Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann (Vorsitzender), den Richter Mag. Meinl und die Kommerzialrätin Mag. Burket in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH, FN **, **, vertreten durch Mag. Roland Herbst, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH, FN **, **, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Bucheinsicht (Streitwert EUR 35.000) und Auskunft (Streitwert zuletzt EUR 17.500), über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 52.500) gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 18.12.2024, **-20, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.723,12 (darin EUR 620,52 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin gewährte der Beklagten auf Grundlage eines „Mezzaninkapitalvertrags“ vom 23.1.2017 ein unbesichertes und nachrangiges Darlehen in der Höhe von EUR 2 Mio. Der Kreditbetrag wurde mit Nachtrag vom 23.10.2019 auf EUR 2,14 Mio erhöht und noch nicht zurückgezahlt.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage vom 19.12.2023 von der Beklagten (1.) die Einsicht in sämtliche die Zeit ab 1.2.2017 betreffenden Bücher, Schriften und sonstige Geschäftsunterlagen (unter demonstrativer Aufzählung konkreter Unterlagen) sowie (2.a.) Auskunft darüber, mit welchen Werten Bau- und Mietrechte an konkret bezeichneten Liegenschaften für Zwecke der Erstellung der Jahresabschlüsse der Inhaber dieser Rechte zum 31.12.2017, 31.12.2018, 31.12.2019, 31.12.2020, 31.12.2021, 31.12.2022, und 31.12.2023 jeweils belegt worden seien. Ein weiteres Auskunftsbegehren (2.b.) ist nicht mehr berufungsgegenständlich. Sie brachte - soweit noch relevant - zusammengefasst vor, dass im Mezzaninkapitalvertrag umfangreiche Auskunfts- und Einsichtsrechte der Klägerin vereinbart worden seien. Demnach habe sie ein Einsichtsrecht in die Bücher und Aufzeichnungen der Beklagten und ein Recht auf Auskunft sowohl über die rechtlichen, wirtschaftlichen, finanziellen Verhältnisse der Beklagten, als auch über wichtige Vorkommnisse betreffend jene Bau- und Mietrechte, zu deren Erwerb der Kredit gewährt worden sei. Der Informationsanspruch sei ein Teil der Gegenleistung für den eingeräumten unbesicherten Kredit gewesen und die einzige Möglichkeit, die wirtschaftliche Situation der Beklagten beurteilen zu können. Die Zahlen der bisher übermittelten Jahresabschlüsse und Investoren-Reportings seien nicht nachvollziehbar. Eine gesicherte Überprüfung und Aufklärung könne nur anhand weiterer Unterlagen erfolgen. Dieses Recht sei ihr seitens der Beklagten verweigert worden. Die Streitteile hätten ein „Bucheinsichtsrecht wie bei einem Gesellschafter“ vereinbart, wobei damit nur der Umfang des Einsichtsrechts beschrieben worden sei. Die Klägerin unterliege keiner gesellschafterlichen Pflicht. Ihre Rechte seien an keinerlei Informationsinteresse geknüpft oder dadurch beschränkt. Für die Bucheinsicht sei vereinbart worden, dass die Klägerin nur solche Berater beiziehen dürfe, die sie zur Verschwiegenheit verpflichtet habe. Weitergehende Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten, die sich auf die Bucheinsicht erstreckten, seien nicht vereinbart worden. Die von der Beklagten geforderte Vertraulichkeitsvereinbarung schließe jede Verwendung von Informationen zu „gesellschaftsfremden Zwecken“ aus. Dabei sei der Klägerin eine Verwendung „für Zwecke der Gesellschaft“ unmöglich, da sie weder Gesellschafterin noch Organ der Gesellschaft sei.
Die Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, dass sie der Klägerin Jahresabschlüsse, quartalsweise Investoren-Reportings und weitere Unterlagen zur Verfügung gestellt habe und das Informationsinteresse der Klägerin damit erfüllt sei. Zudem sei der Klägerin gegen Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung Einsicht in die begehrten Unterlagen angeboten worden. Die Klägerin habe jedoch die Unterfertigung einer Vertraulichkeitsvereinbarung verweigert. Die Klägerin handle rechtsmissbräuchlich. Es bestehe die Gefahr, dass sie die Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden werde.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem (verbliebenen) Klagebegehren statt. Es traf die auf den Seiten 6 bis 11 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird.
In rechtlicher Hinsicht führte es zusammengefasst aus, dass das Einsichtsbegehren (Punkt 1. des Klagebegehrens) Deckung in Punkt 10.2 des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrags finde. Dieser beziehe sich ausdrücklich nicht nur auf die Bücher und Aufzeichnungen der Beklagten, sondern auch auf die der Projektgesellschaften und überhaupt auf das gesamte „C* Portfolio“. Der Einwand der Beklagten, sie habe mit den vorprozessual erteilten Informationen das Informationsinteresse der Klägerin bereits erfüllt, überzeuge nicht. Nach der festgestellten Vertragsbestimmung komme es auf ein solches Informationsbedürfnis nicht an, sondern es sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die Überprüfung des Portfolios und die Einschau in die Unterlagen auch mehrfach und nur dann, wenn dies nach Auffassung des Kapitalgebers erforderlich erscheine, erfolgen könne. Der Vertrag erlaube es der Beklagten daher auch nicht, diese Rechtsausübung der Klägerin von der Abgabe einer Vertraulichkeitsverpflichtung abhängig zu machen.
Die Voraussetzungen für die von der Beklagten eingewandte rechtsmissbräuchliche und schikanöse Rechtsausübung lägen nach den getroffenen Feststellungen nicht vor. Dass die Klägerin nicht nur auf die Einhaltung der ihr gewährten Einsichtsrechte, sondern auch auf die überfällige Rückzahlung des Darlehens dränge, mache die Ausübung eines Einsichtsrechts durch die Kapitalgeberin nicht rechtsmissbräuchlich. Die Argumentation, dass die verlangte Einsicht für die Klägerin die einzige Möglichkeit darstelle, um die Angaben der Beklagten zu den einer Rückzahlung entgegenstehenden Gründen und die Werthaltigkeit der Forderung der Klägerin zu prüfen, seien überzeugend. Es dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Beklagte zahlreiche Unterlagen erst in der vorbereitenden Tagsatzung übergeben habe, es also selbst zur Durchsetzung der von der Beklagten nicht mehr länger bestrittenen Informationsrechte der Klagsführung bedurft habe. Das Informationsinteresse leuchte auch aus dem prozessualen Verhalten der Beklagten ein. So habe diese vorgebracht, dass nach dem ihrem Wissen keine Bewertungsgutachten oder Entwürfe von Bewertungsgutachten existierten. Dieses Vorbringen der Beklagten sei im diametralen Widerspruch zum festgestellten Inhalt der an die Klägerin übersandten Investoren-Reportings gestanden und unter dem Eindruck dieser Beweisergebnisse auch nicht mehr aufrechterhalten worden. Es könne aber keineswegs als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn die Klägerin in einer solchen Situation das ihr vertraglich zugesicherte Einsichtsrecht auch ausüben wolle, um die Angaben der Beklagten zu überprüfen.
Der Einwand des Rechtsmissbrauchs könne auch nicht auf die Weigerung der Klägerin, eine Geheimhaltungsverpflichtung zu unterzeichnen, gestützt werden. Selbst wenn die Beklagte berechtigt wäre, von der Klägerin eine solche Geheimhaltung zu verlangen, müsste der Klägerin die Möglichkeit offen stehen, die Frage in einem Gerichtsverfahren zu klären, ohne dadurch ihr Einsichtsrecht wegen des Einwands des Rechtsmissbrauchs zu verwirken. Überdies hätte die Formulierung der abverlangten Vertraulichkeitsvereinbarungen zu einer Einschränkung des vertraglich zugesicherten Einsichtsrechts der Klägerin geführt. Denn der Vertrag lege der Klägerin gerade nicht die gleichen Pflichten auf, die einen Gesellschafter bei einer Bucheinsicht träfen. Die Klägerin als Kreditgeberin müsse sich nicht dazu verpflichten, die durch die Einsicht erlangten Informationen nicht zum Nachteil der Gesellschaft zu verwenden, wolle sie diese doch allenfalls zur Durchsetzung ihres Rückzahlungsanspruches gegen die Beklagte nützen, was keinesfalls verpönt sei.
Den Einwand der Beklagten, dass einer vollständigen Offenlegung die Verschwiegenheitsverpflichtung aus dem Syndikatsvertrag mit der D* AG bzw Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag zwischen der E* GmbH und der F* AG entgegenstünden, verwarf das Erstgericht, weil der Beklagten schon der Beweis solcher Verschwiegenheitsverpflichtungen nicht gelungen sei. Überdies habe die Beklagte der Klägerin im Mezzaninkapitalvertrag zugesichert, dass dieser Vertrag nicht im Widerspruch zu sonstigen übernommenen Verpflichtungen stehe, und sich auch dazu verpflichtet, keinen Maßnahmen zuzustimmen, welche unmittelbar einen Verstoß gegen den Mezzaninkapitalvertrag darstellten. Die Beklagte könne sich daher auch aus diesem Grund nicht auf Vereinbarungen berufen, mit denen das der Klägerin im Mezzaninkapitalvertrag eingeräumte Einsichtsrecht ausgehebelt würde.
Vom vertraglichen Einsichtsrecht der Klägerin seien auch Tochter- bzw Enkelgesellschaften der Beklagten umfasst, weil sich die festgestellte Vertragsbestimmung ausdrücklich auch auf die Projektgesellschaften beziehe.
Die Beklagte habe sich im Punkt 10.1.d. des Mezzaninkapitalvertrags verpflichtet, der Klägerin ohne weitere Aufforderung über schriftliches Ersuchen jederzeit weitere Auskünfte über die rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der Beklagten und der Projektgesellschaften sowie über den üblichen Geschäftsablauf hinausgehende wichtige Vorkommnisse betreffend das „C* Portfolio“ zu übermitteln, jeweils soweit die Beklagte über diesbezügliche Informationen verfüge bzw diese mit zumutbarem Aufwand beschaffen könne. Die von Punkt 2[a.] des Klagebegehrens begehrten Auskünfte seien von dieser Verpflichtung umfasst, es handle sich dabei um Informationen zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der Projektgesellschaften, die sich die Beklagte kraft ihrer Gesellschafterstellung mit zumutbaren Aufwand beschaffen könne.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Zur Beweisrüge:
Die Beklagte bekämpft folgende Feststellungen:
„Es kann nicht festgestellt werden, dass in einem Syndikatsvertrag zwischen der Beklagten und der D* AG eine strenge Vertraulichkeitsverpflichtung enthalten ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass die im Klagebegehren genannten Unterlagen und Informationen einer zwischen der Beklagten und der D* AG abgeschlossenen Geheimhaltungsverpflichtung unterliegen.“ (US 9)
Sie begehrt folgende Ersatzfeststellung:
„In dem Syndikatsvertrag zwischen der Beklagten und der D* AG ist eine strenge Vertraulichkeitsverpflichtung enthalten, von der sämtliche Unterlagen und Information nach den Punkten 1.a, 1.d, 1.g und 1.h des Klagebegehrens erfasst sind.“
1.1 Zu den beiden bekämpften Negativfeststellungen ist eingangs anzumerken, dass ihr Wortlaut auch als rechtliche Beurteilung der zwischen der Beklagten und der D* AG abgeschlossenen vertraglichen Abreden verstanden werden könnte. Allerdings ist die in Rede stehende Urkunde kein Aktenbestandteil und der Urkundeninhalt daher zur - strittigen - Beweisfrage geworden. Diese Feststellungen beruhen demnach auf entsprechendem Tatsachenvorbringen der Beklagten, und es ergibt sich schon aus der vom Erstgericht gewählten Systematik (einer im Sachverhalt enthaltenen Negativfeststellung) sowie auch aus der diesbezüglichen Beweiswürdigung zweifelsfrei, dass die Feststellungen Tatsachen – und keine rechtlichen Schlussfolgerungen - zum Inhalt haben. Der erste Satz betrifft die Frage, ob in der Syndikatsvertragsurkunde eine Bestimmung über eine Vertraulichkeitsverpflichtung enthalten ist. Der zweite Satz hat die Tatsache zum Inhalt, ob die betreffenden Unterlagen und Informationen Gegenstand einer derartigen Geheimhaltungsvereinbarung sind – ohne dass deren Inhalt rechtlich bewertet wird.
Bei der für die Ermittlung eines Vertragsinhalts notwendigen Erforschung des wahren Parteiwillens handelt es sich um eine gemischte Frage (quaestio mixta), bei der zwischen der Sammlung von Indizien für den Parteiwillen als Tatsachenfeststellung und deren rechtlicher Bewertung zu unterscheiden ist. Die Beklagte brachte die Tatsache des Bestehens einer (schriftlichen) Vertragsklausel und darin bezeichneter Unterlagen und Informationen vor, aus der dann - zur Ermittlung des Vertragsinhalts - in einer rechtlichen Beurteilung auf den Konsens der Parteien zu schließen wäre. Die vom Erstgericht getroffenen Negativfeststellungen beruhen auf diesem Tatsachenvorbringen der Beklagten, dessen Beweis der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht gelungen ist (siehe sogleich). Dem folgend bleibt mangels feststellbarer Tatsachen - betreffend den (schriftlichen) Teil einer Vertragsurkunde – für eine darauf basierende rechtliche Ermittlung einer vertraglichen Vereinbarung kein Platz.
1.2 Die Berufungswerberin wendet sich gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts mit dem Argument, dass dessen Schlüsse aus den Aussagen des Zeugen G* bzw des Geschäftsführers der Beklagten Mag. H* unrichtig seien. Ihrer Ansicht nach habe der Zeuge plausibel darlegen können, dass der Syndikatsvertrag eine Vertraulichkeitsverpflichtung enthalte. Der Geschäftsführer habe wiederum anders als vom Erstgericht dargelegtausdrücklich ausgesagt, dass er den Syndikatsvertrag unterschrieben habe. Durch diese Aussagen sei der Beklagten dem Regelbeweismaß der hohen Wahrscheinlichkeit entsprechend der Beweis für das Vorliegen einer im Syndikatsvertrag enthaltenen Geheimhaltungsverpflichtung gelungen. Darüber hinaus sei die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach die Vertraulichkeitsvereinbarung gemäß § 298 Abs 2 ZPO vorgelegt hätte werden können, unrichtig.
1.3Gemäß § 272 ZPO ist der Richter bei der Bildung der Überzeugung, ob die für die Feststellung einer Tatsache notwendige (hohe) Wahrscheinlichkeit vorliegt, frei, das heißt an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden. Er hat nach bestem Wissen und Gewissen, aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu prüfen, ob jener Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht ist, der es rechtfertigt, dass er als Richter die fragliche Tatsache für wahr hält. Diese Überzeugungsbildung hat die Ergebnisse der gesamten Verhandlung miteinzubeziehen („Verhandlungswürdigung“), das heißt dass alles Vorbringen der Prozessbeteiligten, ihr Verhalten während der Verhandlung und der persönliche Eindruck von den Prozessbeteiligten in die Würdigung einfließen sollen ( Rechberger in Rechberger/Klicka 5 , § 272 Rz 1).
Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich der Richter für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen auf Grund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (stRsp, RS0043175 [T1]). Allein der Umstand, dass die Beweisergebnisse auch Raum für andere Feststellungen bieten, ist daher für sich nicht geeignet, schlüssig darzulegen, warum das Erstgericht den ihm im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 272 ZPO zukommenden Ermessensspielraum überschritten hätte.
1.4 Nach Ansicht der Berufungswerberin hätten die Aussagen des Zeugen und des Geschäftsführers der Beklagten zu anderen Tatsachenfeststellungen führen müssen, als sie das Erstgericht getroffen hat.
In seiner Beweiswürdigung legt das Erstgericht allerdings sehr präzise dar, weshalb es die Aussagen des Zeugen in Bezug auf das Bestehen einer Vertraulichkeitsvereinbarung im Syndikatsvertrag als nicht verlässlich ansah. Diese Schlussfolgerung ist aus der Aussage des Zeugen, dass er das Bestehen einer Vertraulichkeitsvereinbarung nicht „ganz auswendig“ wisse (Protokoll vom 4.6.24, ON 18.5, 12), durchaus nachvollziehbar. In seinen weiteren Ausführungen dazu konnte der Zeuge keine eigenen Wahrnehmungen zum konkreten Bestehen einer solchen Klausel schildern, sondern erläuterte nur abstrakt, dass eine solche üblich sei. Wenn das Erstgericht diese Angaben als nicht verlässlich genug ansah, um das Bestehen einer solchen Bestimmung festzustellen, stößt diese Beweiswürdigung auch nach Ansicht des Berufungsgerichts auf keine Bedenken.
Ähnlich verhält es sich mit der Aussage des Geschäftsführers der Beklagten. Vor dem Hintergrund dessen Aussage, dass er sich nicht ganz sicher sei, den Syndikatsvertrag unterschrieben zu haben und dies prüfen müsse (Protokoll v 4.6.24, ON 18.5, 10), sind die Zweifel des Erstgerichts daran, dass sich der Geschäftsführer diesen Vertrag (kurz) vor seiner Vernehmung angesehen habe und daher verlässlich Auskunft zum (genauen) Inhalt geben könne, nicht zu beanstanden. Dies vermag auch die weitere Aussage des Geschäftsführers, dass ihm „der Syndikatsvertrag bekannt [gewesen sei], und zwar in dem Sinn, dass [er] ihn eben auch unterschrieben“ habe, nicht zu ändern. Dieser vage formulierten Anmerkung ist nicht die Bedeutung zuzumessen, dass die vorangegangene Antwort auf eine klare Frage grundsätzlich in Zweifel zu ziehen ist.
Weitere Beweisergebnisse, die die von ihr begehrte Ersatzfeststellung stützen würden, führt die Berufungswerberin selbst gar nicht an.
1.5Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Berufungswerberin, dass ihr nach dem Regelbeweismaß der ZPO, der hohen Wahrscheinlichkeit, der Beweis für das Bestehen der Geheimhaltungsbestimmung gelungen sei. Der erstgerichtliche Hinweis darauf, dass durch Vorlage des Syndikatsvertrags mit höchster Wahrscheinlichkeit feststellbar gewesen wäre, ob dieser die behauptete Regelung beinhalte, bedeutet keineswegs, dass das Erstgericht hier ein anderes Beweismaß zugrunde gelegt hätte, sondern hebt nur die Stärke des Beweises durch Vorlage der Vertragsurkunde hervor.
1.6Auch die rechtlichen Darlegungen zu § 298 Abs 2 ZPO sind nicht geeignet, die erstgerichtliche Beweiswürdigung zu erschüttern. Wie auch die Klägerin in der Berufungsbeantwortung ausführt, bezieht sich die in Rede stehende Vertraulichkeitsvereinbarung des Syndikatsvertrags auf das den Gegenstand des Streits bildende Rechtsverhältnis. Auch wenn die Klägerin mit ihrer Klage Einsicht in den Syndikatsvertrag begehrt, bedeutet dies nicht, dass schon für die Beurteilung der Berechtigung dieses Begehrens - bzw für die Beklagten-Einwände dagegen - die Einsicht in den gesamten Syndikatsvertrag erforderlich sei. Für das Vorbringen der Beklagten, dass es eine solche Geheimhaltungsvereinbarung gebe und diese bestimmte Urkunden umfasse, würde die Einsicht in nur diesen Teil des Syndikatsvertrags ausreichen. Damit würde das von der Beklagten behauptete Einsichtsverweigerungsrecht nicht ausgehebelt werden.
1.7 Abschließend bleibt noch anzumerken, dass es die Berufungswerberin unterlässt darzulegen, zu welchem anderen Ergebnis der rechtlichen Beurteilung die begehrte Ersatzfeststellung führen würde. Die Berufung enthält keine Begründung, warum sich die Beklagte allein dadurch, dass sie sich einem Dritten gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet, von ihren vertraglichen Einsichts- und Auskunftsverpflichtungen gegenüber der Klägerin befreien könnte.
Das Berufungsgericht legt daher die erstgerichtlichen Feststellungen als durch die geltend gemachten Berufungsgründe nicht stichhältig in Zweifel gezogene Ergebnisse der Verhandlung und Beweisführung seiner Entscheidung zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO).
2. Zur Rechtsrüge:
2.1 Die Berufungswerberin bemängelt die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts dahingehend, dass Punkt 10.2 des Mezzaninkapitalvertrags nicht isoliert, sondern nur in Zusammenschau mit den Punkten 10.1 und insbesondere 10.3 auszulegen sei. Gemäß letzterem Punkt gewähre die Beklagte der Klägerin ein Punkt 10.2 entsprechendes Bucheinsichtsrecht nur in ihre eigenen Bücher und Aufzeichnungen. Zudem reiche das das „C* Portfolio“ betreffende Auskunftsrecht nach Punkt 10.1.d nicht weiter als das eines Gesellschafters und nur so weit, wie die Beklagte über diesbezügliche Informationen verfüge bzw diese mit zumutbarem Aufwand beschaffen könne.
2.2 Das Erstgericht stützt den Zuspruch im Sinne des Auskunftsbegehrens (Spruch-Punkt 2.) auf Punkt 10.1.d des Mezzaninkapitalvertrags. In dieser Vertragsbestimmung verpflichtete sich die Beklagte, jederzeit weitere Auskünfte über die rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der Beklagten und der Projektgesellschaften und über den üblichen Geschäftsablauf hinausgehende wichtige Vorkommnisse betreffend das „C* Portfolio“ zu übermitteln; dies jeweils, soweit die Beklagte „über diesbezügliche Informationen verfügt bzw diese mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann (Bucheinsichtsrecht wie bei einem Gesellschafter)“.
Wenn die Berufungswerberin nun erkennbar argumentiert, dass sie über die in Spruch-Punkt 2. enthaltenen Informationen nicht verfüge bzw der Aufwand ihrer Beschaffung unzumutbar wäre, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie dies im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht hat (siehe dazu auch unten Punkt 2.5). Sie verstößt damit gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO.
2.3 Soweit sich die Berufungswerberin mit den gesetzlichen Bucheinsichtsrechten eines GmbHGesellschafters auseinandersetzt und argumentiert, dass diese Auskunfts- und Einsichtsrechte nur 100 %-ige Tochtergesellschaften erfasse, so geht dies ins Leere. Punkt 10.1.d des Mezzaninkapitalvertrags legt unmissverständlich fest, dass von den darin gewährten Auskunftsrechte auch die Projektgesellschaften – bei denen es sich um Enkelgesellschaften der Beklagten handelt - umfasst sind. Der in Klammern angefügten Ergänzung „wie bei einem Gesellschafter“ kann den Auslegungsregeln des § 914 ABGB folgend nicht der Sinn unterstellt werden, damit den ausdrücklichen und präzisen Einschluss dieser Gesellschaften in die Auskunftsrechte wieder zu revidieren.
Auch die weitere Argumentation der Berufungswerberin lässt nicht erkennen, aus welchem Grund sie die in Spruch-Punkt 2. festgehaltenen Auskünfte über die Werte von Baurechten nicht erteilen kann.
2.4 Die in Spruch-Punkt 1. des Urteils gewährten Einsichtsrechte gründen auf Punkt 10.2 des Mezzaninkapitalvertrags. In diesem Punkt wird auf ein „Bucheinsichtsrecht wie bei einem Gesellschafter“ nicht Bezug genommen. Aus den Darlegungen der Berufungswerberin, wonach die betreffenden Punkte in Zusammenschau auszulegen seien, erschließt sich nicht, weshalb diese Wortfolge in Punkt 10.1.d des Mezzaninkapitalvertrags Bedeutung für die Auslegung von Punkt 10.2 dieses Vertrags haben soll.
Ebensowenig ergibt sich aus den Berufungsausführungen, weshalb Punkt 10.2 des Mezzaninkapitalvertrags durch Punkt 10.3 auf die Bücher und Aufzeichnungen der Beklagten beschränkt sein soll. Punkt 10.2 bezieht sich auf eine Einschau in das „C* Portfolio“ und somit auf die diesbezüglichen Bücher und Aufzeichnungen der Beklagten bzw der Projektgesellschaften. Punkt 10.3 hingegen regelt ein allgemeines Bucheinsichtsrecht betreffend die Beklagte. Diese Bestimmung erweitert das Bucheinsichtsrecht somit auf alle Bücher und Aufzeichnungen, also auch über jene außerhalb des „C* Portfolios“; dies allerdings nur insoweit, als es sich dabei um die Bücher und Aufzeichnungen der Beklagten selbst handelt. Eine Einschränkung der im Punkt 10.2 des Mezzaninkapitalvertrags gewährten Einsichtsrechte ist aus Punkt 10.3 also nicht abzuleiten.
2.5 Soweit die Berufungswerberin Feststellungen dazu vermisst, dass die genannten Unterlagen überhaupt existierten bzw sich diese bei ihr oder bei einer ihrer Tochtergesellschaft befänden, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie – entgegen der Argumentation in ihrer Berufung - die Nichtexistenz dieser Unterlagen im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht behauptet hat. Nach ihrem Vorbringen, auf das sie in der Berufung verweist (ON 18.2, 2 f, Rz 10), seien ihr die Bewertungsgutachten (Punkt 1.f des Klagebegehrens) sowie die Bewertungen (Punkt 2.a des Klagebegehrens) „nicht bekannt“ und „[lägen] ihr nicht vor“. Dies bedeutet aber nicht, dass es diese Unterlagen bzw Informationen nicht gibt. Ganz im Gegenteil führt die Beklagte im selben Vorbringen aus (ON 18.2, 2, Rz 9), dass die genannten Informationen und Unterlagen die Projektgesellschaften beträfen und auch nur dort vorhanden seien worauf auch die Klägerin in ihrer Berufungsbeantwortung zutreffend hinweist. Diesem Vorbringen ist also gerade nicht zu entnehmen, dass es diese Unterlagen nicht gebe bzw dass deren Aufbewahrungsort unbekannt sei.
Die Existenz und der Aufbewahrungsort dieser Informationen und Unterlagen ist somit nicht strittig und bedarf schon aus diesem Grund keiner (einer Beweisrüge zugänglichen) Feststellung.
Ins Leere geht daher auch der Verweis der Berufungswerberin auf die Entscheidung 4 Ob 118/12z, weil nicht einmal bestritten worden ist, dass die Unterlagen, in die Einsicht begehrt wird (und nicht deren Herausgabe, wie die Berufungswerberin offenbar irrtümlich argumentiert), existieren.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es (wie oben ausgeführt) auch in rechtlicher Hinsicht nicht erheblich ist, ob sich konkrete Unterlagen bei der Beklagten selbst oder einer der Projektgesellschaften, die Tochtergesellschaften der Beklagten sind, befinden. Die in den Punkten 10.1.d bzw 10.2 des Mezzaninkapitalvertrags geregelten Einsichts bzw Auskunftsrechte beziehen sich jeweils nicht nur auf die Beklagte, sondern auch auf die Projektgesellschaften. Außerdem ergibt sich aus dem Mezzaninkapitalvertrag nicht, dass es sich - als Einsichtsvoraussetzung - bei der Projektgesellschaft um eine 100 %-ige Tochtergesellschaft handeln müsse. Das Beklagtenvorbringen, wonach die betreffenden Unterlagen und Informationen nur dort vorhanden seien, steht dem entsprechenden Klagebegehren somit nicht entgegen.
2.6 Soweit die Berufungswerberin diese Argumentation wortgleich auch zur Begründung von sekundären Feststellungen erhebt, ist ihr unter Verweis auf die bisherigen Ausführungen zu entgegnen, dass entsprechende Feststellungen nicht zu treffen waren. Es liegen daher auch keine sekundären Feststellungsmängel vor.
Ebenfalls ins Leere geht die Rüge des Fehlens einer Feststellung dazu, dass die Klägerin ein Gesprächsangebot zur Klärung aller offenen Fragen ignoriert habe. Dieses Verhalten der Klägerin in Verbindung mit ihrer Weigerung, eine Vertraulichkeitsvereinbarung zu unterfertigen, machen nach Ansicht der Berufungswerberin die Klagsführung rechtsmissbräuchlich. Mit der Frage des Rechtsmissbrauchs und der Schikane hat sich allerdings schon das Erstgericht ausführlich und zutreffend auseinandergesetzt, weshalb auf dessen Begründung verwiesen werden kann (§ 500a ZPO).
Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, weshalb abschließend auch allgemein auf diese verwiesen werden kann.
3.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.
Der Ansatz für die Kostenbemessung war im Hinblick auf das verbliebene Berufungsinteresse geringfügig zu reduzieren.
4. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes orientiert sich an der unbedenklichen Bewertung durch die Klägerin. Die Begehren auf Bucheinsicht und Auskunft gründen auf denselben vertraglichen Bestimmungen und sind daher zusammenzurechnen.
Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zur Beurteilung standen.
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