Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin ***Ri*** in der Finanzstrafsache gegen die ***Bf*** als belangten Verband, ***BfAdr***, vertreten durch ***StB***, wegen deren finanzstrafrechtlicher Verantwortlichkeit betreffend das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 28a Abs. 2 Finanzstrafgesetz (FinStrG) durch einen Entscheidungsträger des belangten Verbandes, über die Beschwerde des belangten Verbandes vom 20. Februar 2020 gegen das Erkenntnis des Einzelbeamten des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten als Finanzstrafbehörde vom 13. Februar 2020, GZ. ***123***, zu Recht:
I. Das Finanzstrafverfahren gegen den belangten (aufgelösten) Verband ***Bf*** wird gemäß §§ 136, 157 und 173 FinStrG eingestellt.
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}II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit Erkenntnis des Einzelbeamten des damaligen Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten als Finanzstrafbehörde vom 13. Februar 2020, GZ. ***123***, wurde die Firma ***Bf*** in ***BfAdr***, schuldig gesprochen, sie habe als belangter Verband dafür einzustehen, dass zu ihren Gunsten und unter Verletzung der den Verband treffenden Verpflichtung durch ihren Entscheidungsträger im Sinne des § 2 Abs. 1 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) Herr ***AB*** als verbandsverantwortlicher, vertretungsbefugter Gesellschafter vorsätzlich durch Nichtverwendung einer Registrierkasse, trotz abgabenrechtlicher Verpflichtung seit 1. April 2017 bis 9. Februar 2018, den Bestimmungen des § 131b Bundesabgabenordnung (BAO) zuwidergehandelt (Registrierkassa mit Manipulationsschutz) und hiermit ein Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG begangen habe.
Der Verband ***Bf*** habe dadurch das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG zu verantworten.
Der Verband werde nach § 51 Abs. 2 FinStrG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 VbVG zu einer Geldbuße in Höhe von 1.000 Euro sowie gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG zum Kostenersatz von 100 Euro verurteilt.
Der belangte Verband brachte mit Eingabe vom 20. Februar 2020 Beschwerde ein. Der Inhalt der Beschwerdeschrift wird mangels Relevanz in diesem Verfahren nicht wiedergegeben.
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am 13. Oktober 2020 zur Entscheidung vorgelegt.
Das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde trat mit 1. Jänner 2021 an die Stelle des zum 31. Dezember 2020 zuständigen Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten als Finanzstrafbehörde (siehe § 265 Abs. 2 lit. a FinStrG).
Die vorliegende Beschwerdesache wurde mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26. August 2024 zum 1. September 2024 der Gerichtsabteilung 3012 zugeteilt.
Mit Erkenntnis des damaligen Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten als Finanzstrafbehörde vom 13. Februar 2020 wurde die ***Bf*** als belangter Verband gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG für das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG verantwortlich erkannt, das ihr Entscheidungsträger Herr ***AB*** vorsätzlich zu ihren Gunsten begangen habe. Die ***Bf*** wurde gemäß § 51 Abs. 2 FinStrG in Verbindung mit § 28a Abs. 2 FinStrG mit einer Verbandsgeldbuße in Höhe von 1.000 Euro belegt. Die Kosten des Verfahrens wurden gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG mit 100 Euro bestimmt (BFG-Akt ON 2).
Mit Eingabe vom 20. Februar 2020 erhob der belangte Verband dagegen Beschwerde (BFG-Akt ON 1).
Die Firma ***Bf***, FN ***456***, wurde auf Antrag per 13. Mai 2024 im Firmenbuch gelöscht. Die Gesellschaft ist aufgelöst und gelöscht (BFG-Akt ON 25, 26). Es konnte kein Rechtsnachfolger festgestellt werden.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Finanzstrafakt. Die Löschung des belangten Verbandes ist der offiziellen Firmenbuchdatenbank zu entnehmen.
"Wenn einer der im § 82 Abs. 3 lit. b bis e genannten Gründe vorliegt oder wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann, ist im Erkenntnis die Einstellung des Strafverfahrens auszusprechen" ( § 136 Abs. 1 FinStrG).
"Soweit für das Beschwerdeverfahren nicht besondere Regelungen getroffen werden, sind die für das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren geltenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden" (§ 157 erster Satz FinStrG).
Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, "sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist [Anm.: weil sie nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde], grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden".
§ 173 FinStrG bestimmt für natürliche Personen Folgendes: "Stirbt der Beschuldigte vor Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses (der Strafverfügung), so ist das Strafverfahren einzustellen. Stirbt der Bestrafte nach Rechtskraft des Erkenntnisses (der Strafverfügung), so geht die Verbindlichkeit zur Entrichtung von Geldstrafen, Wertersätzen und Kosten nicht auf die Erben über".
Für einen Verband gelten die Bestimmungen des VbVG. Dieses regelt in § 10 Abs. 1, wenn "die Rechte und Verbindlichkeiten des Verbandes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen anderen Verband übertragen [werden], so treffen die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Rechtsfolgen den Rechtsnachfolger. Über den Rechtsvorgänger verhängte Rechtsfolgen wirken auch für den Rechtsnachfolger".
"Der Gesamtrechtsnachfolge ist Einzelrechtsnachfolge gleichzuhalten, wenn im Wesentlichen die selben Eigentumsverhältnisse am Verband bestehen und der Betrieb oder die Tätigkeit im Wesentlichen fortgeführt wird" ( § 10 Abs. 2 VbVG).
Stirbt ein Beschuldigter, so ist das Finanzstrafverfahren in jedem Verfahrensstadium vor Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses einzustellen. Dies gilt auch für das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht (vgl. §§ 157, 173 FinStrG).
Für den Fall der Löschung einer Gesellschaft als belangter Verband im Firmenbuch hat der Gesetzgeber, falls es keinen Rechtsnachfolger gibt, keine vergleichbare Regelung wie beim Tod natürlicher Personen (siehe § 173 FinStrG) geschaffen.
Über § 28a Abs. 2 FinStrG kommt § 10 VbVG zur Anwendung. Es konnte kein Rechtsnachfolger der ***Bf*** festgestellt werden.
Das Bundesfinanzgericht stellt in seiner Entscheidung vom 17. April 2024, RV/3300004/2020, fest, dass ein Finanzstrafverfahren gegen den belangten Verband in Anlehnung an § 173 FinStrG gemäß §§ 136, 157 FinStrG einzustellen ist, wenn ein belangter Verband im Firmenbuch gelöscht wird und ein Rechtsnachfolger im Sinne des § 10 VbVG nicht ersichtlich ist.
Das Oberlandesgericht Wien kommt in seinem Erkenntnis vom 22. April 2025 zu 18 Bs 1/25s zu einem vergleichbaren Ergebnis: "Während der staatliche Strafanspruch gegen natürliche Personen mit dem Tod erlischt, ein anhängiges Strafverfahren einzustellen ist und auch Strafen nicht mehr vollstreckt werden können, ist die Situation bei Verbänden somit anders gelagert. Auch diese können zwar beendet werden, jedoch gibt es in vielen Fällen einen neuen (oder anderen) Verband, der Rechtsnachfolger ist oder zumindest den Betrieb oder die Tätigkeit fortführt. Deshalb sah sich der Gesetzgeber veranlasst, Vorsorge dafür zu treffen, dass einerseits ein gegen einen Verband laufendes Strafverfahren gegen dessen Rechtsnachfolger fortgeführt werden kann, andererseits gegen einen Verband verhängte Sanktionen und Rechtsnachfolgen auch gegen dessen Rechtsnachfolger Wirkung haben. Nur wenn sich der Verband ohne Rechtsnachfolger iSd § 10 VbVG auflöst, ist wie beim Tod einer natürlichen Person vorzugehen (Lehmkuhl/Zeder, WK-VbVG § 10 Rz 1 ff)". Der dem Tod eines Angeklagten gleichzuhaltende gänzliche Untergang des belangten Verbandes ohne Rechtsnachfolger im Sinne des § 10 VbVG während eines anhängigen Rechtsmittelverfahrens bewirkt, dass das Verfahren formlos zu beenden ist.
Da die ***Bf*** nicht mehr existiert und kein Rechtsnachfolger im Sinne des § 10 VbVG festgestellt werden konnte, war das Finanzstrafverfahren gegen den belangten Verband gemäß §§ 136, 157 und 173 FinStrG einzustellen.
Die durch die Auflösung der ***Bf*** ohne rechtsnachfolgenden Verband bedingte Einstellung des Verbandsverantwortlichkeitsverfahrens hat keinen Einfluss auf das Finanzstrafverfahren gegen Herrn ***AB***.
Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG ist über Beschwerden nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, (unter anderem) das Verfahren ist einzustellen. Da im gegenständlichen Fall das Verfahren aufgrund der Löschung des belangten Verbandes im Firmenbuch einzustellen war, konnte von der mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Überdies verzichtete das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde mit Schreiben vom 7. Juli 2021 ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Aus den maßgeblichen (finanz-)strafrechtlichen Vorschriften kann gefolgert werden, dass ein Finanzstrafverfahren einzustellen ist, wenn sich ein Verband ohne Rechtsnachfolger auflöst. Es lag daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am 30. September 2025
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