Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** über den Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe der Antragstellerin ***Bf1***, ***2***, vom 27.12.2024 für das Beschwerdeverfahren betreffend Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 26. November 2024 betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO des Einkommensteuerbescheides 2023 und Einkommensteuer 2023 beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO wird abgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Im Rahmen der Beschwerde vom 27.12.2024 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO.
Das Verfahren, auf das sich der Antrag auf Verfahrenshilfe bezieht, ist beim Bundesfinanzgericht unter der Geschäftszahl RV/7103098/2025 anhängig. In dem Verfahren ist strittig, ob ein Anspruch auf Kindermehrbetrag in Höhe von 1.650,00 € vorliegt und das Fehlen der Voraussetzungen für dessen Anerkennung eine Aufhebung des Erstbescheides betreffend Einkommensteuer 2023 rechtfertigt.
Mit Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom 26.11.2024 wurde der Einkommensteuerbescheid 2023 vom 16.7.2024 aufgehoben und ebenfalls am 26.11.2024 ein neuer Einkommensteuerbescheid 2023 erlassen.Nach Ansicht der Amtspartei wurde im Erstbescheid zu Unrecht ein Kindermehrbetrag von 1.650,00 € berücksichtigt. Da sowohl die Beschwerdeführerin, als auch ihr Ehegatte Einkünfte iSd § 33 Abs. 7 lit. b erzielten, die eine Einkommensteuer von unter 550 Euro ergeben würden, könne nur derjenige den Kindermehrbetrag geltend machen, der familienbeihilfenberechtigt für die drei gemeinsamen Kinder sei. Und diese Voraussetzung würde beim Ehegatten vorliegen.
Gemäß § 292 Abs. 1 BAO ist auf Antrag einer Partei (§ 78), wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Gemäß § 292 Abs. 7 Z 1 BAO kann der Antrag ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll, gestellt werden.
Gemäß § 292 Abs. 8 BAO hat der Antrag zu enthalten1. die Bezeichnung des Bescheides (Abs. 7 Z 1) bzw. der Amtshandlung (Abs. 7 Z 2) bzw. der unterlassenen Amtshandlung (Abs. 7 Z 3),2. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,3. die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,4. eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und der wirtschaftlich Beteiligten.
Gemäß § 292 Abs. 10 BAO hat das Verwaltungsgericht über den Antrag mit Beschluss zu entscheiden. Hat das Gericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hievon zu benachrichtigen.
Erwägungen
Grundlage für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 Abs. 1 BAO ist, dass die zu entscheidende Rechtsfrage "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" aufweist.
Nach den Erläuterungen zur RV, 1352 BlgNR 25. GP, 18, geht der Begriff der "besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art" zurück auf § 282 Abs. 1 BAO idF vor BGBl I Nr. 14/2013 (Finanzverwaltungsgerichtsbarkeit 2012) und soll sicherstellen, dass Verfahrenshilfe nur für überdurchschnittlich schwierige, durch die Judikatur nicht geklärte Rechtsfragen gewährt werden soll (Ritz, BAO8, § 292 Tz 4 ff).
"Besondere Schwierigkeiten" im Sinne des § 282 Abs. 1 BAO idF vor dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 liegen vor, wenn die Bearbeitung eines Rechtsstreites Anforderungen stellt, die weit über das übliche Maß hinausgehen. Die Schwierigkeiten müssen erheblich über dem durchschnittlichen Grad liegen. Der Streitwert ist nicht maßgebend, ebenso wenig der bei der Sachaufklärung zu leistende Umfang der Arbeit.
Die Bewilligung von Verfahrenshilfe in Abgabenverfahren erfordert demnach, dass die Beigebung eines Verfahrenshelfers aufgrund der Komplexität der strittigen Rechtsfragen zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Partei notwendig ist, weil es der unvertretenen Partei ansonsten - insbesondere mangels Vorliegens einschlägiger, höchstgerichtlicher Judikatur - nicht zumutbar ist, ihren Rechtsstandpunkt schriftlich bzw. mündlich zu artikulieren (vgl. BFG 02.09.2019, VH/7100013/2019 mit Hinweisen auf die Fachliteratur und die Judikatur des BFG).
Nach VfGH 26.6.2020, G 302/2019, ist die Bestimmung verfassungskonform wie folgt auszulegen:"Die Wendung ,dass zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen' erfordert und erlaubt eine Prüfung, ob im konkreten Einzelfall für den Antragsteller besondere Schwierigkeiten bestehen. Dabei sind alle Umstände des Falles wie der Streitgegenstand, die begründeten Erfolgsaussichten des Rechtsschutzsuchenden, die Bedeutung des Rechtsstreites für diesen, die Komplexität des geltenden Rechtes und des anwendbaren Verfahrens sowie die Fähigkeiten des Rechtsschutzsuchenden, sein Anliegen wirksam zu verteidigen, abzuwägen.Damit schließt § 292 Abs 1 BAO die Gewährung von Verfahrenshilfe im Einzelfall nicht schon deshalb aus, weil objektiv keine komplexe, besonders schwierige Frage rechtlicher Art vorliegt. In verfassungskonformer Auslegung können zum einen auch besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes, also Fragen tatsächlicher Natur, einen Anspruch auf Verfahrenshilfe begründen, zumal Tatsachenfragen regelmäßig in Rechtsfragen münden; und zum anderen sind stets auch die Fähigkeiten des betroffenen Antragstellers zu berücksichtigen, sein Anliegen wirksam zu vertreten."
Im dem gegenständlichen Verfahrenshilfeantrag zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren ist strittig, ob ein Anspruch auf Kindermehrbetrag in Höhe von 1.650,00 € vorliegt und das Fehlen der Voraussetzungen für dessen Anerkennung eine Aufhebung des Erstbescheides betreffend Einkommensteuer 2023 rechtfertigt.
Die Beurteilung der oben dargelegten, streitgegenständlichen Rechtsfrage wirft keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art auf. Sie kann auf Grundlage klarer gesetzlicher Bestimmungen erfolgen.Die Beschwerdeführerin führt im Vorlageantrag vom 10.4.2025 selbst aus: "Der Beschwerdeführerin ist es egal, was die belangten Behörden dem Ehemann zugerechnet haben. Dies liegt nicht in der Zuständigkeit der Beschwerdeführerin."Der rechtserhebliche Sachverhalt - dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin sowohl die Familienbeihilfe bezog, als auch den Kindermehrbetrag - ist folglich geklärt, besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Sachverhaltes sind nicht zu erwarten.
Da somit nach rechtlicher Würdigung des BFG gegenständlich bereits die Voraussetzung der "Rechtsfrage von besonderer Schwierigkeit" iSd § 292 Abs. 1 BAO nicht vorliegt, waren die weiteren, gemäß § 292 Abs. 1 Z 1 und 2 BAO für die Gewährung der Verfahrenshilfe ausschlaggebenden Kriterien (Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts, Rechtsverfolgung weder mutwillig noch aussichtslos), keiner gesonderten Prüfung mehr zu unterziehen.
Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe war daher abzuweisen.
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur.
Linz, am 6. Oktober 2025
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