Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***StberGes***, ***StberGes-Adr***, über die Beschwerde vom 8. Mai 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 12. April 2024 betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO hinsichtlich
-Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2015,
-Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2016,
-Umsatzsteuerbescheid 2016,
-Umsatzsteuerbescheid 2017,
-Umsatzsteuerbescheid 2018,
-Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2016,
-Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2017,
-Einkommensteuerbescheid 2017,
-Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2016,
-Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2018,
zu Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10. November 2025 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
1.1. AußenprüfungIm Zuge der Außenprüfung ergingen beim Beschwerdeführer folgende Bescheide (alle ausgestellt am 15.01.2024 und elektronisch zugestellt am 16.01.2024):
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"Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2015-2018"
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"Umsatzsteuerbescheide 2015-2018"
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"Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015-2018"
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"Einkommensteuerbescheide 2015-2018"
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"Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2015-2018 (\"",
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"erste Anspruchszinsenbescheide"
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"\")"
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}Aufgrund der parallel abgeschlossenen Außenprüfung bei der ***BfGes1*** erfolgte am 25.01.2024 (elektronisch zugestellt am 26.01.2024) eine Bescheidanpassung gemäß § 295 Abs 1 BAO für die:
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"Einkommensteuerbescheide 2015-2018 "
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"die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2015-2018 (\"",
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"zweite Anspruchszinsenbescheide"
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"\")"
]
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}
}1.2. Widerruf einer LöschungAm 21.02.2024 wurde ein Bescheid über den Widerruf einer Löschung von Abgabenschuldigkeiten ausgefertigt. Dieser Bescheid wurde am 26.02.2024 zugestellt.
1.3. FristverlängerungsanträgeMit Ansuchen vom 13.02.2024 (elektronisch zugestellt am selben Tag) beantragte die beschwerdeführende Partei eine Verlängerung der Beschwerdefrist für folgende Bescheide (alle ausgestellt am 15.01.2024 und alle elektronisch zugestellt am 16.01.2024) ("erstes Fristverlängerungsansuchen") bis 18.03.2024:
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2017 "
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2018"
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"den Umsatzsteuerbescheid 2015"
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015"
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2018"
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"den Einkommensteuerbescheid 2015"
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"den Einkommensteuerbescheid 2016 "
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"den Einkommensteuerbescheid 2018"
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"den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2015 "
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"den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017"
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}
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}
}Mit Ansuchen vom 16.02.2024 (eingelangt am selben Tag) beantragte die beschwerdeführende Partei eine Verlängerung der Beschwerdefrist bis 18.03.2024 für jene Bescheide, die am 25.01.2024 ergangen sind und am 26.01.2024 zugestellt wurden ("zweites Fristverlängerungsansuchen"):
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"den Einkommensteuerbescheid 2015, Änderung gemäß ",
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"den Einkommensteuerbescheid 2016, Änderung gemäß ",
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"den Einkommensteuerbescheid 2017, Änderung gemäß ",
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"den Einkommensteuerbescheid 2018, Änderung gemäß ",
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"den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2015 "
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"den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2018"
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}
}Mit Antrag vom 11.03.2024 (eingelangt am selben Tag) begehrte die beschwerdeführende Partei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO für:
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2015 "
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}(alle Bescheide ausgestellt am 15.01.2024 und alle elektronisch zugestellt am 16.01.2024)
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde durch ein "unvorhergesehenes Ereignis" in der Kanzlei des steuerlichen Vertreters begründet.
Nach dem Vorbringen sei die nur auf bestimmte Bescheide beschränkte Antragstellung beim "ersten Fristverlängerungsansuchen vom 13.02.2024" aufgrund einer unvollständigen EDV-internen Dateiübertragung zwischen mehreren BMD-Archiven erfolgt. Dieser "psychologische Vorgang des Vergessens" einer Vollständigkeitsprüfung sei der (ansonsten seit vielen Jahren sehr versierten und gewissenhaften) leitenden Sekretärin der steuerlichen Vertretung passiert, was jedoch als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis ohne ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden gelte. Der steuerliche Vertreter sei seiner zumutbaren und nach Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber dieser Kanzleibediensteten stets nachgekommen und habe die Organisation seines Kanzleibetriebes so eingerichtet, dass die richtige Vormerkung von Terminen und die fristgerechte Setzung von Verfahrenshandlungen, problemlos funktioniere, sodass das "gegenständliche Versäumnis eines rechtzeitigen Fristverlängerungsantrages" gemäß § 245 Abs 3 BAO als seltener Einzelfall zu werten sei.Da den Parteienvertreter weder ein Auswahl- , Kontroll-, Überwachungs-, noch Organisationsverschulden treffe, sei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO zu gewähren.
Im gleichen Schriftsatz beantragte die steuerliche Vertretung auch eine Verlängerung der Beschwerdefrist bis 18.3.2024 für jene Bescheide, für die sie Wiedereinsetzung beantragt hatte ("drittes Fristverlängerungsansuchen"). Das dritte Fristverlängerungsansuchen umfasst damit jene verfahrensgegenständlichen Bescheide, die am 15.01.2024 erlassen (und am 16.01.2024 zugestellt) wurden und für die im ersten Fristverlängerungsansuchen vom 13.02.2024 (eingelangt am selben Tag) kein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist gestellt worden war.
Mit Ansuchen vom 15.03.2024 (elektronisch zugestellt am selben Tag) wurde ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis 08.04.2024 für sämtliche verfahrensgegenständlichen Bescheide der Jahre 2015 bis 2018 (insgesamt 28 Bescheide) eingebracht ("viertes Fristverlängerungsansuchen").
Mit Ansuchen vom 18.03.2024 (elektronisch zugestellt am selben Tag) wurde eine Verlängerung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid über den Widerruf der Löschung vom 21.02.2024 (zugestellt am 26.02.2024) beantragt ("fünftes Fristverlängerungsansuchen").
1.4. Tatsächlicher Fristenlauf nach Rechtsauffassung der AbgabenbehördeDie ursprüngliche Beschwerdefrist für sämtliche verfahrensgegenständlichen Bescheide der ersten und dritten Fristverlängerungsansuchen (Wiederaufnahme Umsatzsteuer + Umsatzsteuer + Wiederaufnahme Einkommensteuer + Einkommensteuer + erste Anspruchszinsen 2015 bis 2018) begann mit Zustellung am 16.01.2024 zu laufen und endete gemäß § 245 Abs 1 erster Satz BAO einen Monat später am Freitag, den 16.02.2024.
Die ursprüngliche Beschwerdefrist für sämtliche verfahrensgegenständlichen Bescheide des zweiten Fristverlängerungsansuchens (ESt-Anpassung gemäß § 295 Abs 1 BAO + zweite Anspruchszinsen 2015 bis 2018) begann mit Zustellung am 26.01.2024 zu laufen und endete gemäß § 245 Abs 1 erster Satz BAO einen Monat später am Montag, 26.02.2024.
Die ursprüngliche Beschwerdefrist für den Widerruf der Löschung vom 21.02.2024 (fünftes Fristverlängerungsansuchen) begann mit Zustellung am 26.02.2024 zu laufen und endete gemäß § 245 Abs 1 erster Satz BAO einen Monat später am Dienstag, 26.03.2024.
1.5. Erledigung des Wiedereinsetzungsantrages vom 11.03.2024 durch die AbgabenbehördeAm 12.04.2024 (zugestellt am 12.04.2024) wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzgl. jener Bescheide, die Gegenstand des dritten Fristverlängerungsansuchens waren (Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2015 + 2016, Umsatzsteuer 2016 bis 2018, Wiederaufnahme Einkommensteuer 2016 + 2017, Einkommensteuer 2017, Anspruchszinsen 2016 + 2018, alle ausgestellt am 15.01.2024 und zugestellt am 16.01.2024), als unbegründet abgewiesen.
Zusammenfassend führte das Finanzamt Österreich aus, dass der Fehler ("das Vergessen") der leitenden Sekretärin, alle erforderlichen Bescheide in das Fristverlängerungsansuchen zu übertragen, kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstelle. Dass der Mitarbeiterin bei der EDV-Anwendung ein Fehler unterlaufen sei, stelle für die Abgabenbehörde einen minderen Grad des Versehens und daher kein Verschulden iSd § 308 Abs 1 BAO dar. Dem steuerlichen Vertreter, der sämtliche Fristverlängerungsansuchen persönlich unterfertigt habe, sei hingegen durch die mangelnde Prüfung auf Vollständigkeit seines Anbringens ein grobes Verschulden anzulasten. Das Verschulden iSd § 308 Abs 1 BAO liege nicht im Verhalten seiner Mitarbeiterin begründet, sondern in der Nichtwahrnehmung der zumutbaren Kontrolle und Aufsicht durch den Steuerberater selbst. Da er mit dem Fall betraut gewesen sei, hätte er das Fehlen der nicht vom Anbringen umfassten Bescheide vor dem Unterfertigen leicht erkennen müssen.
1.6. Erledigung der Fristverlängerungsanträge durch die AbgabenbehördeDie Anträge auf Bewilligung der Verlängerung der Beschwerdefrist wurden nur in jenen Fällen bewilligt, in denen das (ursprüngliche) Fristverlängerungsansuchen innerhalb der Beschwerdefrist eingebracht wurde.
Dies trifft aber nur für die Bescheide der ersten und zweiten Fristverlängerungsansuchen zu, für welche aufgrund der Beantragung innerhalb offener Frist auch eine wiederholte Fristverlängerung gewährt wurde. Die Fristverlängerung wurde hingegen nicht gewährt für jene Bescheide, die Gegenstand des Wiedereinsetzungsantrages und des dritten Fristverlängerungsansuchens (Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2015 + 2016, Umsatzsteuer 2016 bis 2018, Wiederaufnahme Einkommensteuer 2016 + 2017, Einkommensteuer 2017, erste Anspruchszinsen 2016 + 2018, alle ausgestellt am 15.01.2024 und zugestellt am 16.01.2024) waren, weil deren Beschwerdefristverlängerung erst nach Ablauf der Beschwerdefrist beantragt wurde. Durch die Erfolglosigkeit des Wiedereinsetzungsantrages vom 11.03.2024 (eingelangt am selben Tag) konnte dieser Umstand nicht saniert werden. Die Verspätetheit wurde vom Beschwerdeführer selbst durch den von ihm eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag eingeräumt und belegt.
1.7. Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 08.05.2024 betreffend:
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}Zusammenfassend bestritten der Beschwerdeführer und seine steuerliche Vertretung jegliches Überwachungs- und Kontrollverschulden des zuständigen berufsberechtigten Steuerberaters. Es wurde auch die sehr einsichtige Sichtweise der Abgabenbehörde bei der "Ermessensübung" durch bloß belastende Judikatur bemängelt. Die steuerliche Vertretung bestreitet, dass es bei der Verschuldensabwägung iSd § 308 Abs 1 BAO bei der Haftung des Parteienvertreters für Fehler seiner Mitarbeiter auf das Verschulden des berufsberechtigten Parteienvertreters selbst ankomme. Das persönliche Unterfertigen der Fristverlängerungsanträge durch Steuerberater ***Dr.*** sei in diesem Fall ohne Belang, da der Fehler des "Vergessens der weiteren IT-internen Dateiübertragung" auf Seiten der Mitarbeiterin gelegen sei. Dieses Vergessen der Mitarbeiterin stelle einen Fall minderen Grades des Versehens (und damit kein Verschulden) dar, was selbst das Finanzamt Österreich im Erstbescheid vom 12.04.2024 so eingeräumt habe. Das Vorhandensein eines berufsständischen Organisationshandbuches, welches ständig überprüft und erneuert werde, schließe die Annahme wesentlicher Organisationsmängel aus. Die Beschwerde wurde mit Rechtssätzen aus ausgewählter VwGH-Judikatur ergänzt. Die vergleichende Kommentierung lasse nach Ansicht der steuerlichen Vertretung im streitgegenständlichen Fall eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu:
J1)Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VwGH 22.11.1996, 95/17/0112). Dieser Rechtssatz sei auf die beim Parteienvertreter mit Fristenverwaltung befassten Mitarbeiter (Sekretariatsmitarbeiter, Bilanzbuchhalter) analog anwendbar.
J2)Der Parteienvertreter hat die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen sichergestellt sind (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/13/0058 bis 0060; 04.03.2009, 2009/15/0024). Die Organisation des Kanzleibetriebes sei aufgrund der hohen Anzahl an betreuten Steuernummern sehr gewissenhaft und professionell eingerichtet (Organisationshandbuch, ständige Evaluation). Wenn trotzdem ein Fehler passiert, sei dies ein unvorhergesehener Ausnahmefall und damit ein unabwendbares Ereignis iSd § 308 Abs 1 BAO.
J3)Maßgebend ist somit, ob dem Parteienvertreter ein grobes Auswahlverschulden, grobe Mängel der Kanzleiorganisation oder eine mangelhafte Überwachung und Kontrolle (vgl. VwGH 16.03.1993, 89/14/0254; 10.09.1998, 98/15/0130) anzulasten sind. Innerhalb des Kanzleibetriebs des Parteienvertreters würden durch sorgfältige Einschulung neuer Mitarbeiter in BMD-Fristenverwaltung und Organisation Organisationsmängel vermieden, sodass kein Auswahlverschulden bei der Einstellung von Mitarbeitern vorwerfbar sei.
J4)Hinsichtlich des Fristenvormerks besteht eine besondere Überwachungspflicht (vgl. VwGH 26.05.1992, 92/05/0082, AnwB11992, 842), allerdings ist eine Überwachung "auf Schritt und Tritt" nicht nötig (vgl. VwGH 23.05.1996, 95/18/0538). Hinsichtlich des Fristenvormerks gebe es beim Parteienvertreter ein generelles Überwachungssystem, jedoch könne eine Überwachung auf "Schritt und Tritt" durch die Fülle der Schriftstücke und bei 18 Mitarbeitern nicht erledigt werden, was auch aufgrund der Entscheidung VwGH vom 23.05.1996, 95/18/0538 nicht notwendig sei.
J5)VwGH-Entscheidung 22.01.1987, Geschäftszahl 86/16/0194Nach stRsp des VwGH bestehe kein Verschulden der Partei oder des bevollmächtigten Rechtsanwaltes, wenn das Versehen einer Kanzleibediensteten für eine vertretene Partei ein unvorhergesehenes unabwendbares Ereignis iSd § 308 Abs 1 BAO war, wenn der Rechtsanwalt der zumutbaren und gebotenen Überwachungspflicht gegenüber der Kanzleibediensteten nachgekommen ist.
J6)VwGH-Entscheidung 21.10.1992, Geschäftszahl 92/02/0247Stattgabe des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Beschwerdefrist. Das Unterbleiben des Fristvormerks habe für den Beschwerdeführer und seinen Rechtsvertreter ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dargestellt.Diese Entscheidung sei auch im ähnlich gelagerten Beschwerdefall anwendbar.
J7)VwGH-Entscheidung 11.03.1992, Geschäftszahl 91/13/0129Der angefochtene Bescheid der Abweisung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 Abs 1 BAO wurde aufgehoben. Im Fall einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte die Fehlleistung einer Bediensteten des steuerlichen Vertreters einen Wiedereinsetzungsgrund dar, da der Vertreter die ihm zumutbaren und nach Sachlage gebotenen Überwachungspflichten gegenüber dem Kanzleipersonal durch organisatorische Vorsorgen für solche Fehlweisen grundsätzlich erfüllt hätte und damit kein Organisationsversagen vorgelegen wäre.
1.8. Beschwerdevorentscheidung vom 20.11.2024 bezüglich der Beschwerde über die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.11.2024 wurde die Beschwerde abgewiesen und zusammenfassend ausgeführt: Da das dem vorliegenden Fall gegenständliche Ereignis, namentlich das mehrfache Vergessen einer Vollständigkeitskontrolle der im "ersten Fristverlängerungsansuchen vom 13.02.2024" enthaltenen Bescheidliste durch die betrauten Mitarbeiter des Parteienvertreters und durch den unterfertigenden berufsberechtigten Steuerberater
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"weder unabwendbar noch unvorhergesehen gewesen sei, sowie"
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"durch die ohne Vollständigkeitsprüfung durchgeführte Unterfertigung des \"ersten Fristverlängerungsansuchens vom 13.02.2024\" durch den berufsberechtigten Steuerberater ein den minderen Grad des Versehens wesentlich übersteigendes Überwachungs- und Kontrollverschulden des Parteienvertreters vorliege, sowie"
]
},
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"durch die konkret aufgetretenen wesentlichen Mängel in der Organisation des Kanzleibetriebs trotz Vorhandenseins eines internen Organisationshandbuches ein den minderen Grad des Versehens wesentlich übersteigendes Organisationsverschulden des Parteienvertreters vorliege,"
]
}
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}
}seien die Voraussetzungen des § 308 Abs 1 BAO zur Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfüllt.
1.9. Vorlageantrag vom 16.12.2024
Gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom 20.11.2024 wurde am 16.12.2024 ein Vorlageantrag gemäß § 264 BAO eingebracht. Es wurde die Aufhebung des Bescheides über die Abweisung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO vom 12.04.2024 begehrt. Inhaltlich wurde kein neues Vorbringen erstattet, sondern die bisherige Position bekräftigt, dass dem berufsberechtigten Steuerberater kein Überwachungs- und Kontrollverschulden anzulasten sei.
1.10. Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht
Mit Vorlagebericht vom 31.01.2025 wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorlegt.
1.11. Ergänzende Stellungnahme zum anhängigen Beschwerdeverfahren
In der Eingabe vom 03.10.2025 an das Bundesfinanzgericht beschwerte sich die steuerliche Vertretung erneut darüber, dass die Abgabenbehörde die Anbringen des Steuerpflichtigen immer einseitig "zu Ungunsten" des Steuerpflichtigen beurteilen würde. Der Schriftsatz wurde mit einem Hinweis auf ein VwGH-Erkenntnis vom 17.10.2007, 2006/13/0058 ergänzt, wonach das Verschulden von Kanzleikräften für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstelle, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen sei.
1.12. Mit Eingabe vom 24.10.2025 wurde der Antrag auf Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.
1.13. Eingabe der Abgabenbehörde vom 03.11.2025
Mit Eingabe vom 03.11.2025 stellte das Finanzamt einen Beweisantrag, in dem ersucht wurde, zwei einschlägige BFG-Fälle aus der jüngsten Vergangenheit mit zu berücksichtigen:
- RV/2100573/2023 (BFG-Außenstelle Graz, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Beschwerdeführerin ***EE***, die von der Familie ***K*** gegründet wurde);
- RV/5100512/2024 (BFG-Außenstelle Linz, Widerruf einer Löschung, Beschwerdeführer: ***Bf1***);
Auch in diesen Fällen sei die "***StberGes***" die steuerliche Vertretung gewesen und auch dort habe es nach Ansicht des Finanzamtes bereits Probleme beim Fristenmanagement gegeben. In beiden Verfahren seien Fristversäumnisse in vergleichbaren Konstellationen festgestellt worden, die auf systemische Organisationsmängel und Kontrollverschulden schließen lassen.
1.14. Mündliche Verhandlung vom 10.11.2025
In der mündlichen Verhandlung brachte Steuerberater ***Dr.*** vor, dass vollständige Fristverlängerungsansuchen - zB alle von einem AP-Verfahren betroffenen Bescheide - in der Kanzlei gängige Praxis seien. Es müsse aber in Folge nicht immer sein, dass auch ein Rechtsmittel gegen sämtliche Bescheide erhoben werde. Im gegenständlichen Fall sei der leitenden Sekretärin leider bei der IT-mäßigen Übertragung der Steuerbescheide in sein persönliches Fristenverwaltungsarchiv ein Fehler passiert. Die Übertragung erfolgte unvollständig, sodass nur bestimmte Bescheide in sein Archiv übertragen worden seien. Der Fehler sei eindeutig auf Seiten der Mitarbeiterin gelegen und dieses Vergessen stelle einen minderen Grad des Versehens dar, der einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegenstehe. Von Fehlern sei im Berufsleben niemand gefeit, auch die Abgabenbehörde agiere nicht immer fehlerfrei.
Hinsichtlich der vorgeworfenen organisatorischen Mängel entgegnete ***Dr.***, dass beim Fall RV/5100512/2024 betreffend den Widerruf einer Löschung eine verspätete Information vom Beschwerdeführer an die Steuerberatungskanzlei erfolgt sei. Beim Fall RV/2100573/2023 betreffend einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe es Kommunikationsprobleme mit einem deutschen Finanzamt gegeben. Der Ausschluss aus der Quotenregelung sei irrtümlich durch die Umgründung aufgrund eines Fehlers der Kammer erfolgt und werde mittlerweile saniert und habe nichts mit Organisationsmängeln zu tun.
Die Bearbeitung sämtlicher Rechtsmittel im Zuge der beiden Außenprüfungen sowie die gesamte damit im Zusammenhang stehende Fristenverwaltung erfolgt(e) durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers. Am 07.02.2024 wurde in der Kanzlei der steuerlichen Vertretung durch die leitende Sekretärin ***AS*** eine IT-mäßige Übertragung archivierter Steuerbescheide des Beschwerdeführers zwischen den BMD-Programmmodulen "Dokumentenarchiv" und "Archiv für Fristenverwaltung des zuständigen Steuerberaters ***Dr.***" zum Zwecke der weiteren Bearbeitung dieser Steuerbescheide durchgeführt. Diese Übertragung erfolgte jedoch unvollständig, sodass nur bestimmte Bescheide in das IT-mäßige Fristenverwaltungsarchiv übertragen wurden.In der Beschwerde vom 08.05.2024 räumte die steuerliche Vertretung überdies ein, dass aufgrund interner Weisungen das Kanzleipersonal angewiesen ist, im kanzleiinternen elektronischen Archivierungssystem Außenprüfungsberichte stets getrennt von den Steuerbescheiden zu archivieren, konkret: Erstere unter der Kategorie "Prüfung von Behörden"; Letztere unter der Kategorie "Bescheidverwaltung".Im "ersten Fristverlängerungsansuchen vom 13.02.2024 (eingelangt am selben Tag)" wurde Fristverlängerung lediglich für folgende Bescheide in ebendieser Reihenfolge (!) beantragt (alle Bescheide erstellt am 15.01.2024 und elektronisch zugestellt am 16.01.2024):
{
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{
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{
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"Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015"
]
}
]
},
{
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{
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"Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2018"
]
}
]
},
{
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{
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"Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2017"
]
}
]
},
{
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{
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"Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2018"
]
}
]
},
{
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{
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"Umsatzsteuerbescheid 2015"
]
}
]
},
{
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{
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"Einkommensteuerbescheid 2015"
]
}
]
},
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"Einkommensteuerbescheid 2016"
]
}
]
},
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{
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"Einkommensteuerbescheid 2018"
]
}
]
},
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"Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2015 "
]
}
]
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"Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017"
]
}
]
}
],
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}
}Zu den übrigen, am 15.01.2024 erlassenen (und am 16.01.2024 zugestellten), Bescheiden enthielt das "erste Fristverlängerungsansuchen vom 13.02.2024 (eingelangt am selben Tag)" keine Angaben:
{
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{
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2015 "
]
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2016"
]
},
{
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"den Umsatzsteuerbescheid 2016"
]
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"den Umsatzsteuerbescheid 2017 "
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"den Umsatzsteuerbescheid 2018 "
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2016"
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2017 "
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"den Einkommensteuerbescheid 2017"
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"den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2016"
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"den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2018"
]
}
],
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}
}Welcher Mitarbeiter dieses "erste Fristverlängerungsansuchen vom 13.02.2024" schriftlich verfasst hat, somit ob es ***Dr.*** persönlich war oder einer seiner Mitarbeiter, kann aus den Angaben in der Beschwerde nicht festgestellt werden. Das Fristverlängerungsansuchen wurde jedenfalls auf dem Briefpapier der "***StberGes***" abgedruckt und von Steuerberater ***Dr.*** persönlich händisch unterfertigt.
Im Zeitpunkt seiner Unterschriftsleistung hatte der Unterfertigende mangels anderslautender Angaben im Wiedereinsetzungsantrag vom 11.03.2024 sowie in der Beschwerde vom 08.05.2024 keine Kenntnis von der Unvollständigkeit der Bescheidliste im ersten Fristverlängerungsansuchen vom 13.02.2024.
Mit Antrag vom 11.03.2024 (eingelangt am selben Tag) begehrte die beschwerdeführende Partei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO für:
{
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{
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2015 "
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2016"
]
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"den Umsatzsteuerbescheid 2016"
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}
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"den Umsatzsteuerbescheid 2017 "
]
}
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"den Umsatzsteuerbescheid 2018 "
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2016"
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"den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2017 "
]
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{
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"den Einkommensteuerbescheid 2017"
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{
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"den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2016"
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"den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2018"
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}
}(alle Bescheide ausgestellt am 15.01.2024 und alle elektronisch zugestellt am 16.01.2024)
Der Sachverhalt gründet sich auf den vom Finanzamt Österreich vorgelegten Aktenteilen, beinhaltend auch die Schriftsätze der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers.
Gemäß § 308 Abs 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110 BAO) oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 308 Abs 3 BAO muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei jener Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist ( § 245 BAO) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ( § 264 BAO) gilt § 249 Abs 1 dritter Satz BAO sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht handelt es sich bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand um kein Rechtsinstitut, welches eine "Ermessensübung" der Abgabenbehörde zulässt, sondern vielmehr zwingend eine Prüfung der (Nicht-)Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen iSd § 308 BAO erfordert (vgl. Capek/Rzeszut/Turpin in Rzeszut/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 (2023) § 308 BAO Rz 22).
Ein Ereignis ist dann "unvorhergesehen", wenn die Partei es nicht einberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Es ist "unabwendbar", wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah (vgl. Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner/Leitner/Petrag-Wolf, Abgabenverfahren4 § 308 BAO Rz 5 mwN).
Auch wenn ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis vorliegen würde, hindert ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden der Partei bzw. des rechtskundigen Parteienvertreters an der Versäumung (einer Frist) die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. der Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Wer darüber hinaus einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner/Leitner/Petrag-Wolf, Abgabenverfahren4 § 308 BAO Rz 6).
Sowohl im Wiedereinsetzungsantrag vom 11.03.2024 als auch in der Bescheidbeschwerde vom 08.05.2024 betonte die steuerliche Vertretung insbesondere das Verschulden der leitenden Sekretärin, welche am 07.02.2024 bei der IT-mäßigen Übertragung der für das erste Fristverlängerungsansuchen relevanten Steuerbescheide zwischen "Dokumentenarchiv" und "Fristenverwaltungsarchiv" eine Vollständigkeitsprüfung vergessen und damit eine unvollständige Dateiübertragung durchgeführt habe. Wie bereits im Erstbescheid vom 12.04.2024 dargelegt, stufte das Finanzamt Österreich dieses Verschulden als minderen Grad des Versehens ein. Der Beschwerdebegründung ist insoweit beizupflichten, als an die Sekretärin als rechtsunkundige Person eben keine so hohen Sorgfaltsmaßstäbe gesetzt werden dürfen wie an rechtskundige Parteienvertreter.
Bei der Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit eines objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens von Kanzleiangestellten des Parteienvertreters zur Partei selbst kommt es jedoch nicht auf ein Verschulden der Kanzleiangestellten an, sondern vielmehr darauf, ob den Parteienvertreter ein - den minderen Grad des Versehens übersteigendes - Verschulden trifft.
Ob ein Wiedereinsetzungsgrund vorliegt bzw. ob ein grobes Verschulden anzunehmen ist, ist stets nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Wiedereinsetzungswerbers bzw. seines Vertreters zu beurteilen, wobei das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten ist.
Die Abgabenbehörde hat sich in der Beschwerdevorentscheidung intensiv mit der Verschuldensfrage auseinandergesetzt und festgehalten, dass der Feststellung des Beschwerdeführers, wonach eine Überwachung des Kanzleipersonales "auf Schritt und Tritt" nicht nötig sei, nicht entgegenzutreten sei. Es sei keinem Parteienvertreter zumutbar, jeden manipulativen, technischen bzw. mechanischen Arbeitsschritt seiner Mitarbeiter nachzuprüfen. Vielmehr würde es bereits genügen, zumindest das auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu kontrollieren, was man als berufsberechtigter Parteienvertreter selbst mit eigenhändiger Unterschrift bestätige: Somit jede rechtsverbindliche Erklärung, die zwar zumeist eine Kanzleikraft vorbereitet habe, die man als berufsberechtigter Parteienvertreter jedoch im eigenen Namen oder im Namen jener juristischen Person, für die man als Berufsberechtigter unterfertige, außenwirksam abgebe (wie zB ein Fristverlängerungsansuchen).
Das Bundesfinanzgericht stellt fest, dass Steuerberater ***Dr.*** die Unvollständigkeit des Fristverlängerungsansuchens vom 13.02.2024 aus folgenden Gründen hätte auffallen müssen:
-Er hat die gesamte Außenprüfung hauptverantwortlich betreut und an allen Besprechungen teilgenommen.-Durch Prüfungsauftrag, Niederschrift und Außenprüfungsbericht müssen ihm die betroffenen Jahre und Abgaben geläufig gewesen sein.-Die Fristverlängerungen wurden mit der hohen Komplexität des Außenprüfungsverfahrens begründet.-Das Außenprüfungsverfahren zog hohe strittige Abgabennachforderungen nach sich.-Das Fristverlängerungsansuchen war weder zeitlich nach Jahren noch sachlich nach Abgaben geordnet. Stattdessen wurden bestimmte Wiederaufnahme- und Sachbescheide teilweise ohne zeitlichen und sachlichen Zusammenhang einzeln aufgezählt.
Steuerberater ***Dr.*** hat das Fristverlängerungsansuchen ohne Überprüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit persönlich unterfertigt.
Der steuerliche Vertreter bestreitet, dass es bei der Verschuldensabwägung iSd § 308 Abs 1 BAO bei der Haftung des Parteienvertreters für Fehler seiner Mitarbeiter auf das Verschulden des berufsberechtigten Parteienvertreters selbst ankomme. Das persönliche Unterfertigen der Fristverlängerungsanträge durch ***Dr.*** sei in diesem Fall ohne Belang, da der Fehler des "Vergessens der weiteren IT-internen Dateiübertragung" auf Seiten der Mitarbeiterin gelegen sei. Dieses Vergessen der Mitarbeiterin stelle einen Fall minderen Grades des Versehens und damit kein Verschulden dar, was selbst das Finanzamt Österreich im Erstbescheid vom 12.04.2024 so eingeräumt habe.
Diese vom berufsmäßigen Steuerberater vertretene Rechtsansicht widerspricht der gefestigten Judikatur des VwGH:
Im Beschluss 96/02/0578 vom 20.12.1996 wurde festgehalten:
Zwar darf ein Rechtsanwalt die Vornahme bestimmter Arbeitsgänge innerhalb seiner Kanzlei, wie etwa das Kuvertieren und die Postaufgabe, seinen Kanzleiangestellten überlassen, und stellt ein Versehen eines Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes dann ein Ereignis gemäß § 46 Abs 1 VwGG dar, wenn der Anwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht jenen Bediensteten gegenüber nachgekommen ist. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit eines vom Rechtsanwalt zu unterfertigenden Schriftsatzes, bevor er ihn unterschreibt. Diesbezüglich kann der Rechtsanwalt nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden, und zwar auch dann nicht, wenn er sich bei der Vorbereitung des Schriftsatzes technischer Hilfsmittel sowie (besonders) verlässlicher Kanzleikräfte bedient.
Im Erkenntnis 90/15/0134 vom 08.10.1990 wurde festgestellt:
Die inhaltliche Kontrolle - insbesondere des notwendigen Inhaltes - eines nach Diktat oder auf der Grundlage eines Konzeptes verfassten Schriftsatzes bzw. von dessen Reinschrift anlässlich der Unterfertigung des für die Behörde bestimmten Exemplars gehört zu den zumutbaren und gebotenen Überwachungspflichten des berufsmäßigen Parteienvertreters. Bei Fallkonstellationen wie der vorliegenden hat der Verwaltungsgerichtshof daher bereits wiederholt ausgesprochen, dass es ein nicht als minderer Grad des Versehens zu qualifizierendes Verschulden des berufsmäßigen Parteienvertreters bedeutet, wenn dieser einen Schriftsatz unterfertigt, ohne ihn zu lesen, und dadurch - allenfalls auf weisungswidriges Verhalten des Kanzleipersonals zurückzuführende - Mängel des Schriftsatzes, etwa die unrichtige Behördenbezeichnung, unbemerkt bleiben.
Im Erkenntnis Ra 2015/08/0018 vom 03.07.2015 wurde die Judikaturlinie fortgesetzt:
Im konkreten Fall ist der vorgebrachte Sachverhalt keineswegs dazu angetan, das dem Rechtsvertreter der Antragstellerin an der Fristversäumung anzulastende Verschulden bloß als einen minderen Grad des Versehens zu qualifizieren. Entscheidend ist, dass der Rechtsvertreter - wie im Antrag vorgebracht wird - die letztlich abgefertigte Fassung der Revisionsschrift persönlich unterfertigt hat, obwohl diese nicht an das zuständige Verwaltungsgericht, sondern an den Verwaltungsgerichtshof adressiert war. Damit hat aber der Rechtsvertreter seine anwaltlichen Pflichten verletzt, die Richtigkeit des von ihm zu unterfertigenden Schriftsatzes anlässlich der Unterschriftsleistung (nochmals) zu überprüfen (vgl. den hg. Beschluss vom 20.07.1992, Zl. 92/18/0301; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 8.10.1990, Zl. 90/15/0134). Der Rechtsvertreter kann diesbezüglich nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden, und zwar auch dann nicht, wenn er sich bei der Vorbereitung des Schriftsatzes (Reinschrift) technischer Hilfsmittel sowie zuverlässiger Kanzleikräfte bedient hat.
Zur Verschuldensfrage ebenso das Erkenntnis 2012/15/0097 vom 26.11.2015:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 15.07.2014, Ro 2014/02/0024, und vom 20.09.2001, 2001/15/0079). Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. dazu etwa die hg. Beschlüsse vom 20.06.2013, 2013/06/0098, und vom 30.10.2001, 2000/14/0169). Der Adressierung einer, insbesondere fristgebundenen Eingabe kommt zentrale Bedeutung zu. Kontrolliert ein berufsmäßiger Parteienvertreter einen fristgebundenen Schriftsatz vor der Unterfertigung nicht auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Rechtzeitigkeit, dann fällt ihm schon deshalb auffallende Sorglosigkeit zur Last. Sollte er aber seiner Kontrollpflicht nachgekommen sein, hat er darzulegen, aus welchen besonderen Gründen ihm die unrichtige Adressierung des Schriftsatzes dennoch nicht aufgefallen ist. Schon das gänzliche Fehlen von Vorbringen zu dieser Frage führt dazu, dass die Behörde von einem groben Verschulden des berufsmäßigen Parteienvertreters ausgehen darf.
Soweit ***Dr.*** ins Treffen führt, dass er durch eine hohe Zahl an parallel von ihm betreuten Fällen nicht alle Geschäftsjahre und Bescheidkategorien jedes Klienten auswendig wissen zu können, zeigt er damit nicht auf, wodurch er bei der Unterfertigung daran gehindert worden wäre, die ihm prinzipiell zumutbare Kontrolle auf Vollständigkeit der Fristverlängerungen im Schriftsatz durchzuführen. Die Abgabenbehörde hat zutreffend festgestellt, dass eine besondere Gefahrenlage, wie gegenständlich etwa eine hohe Anzahl an für den Fristverlängerungsantrag gegenständlichen Bescheiden und eine insgesamt hohe strittige Abgabennachforderung den steuerlichen Vertreter zu einer besonderen Sorgfalt bei der Kontrolle des von einer Kanzleikraft vorbereiteten Schriftsatzes veranlassen muss. Nach den Erfahrungen im Berufsleben hätte ihm aufgrund der voran beschriebenen Umstände die Unvollständigkeit des Fristverlängerungsansuchens beim Durchlesen auffallen müssen. Allenfalls hätte der Steuerberater durch einen kurzen Abgleich mit den in der Kanzlei vorhandenen Unterlagen über die Ergebnisse der Außenprüfung die Unvollständigkeit leicht erkennen müssen.
Ein substantiiertes Vorbringen, wodurch ***Dr.*** bei der Unterfertigung der zumutbaren Kontrolle auf Vollständigkeit des Schriftsatzes gehindert worden wäre, ist für das Bundesfinanzgericht nicht zu erkennen.
Schon das Unterlassen der gebotenen Kontrolle durch den zuständigen Steuerberater führt im beschwerdeanhängigen Fall dazu, dass das Bundesfinanzgericht von einem groben Verschulden und keinem minderen Grad des Versehens des berufsberechtigten Parteienvertreters ausgehen darf. ***Dr.*** muss sich den Vorwurf gefallen lassen, seine erforderliche und nach seinen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen zu haben. Damit liegt ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes grobes Verschulden vor.
Ob dieses grobe Verschulden des berufsberechtigten Steuerberaters im Zusammenhang mit einer mangelhaften Büroorganisation steht und ein übersteigertes Organisationsverschulden vorliegt, ist für das Bundesfinanzgericht nicht mehr maßgebend und entscheidungsrelevant. Der Parteienvertreter gibt zwar in der Bescheidbeschwerde demgemäß an, über ein umfangreiches qualitätsgesichertes auf ein internes Organisationshandbuch gestütztes internes Kontrollsystem zu verfügen, dieses laufend zu evaluieren und auch tagtäglich anzuwenden. Er macht jedoch weder substantiierte Angaben zu Autoren, Titel, Auflage und Erscheinungsjahr des Organisationshandbuches noch zitiert er daraus Inhalte unter Offenlegung der Fundstellen.
Die Abgabenbehörde ortet in der kanzleiinternen Weisung, wonach AP-Berichte und Bescheide grundsätzlich in voneinander getrennten Archivordnern zu archivieren sind, ein wesentliches Risiko der später möglicherweise fehlerhaften und unvollständigen Übertragung aller zur korrekten Beurteilung des weiteren Rechtsmittelweges notwendigen Dokumente an den zuständigen Berufsberechtigten durch das Sekretariatspersonal. Nach der Judikatur des VwGH sei stets jedoch gerade durch adäquate organisatorische Maßnahmen vorzusorgen, dass vom Kanzleipersonal zu besorgende Arbeitsschritte eben nur mehr von rein manipulativen/technischen/mechanischen Umständen abhängig bleiben, auf deren ordnungsgemäße Erfüllung der Berufsberechtigte dann auch vertrauen dürfe. Die Beurteilung, dass im gegenständlichen Fall ein aus einer Außenprüfung resultierender Steuerbescheid aus dem Steuerbescheid sowie aus dem AP-Bericht als dessen Begründung bestehe, sei jedoch kein solcher bloß manipulativer/technischer/mechanischer Arbeitsschritt, sondern bedürfe sehr wohl der abschließenden Kontrolle durch einen rechtskundigen Berufsberechtigten (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Rz 67 unter Hinweis auf VwGH 3.4.1998, 97/19/0491).
Das Fristverlängerungsansuchen vom 13.02.2024 entsprach nach Auffassung der Abgabenbehörde keinesfalls den an eine erfahrene Steuerberatungskanzlei wie "***StberGes***" legitimerweise gestellten objektiven Erwartungen hinsichtlich eines qualitätsgesicherten Kanzleibetriebs. Werde nämlich in einem Fristverlängerungsansuchen mit 28 verfahrensgegenständlichen Bescheiden keine systematisierte und geordnete Darstellung der vom Fristverlängerungsansuchen erfassten Bescheide (zB nach Bescheidkategorie und gewünschtem Gesamtzeitraum sortierte vereinfachende Angabe, wie zB "Umsatzsteuerbescheide 2015-2018", "Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2015-2018) gewählt, sondern stattdessen bestimmte Wiederaufnahme- oder Sachbescheide unterschiedlicher Jahre in weder zeitlich noch sachlich geordneter Weise (teilweise auch ohne zeitlichem Zusammenhang zwischen Wiederaufnahme- und Sachbescheid) einzeln aufgezählt, so werde damit einem außenstehenden Leser des Schriftsatzes zwangsläufig der Eindruck vermittelt, dass eben gerade nur bestimmte Bescheide vom Anbringen erfasst sein sollen.
Die steuerliche Vertretung argumentiert, dass das "gegenständliche Versäumnis eines rechtzeitigen Fristverlängerungsantrages" als seltener Einzelfall zu werten sei.
Dem ist zu entgegnen, dass auch beim anhängigen Parallelfall der St.-Nr. XXX ***BfGes1*** eine Fristverlängerung lediglich für einen Teil der nach einer Außenprüfung ergangenen Bescheide beantragt wurde.
Aus dem BFG-Erkenntnis RV/5100512/2024 betreffend den Beschwerdeführer geht hervor, dass die Steuererklärungen für 2021 und 2022 durch die steuerliche Vertretung jeweils verspätet abgegeben wurden. Das Bundesfinanzgericht hat dazu festgestellt, dass dabei von einer geringfügigen Fristüberschreitung keine Rede sein kann.
Aus dem BFG-Erkenntnis RV/2100573/2023 betreffend ***EE*** hinsichtlich eines Wiedereinsetzungsantrages begründete die steuerliche Vertretung die Fristversäumnis mit einer unvorhersehbaren Fehlkalendierung des Umsatzsteuerbescheides im BMD-Archivierungssystem. Diese Versäumnis sei unabwendbar gewesen, da in der Terminverwaltung keine Erinnerungsnachricht am EDV-Bildschirm aufgezeigt wurde.
In der mündlichen Verhandlung brachte ***Dr.*** vor, dass es in beiden Fällen Kommunikationsprobleme mit dem Beschwerdeführer bzw. einem deutschen Finanzamt gegeben habe, die letztendlich nicht der Steuerberatungskanzlei zur Last gelegt werden dürfen.
Wenn auch in den Eingaben der steuerlichen Vertretung mehrfach darauf hingewiesen wird, dass im Sekretariat hinsichtlich der Fristen eine höchste Sorgfalt bestehe, legen allein diese aufgezeigten Versäumnisse ein Indiz für Organisationsmängel in der Kanzlei des Parteienvertreters nahe. Eine Feststellung darüber ist aber gegenständlich nicht von entscheidungsrelevanter Bedeutung.
Die von der steuerlichen Vertretung zitierten und kommentierten VwGH-Judikate, wonach Fehler von Mitarbeitern eine leichte Fahrlässigkeit begründen und Fehler in einer professionell eingerichteten Kanzlei einen unvorhersehbaren Ausnahmefall und ein unabwendbares Ereignis iSd § 308 Abs 1 BAO darstellen, treffen den gegenständlichen Sachverhalt nicht und sind daher nicht entscheidungsrelevant. In der Rechtsprechung findet sich kein Hinweis darüber, dass es sich bei einem finalen Kontrollverschulden eines Berufsberechtigten an einer Fristversäumnis (Unterfertigen eines unvollständigen Fristverlängerungsansuchens) nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Dies trifft auch auf die ergänzende Eingabe vom 03.10.2025 mit dem Verweis auf das VwGH-Erkenntnis vom 17.10.2007, 2006/13/0058 zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar festgehalten, dass das Verschulden von Kanzleikräften für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellt, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist, aber auch gleichzeitig erkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Parteienvertreter seiner Sorgfaltspflicht nicht entspricht, wenn er Schriftsätze unterfertigt, die einen unrichtigen Beilagenvermerk aufweisen.
Die Abgabenbehörde hat somit, weil dem Vorbringen der steuerlichen Vertretung kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund zu entnehmen war, den Antrag zu Recht abgewiesen.
Da die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist dem Wiedereinsetzungsantrag ein Erfolg zu versagen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung geklärt sind, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am 2. Dezember 2025
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