Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom 2. Juni 2025 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 28. Mai 2025 betreffend zwei Ordnungsstrafen, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit den zwei angefochtenen Bescheiden vom 28.5.2025 setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf.) zwei Ordnungsstrafen gemäß § 112 BAO fest, nämlich eine in Höhe von 200,00 € und eine in Höhe von 400,00 €. Begründend führte die Behörde zusammengefasst aus, der Bf. habe sich in seinen Eingaben vom 9.8.2024 sowie vom 6.10.2024 näher bezeichneter beleidigender Formulierungen bedient; diese Formulierungen hätten den Boden der Sachlichkeit verlassen und es geboten erscheinen lassen, angemessene Ordnungsstrafen zu verhängen; aufgrund der wiederholten Beleidigungen sei es zweckmäßig gewesen, die zweite Ordnungsstrafe höher festzusetzen.
Gegen beide Bescheide erhob der Bf. am 2.6.2025 über FinanzOnline rechtzeitig Beschwerden. Darin führte er zusammengefasst aus, seine Ausführungen seien weder beleidigend noch ehrverletzend, sondern eine sachliche Feststellung, die auf realen Erfahrungen beruhe; die Strafen seien unverhältnismäßig, realitätsfern, willkürlich und überzogen. Besonders bedenklich sei der Umstand, dass der Einspruch bei derselben Behörde eingereicht werden müsse, die auch den Bescheid ausgestellt hat. Dies widerspreche jeglichem Grundverständnis von Neutralität und Rechtsstaatlichkeit. Es sei allgemein bekannt, dass "eine Krähe der anderen kein Auge aushackt". Vielmehr wäre es angebracht, die Arbeit der Behörde selbstkritisch zu hinterfragen und zu verbessern. Die zweite, höhere Ordnungsstrafe sei zudem verfahrensrechtlich fragwürdig, da die beiden Ordnungsstrafen zeitgleich verhängt wurden, sodass es dem Bf. faktisch unmöglich gewesen sei, auf die erste, niedrigere Ordnungsstrafe rechtzeitig zu reagieren.
Mit zwei Beschwerdevorentscheidungen vom 18.7.2025 wies die belangte Behörde die Beschwerden als unbegründet ab, wobei sie begründend zusammengefasst ausführte, die gegenständlichen Eingaben des Bf. entsprächen zweifelsfrei keineswegs den Mindestanforderungen des Anstandes; die Verhängung der Ordnungsstrafen sei sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angemessen.
Gegen diese Beschwerdevorentscheidungen richten sich die zwei rechtzeitigen, über FinanzOnline eingebrachten Vorlageanträge des Bf. vom 23.7.2025, in welcher er im Wesentlichen sein Beschwerdevorbringen wiederholt.
Am 7.8.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, wobei sie im Wesentlichen mit der Begründung der Beschwerdevorentscheidungen die Abweisung der Beschwerden beantragte
Bereits mit Bescheid vom 28.3.2018 wurde gegenüber dem Bf. vom damals zuständigen Finanzamt ***Wohnort*** eine Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise in Höhe von 300,00 € festgesetzt. Die damals inkriminierten Äußerungen lauteten:
"ich weiß ja nicht wie blöd man im Finanzamt so ist""Schreiben Sie ihren Mist dem Insolvenzverwalter und gehen Sie nicht mir länger auf die Eier!"
Am 4.7.2024 versandte das Finanzamt Österreich an den Bf. einen Vorhalt betreffend seine Einkommensteuererklärung 2023, womit er aufgefordert wurde, Betriebsausgaben im Ausmaß von insgesamt über 10.000,00 € - darunter fast 6.500,00 € an Reise- und Fahrtspesen - genauer nachzuweisen. Diesen beantworte er mit Eingabe vom 9.8.2024. Darin bediente sich der Bf. unter anderem folgender Formulierungen:
"Reise und Fahrtspesen sind wie bereits in der Nachfrage 2022 aufgelistet (2022 ist immer noch nicht abgeschlossen???)- bei 2022 wäre ersichtlich, dass die ganzen Kilometer hauptsächlich für die ***X-AG*** gefahren wurden, aber anscheinend habt Ihr genügend Zeit im Finanzamt Erbsen zu zählen."
"Wenn mir aber weiterhin- bei einem Kleinunternehmen- dermaßen auf den Geist gegangen wird und meine Zeit mit solchem Firlefanz verschwendet wird, kann ich diese zusätzlichen Beträge gerne dazu nehmen […]"
Am 24.9.2024 versandte das Finanzamt Österreich einen weiteren Vorhalt an den Bf. betreffend seine Einkommensteuererklärungen 2022 und 2023, womit er insbesondere aufgefordert wurde, für zwei unterschiedliche betriebliche Tätigkeiten getrennte E1a-Beilagen und Einnahmen-/Ausgaben-Rechnungen zu übermitteln. Diesen beantwortete der Bf. mit Eingabe vom 6.10.2024. Darin bediente er sich unter anderem folgender Formulierungen:
"Wie gewünscht die Ergänzungen! Habt Ihr Erbsenzähler nichts anderes zu tun, wie bei solchen Peanutsbeträge herumzunerven? Da kostet mich der Aufwand ja mehr, als ich im Jahr Umsatz mache. Bei Benko und Konsorten scheisst ihr euch ja anscheinend in die Hose! Da wäre mehr Geld für den Staat zu holen!"
Die von der Behörde festgesetzten Ordnungsstrafen beziehen sich nach dem jeweiligen Bescheidspruch auf die fettgedruckten Passagen der wiedergegebenen Texte.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt aufliegenden Unterlagen (Ordnungsstrafenbescheid vom 28.3.2018, Vorhalte des Finanzamtes Österreich vom 4.7.2024 und 24.9.2024 sowie Vorhaltsbeantwortungen des Bf. vom 9.8.2024 und 6.10.2024). Der Sachverhalt wurde zudem vom Bf. nicht bestritten, sondern nur dessen rechtliche Würdigung. Das Gericht konnte ihn daher ohne Bedenken seiner Entscheidung zugrunde legen.
Gemäß § 112 Abs. 3 BAO kann die Abgabenbehörde eine Ordnungsstrafe von bis zu 700 Euro gegen Personen verhängen, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen. Eine vorherige Androhung ist hierbei im Gegensatz zur Ordnungsstrafe nach § 112 Abs. 2 BAO nicht erforderlich.
Gemäß § 207 Abs. 3 BAO iVm § 208 Abs. 1 lit. b BAO beginnt die Verjährungsfrist bei Ordnungsstrafen mit Ablauf des Jahres, in dem die Voraussetzungen für ihre Verhängung eingetreten sind und beträgt ein Jahr. Das Recht zur Festsetzung der gegenständlichen Ordnungsstrafen verjährt somit erst mit Ablauf des 31.12.2025; die angefochtenen Bescheide ergingen somit vor Eintritt der Verjährung.
Eine beleidigende Schreibweise im Sinne von § 112 Abs. 3 BAO liegt insbesondere dann vor, wenn sich die Kritik an der Behörde bzw. an einem Behördenorgan nicht auf die Sache beschränkt, nicht in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird oder Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (VwGH 30.5.1994, 92/10/0469; 4.10.1995, 95/15/0125; 10.3.1998, 97/08/0110); weiters wenn sie eine niedrige Gesinnung und eine nach der Sittenordnung verpönte Vorgangsweise unterstellt (VwGH 30.11.1993, 89/14/0144); wie etwa allgemein gehaltene Vorwürfe wie Manipulation, Unterstellung einer Schädigungsabsicht, Betrinken während der Dienstzeit und Korruption (VwGH 20.11.1998, 98/02/0320).
Eine Beleidigungsabsicht seitens des Bf. ist nicht erforderlich, weshalb das Gericht diesbezüglich keine Feststellungen traf (vgl. VwGH 4.10.1995, 95/15/0125).
Indem der Bf. dem Finanzamt das "Erbsenzählen" bzw. das "Auf-den-Geist-Gehen" vorwirft, unterstellt er der Behörde, zu seinem Nachteil (übertrieben) kleinlich zu agieren, was mithin bereits eine nach der Sittenordnung verpönte Vorgangsweise im Sinne der oben zitierten Judikatur darstellt. Außerdem sind derartige Werturteile aufgrund ihrer Subjektivität einer Beweisführung nicht zugänglich. Mit der pauschal herabwürdigenden Bezeichnung der behördlichen Tätigkeit als Zeitverschwendung, "Firlefanz" bzw. "Herumnerven" verlässt der Bf. den Boden der sachlichen Kritik und verletzt ohne Not den im Verkehr mit der Behörde gebotenen Anstand. Ebenfalls anstandsverletzend ist die Formulierung "Bei Benko und Konsorten scheisst ihr euch ja anscheinend in die Hose!".
Eine lediglich geringfügige, für sich genommen nicht für eine Ordnungsstrafe ausreichende Anstandsverletzung erblickt das Gericht in der wiederholten Verwendung der Vertraulichkeitsform (Anrede der Behörde mit "ihr"), zumal die Verwendung der Höflichkeitsform in ***Bundesland*** nach Erfahrung des Richters auch im Verkehr mit Behörden nicht durchgehend erwartet wird.
Auf die sachliche Berechtigung der Kritik des Bf. kommt es nicht an, da § 112 Abs. 3 BAO nicht die Kritik an und für sich, sondern die Art und Weise sanktioniert, auf welche diese vorgebracht wird (vgl. VwGH 25.3.1988, 87/11/0271). Aus diesem Grund bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verhängung von Ordnungsstrafen, da sachlich vorgetragene Kritik den Tatbestand nicht erfüllt und somit jederzeit sanktionslos möglich ist. Im Übrigen darf angemerkt werden, dass keine sachliche Berechtigung der Kritik erkennbar ist, zumal die Abgabenbehörde verpflichtet ist, Abgabenerklärungen sorgfältig zu prüfen ( § 161 BAO) und auch für das Gericht nicht erkennbar ist, dass die von der Behörde gesetzten Schritte lediglich - absolut oder relativ - geringfügige Beträge ("Peanutsbeträge") betreffen würden.
Die Voraussetzungen für die Verhängung von Ordnungsstrafen gemäß § 112 Abs. 3 BAO in Bezug auf die Ausführungen des Bf. in seinen beiden Eingaben liegen folglich nach Ansicht des Gerichtes vor.
Bei der Ermessensübung ist zu berücksichtigen, dass die Verhängung einer Ordnungsstrafe dem Grunde nach geboten erscheint, um den Bf. anzuhalten, zukünftig im Verkehr mit der Abgabenbehörde ein Mindestmaß an Anstand zu wahren. Der Höhe nach soll diese nach den Prinzipien der Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit und aus verfahrensökonomischen Gründen nicht geringfügig sein.
Da die beleidigende Schreibweise insbesondere in der ersten verfahrensgegenständlichen Eingabe des Bf. nur eine sehr geringe Intensität erreicht, erscheint die erste Strafe in Höhe von 200,00 € grundsätzlich bereits als relativ hoch. In Anbetracht des Umstandes, dass bereits im Jahr 2018 eine Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise gegen den Bf. verhängt wurde, erweist sich diese Festsetzung dennoch als angemessen. Dem Gericht erscheint es nämlich im Hinblick auf den Zweck von Ordnungsstrafen geboten, die wiederholte Erfüllung des Tatbestandes bei der Ermessensübung erschwerend zu berücksichtigen.
Eine Person, die sich in mehreren Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedient, kann in Bezug auf jede einzelne solche Eingabe mit einer Ordnungsstrafe belegt werden, von denen auch jede einzelne die Höchststrafe erreichen kann (VwGH 30.11.1993, 89/14/0144).
Die Erhöhung des Betrages der zweiten Strafe gegenüber der ersten Ordnungsstrafe ist aufgrund der wiederholten Erfüllung des Tatbestandes zweckmäßig und billig. Angesichts des Umstandes, dass es sich bereits um die dritte gegenüber dem Bf. festgesetzte Ordnungsstrafe handelte, wäre grundsätzlich sogar eine höhere Ordnungsstrafe zweckmäßig gewesen. Die im vorliegenden Fall zweifellos nicht gegebene Dispositionsmöglichkeit des Bf. - er hatte sich ja in der Eingabe vom 6.10.2024 einer beleidigenden Schreibweise bedient, noch bevor er in Bezug auf die Eingabe vom 9.8.2024 bestraft wurde - ist allerdings im Rahmen der Ermessensübung (Kriterium "Billigkeit") ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. VwGH 15.12.2022, Ra 2022/13/0023, zum ähnlich gelagerten Fall der Festsetzung einer Zwangsstrafe trotz Nichtkenntnis von deren Androhung) und rechtfertigt es, mit lediglich 400,00 € das Auslangen zu finden.
Wenn der Bf. vorbringt, der Umstand, dass "der Einspruch" bei derselben Behörde eingereicht werden müsse, die auch den Bescheid ausgestellt hat, dann wird er darauf hingewiesen, dass dies ein verschiedensten österreichischen Verfahrensordnungen immanentes Prinzip darstellt. Es kann darin kein konkretes Problem in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit erkannt werden, zumal letztendlich ohnehin das - von der Abgabenbehörde unabhängige - Bundesfinanzgericht über seine Beschwerden entschieden hat. Abschließend sei der Bf. ermahnt, dass auch das in diesem Zusammenhang wiederholt von ihm verwendete Sprichwort, wonach "eine Krähe der anderen kein Auge aushackt" aufgrund der im Allgemeinen überwiegend negativ aufgefassten Konnotation von Tiervergleichen, insbesondere von Vergleichen mit Rabenvögeln, kein Vorzeigebeispiel für eine anstandsgemäße Kommunikation mit der Behörde darstellt, wenngleich dies allein nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht für die Verhängung weiterer Ordnungsstrafen ausreichen mag.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das vorliegende Erkenntnis der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen.
Innsbruck, am 8. August 2025
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