Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 22. September 2025, GZ **-12, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Der am ** geborene afghanische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt Hirtenberg Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von vier Jahren und zwei Monaten bei urteilsmäßigen Strafende am 20. Jänner 2028 (ON 3; ON 7 bis 9). Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 21. Dezember 2025 vorliegen, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 30. August 2026.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) – die bedingte Entlassung des Strafgefangenen zum Hälftestichtag aus spezialpräventiven Erwägungen ab.
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Beschlussausfolgung angemeldete (ON 13), in der Folge nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 2 StGB ist ein Verurteilter, der die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzuges der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper, WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Taten begangen wurden, eingetreten ist oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.
Erfahrungsgemäß wächst die Gefahr bei Begehung weiterer strafbarer Handlungen mit zunehmender Zahl von Verurteilungen; je mehr Vorstrafen der Verurteilte hat und je gravierender sie sind, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit künftigen straffreien Verhaltens, sodass der Verurteilte in diesem Fall doch eher durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, als durch die bedingte Entlassung selbst in Verbindung mit entsprechenden Maßnahmen ( Leukauf / Steininger / Tipold, StGB 4 § 46 Rz 7).
Die Strafregisterauskunft des vor der letzten Verhaftung unterstands-, beschäftigungs- und einkommenslosen Beschwerdeführers weist fünf bis ins Jahr 2020 zurückreichende Einträge auf, denen Gewaltdelikte, strafbare Handlungen gegen die Freiheit sowie gegen fremdes Vermögen und Suchtmitteldelikte zugrunde liegen (ON 5). Weder die Gewährung bedingter Strafnachsicht, noch eine Probezeitverlängerung, noch die Anordnung von Bewährungshilfe und auch nicht der Vollzug von Freiheitsstrafen konnten ihn davor bewahren, aufs Neue (einschlägig) straffällig zu werden. Damit zeigt sich aber bei diesem Strafgefangenen ein massives Charakterdefizit und eine mangelnde Bereitschaft staatliche Anordnungen zu akzeptieren, sodass aufgrund der ersichtlichen Sanktions- und Resozialisierungsresistenz nicht anzunehmen ist, dass A* durch eine bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten werde. Taugliche Maßnahmen im Sinne der §§ 50 bis 52 StGB sind in diesem besonders gelagerten Fall nicht zu ersehen.
Diese individualpräventiven Vorbehalte werden auch durch A*s Verhalten im Vollzug bestätigt, weist er doch seit seiner kurzen Inhaftierung in der Justizanstalt Hirtenberg dort bereits eine Ordnungsstrafe in Form eines Verweises wegen eines falschen Harntests auf (ON 4; ON 10f). Damit zeigt er eindrucksvoll auf, dass es ihm nicht einmal im Rahmen des Strafvollzuges gelingt, sich angepasst und wohl zu verhalten. Somit ist aber bei A* von einem evidenten Rückfallrisiko und davon auszugehen, dass ihn die bedingte Entlassung weniger als der weitere Vollzug von neuerlicher Straffälligkeit abhalten wird.
Umstände, die für eine positive Verhaltensprognose streiten und das dargestellte negative Persönlichkeitsprofil entkräften könnten, vermochte er in seiner schriftlichen Äußerung zur bedingten Entlassung, in der er auf eine Anhörung explizit verzichtete (ON 6), nicht darzustellen. Vielmehr handelt es sich beim Strafgefangenen um einen bislang unbelehrbaren Straftäter, bei dem im Hinblick auf das Ziel des Strafvollzugs, Verurteilte durch die Bekämpfung von Charakterdefiziten zukünftig zur Unterlassung von Straftaten zu veranlassen, eine persönlichkeitsverändernde Wirkung wegen dessen deutlich zutage getretener deliktischer Neigung nur durch einen konsequenten weiteren Strafvollzug zu erreichen ist.
Da der angefochtene Beschluss der Sach- und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde keine Folge zu geben.
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