Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Kay Wrulich in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 24. Oktober 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 24. Oktober 2025 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2024, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Einkommensteuer 2024 wird festgesetzt mit - € 1.480,-
Die Bemessungsgrundlagen sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Gegenständliche Entscheidung beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Rechtsfrage, ob Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung mit oder ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen sind.
Der Beschwerdeführer (in Folge kurz: Bf) brachte am 13.2.2025 seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2024 beim Finanzamt Österreich ein.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 3.4.2025 wurden Begräbniskosten, deren Absetzung der Bf als außergewöhnliche Belastung begehrte, nicht berücksichtigt. Begründend führte die Abgabenbehörde aus, dass das Verlassenschaftsverfahren nach eigenen Angaben des Bf noch nicht abgeschlossen sei. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens einen Antrag auf Abänderung gem § 295a BAO einzubringen.
Schließlich beantragte der Bf mit Eingabe vom 3.7.2025 die Wiederaufnahme des Verfahrens, da nunmehr das Verlassenschaftsverfahrens abgeschlossen sei. Es seien daher die Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen.
Mit Bescheiden vom 24.10.2025 hob die Abgabenbehörde den Einkommensteuerbescheid 2024 gem § 299 BAO auf und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2024 und setzte die Einkommensteuer mit - € 1.229,- fest. Die Begräbniskosten seien abzüglich der Aktiva als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt iHv insgesamt € 5.640,53 berücksichtigt worden.
Mit Beschwerde vom selben Tag führte der Bf anspruchsbegründend aus, lt. Beschluss des BG ***x*** vom 28.2.2025 und eines Berichtigungsbeschlusses vom 21.5.2025 habe er € 6.475,84 selbst getragen. Dieser Betrag sei daher zu berücksichtigen. Ferner seien nach der Judikatur des Bundesfinanzgerichtes Begräbniskosten, soweit diese nicht durch den Nachlass gedeckt seien, bei sittlicher Pflicht ohne Selbstbehalt anzuerkennen (BFG 15.2.2018, RV/3100117/2018; BFG 22.3.2018, RV/7101740/2016).
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.10.2025 wurde die Beschwerde mit derselben Begründung wie im Einkommensteuerbescheid vom 24.10.2025 als unbegründet abgewiesen.
In Folge brachte der Bf am 3.11.2025 fristgerecht einen Vorlageantrag ein. Ergänzend brachte der Bf vor, dass auf seine Beschwerdepunkt, insbesondere die Abzugsfähigkeit ohne Selbstbehalt, nicht eingegangen worden sei. Nach § 34 Abs 6 EStG seien Begräbniskosten ohne Selbstbehalt abzugsfähig, soweit sie nicht durch den Nachlass gedeckt seien. Die von ihm getragenen Begräbniskosten würden sich auf € 6.475,84 belaufen, welche aus sittlicher Verpflichtung im Sinne des § 34 Abs 3 EStG übernommen worden seien. Auch die bereits mit Beschwerde zitierten BFG-Entscheidungen würden klarstellen, dass lediglich die tatsächlich verwertbaren Nachlassaktiva anzurechnen seien und die darüber hinausgehenden Kosten aus sittlicher Verpflichtung eine außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt darstellten.
Die Beschwerde wurde am 20.11.2025 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Mit dem Vorlagebericht beantragte die Abgabenbehörde eine teilweise Stattgabe, da sich die Nachlassaktiva - wie vom Bf vorgebracht - auf 1.078,23 € und die zu tragenden Begräbniskosten auf € 6.475,84 belaufen haben. Es handle sich jedoch bei den beantragten Begräbniskosten um außergewöhnliche Belastungen "ohne" Selbstbehalt (!).
Der Bf ist verheiratet und Vater zweier minderjähriger Kinder. Er bezog im Streitjahr nichtselbständige Einkünfte.
Am 30.9.2024 verstarb der Vater des Bf. Die Begräbniskosten beliefen sich insgesamt auf € 7.554,07 und wurden vom Bf im Streitjahr getragen. Der Restnachlass betrug € 1.412,54, wobei davon € 1.078,23 dem Bf für die Begleichung der Begräbniskosten überlassen wurde. Insgesamt trug der Bf Begräbniskosten iHv insgesamt € 6.475,84 €.
Zu Lebzeiten des Vaters erfolgte keine wesentliche Vermögensübertragung an den Beschwerdeführer.
Der Sachverhalt ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig, sodass die entsprechenden Feststellungen ohne Bedenken getroffen werden konnten. Im Übrigen ergibt sich der Sachverhalt auch widerspruchsfrei aus dem Abgabenakt des Bf und den Beschlüssen des Bezirksgerichtes ***x*** vom 28.2.2025 sowie vom 21.5.2025. An der Richtigkeit bestehen keine Zweifel.
Nach § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Nach § 34 Abs 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach Abs 3 leg cit erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Nach abs 4 leg cit beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7 300 Euro 6%.mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro 8%.mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10%.mehr als 36 400 Euro 12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt […]
{
"type": "ol",
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"children": [
"wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 7 284 Euro jährlich erzielt"
]
},
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"für jedes Kind (§ 106)."
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],
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"class": "ListeAufzhlung",
"style": "list-style-type: disc;"
}
}Nach Abs 6 leg cit können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes folgende Aufwendungen abgezogen werden:
- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.- Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs 5).- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Gemäß § 549 ABGB stellen Begräbniskosten bevorrechtete Nachlassverbindlichkeiten dar und sind vorrangig aus dem vorhandenen Nachlassvermögen zu bestreiten (vgl Apathy/Neumayr in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB6, 2020, § 549, Rz 3). Ist kein ausreichender Nachlass vorhanden, so haften subsidiär für derartige Kosten grundsätzlich die Unterhaltsverpflichteten des Verstorbenen, das sind im Todesfall der Eltern deren Kinder im Rahmen des § 234 ABGB (vgl Nemeth in Schwimann/Neumayr, ABGB, 2020, § 549, Rz 1; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4, § 549, Rz 4;).
Begräbniskosten können nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine außergewöhnliche Belastung darstellen, als sie durch das zum Verkehrswert bewertende, über den bloßen Hausrat und die Kleidung des Erblassers hinausgehende Nachlassvermögen nicht gedeckt sind (VwGH 27.9.1995, 92/13/0261).
Im gegenständlichen Fall war das Nachlassvermögen des Vaters des Bf überschuldet. Nach den Feststellungen beliefen sich die Begräbniskosten auf € 7.554,07, wobei dem Bf € 1.078,23 für die Begleichung der Begräbniskosten überlassen wurde. Die anzuerkennenden Kosten betragen daher € 6.475,85, deren Tragung nach der zitierten Bestimmung des ABGB sich der Bf aus rechtlichen Gründen nicht entziehen konnte.
§ 34 Abs 6 EStG 1988 enthält eine abschließende Aufzählung jener Aufwendungen, die ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abzugsfähig sind. Dazu zählen Katastrophenschäden, Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung, Mehraufwendungen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Behinderung nach § 35 EStG 1988. Begräbniskosten werden in dieser Aufzählung nicht genannt.
Auch aus den vom Bf zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes lässt sich für seinen Standpunkt nichts gewinnen. Zum einen betrifft die Entscheidung vom 19.4.2021, RV/3100117/2018, und nicht wie vom Bf vorgebracht vom 15.02.2018, einen Fall, in dem der dortige Beschwerdeführer selbst die Berücksichtigung von Begräbniskosten mit Selbstbehalt beantragte und das BFG in seiner Entscheidung den Selbstbehalt in den Entscheidungsgründen sogar berechnete.Zum anderen ergibt sich auch aus der zweiten angeführten Entscheidung vom 21.8.2017, RV/7101740/2016 (und nicht vom 22.3.2018, wie vorgebracht), kein Hinweis darauf, dass Begräbniskosten ohne Selbstbehalt anerkannt worden wären.
Auch dem Vorbringen des Bf, er habe die Begräbniskosten aus sittlicher Verpflichtung im Sinne des § 34 Abs 3 EStG 1988 übernommen und deshalb seien diese ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen, ist nichts abzugewinnen. Voraussetzung für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung ist grundsätzlich, dass dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen zwangsläufig erwachsen. Zwangsläufigkeit liegt nur dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Würde eine Belastung - wie hier aus rechtlichen Gründen - gar nicht vorliegen, läge auch keine Zwangsläufigkeit vor und eine Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung wäre nicht gegeben. Die Zwangsläufigkeit ist eine Grundvoraussetzung für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung, sie entscheidet jedoch nicht darüber, ob die Aufwendungen mit oder ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen sind.
Dem Beschwerdebegehren war jedoch insoweit teilweise stattzugeben, als die Belastung für den Bf € 6.475,85 betrug, die als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu berücksichtigen waren.
Es war spruchgemäß zu entscheiden:
Berechnung: (Beträge in Euro)
[...]
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die anzuwendende Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz sowie aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am 25. November 2025
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