Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom 10. Juni 2021 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 9. Juni 2021 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe- und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Jänner 2020 bis Oktober 2020, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Die Beschwerdeführerin (Bf.) war bis Dezember 2019 in Österreich wohnhaft, meldete ihren Hauptwohnsitz im Dezember 2019 und verzog in die Schweiz. Sie bezog für ihren Sohn S., geb. 1999, im Rückforderungszeitraum Jänner 2020 bis Oktober 2020 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.
S. wohnt und studiert seit dem Wintersemester 2019 an der Universität Wien.
Rückforderungsbescheid vom 9. Juni 2021
Mit Bescheid vom 9. Juni 2021 forderte das Finanzamt von der Bf. die für den Zeitraum Jänner 2020 bis Oktober 2020 bezogenen Beträge gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) iVm § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) wegen ihres Wegzuges aus Österreich zurück.
Beschwerde vom 10. Juni 2021
Die Bf. brachte in ihrer Beschwerde vor, dass sie bis dato auf ihr Konto ***Bf1*** in Österreich keine Familienbeihilfe ausbezahlt bekommen habe. Sie lebe seit 1. November 2019 in der Schweiz. Ihr Sohn S. sei in Österreich wohnhaft und studiere in Wien. Er beziehe bis dato die Familienbeihilfe. Sie erhalte keine Familienbeihilfe. Ihr Konto müsse dann sozusagen gelöscht werden. Sie habe nicht gewusst, dass man das machen müsse. Diese Beihilfe stehe ihrem Sohn als österreichischer Staatsbürger und als Student zu. Sein Vater lebe ebenso in Österreich. S. erhalte die Beihilfe auf sein Konto. Sie bitte um Berichtigung und um die Aussetzung des Betrages.
Beschwerdevorentscheidung vom 24. März 2022
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 24. März 2022 mit der Begründung ab, dass gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 nur Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige und unter bestimmten Voraussetzungen für volljährige Kinder haben.
Gemäß § 25 FLAG 1967 seien Personen, denen Familienbeihilfe gewährt werde, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, innerhalb eines Monats ab dem Bekanntwerden, beim zuständigen Finanzamt zu melden.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 habe, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen habe, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Dies gelte gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 auch für den zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbetrag.
Die Familienbeihilfe sei laufend bis letztmalig am 2. Oktober 2020 auf das Konto der Bf. überwiesen worden.
Laut vorliegender Aktenlage habe die Bf. sich mit 20. Dezember 2019 von Österreich abgemeldet. Somit sei ab Jänner 2020 kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr gegeben.
Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass ihr Sohn für den Zeitraum Jänner 2020 bis Oktober 2020 anspruchsberechtigt sei und für diesen Zeitraum einen Antrag stellen könne.
Vorlageantrag vom 14. April 2022 (eingelangt beim Finanzamt am 16. April 2022)
Die Bf. bringt vor, dass sie seit November 2019 in der Schweiz wohnhaft sei. Ihr Sohn S. sei im September 2019 nach Wien gezogen und habe sein Studium begonnen. Bevor sie in die Schweiz gegangen seien, das sei im September gewesen, habe sie persönlich vorgesprochen um die Familienbeihilfe auf S. umzuschreiben. Dies sei sehr schnell am Schalter gegangen und sie hätten der Dame auf Grund von deren Kompetenz vertraut. Es sei ihnen am Schalter gesagt worden, dass sie nun nichts mehr zu tun bräuchten. Ihr Sohn habe sich dann in Wien angemeldet und das Finanzamt in Wien sei dann für ihn zuständig gewesen. S. habe die Familienbeihilfe immer auf sein Konto erhalten. Sie habe keine Familienbeihilfe bezogen, da sie 2019 diese auf ihn überschreiben habe lassen. Es seien auf ihrem Konto keine Eingänge der Beihilfe, sondern auf dem Konto von S., der zu diesem Zeitpunkt 2019 bis 2020 in Wien wohnhaft gewesen sei und dort auch studiert habe, bis zum heutigen Datum. Sie lege die Haben Umsätze (Kontoauszüge) von S. bei (hier seien die Eingänge ersichtlich). Aus ihren Auszügen sei ersichtlich, dass sie keine Eingänge erhalten habe. Der Fehler liege vielleicht bei der Umstellung des Namens. Das Konto sei immer S.s Konto gewesen. Sie bitte um nochmalige Prüfung ihres Einspruchs, da es ihr unmöglich sei, diesen Betrag, der ihrem Sohn auch wirklich zugestanden sei, zu begleichen. Sie arbeite derzeit nur einige Stunden krankheitsbedingt und habe sehr wenig Einkommen. Ihr sei es nicht möglich, dies zu begleichen. Die Familienbeihilfe, welche S. erhalten habe, stehe ihm als Student auch zu.
Die Bf. hat ihren Wohnsitz in Österreich am 20. Dezember 2019 abgemeldet und wohnt in der Schweiz.
Ihr Sohn S. wohnt und studiert seit September 2019 in Wien.
Die Überweisung der Familienbeihilfe erfolgte aufgrund der Angaben der Bf. auf das Konto 1234567.
S. bezieht seit November 2020 auf Grund seines Eigenantrages vom 13. November 2020 die Familienbeihilfe auf das von ihm angegebene Konto, welches mit jenem Konto ident ist, auf das die Familienbeihilfe der Bf. vor dem Eigenantrag des Sohnes ausbezahlt wurde.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
§ 14 FLAG 1967 lautet:
(1) Ein volljähriges Kind, für das Anspruch auf die Familienbeihilfe besteht, kann beim Finanzamt Österreich beantragen, dass die Überweisung der Familienbeihilfe auf sein Girokonto erfolgt. Der Antrag kann sich nur auf Zeiträume beziehen, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde.
(2) Eine Überweisung nach Abs. 1 bedarf der Zustimmung der Person, die Anspruch auf die Familienbeihilfe hat. Diese Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden, allerdings nur für Zeiträume, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde.
(3) Es kann auch die Person, die Anspruch auf die Familienbeihilfe für ein Kind hat, beantragen, dass die Überweisung der Familienbeihilfe auf ein Girokonto dieses Kindes erfolgt. Der Antrag kann sich nur auf Zeiträume beziehen, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde. Dieser Antrag kann jederzeit widerrufen werden, allerdings nur für Zeiträume, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde.
(4) …
Nach den Bestimmungen des § 25 FLAG 1967 sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, beim Finanzamt Österreich zu erfolgen.
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:
"Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen."
Nach § 33 Abs. 3, 3. Satz EStG 1988 ist, bei zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbeträgen, § 26 FLAG 1967 anzuwenden.
Anspruch auf den Bezug der Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967
Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen unter weiteren Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige und volljährige Kinder, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Der Bf. stand für ihren volljährigen Sohn in Österreich die Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbeträgen) im Zeitraum Jänner 2020 bis Oktober 2020 dem Grunde nach nicht zu, weil sie ihren österreichischen Wohnsitz im Dezember 2019 abgemeldet und in die Schweiz verzogen ist.
Der Sohn der Bf., welcher im Rückforderungszeitraum in Wien gewohnt und studiert hat, hat für diesen Zeitraum (Jänner 2020 bis Oktober 2020) einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe auf Grund seines Studiums.
Kein Bezug von Familienbeihilfe
Die Bf. bringt vor, dass ihr Sohn S. die Familienbeihilfe immer auf sein Konto erhalten habe. Sie habe keine Familienbeihilfe bezogen, da sie 2019 diese auf ihn überschreiben habe lassen. Es seien auf ihrem Konto keine Eingänge der Beihilfe, sondern auf dem Konto von S., der zu diesem Zeitpunkt 2019 bis 2020 in Wien wohnhaft gewesen sei und dort auch studiert habe, bis zum heutigen Datum. Sie lege die Haben Umsätze (Kontoauszüge) von S. bei (hier seien die Eingänge ersichtlich). Aus ihren Auszügen sei ersichtlich, dass sie keine Eingänge erhalten habe.
Die Bf., welche bis Dezember 2019 in Österreich wohnhaft war, war damals Anspruchsberechtigte für den Bezug der Familienbeihilfe und gab dem Finanzamt für die Auszahlung das Konto 1234567 an. Dieses Konto wurde offenbar mit September 2019 für die Auszahlung auf ein Konto im Besitz des Sohnes geändert, ohne dass dies dem Finanzamt gemeldet wurde. Die Familienbeihilfe wurde daher faktisch auf das Konto des Sohnes überwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof stellte im Erkenntnis vom 19.12.2013, 2012/16/0047, fest, dass die Bekanntgabe einer Kontonummer und der Bezeichnung, auf wen das Konto lautet, die nicht notwendigerweise den Namen des Anspruchsberechtigten tragen müsse, allein in Verbindung mit der späteren Auszahlung auf dieses Konto noch nicht bewirke, dass der als Anspruchsberechtigter Auftretende, der diese Angaben getätigt habe, die Familienbeihilfe nicht mehr bezogen hätte, sondern ein anderer über dieses Konto Verfügungsberechtigter.
Gibt also ein vom Finanzamt als Anspruchsberechtigter Angesprochener - wie im vorliegenden Fall - eine Kontonummer bekannt und wird die Familienbeihilfe anschließend auf dieses Konto überwiesen, so ist dies dem Fall gleichzuhalten, dass der Betreffende diese Beträge erhalten und - gegebenenfalls - an eine andere Person weitergegeben hat (vgl VwGH 31.10.2000, 96/15/0001).
Mit ihrem Wegzug aus Österreich fiel der Anspruch für die Bf. im Zeitraum Jänner 2020 bis Oktober 2020 weg. Sie bezog jedoch weiterhin Familienbeihilfe (wenn auch auf das Konto des Sohnes).
Objektive Erstattungspflicht
Aus § 26 Abs 1 FLAG 1967 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat (vgl etwa VwGH 29.09.2010, 2007/13/0120; VwGH 19.12.2013, 2012/16/0047). Die Rückzahlungspflicht gemäß § 26 Abs 1 FLAG trifft ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (VwGH 19.12.2013, 2012/16/0047). Es ist auch nicht von Bedeutung, dass vom Empfänger der Familienbeihilfe diese an das Kind weitergeleitet wurde (vgl UFS 29.11.2011, RV/3064-W/11, BFG 21.06.2017, RV/7106471/2016).
Zusammenfassend wird festgestellt, dass das Finanzamt von der Bf. die für den Zeitraum Jänner 2020 bis Oktober 2020 bezogenen Familienbeihilfe- und Kinderabsetzbeträge zu Recht zurückgefordert hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor:
Die objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, wurde vom Verwaltungsgerichtshof bereits vielfach judiziert. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Angabe eines Kontos, auf das die Familienbeihilfe überwiesen werden soll, einer Zahlungsanweisung gleichkommt und nichts am grundsätzlichen Beihilfenanspruch bzw. Bezug der Familienbeihilfe ändert.
Wien, am 17. November 2025
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