Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen § 107 Abs 1 StGB über die Berufung des Genannten wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruchs über die Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 18. Februar 2025, GZ **-17, nach der am 13. Oktober 2025 unter dem Vorsitz der Richterin Dr. Vetter, im Beisein der Richterinnen Mag. Marchart und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart des Oberstaatsanwaltes Mag. Wohlmuth LL.M. WU sowie des Verteidigers Mag. Florian Schölm jedoch in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 39a Abs 1 Z 4 iVm Abs 2 Z 1 StGB nach § 107 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt, deren Vollzug gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* am 12. September 2024 in ** B* mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er diesem ein Messer mit einer 18 cm langen Klinge vorhielt und damit herumfuchtelte.
Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht den bisher ordentlichen Lebenswandel mildernd, erschwerend hingegen keinen Umstand.
Dagegen richten sich die unmittelbar nach Urteilsverkündung angemeldete Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe (ON 16 S 17), die in der Folge in diesem Umfang fristgemäß zur Ausführung gelangte (ON 20.1).
Was die Reihenfolge der Behandlung der Berufungspunkte und Nichtigkeitsgründe anbelangt, geht eine wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung einer Rüge wegen der Z 9 bis 10a des § 281 Abs 1 (§ 468 Abs 1 Z 4) StPO vor, jener wegen formeller Nichtigkeitsgründe jedoch nach (vgl Ratz , WK-StPO § 476 Rz 9).
Der demnach zuerst zu behandelnden Schuldberufung ist vorauszuschicken, dass die freie Beweiswürdigung ein kritisch-psychologischer Vorgang ist, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungsgrundsätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind ( Mayerhofer , StPO 6 § 258 E 30 f; Kirchbacher , StPO 15 § 258 Rz 8). Wenn aus den vom Erstgericht aus den vorliegenden Beweisergebnissen folgerichtig abgeleiteten Urteilsannahmen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich sind, so tut dies nichts zur Sache. Der Zweifelsgrundsatz stellt nämlich keine negative Beweisregel dar, die das erkennende Gericht – im Falle mehrerer denkbarer Schlussfolgerungen – verpflichten würde, sich durchwegs für die dem Angeklagten günstigste Variante zu entscheiden (RIS-Justiz RS0098336). Es ist daher als Akt der freien Beweiswürdigung durchaus statthaft, wenn sich der Tatrichter mit plausibler Begründung für eine für den Angeklagten ungünstigere Variante entschieden hat ( Mayerhofer , aaO § 258 Rz 45).
Angesichts dieser Prämissen bestehen keine Bedenken an der Tragkraft der angestellten Beweiswürdigung, weil das Erstgericht alle relevanten Beweisergebnisse gewürdigt und mit logisch nachvollziehbarer Begründung dargetan hat, wie es zu den getroffenen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite gelangte. Insbesondere konnte sich die Tatrichterin einen unmittelbaren Eindruck vom Angeklagten und vom Zeugen B* verschaffen und bestehen mit Blick auf deren Depositionen auch unter Berücksichtigung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten keine Bedenken an den Urteilsannahmen. Dies zumal sich die Erstrichterin auch mit den in manchen Punkten widersprüchlichen Angaben des Zeugen B* kritisch auseinandergesetzt und lebensnah dargelegt hat, wieso sie dessen – mit dem von den einschreitenden Polizeibeamten wahrgenommenen Geschehen (vgl Anlassbericht ON 2.2 und Amtsvermerk ON 2.17) im Einklang stehenden – Depositionen gefolgt und die Schilderungen des Angeklagten in der Hauptverhandlung, welche bereits in deutlichem Widerspruch zu dessen eigenen Angaben bei der Polizei (ON 2.7) standen, als Schutzbehauptungen verworfen hat.
Mit seinen lediglich die Angaben des Opfers in Zweifel ziehenden und auf seine eigenen Angaben verweisenden Ausführungen gelingt es dem Berufungswerber vor diesem Hintergrund nicht, die erstgerichtlichen Feststellungen und die diesen zugrundeliegende schlüssige Beweiswürdigung des Erstgerichts zu erschüttern.
Ob das Opfer tatsächlich Angst vor dem Angeklagten hatte, ist im Übrigen schon keine für die Subsumtion entscheidende Tatsache (RIS-Justiz RS0093082).
Soweit der Berufungswerber seiner Aussage in der Hauptverhandlung mit der Behauptung, dass die von ihm geschilderten Schläge (ON 16 S 5) mit seinen dokumentierten Verletzungen in Einklang stünden, zum Durchbruch verhelfen will, ist anzumerken, dass – seinen Angaben beim Amtsarzt am Tag des inkriminierten Geschehens folgend – die Schwellung am Wangenknochen bereits seit drei Tagen bestanden haben soll, ebenso die Schmerzen am Knie (ON 2.19 S 9).
Schließlich geht auch die – neuerlich ausschließlich die anderslautende Verantwortung des Angeklagten ins Treffen führende - Kritik an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite ins Leere. Denn die Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem äußeren Geschehen (hier: Einsatz eines Messers mit 18 cm langer Klinge, das gegen das Opfer gerichtet wurde [US 3]) ist ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar und - gerade bei leugnenden Tätern - methodisch gar nicht zu ersetzen ( Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452; RIS-Justiz RS0116882, zuletzt etwa 15 Os 112/23v).
Nachdem auch das Rechtsmittelgericht im Rahmen der - bei der Überprüfung der Beweiswürdigung anzustellenden - Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der erstrichterlichen Lösung der Schuldfrage hegt, war der Schuldberufung ein Erfolg zu versagen.
Gegenstand einer Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ist die unrichtige rechtliche Beurteilung der Frage, ob eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, ob also der festgestellte Sachverhalt einen strafgerichtlichen Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt ( Kirchbacher, StPO 15 § 281 Rz 74).
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810). Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann (RIS-Justiz RS0099810 [insb T31]).
Darüber hinaus genügt es zur prozessförmigen Ausführung einer Rechtsrüge nicht, die angestrebte rechtliche Konsequenz zu behaupten, vielmehr ist diese methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS Justiz RS0116569).
Diesem Erfordernis wird der Angeklagte, der moniert, das Erstgericht habe zwar festgestellt, dass es dem Angeklagten darauf angekommen sei, „ein Übel“ zu verwirklichen, jedoch nicht festgestellt, welches „Übel“ konkret angedroht worden sei, weshalb die objektive und subjektive Seite des Tatbestandes nicht erfüllt sei, nicht gerecht, zumal er dabei die unter Berücksichtigung des Erkenntnisses jedenfalls mit hinreichender Deutlichkeit getroffenen Feststellungen zur Drohung mit einer Verletzung am Körper (US 2, 4, 5) und der auch darauf bezogenen subjektiven Tatseite übergeht und solcherart die prozessordnungsgemäße Ausführung materiell-rechtlicher Nichtigkeit verfehlt.
Der Berufung wegen Strafe ist voranzustellen, dass Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters ist. Dabei hat das Gericht die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte (§ 32 Abs 2 StGB).
Davon ausgehend sind die vom Erstgericht herangezogenen Strafzumessungsgründe zunächst zum Nachteil des Angeklagten um die Tatbegehung unter Verwendung einer Waffe iSd § 33 Abs 2 Z 6 StGB zu ergänzen. Die Berücksichtigung diese Erschwerungsgrundes widerspricht im vorliegenden Fall nicht dem Doppelverwertungsverbot, weil sich letzteres nach jüngerer Rechtsprechung auf subsumtionsrelevante Umstände bezieht und § 39a StGB eine den Strafsatz nicht bestimmende Strafrahmenvorschrift darstellt (vgl dazu Riffel, WK 2 StGB § 33 Rz 34 mwN; RIS-Justiz RS0130193, RS0091527 [T 3]).
Hingegen gelingt es dem Berufungswerber nicht weitere Milderungsgründe aufzuzeigen, denn den Berufungsausführungen zuwider stellen weder das Unterlassen eines Fluchtversuches noch fehlende Planung der Tat derartige mildernde Umstände dar.
Soweit der Angeklagte dem Inhalt nach weiters den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 13 StGB für sich reklamiert, ist dem zu entgegnen, dass der Umstand, dass die Tat keinen Schaden nach sich gezogen hat, bei einer strafbaren Handlung, für deren Vollendung kein Schadenseintritt verlangt wird (so auch beim schlichten Tätigkeitsdelikt des § 107 StGB, vgl Schwaighofer, WK 2 StGB § 107 Rz 1/2), nicht mildernd wirkt ( Riffel, aao § 34 Rz 30).
Bei rechtbesehener Abwägung der solcherart ausschließlich zum Nachteil des Angeklagten korrigierten besonderen Strafzumessungsgründe und der allgemein im Sinn des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB anzustellenden Erwägungen erweist sich die - ausgehend von einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von zwei Monaten bis zu einem Jahr (§ 39 Abs 1 Z 4 iVm Abs 2 Z 1 StGB) – über den Angeklagten verhängte, ohnedies im untersten Bereich der Strafdrohung ausgemessene, Freiheitsstrafe schon mit Blick auf den Einsatz einer Waffe als dem Schuld- und Unrechtsgehalt, dem sozialen Störwert der Tat sowie auch spezial- und generalpräventiven Erfordernissen entsprechend und – den Berufungsausführungen zuwider – nicht korrekturbedürftig. Weder das Berufungsvorbringen noch der Akteninhalt bieten begründeten Anlass für eine Herabsetzung der – insbesondere auch dem bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten ausreichend Rechnung tragenden - Sanktion.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden