Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende, sowie die Richterin Mag. Müller und den Richter MMag. Klaus in der Firmenbuchsache der A* GmbH, FN **, **, wegen Änderungen im Stand der Geschäftsführer, über den Rekurs der Gesellschaft, vertreten durch Raffling Tenschert Lassl Griesbacher Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 30.5.2025, ** 6, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung:
Die A* GmbH ( Gesellschaft ) mit Sitz in ** ist zu FN ** im Firmenbuch eingetragen. Gesellschafter sind B*, geboren am **, mit einer gründungsprivilegierten Stammeinlage von EUR 5.100, , auf die EUR 2.550, geleistet worden sind, und C*, geboren am **, verstorben am **, mit einer gründungsprivilegierten Stammeinlage von EUR 4.900, , auf die EUR 2.450, geleistet worden sind. B* vertritt die Gesellschaft seit 15.2.2023 selbstständig als Geschäftsführerin.
Der Gesellschaftsvertrag in seiner aktuellen Fassung vom 27.1.2023 sieht für den Fall des Todes eines Gesellschafters folgendes vor:
„ X. Tod eines Gesellschafters:
1. Im Falle des Todes eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. Anstelle des verstorbenen Gesellschafters treten dessen Erben oder Vermächtnisnehmer unter den in diesem Vertrag festgelegten Bedingungen als Gesellschafter in die Gesellschaft ein.
2. Geht der Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters auf eine Mehrheit von Erben oder Vermächtnisnehmern über, dann haben diese ihre Gesellschafterrechte, insbesondere das Stimmrecht, in den Generalversammlungen durch einen von ihnen selbst zu bestimmenden gemeinsamen Vertreter auszuüben. - Sinn dieser Bestimmung ist vor allem, dass im Fall einer Mehrheit von Rechtsnachfolgern für die Summe aller Rechtsnachfolger nur eine einzige Person spricht und Ansprechpartner für die Gesellschaft ist. “
Mit Antrag vom 14.3.2025 begehrte die Gesellschaft die Löschung von B* als Geschäftsführerin und die Eintragung von D* als selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer. Mit Umlaufbeschluss vom 14.3.2025 sei B* mit Wirkung zum 14.3.2025 als Geschäftsführerin abberufen worden. Gleichzeitig sei D*, geboren am **, mit Wirkung ab 14.3.2025 als einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer bestellt worden. Er habe die Bestellung angenommen. Mit dem Antrag wurde der Umlaufbeschluss vom 14.3.2025, die eidesstättige Erklärung des D*, dass kein Disqualifikationsgrund nach § 15 Abs 1a und 1b GmbHG vorliege und die Musterzeichnung vorgelegt.
Aus dem vorgelegten Umlaufbeschluss vom 14.3.2025 ergibt sich, dass die Mehrheitsgesellschafterin B* den Beschluss fasste, dass sie mit sofortiger Wirkung als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin der Gesellschaft abberufen und D* mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt wird. Festgehalten ist, dass der Gesellschafter C* am ** in Deutschland verstorben sei. Gemäß § 78 GmbHG komme den Erben nicht automatisch Gesellschafterstellung zu. Im Verhältnis zur Gesellschaft gelte nur derjenige als Gesellschafter, der im Firmenbuch als solcher aufscheine. Solange die Gesellschaftereigenschaft der Erben nicht zweifelsfrei feststehe, treffe die Gesellschaft keine Pflicht, diesen die Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung zu ermöglichen.
Mit Beschluss vom 25.3.2025 trug das Erstgericht der Gesellschaft auf, binnen 4 Wochen die Sterbeurkunde des C* und einen Gesellschafterbeschluss, der auch von den Rechtsnachfolgern des Verstorbenen unterfertigt sei, vorzulegen (ON 3).
Am 14.4.2025 legte die Gesellschaft die Sterbeurkunde des C* vor. Die Rechtsnachfolger seien nicht bekannt. Die Gesellschafterin habe versucht, diese ausfindig zu machen. Sie wiederholte ihre Argumentation, dass den Rechtsnachfolgern kein Recht zustehe, an der Generalversammlung teilzunehmen, weshalb auch eine Ladung an diese nicht erforderlich sei und zu keiner Ungültigkeit der Einberufung führe. Da der Gesellschafter verstorben sei, käme die Bestellung eines Abwesenheits- oder Zustellkurators nicht in Betracht. Der Antrag auf Löschung und Neueintragung von Geschäftsführern werde aufrecht erhalten.
Mit Beschluss vom 15.5.2025 forderte das Erstgericht binnen einer Frist von 4 Wochen letztmalig auf, einen Gesellschafterbeschluss vorzulegen, der auch von den Rechtsnachfolgern des C* beglaubigt unterfertigt worden sei (ON 5).
Der Beschluss wurde der Gesellschaft am 16.4.2025 zugestellt.
Nach Ablauf der Frist wies das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Änderung im Stand der Geschäftsführer ab. Begründend führte es aus, dass dem Verbesserungsauftrag nicht entsprochen worden sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Gesellschaft wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Vornahme der begehrten Eintragungen.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin wendet sich gegen die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass ein Gesellschafterbeschluss vorzulegen sei, der auch von den Rechtsnachfolgern des verstorbenen Gesellschafters beglaubigt unterfertigt ist. Sie wiederholt im Wesentlichen ihre bisherige Argumentation. Ergänzend führt sie aus, dass die Recherchepflicht der Gesellschafter in Bezug auf die Rechtsnachfolge anderer Gesellschafter nur im zumutbaren Rahmen geboten sei. Es seien mehrere Behörden in verschiedenen Ländern angeschrieben worden. Wenn ein Gesellschafter verstirbt, genüge es, wenn die Ladung zur Generalversammlung an ihn gerichtet werde, weil es Sache der potentiellen Erben sei, für die Vertretung der ruhenden Verlassenschaft zu sorgen. Es sei daher ausreichend, wenn die Ladung an die zuletzt bekannte Adresse übermittelt werde, was hier erfolgt sei.
Dazu wurde erwogen:
1. Zur Anmeldung eines neu bestellten Geschäftsführers zur Eintragung ins Firmenbuch ist – ebenso wie zur Abmeldung des bisherigen Geschäftsführers – die Gesellschaft verpflichtet, die die Pflicht durch die Geschäftsführer zu erfüllen hat, und zwar in einer zur Vertretung der Gesellschaft erforderlichen Zusammensetzung ( Koppensteiner/Rüffler , GmbHG 3 § 17 Rz 8 mwN; OLG Wien 6 R 172/24v).
2. Der Anmeldung zur Eintragung in das Firmenbuch ist ein Nachweis der Bestellung in beglaubigter Form beizufügen (6 Ob 17/87). Als beglaubigte Form gelten: Ein notarielles Protokoll; ein Privatprotokoll mit notarieller Beglaubigung aller Unterschriften; eine Privaturkunde des Bestellungsbeschlusses in der Generalversammlung oder der Beschlussfassung nach § 34 GmbHG mit notarieller Beglaubigung aller Unterschriften ( Ratka/Stöger/Straube/Völkl in Straube/Ratka/Rauter , WK GmbHG § 15 Rz 62 mwN).
3. Die Bestellung von Geschäftsführern erfolgt durch Beschluss der Gesellschafter (§ 15 Abs 1 GmbHG). Dieser kann nach allgemeinen Regeln entweder in einer Gesellschafterversammlung (Generalversammlungsbeschluss) oder gemäß § 34 GmbHG auf schriftlichem Wege ( Umlaufbeschluss ) gefasst werden (vgl Ratka/Stöger/Straube/Völkl aaO § 15 Rz 47 mwN; Koppensteiner/Rüffler GmbHG 3 § 15 Rz 11; 6 Ob 17/87).
4.1 Hier hat die Mehrheitsgesellschafterin am 14.3.2025 einen Umlaufbeschluss gefasst, wonach sie als Geschäftsführerin abberufen und D* zum Geschäftsführer bestellt wird.
4.2 § 34 GmbHG sieht zwei Möglichkeiten einer schriftlichen Beschlussfassung vor: Entweder erklären sich sämtliche Gesellschafter schriftlich mit dem Beschlussantrag einverstanden oder die Gesellschafter sind zwar nicht mit dem Beschlussantrag, aber immerhin mit der Abstimmung im schriftlichen Weg einverstanden. Schriftlichkeit bedeutet im Sinne des § 886 ABGB Unterfertigung. Auch sonst nicht stimmberechtigte Gesellschafter müssen mitwirken, weil sie um das Teilnahmerecht an der Generalversammlung gebracht würden (
Die Wirksamkeit eines auf schriftlichem Weg gefassten Beschlusses setzt demnach voraus, dass alle Gesellschafter entweder dem Beschlussantrag oder jedenfalls der Schriftlichkeit des Abstimmungsverfahrens zustimmen.
4.3 Ein ohne die erforderliche Zustimmung aller Gesellschafter gefasster Umlaufbeschluss ist als Scheinbeschluss zu qualifizieren und daher auch ohne Klage nach § 41 GmbHG nichtig (RS0060167 [T1 und T4]; RS0111764; Koppensteiner/Rüffler aaO § 41 Rz 7 ff; Enzinger aaO § 34 Rz 61 und § 41 Rz 87).
5.1 Die Rekurswerberin geht davon aus, dass die Mehrheitsgesellschafterin im Falle des Todes des anderen Gesellschafters und nach (unbescheinigter) ergebnisloser Nachforschung bezüglich der Rechtsnachfolger dieses Gesellschafters berechtigt sei, im Umlaufweg alleine den bisherigen Geschäftsführer abzubestellen und einen anderen zu bestellen.
5.2 Dieser Rechtsansicht ist nicht zu folgen, weil die Geschäftsanteile der Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich übertragbar und vererblich sind (§ 76 Abs 1 GmbHG). Bei Tod eines Gesellschafters fällt der Anteil zunächst in den Nachlass; die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten sind durch den zur Vertretung des Nachlasses Berechtigten wahrzunehmen . Mit der Einantwortung geht der Geschäftsanteil, ohne dass es eines weiteren Übertragungsaktes bedürfte, im Wege der Universalsukzession auf den oder die Erben über (6 Ob 2280/96d; Koppensteiner/Rüffler , aaO § 76 Rz 15).
5.3. Im konkreten Fall enthält auch der Gesellschaftsvertrag keine Einschränkungen der Übertragbarkeit gemäß § 76 Abs 2 Satz 3 GmbHG, sondern sieht lediglich vor, dass bei mehreren Erben bzw. Vermächtnisnehmern die Gesellschafterrechte, insbesondere das Stimmrecht, in den Generalversammlungen durch einen von diesen selbst zu bestimmenden gemeinsamen Vertreter auszuüben sind.
5.4. Demnach setzt ein wirksamer Umlaufbeschluss nach § 34 GmbHG über die Abbestellung des bisherigen und die Bestellung des neuen Geschäftsführers voraus, dass der oder die zur Vertretung des Nachlasses nach C* Berechtigte(n) mit dem Beschlussantrag der Mehrheitsgesellschafterin oder mit der Abstimmung im schriftlichen Weg einverstanden ist/sind.
Eine solche Zustimmung hat die Rekurswerberin weder behauptet noch bescheinigt.
6. Ob der oder die zur Vertretung des Nachlasses nach C* Berechtigte(n) zur Generalversammlung zu laden gewesen wäre(n), spielt hier schon deshalb keine Rolle, weil der Beschluss nicht in einer Generalversammlung sondern schriftlich im Umlauf gefasst wurde.
Zutreffend weist die Rekurswerberin zwar darauf hin, dass es jedenfalls genüge, die Ladung zur Generalversammlung an den verstorbenen Gesellschafter zu richten, weil es Sache der potenziellen Erben ist, für die Vertretung des ruhenden Nachlasses zu sorgen ( Enzinger aaO § 38 Rz 6). Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass es im Falle des Todes eines Gesellschafters bei einer Beschlussfassung nach § 34 GmbH – entgegen dem klaren Wortlaut ( „dass sich sämtliche Gesellschafter einverstanden erklären“ ) – ausreicht, dass die Mehrheitsgesellschafterin den Umlaufbeschluss alleine fasst.
Die erstmals im Rekurs erhobene (unbescheinigte) Behauptung, die Mehrheitsgesellschafterin habe den verstorbenen Gesellschafter an der zuletzt bekannten Adresse „geladen“ (möglicherweise gemeint: über die beabsichtigte Beschlussfassung informiert), reicht demnach nicht aus, weil daraus keine Zustimmung des/der Rechtsnachfolger des Gesellschafters abgeleitet werden kann.
7. Auch wenn man von den im Umlaufbeschluss enthaltenen Angaben ausgeht, wonach auf das Verlassenschaftsverfahren nach C* gemäß Art 21 Abs 1 iVm Art 23 EuErbVO deutsches Erbrecht anzuwenden sei, ändert dies am Ergebnis nichts:
Gemäß § 1922 Abs 1 iVm § 1942 BGB tritt der Erbschaftserwerb sogleich mit dem Erbfall - mit dem Tod des Erblassers - ein (RS0054115 [T1]). Einen ruhenden Nachlass mit Rechtspersönlichkeit kennt das BGB nicht (2 Ob 140/18d). Der Erwerb der Erbschaft durch die Erben erfolgt ipso iure [Grundsatz des Vonselbsterwerbs; RS0054115; 10 0b 42/20d [38]).
Daraus folgt, dass die Zustimmung der Erben als Rechtsnachfolger einzuholen und für die Eintragung im Firmenbuch nachzuweisen ist.
Sofern die Erben – wie die Rekurswerberin behauptet – unbekannt sind, kommt nach § 1960 Abs 2 BGB die Bestellung eines Nachlasspflegers durch das Nachlassgericht in Betracht. Die Nachlasspflegschaft stellt eine Fürsorgemaßnahme zu Gunsten des endgültigen Erben und des Nachlasses dar. Sie bezweckt die Ermittlung des unbekannten Erben und die Sicherung und Erhaltung des Nachlasses. Der Nachlasspfleger ist – da das BGB keine „hereditas iacens“ kennt – nicht Vertreter des Nachlasses (oder Träger eines privaten Amtes), sondern gesetzlicher Vertreter der endgültigen Erben. Die Bestellung begründet, wenn das Nachlassgericht den Wirkungskreis nicht eingeengt hat, die Vertretungsmacht des Nachlasspflegers für den unbekannten Erben bezüglich aller Nachlassangelegenheiten. Er hat nach außen grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsmacht und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Nachlasses (2 Ob 140/18d [1.2 ff]).
8. Die von der Rekurswerberin behauptete Regelungslücke besteht nicht:
Die Gesellschaft ist nicht handlungsunfähig, sondern verfügt über eine selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin, B*.
9. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Umlaufbeschluss vom 14.3.2025 ein nichtiger Scheinbeschluss ist. Das Erstgericht hat zu Recht auf die Notwendigkeit des Nachweises der Zustimmung aller Gesellschafter (hier: der Mehrheitsgesellschafterin und aller zur Vertretung des Nachlasses Berechtigten oder der Erben) samt notarieller Beglaubigung aller Unterschriften zur Eintragung hingewiesen. Dem Verbesserungsauftrag wurde nicht entsprochen. Dem Rekurs kommt daher keine Berechtigung zu.
10. Eine Bewertung des Entscheidungsgegenstandes konnte unterbleiben, weil dieser nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses beruht auf § 15 FBG iVm §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStRG. Erhebliche Rechtsfragen im Sinne der zuletzt genannten Gesetzesstellen waren nicht zu lösen.
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