen Therapie zugänglich sind, sodass dadurch die Fähigkeit 300 bis 400 m zu gehen nicht erheblich erschwert wird. Die mit den Leiden einhergehenden Schmerzen, wie sie vom Beschwerdeführer beschrieben werden, sind mit Bedarfsmedikation der WHO-Klasse 1 beherrschbar und es bestehen erfolgversprechende und zumutbare Therapieoptionen in Form von Intensivierung der Schmerztherapie, welche als Dauertherapie möglich ist, und muskelaufbauenden sowie rehabilitativen Maßnahmen zur allgemeinen körperlichen Stabilisierung und Konditionierung.
Auch hat der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar begründet, warum er ohne Krücke zur Beschwerdeverhandlung kam und damit ein schlechteres Gangbild demonstrierte, obwohl er selbst zugesteht, dass er sich mit Krücke sicherer fühle. Vor diesem Hintergrund ist nicht überzeugend, dass der Beschwerdeführer ohne Krücke erschien, weil sein Sohn ihn mit dem Auto gebracht habe. Ein durch eine Krücke gesicherter Gang wäre auch vom Auto zum Verhandlungssaal indiziert.
Zum Vorbringen, der Beschwerdeführer leide an Harninkontinenz ist festzuhalten, dass dem durch Verwendung zumutbare Hilfsmittel (Hygieneeinlagen) begegnet werden kann. Eine eventuelle Geruchsbelästigung tritt erst nach mehreren Stunden auf, weshalb der Einlagenwechsel rechtzeitig erfolgen kann.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführer leide an Tinnitus welcher nicht berücksichtigt worden sei, ist festzuhalten, dass Tinnitus an sich keine für die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevante Gesundheitsschädigungen darstellt. Befunde, welche die vorgebrachten kurzzeitigen Gehörausfälle, erhebliche Konzentrationsschwierigkeiten oder die vorgebrachte Irritation mit nur eingeschränkter Fähigkeit sich auf Stresssituationen einstellen zu können, dokumentieren würden, wurden nicht in Vorlage gebracht und konnte solche auch nicht objektiviert werden.
Das Sachverständigengutachten DDris. XXXX steht in Verbindung mit dem in der Beschwerdeverhandlung erstatteten Ergänzungsgutachten mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Das Beschwerdevorbringen iVm den im Rahmen der Beschwerdeverhandlung erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers waren nicht geeignet, den eingeholten Sachverständigenbeweis zu entkräften und eine geänderte Beurteilung zu begründen. Die Vorbringen und Ausführungen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung überzeugend in Zweifel zu ziehen.
Zur Erörterung der Rechtsfragen, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist sowie dass die nachgereichten Beweismittel der Neuerungsbeschränkung unterliegen, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) 1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 – 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015)
Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, „Leben am Land“) oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden. (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258, 19.12.2017, Zl. Ra 2017/11/0288)
Wie unter Punkt II.2. ausgeführt, war der Sachverständigen zu folgen, dass weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen. Das Beschwerdevorbringen und die vorliegenden Beweismittel sind nicht geeignet darzutun, dass die gutachterliche Beurteilung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Dem Vorbringen und den vorgelegten Beweismitteln konnten keine fundierten Anhaltspunkte entnommen werden, welche geeignet wären, das Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises zu entkräften.
Es bestehen einerseits zumutbare und erfolgversprechende medikamentöse und nicht medikamentöse Therapieoptionen, welche vom Beschwerdeführer nicht ausgeschöpft werden. Andererseits konnte eine ausreichende Gesamtmobilität objektiviert werden. Therapierefraktion – das heißt es stünde keine therapeutische Option mehr offen – liegt nicht vor.
Da es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, ist ein Vorbringen betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel) oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden.
Das die Infrastruktur und die örtlichen Gegebenheiten im Wohngebiet des Beschwerdeführers betreffende Vorbringen des Beschwerdeführers ist daher nicht zielführend. Dem von DDr. XXXX beschriebenen Bewegungsumfang ist der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten.
Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. (§ 46 BBG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 57/2015)
§ 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 tritt mit 1. Juli 2015 in Kraft. (§ 54 Abs. 18 BBG)
Da die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 01.06.2022 vorgelegt worden ist, sind nach diesem Zeitpunkt nachgereichte Beweismittel nicht zu berücksichtigen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie zu § 46 letzter Satz BBG stützen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine – von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende – Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
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