Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerde vom 30.3.2021 des R***D***, Steuernummer 99-123*** gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 22.3.2021 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Recht:
Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid, da er vergessen habe, eine durchgeführte Operation in der Höhe von € 5.798,00 (Honorar von € 3.800,00 und Krankenhauskosten von € 1.998,00) anzuführen.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, der Beschwerdeführer habe trotz Ersuchens kein ärztliches Gutachten vorgelegt, aus dem Gründe für die Behandlung außerhalb der allgemeinen Gebührenklasse eines Krankenhauses ersichtlich seien. Aus den Unterlagen sei erkennbar, dass der Beschwerdeführer auf eigenen Wunsch die Sonderleistungen in Anspruch genommen habe. Triftige medizinische Gründe seien nicht nachgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und legte einen Befundbericht des Facharztes, der die Operation durchgeführt hatte vom 20.12.2021 vor. Ergänzend führte er aus, der Befundbericht würde bestätigen, dass die Operation notwendig und dringlich gewesen sei, da beim Zuwarten auf eine Operation, die von der Krankenkasse komplett bezahlt werde, eine Schädigung des Knochenmarks hätte entstehen können. Eine Sonderklasse sei im Übrigen nicht in Anspruch genommen worden.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Strittig ist, ob die für eine Operation in einem Privatspital angefallenen Aufwendungen (Zuzahlungen für stationären Aufenthalt im Privatspital, Arzthonorar), die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht getragen werden, dem Beschwerdeführer zwangsläufig iSd § 34 Abs 3 EStG erwachsen sind.
Nachstehender Sachverhalt steht fest:
Der Beschwerdeführer litt unter einer chronischen Zervikobrachialgie und einer zervikalen Vertebrostenose [Halswirbelkanalverengung] mit Kompressionsmyelopathie (Befundbericht vom 20.12.2020).
Am 26.8.2020 unterzog er sich einer Operation.
Die Operation wurde in einem Wiener Privatspital durchgeführt und war medizinisch notwendig. Von der gesetzlichen Sozialversicherung wurde nur ein Teil der daraus resultierenden Kosten getragen.
Triftige medizinische Gründe, welche die höheren Aufwendungen rechtfertigen, liegen nicht vor.
Die höheren Aufwendungen betreffen Zuzahlungen für den stationären Aufenthalt in allgemeiner Klasse in einem Privatspital sowie das Arzthonorar für den Operateur.
Beweiswürdigung:
Die Operation sowie deren medizinische Notwendigkeit sind unstrittig.
Die triftigen medizinischen Gründe sind aufgrund folgender Tatsachen nicht gegeben:
Der Beschwerdeführer legte einen "Arztbrief/Befundbericht" vom 20.12.2020 nachstehenden Inhalts vor: "Diagnose: chronische Zervikobrachialgie rechts - Zervikale Vertebrostenose C5/6 mit Kompressionsmyelopathie. Behandlung: Aufgrund der dringlichen operativen Notwendigkeit bei neurologischen Veränderungen bei bekannter Kompressionsmyelopathie wird mit dem Patienten die Operation besprochen, worauf der Patient als Selbstzahler in allgemeiner Klasse zeitnah operativ versorgt wurde am 26.8.2020 im [Privat]Krankenhaus Wien."
Dieser Befundbericht bestätigt die dringliche medizinische Notwendigkeit der Operation dem Grunde nach. Es geht daraus aber nicht hervor, dass die Operation in einem Privatspital durchgeführt werden musste und nicht auch in einem öffentlichen Krankenhaus hätte erfolgen können. Eine etwaige Wartezeit auf die Operation wird darin nicht erwähnt. Die ärztliche Bescheinigung ist daher nicht geeignet, das Vorbringen des Beschwerdeführers zu stützen.
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass bei Zuwarten auf eine Operation, die von der Krankenkasse bezahlt wird, eine Schädigung des Knochenmarks entstehen hätte können.
Dass es bei einer Halswirbelkanalverengung mit Kompressionsmyelopathie eine Schädigung des Knochenmarks entstehen könnte, wird nicht bezweifelt. Das diesbezügliche Vorbringen bleibt aber allgemein. Auch wird weder im Befundbericht noch in den anderen vorgelegten Beweismitteln (Honorarnote vom 14.9.2020, MRT-Befund vom 24.1.2020, Entlassungsbericht vom 7.9.2020, Befundbericht vom 31.1.2020, CT-Befund vom 4.6.2020) eine derartige, den Beschwerdeführer unmittelbar betreffende Schädigung bestätigt.
Ein feststehender oder sich konkret abzeichnender, ernsthafter gesundheitlicher Nachteil wird damit nicht dargetan und erschließt sich auch dem Bundesfinanzgericht nicht.
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Beweislast für das Vorliegen von triftigen medizinischen Gründen der Steuerpflichtige trägt (VwGH 19.2.1992, 87/14/0116). Der Beschwerdeführer behauptet nicht einmal, dass er überhaupt eine Operation in einem öffentlichen Spital angestrebt hätte und ob es gegebenenfalls konkret überhaupt zu einem Zuwarten gekommen wäre.
Dass durch die Operation in einem Privatspital ein geringeres Risiko von Folgewirkungen bestünde, wird nicht einmal vorgebracht.
Rechtlich folgt daraus:
Nach § 34 Abs 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs 2), zwangsläufig erwachsen (Abs 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).
Nach § 34 Abs 3 EStG erwächst dem Steuerpflichtigen eine Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Solche tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (VwGH 1.9.2015, 2012/15/0117; 4.9.2014, 2012/15/0136; 26.5.2010, 2007/13/0051).
Wie der VwGH (11.2.2016, 2003/13/0064) ausgeführt hat, ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (VwGH 21.11.2013, 2010/15/0130). Bloße Wünsche, Befürchtungen oder Standesrücksichten der Betroffenen reichen nicht, um die Zwangsläufigkeit zu rechtfertigen. Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (VwGH 4.9.2014, 2012/15/0136; 22.12.2004, 2001/15/0116). Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (VwGH 13.3.2023, Ra 2020/13/0057, mwN).
Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (VwGH 13.5.1986, 85/14/0181).
Liegt eine ärztliche Bestätigung über die dringliche medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Privatkrankenhaus vor und wäre bei einer längeren Wartezeit auf einen Platz in einem öffentlichen Krankenhaus mit nachteiligen gesundheitlichen Folgen zu rechnen gewesen, sind die Kosten für die Privatklinik als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Als triftige medizinische Gründe für eine bestimmte Behandlungsart können auch Aussichten auf ein geringeres Risiko von Folgewirkungen der Operation gelten.
Unstrittig ist, dass die Aufwendungen dem Beschwerdeführer dem Grunde nach zwangsläufig erwachsen sind. Fest steht jedoch, dass keine triftigen medizinischen Gründe vorliegen, die höhere Aufwendungen als die von der Sozialversicherung finanzierten rechtfertigen. Damit liegt aber die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen, die in Zusammenhang mit der Durchführung der Operation in einem Privatspital stehen der Höhe nach nicht vor. Die Aufwendungen können daher steuerlich nicht berücksichtigt werden (vgl VwGH 24.3.2021, Ra 2020/15/0029, mwN).
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht folgt der zitierten Rechtsprechung des VwGH oder löst eine Tatfrage. Ob triftige medizinische Gründe vorliegen, die höhere Aufwendungen, als die von der Sozialversicherung finanzierten rechtfertigen, ist eine Tatfrage keine Rechtsfrage und damit kein Thema für die ordentliche Revision.
Die Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO abzuweisen.
Wien, am 17. Juli 2025
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