W-139-2008219-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat gemäß § 6 BVwGG iVm 292 Abs 1 BVergG durch die Richterin Mag. Kristina Hofer als Einzelrichterin im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 312 Abs 2 Z 1 BVergG betreffend das Vergabeverfahren "Inkontinenzversorgung" über den Antrag der XXXX, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, vom 26. Mai 2014 beschlossen:
SPRUCH
A
I
Der Antrag, das "Vergabeverfahren,Inkontinenzversorgung' wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution im Sinn einer Fortlaufshemmung ausgesetzt", wird abgewiesen.
II
Dem Antrag, "der Lauf der Angebotsfrist im Vergabeverfahren ,Inkontinenzversorgung' wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution im Sinn einer Fortlaufshemmung ausgesetzt", wird stattgegeben.
Die Angebotsfrist im Vergabeverfahren "Inkontinenzversorgung" wird für die Dauer des gegenständlichen, beim Bundesverwaltungsgericht zu GZ W139 2008219-1 geführten Nachprüfungsverfahrens ausgesetzt.
B
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG
Verfahrensgang
Die Antragstellerin stellte mit Schriftsatz vom 26. Mai 2014 das im Spruch ersichtliche Begehren. Darüber hinaus beantragte sie neben Akteneinsicht und Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren Folgendes:
Das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung
die Ausschreibung zur Gänze für nichtig erklären
- für den Fall der Nicht-Stattgebung dieses Antrags -
die folgenden Bestimmungen der Ausschreibung für nichtig erklären:
Punkt 1.2 der Ausschreibungsunterlage
Punkt 1.3 der Ausschreibungsunterlage
Punkt 1.15 der Ausschreibungsunterlage,
Punkt 1.20 der Ausschreibungsunterlage,
Abschnitt 3 der Ausschreibungsunterlage zur Gänze bzw. - im Fall der Nicht-Stattgebung dieses Antrages - die Punkte 3.1, 3.3.2, 3.3.3 und 3.4, 3.5
Punkt 4.3 der Ausschreibungsunterlage,
Punkt 4.6 der Ausschreibungsunterlage,
Punkt 4.8 der Ausschreibungsunterlage,
Punkt 4.13 der Ausschreibungsunterlage,
Punkt 4.14 der Ausschreibungsunterlage
Punkt 4.15 der Ausschreibungsunterlage,
Punkt 4.18 der Ausschreibungsunterlage,
Punkt 4.19 der Ausschreibungsunterlage,
Punkt 4.21 der Ausschreibungsunterlage"
Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Kärntner Gebietskrankenkasse führe ein offenes Verfahren zum Abschluss eines Lieferauftrages im Oberschwellenbereich durch, das in der Bekanntmachung unter Angabe der CPV-Codes "85142400 und 33141110" als "Inkontinenzversorgung" bezeichnet sei (Amtsblatt der EU 2014/S 089-155050 veröffentlicht am 8. Mai 2014). Gegenstand des Verfahrens sei die Lieferung von Inkontinenzartikeln sowie die Lieferung von Verbandsstoffen. Demgegenüber sei in der Vorinformation (Amtsblatt der EU 2014/S 023-035512, veröffentlicht am 1. Februar 2014) der Lieferauftrag als "Inkontinentsversorgung, Rollstühle (33193120), Sauerstoffkonzentratoren (33157400), Ordinationsbedarf (33140000)" bezeichnet. Als CPV-Code werde "85142400" angegeben.
Schlusstermin für den Eingang der Angebote sei der 3. Juni 2014, 10.00 Uhr. Schlusstermin für die Anforderung oder Einsichtnahme der Unterlagen der 30. Mai 2014, 12.00 Uhr. Die Ausschreibungsunterlagen seien von der Auftraggeberin per Post versandt worden. Eine Bieteranfrage der XXXX vom 16. Mai 2014, ob die Stückzahl der Wundversorgungsprodukte die Anzahl der Sets oder jene der Stück sei, sei bislang nicht beantwortet worden.
Der Nachprüfungsantrag richte sich gegen die Ausschreibung in ihrer Gesamtheit bzw in eventu gegen einzelne Ausschreibungsbestimmungen. Die Auftraggeberin habe unzulässigerweise die Angebotsfrist auf 29 Tage verkürzt. Die Voraussetzungen für eine Fristverkürzung seien aber nicht erfüllt, da sich die Vorinformation auf andere Leistungen als die Ausschreibung beziehe und damit keine § 61 BVergG entsprechende Vorinformation vorliege. Darüber hinaus versende die Auftraggeberin entgegen § 43 Abs 1 BVergG die Ausschreibungsunterlagen trotz der extrem kurzen Angebotsfrist per Post. Die Ausschreibungsunterlage sei im vorliegenden offenen Verfahren nur bis 30. Mai 2014, 12:00 Uhr, anzufordern, obwohl die Angebotsfrist erst am 3. Juni 2014, 10:00 Uhr ende. Die Festlegung eines zwingenden Termins für die Ausgabe der Ausschreibungsunterlagen im offenen Verfahren verletze die Bestimmungen über die Angebotsfrist und stelle einen zwingenden Widerrufsgrund dar. Das Verfahren sei daher zwingend zu widerrufen. Die Auftraggeberin habe durch Nichtbeantwortung einer Bieteranfrage gegen ihre Verpflichtung gemäß § 58 Abs 2 BVergG verstoßen. Weiters seien die Zuschlagskriterien in mehrfacher Weise rechtswidrig:
Referenzprojekte würden ein Zuschlagskriterium bilden, welches noch dazu derart undeutlich beschreiben sei, dass eine korrekte Punkteermittlung nicht möglich sei. Weiters würden widersprüchliche Angaben zu den für Subkriterien zu vergebenden Punkten (102 bzw 100 Punkte) das Zuschlagsschema in sich widersprüchlich machen, da teilweise Regeln fehlen würden, wie bis zu 102 Punkte pro Zuschlagskriterium vergeben würden. Der Lieferzeit werde als Zuschlagskriterium eine zentrale Rolle eingeräumt, ohne dass Regelungen über die Messung der Lieferzeit getroffen und ohne dass die Zielorte der Zustellung und die Zustellhäufigkeit bekannt gegeben würden. Darüber hinaus sei mit dem Angebot ein "schlüssiges Logistikkonzept" vorzulegen, ohne dass die Anforderungen an das Konzept eindeutig definiert seien. Außerdem würden sämtliche Informationen, die zur Erstellung eines Logistikkonzepts erforderlich seien (geographischen Verteilung der zu beliefernden Personen, der Häufigkeit der Lieferungen, des Umfangs der jeweiligen Lieferungen) fehlen. Dies verstoße gegen das Gebot der eindeutigen und vollständigen Leistungsbeschreibung, das Verbot, die Leistung so zu umschreiben, dass bestimmte Bieter von vornherein Wettbewerbsvorteile genießen, gegen das vergaberechtliche Diskriminierungsverbot und das Gleichbehandlungsgebot. Dem Bieter würden nicht kalkulierbare Risiken aufgebürdet, da der Leistungsvertrag keinerlei Mindestabnahmemengen vorsehe, nicht einmal bei einem völligen Entfall der Lieferungen. Zugleich werde aber vom Auftragnehmer der Aufbau einer aufwendigen Logistikinfrastruktur verlangt. Den Ausschreibungsunterlagen fehle ein den Vorgaben des BVergG entsprechendes Mengengerüst. Die Auftraggeberin habe es unterlassen, auch nur ungefähre Anhaltspunkte dazu zu geben, wie die Aufteilung der Abrufmenge auf die einzelnen Adressen erfolge. Auch würden die Ausschreibungsunterlagen in völlig unangemessener Weise die Einbindung von Subunternehmern und die Bildung von Bietergemeinschaften behindern, indem sie ein absolutes und unbeschränktes Verbot der Weitergabe der Ausschreibungsunterlagen vorsehen. Schließlich würden zahlreiche weitere Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen gegen vergaberechtliche Bestimmungen verstoßen: geeignete Leitlinien (insb. die ÖNORM A 2060) würden nicht herangezogen werden, Schadenersatzansprüche seien auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, es seien Festpreise für zwei Jahre anzubieten, schließlich sei bei jeglichem Verstoß gegen eine äußerst weit gefasste Geheimhaltungsbestimmung eine verschuldensunabhängige Mindest-Vertragsstrafe von EUR 10.000 im Vertrag vorgesehen.
Die XXXX sei ein führendes Unternehmen im Bereich der Lieferung von Inkontinenzprodukten und anderen Medizinprodukten mit Sitz in Wien und sei Teil der XXXX, eines im Bereich der Hygieneprodukte weltweit führenden Konzerns. XXXX habe großes Interesse an einer Beteiligung an dieser Ausschreibung. Das XXXX sei ebenfalls ein führendes Unternehmen, das die ausgeschriebenen Leistungen am Markt anbiete und habe seinen Sitz in Salzburg. Die XXXX und das XXXX hätten sich entschlossen, eine Bietergemeinschaft zu bilden, um im gegenständlichen Verfahren ein erfolgversprechendes Angebot zu legen. Es handle sich demnach um zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistung befugte und in diesem Bereich seit Jahren gewerblich tätige Unternehmer, weshalb ein grundsätzliches Interesse am Vertragsabschluss schon deshalb nicht abzusprechen sei. Werde das Vergabeverfahren nach den rechtswidrigen Ausschreibungsunterlagen fortgeführt, so drohe ein großer finanzieller und sonstiger Schaden, welcher im (da ein unbefristeter Vertrag ausgeschrieben sei, endgültigen!) Verlust der Chance auf Abgabe eines Angebots in einem gesetzeskonformen und mit dem BVergG in Einklang stehenden Vergabeverfahren und Beteiligung an einem fairen und lauteren Wettbewerb zur Vergabe der ausgeschriebenen Leistungen bestehe. Weiters drohe ein Schaden in der Höhe des entgangenen Gewinns und in der Höhe der bisher angelaufenen frustrierten Kosten für das Studium der Ausschreibungsunterlagen sowie in Form des Verlustes eines bedeutenden Referenzprojektes.
Die Antragstellerin erachte sich im Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens, und darin implizierter Möglichkeit der Beteiligung und anschließender Zuschlagserteilung, unter anderem gemäß § 19 Abs 1 BVergG, und insbesondere im Recht auf Abgabe und Bewertung eines gesetzes-, ausschreibungs- und vergabekonformen sowie chancenreichen Angebotes, und als Folge auch im Recht auf Transparenz der Nachprüfbarkeit der Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin verletzt, weiters im Recht auf Unterbleiben einer Verkürzung der Angebotsfrist, wenn die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 61 BVergG), auf ein Unterbleiben der Übermittlung von Unterlagen per Brief wenn kein begründeter Ausnahmefall vorliegt (§ 43 Abs 1 BVergG), dem Recht, Ausschreibungsunterlagen im offenen Verfahren bis zum Ende der Angebotsfrist anzufordern, dem Recht auf unverzügliche Auskunftserteilung (§ 58 Abs 2 BVergG), im Recht, dass Referenzen nicht als Zuschlagskriterien herangezogen werden (§ 2 Z 20 lit d sublit aa), im Recht auf Zuschlagskriterien, die eine objektive und transparente Bestbieterermittlung erlauben (§ 79 Abs 3 BVergG), im Recht auf eindeutige Beschreibung der Leistung, die keinen Bieter von vorneherein Wettbewerbsvorteile verschafft (§ 96 BVergG), im Recht sich bei der Erstellung unseres Angebotes auf Subunternehmer und verbundene Unternehmen stützen zu dürfen (§ 83 BVergG), im Recht auf Heranziehung geeigneter Leitlinien (§§ 97 Abs 2., 99 Abs 2 BVergG) und auf Gewährung gesetzlich vorgeschriebener Schadenersatzansprüche (§ 337 Abs 1 BVergG), im Recht, Festpreise nur für ein Jahr anbieten zu müssen (§ 24 Abs 7 BVergG) sowie im Recht, Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risken ermitteln zu können (§ 78 Abs 3 BVergG).
Zur beantragten einstweiligen Verfügung führte die Antragstellerin im einleitenden Antrag im Wesentlichen aus, dass ihr bei Aufrechterhaltung der angefochtenen Entscheidungen der aufgezeigte Schaden drohe. Einer einstweiligen Aussetzung der angefochtenen Entscheidung stehe kein besonderes Interesse des Antragsgegners oder der Öffentlichkeit entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden sowie auch der Höchstgerichte habe grundsätzlich jeder öffentliche Auftraggeber mit der Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens einschließlich der Verzögerung des Vergabeverfahrens durch eine einstweilige Verfügung zu rechnen. Dies sei von ihm von Vornherein bei der Zeitplanung der Ausschreibung entsprechend zu berücksichtigten. Nach Sichtweise des Verfassungsgerichtshofes sei auch die Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter bei der Interessensabwägung im Zusammenhang mit dem Vergaberechtsschutz im öffentlichen Interesse gelegen. Wenn diese Möglichkeiten von der Auftraggeberin bei ihrer Beschaffungsplanung nicht beachtet würden, könne dies nicht zu Lasten eines Bieters gehen.
Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2014 erteilte die die Auftraggeberin, vertreten durch Fink, Bernhart, Haslinglehner, Peck Rechtsanwälte, Bahnhofstraße 5, 9020 Klagenfurt, dem Bundesverwaltungsgericht die erbetenen allgemeinen Auskünfte zum Vergabeverfahren. Es handle sich um einen im Oberschwellenbereich anzusiedelnden Lieferauftrag gemäß § 5 BVergG (CPV-Code 85142400/33141110), welcher in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden soll. Am 1. Februar 2014 sei eine Vorinformation (2014/S 023-035512), am 6. Mai sei die Bekanntmachung der beabsichtigten Vergabe veröffentlicht worden (2014/S 089-155050). Es seien bislang keine Angebote eingelangt, sämtliche Bieteranfragen seien mit Anfragebeantwortung vom 26. Mai 2014 beantwortet worden. Die Interessenten seien am 27. Mai 2014 gesondert davon verständigt worden, dass aufgrund des anhängigen Nachprüfungsverfahrens die Angebotsöffnung am 3. Juni 2014 nicht stattfinde.
Zur beantragten einstweiligen Verfügung führte die Auftraggeberin aus, dass man sich in Kenntnis der ständigen Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Auftraggeberin die Öffnung der Angebote untersagt werde, ausspreche.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Festgestellter Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel):
Aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen sowie der Bezug nehmenden Beilagen wird im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Die Kärntner Gebietskrankenkasse schrieb die gegenständliche Leistung in Form eines offenen Verfahrens nach dem Bestbieterprinzip aus (Amtsblatt der EU 2014/S 089-155050 Absendung der Bekanntmachung am 6. Mai 2014). Entsprechend den Angaben der Auftraggeberin beträgt der geschätzte Auftragswert EUR 2.920.000,-/Jahr (exkl. USt), wobei der Vertrag auf zwei Jahre beginnend mit 1. Jänner 2015 abgeschlossen werden soll und sich automatisch jeweils um ein weiteres Jahr, sofern er nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf von einer der beiden Vertragsparteien schriftlich per Einschreiben gekündigt wird, verlängert. Das Ende der Angebotsfrist wurde mit 3. Juni 2014, 10.00 Uhr festgelegt.
Am 26. Mai 2014 brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden mit einem Nachprüfungsantrag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A
2.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit der Anträge
Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 8 BVergG ist die Kärntner Gebietskrankenkasse. Diese ist öffentliche Auftraggeberin iSd § 3 Abs 1 Z 2 BVergG (siehe BVA 27.02.2013, N/0123-BVA/14/2012-35). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Lieferauftrag iSd § 5 BVergG. Das Verfahren wird in Form eines offenen Verfahrens durchgeführt. Der geschätzte Auftragswert liegt entsprechend den Abgaben der Auftraggeberin über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 2 BVergG, sodass ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren ist entsprechend § 312 Abs 1 und 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit e B-VG gegeben.
Da laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren weder widerrufen noch ein Zuschlag erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht in concreto gemäß § 312 Abs 2 Z 1 BVergG zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über die oben wiedergegebenen Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Von einem in § 328 Abs 1 BVergG genannten offensichtlichen Fehlen der Antragsvoraussetzungen gemäß § 320 Abs 1 leg.cit. ist vorerst nicht auszugehen. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde zugleich mit einem Nachprüfungsantrag gemäß § 320 Abs 1 BVergG innerhalb der gemäß § 321 Abs 4 BVergG maßgeblichen Frist eingebracht, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als rechtzeitig zu qualifizieren ist (§ 328 Abs 3 und 4 BVergG).
Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die Ausschreibung. Dabei handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit a sublit aa BVergG. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erfüllt auch die übrigen formalen Voraussetzungen des § 328 Abs 2 BVergG. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 318 Abs 1 Z 1 und 4 BVergG iVm §§ 1, 2 Abs 2 und 3 Abs 1 BVwG-PauschGebV Vergabe).
2.2. Inhaltliche Beurteilung
Gemäß § 328 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 328 Abs 2 Z 5 hat der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ua die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme zu enthalten.
Gemäß § 329 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 329 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Nach § 329 Abs 4 BVergG ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
Die Antragstellerin behauptet die Rechtswidrigkeit der Ausschreibungsunterlagen im Vergabeverfahren "Inkontinenzversorgung". Diese Behauptung erscheint zumindest nicht denkunmöglich. Über die inhaltliche Begründetheit ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen. Diese wird im Hauptverfahren durch den zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes zu beurteilen sein.
Da somit nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (zumindest teilweise) zutreffen und hierdurch eine erfolgreiche Beteiligung erschwert wird, droht der Antragstellerin durch die Fortsetzung des Vergabeverfahrens der Entgang des Auftrags mit allen daraus erwachsenden Nachteilen. Um derartigen Schaden abzuwenden, ist es erforderlich, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ins Leere laufen lässt und der die Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und damit die grundsätzliche Möglichkeit der Auftragserteilung im Rahmen eines rechtskonformen Vergabeverfahrens über die hier verfahrensgegenständlichen Leistungen an die Antragstellerin wahrt (siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung auch EBRV 1171 BlgNr XXII. GP 141).
Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ua auf den entgangenen Gewinn, die frustrierten Kosten für das Studium der Ausschreibungsunterlagen und weiters auf den Verlust eines wichtigen Referenzprojektes verweist. Beim Verlust eines Referenzprojektes handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden (Vermögens)Nachteil (VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065; ua BVA 21.02.2007, N/0012-BVA/07/2007-13; BVA vom 09.06.2010, N/0008-BVA/02/2010-7 uva).
Die Auftraggeberin hat ihrerseits keine gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen benannt und sich auch nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der die Öffnung der Angebote untersagt wird, ausgesprochen. Im Übrigen sind dem Bundesverwaltungsgericht keine möglicherweise geschädigten Interessen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bzw sonstiger Bieter sowie sonstige besondere öffentliche Interessen, die gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprechen würden, bekannt.
Abgesehen davon hat ein gewissenhafter Auftraggeber nach ständiger Rechtsprechung die durch die Einleitung von Vergabekontrollverfahren allenfalls eintretenden zeitlichen Verzögerungen schon bei seiner Ablaufplanung einzukalkulieren und zu berücksichtigen (siehe etwa bereits BVA 09.01.2004, 10N-3/04-4; BVA 11.12.2006, N/0100- BVA/02/2006-10; BVA 14.06.2010, N/0047-BVA/09/2010-14 uva.). Auch wenn die Auftraggeberin von einer Verkürzung der Angebotsfrist Gebrauch gemacht hat, so ist eine besondere Dringlichkeit der gegenständlichen Beschaffung schon angesichts des vorgesehenen Vertragsbeginns mit 1. Jänner 2015 nicht ersichtlich.
Im Rahmen der Interessenabwägung ist darüber hinaus auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich des Vorrangs des primären - durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden - Rechtsschutzes (EuGH 28.10.1999, Rs C-81/98, Alcatel Austria AG ua; 18.06.2002, Rs C-92/00, Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH) sowie auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs, wonach in der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ein öffentliches Interesse liegt (VfGH 25.10.2002, B1369/01; siehe insb bereits BVA 25.01.2002, N-128/01-45 uvm), Bedacht zu nehmen.
Unter Zugrundelegung obiger Überlegungen ist somit ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 329 Abs 1 BVergG nicht anzunehmen, sondern vielmehr das Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberin als überwiegend anzusehen.
Soweit sich das Begehren der Antragstellerin auf das Aussetzen des gesamten Vergabeverfahrens richtet, ist dieses als überschießend abzuweisen. Dem Bundesverwaltungsgericht ist kein Grund bekannt und ist das Vorliegen eines solchen seitens der Antragstellerin auch nicht entsprechend vorgebracht worden, welcher es erfordern würde, die Handlungsfreiheit der Auftraggeberin derart weitgehend einzuschränken. Die beantragte Maßnahme stellt im Hinblick auf die mit dieser einstweiligen Verfügung zu verfolgenden Ziele nach der ständigen Rechtsprechung nicht das nötige und gelindeste Mittel gemäß §§ 328 Abs 1 und 329 Abs 3 BVergG dar (so bereits BVA 23.05.2005, 06N-41/05-7; BVA 25.02.2009, N/0008-BVA/12/2009-EV4; BVA 11.03.2010, N/0105-BVA/12/2010-14). Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich nicht veranlasst, von der oben aufgezeigten Judikatur des Bundesvergabeamtes abzugehen.
Dagegen handelt es sich bei der verfügten Aussetzung des Laufs der Angebotsfrist nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrolle um eine notwendige und geeignete Maßnahme, um den aufgezeigten Schaden hintanzuhalten. Dabei handelt es sich auch um die gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme iSd § 329 Abs 3 BVergG. Dadurch werden allfällige frustrierte Kalkulationsaufwände auf Basis der bekämpften Ausschreibung möglichst hintan gehalten. Für den Fall, dass tatsächlich nur einzelne Ausschreibungsfestlegungen gestrichen werden, wäre hiermit, durchaus auch im Interesse der Auftraggeberin liegend, das Fortführen des Vergabeverfahrens auf der Basis der geänderten Ausschreibungsbestimmungen gewährleistet (BVA 7.11.2013, N/0108-BVA/04/2013-EV6; BVA 23.05.2013, N/0043-BVA/11/2013-EV6; BVA 28.09.2012, N/ 0089-BVA/12/2012-EV6; BVA 10.11.2008, N/0140-BVA/07/2008-EV7; BVA 21.08.2007, N/0078-BVA/14/2007-EV9).
Zur Dauer der Provisorialmaßnahme ist auszuführen, dass eine einstweilige Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens nach derzeitiger hA gemäß § 329 Abs 4 BVergG als hinreichend befristet zu bewerten ist (ua BVwG 10.01.2014, W187 2000170-1/11; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; BVA 10.02.2011, N/0011-BVA/10/2011-9, BVA 10.05.2011, N/0035-BVA/08/2011-12 mwN; siehe auch VwGH 10.12.2007, AW 2007/04/0054).
Zu B Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138; VwGH 30.06.2004, 2004/04/0028; VwGH 01.02.2005, 2005/04/0004; VwGH 29.06.2005, 2005/04/0024; VwGH 01.032007, 2005/04/0239; VwGH 27.06.2007, 2005/04/0254; VwGH 29.02.2008, 2008/04/0019; VwGH 14.01.2009, 2008/04/0143; VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065; VwGH 29.09.2011, 2011/04/0153; VwGH 22.03.2000, 2000/04/0033; VwGH 01.03.2004, 2004/04/0012, VwGH 17.11.2004, 2002/04/0176) ab; noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Rückverweise