Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich in der Beschwerdesache ***Bf1*** (FN ***), ***Bf1-Adr*** StNr: ***BF1StNr2*** betreffend die Bescheidbeschwerde vom 10.01.2017 gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Veranlagungsverfahrens der Umsatzsteuer 2012 vom 21.10.2016 und gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 21.10.2016, beide zugestellt am 27.10.2016, des Finanzamtes Wien 4/5/10 (nunmehr FA Österreich)
beschlossen:
I. Die Beschwerden gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Umsatzsteuer 2012 und gegen den Umsatzsteuerbescheid 2012 werden als gegenstandslos erklärt und diese Beschwerdeverfahren eingestellt.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Die beschwerdeführende ***Bf1*** (in der Folge Bf. genannt) wurde am 1.09.2012 im Firmenbuch eingetragen. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin war K1. Sie hatte diese Gesellschafterstellung auf Ersuchen ihres Lebensgefährten K2 übernommen. K1 wurde von der Abgabenbehörde für steuerliche Belange als Vertreterin gemäß § 81 BAO bestellt (Verf 16 v. 18.9.2012). K2 war der einzige Kommanditist der Gesellschaft (Hafteinlage € 1.000) und lt. Gesellschaftsvertrag mit 10% am Gewinn beteiligt.
Tatsächlich wurden die Transportgeschäfte der beschwerdeführenden Gesellschaft von K2 und seinem Verwandten, K3 wahrgenommen. Sie waren die wahrhaften Geschäftsherren dieses Unternehmens. Der Lebensgefährtin, K1 ist versprochen worden, dass K3 später statt ihr in die Gesellschaft eintreten werde und sie aus dieser ausscheiden könne. In dieser Absicht gingen die drei Genannten auch am 3.1.2013 zum Handelsgericht Wien. Ihre dort abgegebenen Erklärungen wurden aber, unter Umständen wegen Verständigungsschwierigkeiten in der Weise aufgenommen, dass im Firmenbuch mit Wirksamkeit vom 3.1.2013 K3 nicht statt K1 als Komplementär eingetragen worden ist, sondern er als weiterer unbeschränkt haftender Gesellschafter hinzutrat.
Tatsächlich hatte K1 ab dem 3.1.2013 keine Tätigkeiten für die Gesellschaft verrichtet und war der Ansicht, aus dieser Gesellschaft ausgeschieden zu sein.
Anlässlich einer Betriebsprüfung beim Transportunternehmer LE, für den die ***Bf1*** als Subunternehmer tätig geworden ist, wurden dem Wohnsitzfinanzamt mittels Kontrollmitteilung vom 26.03.2013 Ausgangsrechnungen der Bf. übermittelt. Es handelte sich um fünf Rechnungen im Zeitraum 10-12/2012 (Entgelt gesamt € 128.683 zuzüglich 20% USt € 25.736,75) sowie zwei Ausgangsrechnungen vom Jänner 2013 (Entgelt von gesamt € 33.838,95 zuzüglich ausgewiesener USt € 6.767,78).
Mit Umsatzsteuerbescheid vom 11.11.2013 wurde für das Jahr 2012 auf Grund einer Schätzung wegen Nichtabgabe der Abgabenerklärung die Umsatzsteuer mit € 26.000 festgesetzt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom 17.03.2014 ist mit Beschwerdevorentscheidung vom 24.06.2014 abgewiesen worden. Die BVE vom 24.06.2014 ist in formelle Rechtskraft erwachsen.
In der Folge wurde mit Bescheid vom 21.10.2016 die Veranlagung der Umsatzsteuer 2012 gemäß § 303 BAO von Amts wegen wiederaufgenommen und gleichzeitig mit Umsatzsteuerbescheid 2012 die Umsatzsteuer in derselben Höhe (€ 26.000) festgesetzt, wie durch die in Rechtskraft erwachsene abweisende BVE vom 24.06.2014 in Zusammenhang mit dem Umsatzsteuererstbescheid vom 11.11.2013.
Gegen den Wiederaufnahmebescheid und den Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 21.10.2016 wurde mit Schreiben vom 10.01.2017 rechtzeitig und formgerecht Bescheidbeschwerde erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.11.2018, zugestellt am 21.11.2018, wurde dieser Beschwerde vollinhaltlich stattgegeben. Dier Wiederaufnahmebescheid betreffend die Umsatzsteuer 2012 wurde aufgehoben, wodurch auch der auf Grund der Wiederaufnahme erlassene neue Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 21.10.2016 aus dem Rechtsbestand getreten ist und die Beschwerde gegen diesen Bescheid zurückgewiesen worden ist.
Trotz Stattgabe der Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2012 wurde vom steuerlichen Vertreter der Bf. gegen diese Beschwerdevorentscheidung der Vorlageantrag vom 19.12.2018 gestellt. Dieses Rechtsmittel wurde mitsamt den bezugshabenden Verwaltungsakten dem BFG mit Vorlagebericht vom 11.04.2019 zur Entscheidung vorgelegt.
Gemäß § 261 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde vom 10.01.2017 gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Umsatzsteuer 2012 und den Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 21.10.2016 mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären, weil mit der Beschwerdevorentscheidung vom 16.11.2018 dem Beschwerdebegehren vollinhaltlich stattgegeben wurde und die angefochtenen Bescheide (Wiederaufnahme und USt-Bescheid 2012 vom 21.10.2016) nicht mehr im Rechtsbestand sind.
Allerdings ist zur Rechtsfähigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft im gegenwärtigen Zeitpunkt Folgendes anzuführen:
Mit Beschluss vom TT.10.2013, AZ ***, hat das Handelsgericht Wien das Konkursverfahren über das Vermögen der ***Bf1*** eröffnete. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde am 24.08.2022 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Firmenbuch gelöscht.
Auf dem Abgabenkonto der Bf. war, insbesondere aus der Festsetzung der Umsatzsteuer 2013, eine fällige und nicht einbringliche Abgabenschuld von insgesamt € 94.127 offen. Diese Abgabenschuld wurde vom Finanzamt infolge der dauerhaften Vermögenslosigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft am 7.3.2024 als nicht mehr einbringlich ausgebucht.
Am 25.09.2023 wurde in dieser Rechtssache vom BFG eine Besprechung mit der Amtspartei mit dem übereinstimmenden Ergebnis abgehalten, die Bf. wegen Vermögenslosigkeit vollbeendet ist und damit die Rechtspersönlichkeit der Bf. als Umsatzsteuersubjekt auf Grund der eingetretenen Vollbeendigung erloschen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe die Rechtsfähigkeit einer im Firmenbuch bereits gelöschten Personengesellschaft des Handelsrechts noch fort, solange noch Aktivvermögen vorhanden ist; die Löschung einer Gesellschaft im Firmenbuch entfalte daher nur deklarative Wirkung. Der Verlust der Rechtspersönlichkeit tritt nur ein, wenn neben der Löschung im Firmenbuch auch die materielle Voraussetzung der Vermögenslosigkeit gegeben ist (VwGH, 28. Mai 2015, Zl. 2012/15/0106; vom 25. April 2013, Zl. 2012/15/0161; vom 19. September 2007, Zl. 2004/13/0097; vom 11. November 2008, Zl. 2006/13/0187; 28. Oktober 2014, Ro 2014/13/0035; sowie OGH vom 20. Mai 1999, 6Ob 330/98t).
Da die beschwerdeführende Gesellschaft über kein Vermögen mehr verfügt, steht zweifelsfrei fest, dass die Rechtsfähigkeit dieser Gesellschaft untergegangen ist.
Gegen eine nicht mehr existente Gesellschaft gerichtete Rechtshandlungen sind absolut unwirksam (Ritz, BAO, Kommentar, 5. Auflage, Tz 1 und 4 zu § 79). An die Bf gerichtete Rechtsakte wären daher nichtig. In seinem Erkenntnis vom 28. Oktober 2014, Ro 2014/13/0035, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des Bundesfinanzgerichtes bestätigt, dass bei einer im Firmenbuch von Amtswegen gelöschten Personengesellschaft, deren Rechtspersönlichkeit wegen Vermögenslosigkeit erloschen ist, eine noch unerledigte Beschwerde (gestützt auf § 278 Abs. 1 lit. b BAO) für gegenstandslos zu erklären ist. Das Verfahren war daher spruchgemäß einzustellen.
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, war die Revision für nicht zulässig zu erklären.
Wien, am 27. November 2025
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