Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hat am 3. Oktober 2025 durch die Senatspräsidentin Mag. Wilder als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Maruna und Mag. Frigo als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Februar 2025, GZ ** 42.2, in der in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Katja Wallenschweski sowie in Anwesenheit des Angeklagten A*, seines Verteidigers Mag. Thomas Seeber durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wegen Strafe wird dahingehend Folgegegeben, dass die Rechtsfolge des Ausschlusses natürlicher Personen von der Ausübung des Gewerbes (§ 13 Abs 1 GewO 1994) gemäß § 44 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch ein in Rechtskraft erwachsenes Einziehungs- und Adhäsionserkenntnis enthält, wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I.) und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB (II./) schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des 39a Abs 1 Z 4 iVm Abs 2 Z 3 StGB nach dem Strafsatz des § 84 Abs 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt, wovon ein Teil im Ausmaß von 16 Monaten gemäß § 43a Abs 3 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* am 10. Oktober 2024 in ** B* vorsätzlich am Körper
I./ verletzt, indem er diesem einen Faustschlag gegen den linken Arm, wodurch der Genannte zu Boden stürzte und eine Schürfwunde am rechten Ellenbogen erlitt, sowie zwei Fußtritte gegen das Gesäß versetzte, weiters (mehrere Minuten später)
II./ schwer zu verletzen versucht (§ 15 StGB), indem er mit einem Klappmesser auf diesen einstach, wobei es beim Versuch blieb, weil Dritte ihn aufhielten und überwältigten.
Bei der Strafzumessung wertete das Schöffengericht als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war, hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die teilweise Begehung der Tat unter Verwendung einer Waffe als erschwerend.
Ein diversionelles Vorgehen erachtete das Erstgericht aus spezialund generalpräventiven Gründen mangels Verantwortungsübernahme als nicht indiziert. Ebenso komme die Verhängung einer Geldstrafe nach § 37 StGB aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht, weil es zumindest der Androhung der Vollziehung der Freiheitsstrafe bedürfe, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen dieser oder ähnlicher Art abzuhalten.
Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 3. Juni 2025, GZ 11 Os 47/25h5, ist über die rechtzeitig angemeldete (ON 72.1, 20) und fristgerecht ausgeführte Berufung (ON 51), mit der er die Herabsetzung der Freiheitsstrafe in eventu die Anwendung außerordentlicher Strafmilderung nach § 41 StGB sowie die bedingte Nachsicht der Rechtsfolge der Verurteilung gemäß § 44 Abs 2 StGB, insbesondere den Ausschluss vom Recht zur Ausübung eines Gewerbes nach § 13 Abs 1 GewO begehrt, zu erkennen.
Der Berufung kommt im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zu.
Das Schöffengericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und richtig gewichtet.
Sofern der Berufungswerber vermeint, dass die erschwerende Wertung der Verwendung des Messers und die gleichzeitige Anhebung der Untergrenze gegen das Doppelverwertungsverbot verstoße, ist er auf die Ausführungen im Beschluss des Obersten Gerichtshofs zu verweisen (ON 57, 2).
Des weiteren versagt der ins Treffen geführte Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 19 StGB, weil die vom Angeklagten durch die Tat erlittene (leichte) Verletzung in Form eines Hämatoms unter dem rechten Auge (ON 42.2, 6) nicht ein derart beträchtliches Ausmaß erreicht, welches die Anwendung des Milderungsgrunds rechtfertigen würde (vgl Riffel, WK² StGB § 34 Rz 41).
Dem Berufungswerber gelingt es sohin nicht, weitere Milderungsgründe zur Darstellung zu bringen und sind solche auch dem Akteninhalt nicht zu entnehmen.
Fallkonkret übersteigen auch - entgegen den Ausführungen - die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe keineswegs beträchtlich, weshalb die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung nach § 41 StGB nicht vorliegen (man brachte allein die Tatbegehung mit einem Messer [II.I]).
Bei objektiver Abwägung der Strafzumessungslage und allgemeiner Strafzumessungserwägungen im Sinne des § 32 Abs 2 und 3 StGB erweist sich die vom Schöffengericht ausgemessene Freiheitsstrafe von zwei Jahren, von der ein Teil im Ausmaß von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von einem bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (§ 84 Abs 4 iVm § 39a Abs 1 Z 4 iVm Abs 2 Z 3 StGB) als schuldangemessen und dem Unrechtsgehalt sowie dem sozialen Störwert der Taten entsprechend.
Zudem sprechen auch gewichtige generalpräventive Aspekte ( Leukauf/Steininger/Tipold, StGB 4 § 32 Rz 9 f; Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 32 Rz 7), angesichts der drastisch zunehmenden Anzahl von gegen die körperliche Integrität anderer gerichteten Angriffen mit Messern, für die Verhängung einer zumindest teilbedingten Freiheitsstrafe.
Da es sich in casu aber um die erste Verurteilung des Angeklagten handelt und sein strafbares Verhalten in keinem Zusammenhang mit der Gewerbeausübung als selbständiger Montagehelfer steht, bedarf es aus präventiven Erwägungen nicht des Vollzugs, weshalb eine bedingte Nachsicht der Rechtsfolge des Ausschlusses natürlicher Personen von der Ausübung eines Gewerbes gemäß § 44 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit vertretbar erscheint (vgl Jerabek/Ropper , WK 2 § 44 Rz 6), dies auch zumal der Verlust des Gewerbescheins geeignet wäre, den Angeklagten in seinem Erwerbsleben spürbar zu beeinträchtigen.
Der Berufung war daher nur im spruchgemäßen Umfang Erfolg beschieden.
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