Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Mag. Frigo in der Strafsache gegen A* wegen §§ 15, 84 Abs 4; 125 StGB über die Beschwerde des Rechtsanwalts Mag. B*als bestellter Verteidiger gemäß § 61 Abs 3 StPO gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 12. Juni 2025, GZ **-44, den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
B egründung:
Mit Beschluss vom 31. Dezember 2024 wurde A* vom Landesgericht für Strafsachen Wien, der ungeachtet der gerichtlichen Aufforderungen keinen Verteidiger wählte, ein Amtsverteidiger gemäß § 61 Abs 3 zweiter Satz erster Fall StPO beigegeben (ON 11). Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer C* vom 2. Jänner 2025 wurde Rechtsanwalt Mag. B* zum Amtsverteidiger bestellt (ON 14).
A* wurde – soweit hier relevant - mit Urteil des Landesgericht für Strafsachen Wien vom 22. Jänner 2025, rechtskräftig seit 28. Jänner 2025, wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB verurteilt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. Vom Vorwurf der Sachbeschädigung nach § 125 StGB wurde der Angeklagte gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 23.2).
Mit Kostenbestimmungsantrag vom 3. April 2025 beantragte der Amtsverteidiger im Sinne des § 395 Abs 5 StPO, seine Kosten in Höhe von insgesamt 2.064,02 Euro für das Hauptverfahren und die Kosten für den Antrag in Höhe von 54,65 zu bestimmen (ON 31).
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 44) bestimmte die Erstrichterin die Kosten des Amtsverteidigers mit 1.745,64 Euro (darin 290,94 Euro USt) und wies das Mehrbegehren ab.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des einschreitenden Amtsverteidigers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und zusätzlich zu der bereits zugesprochenen Entlohnung auch die restlichen, abgewiesenen Kosten in Höhe von 339,12 Euro für die Akteineinsicht zuzusprechen und dem Verurteilten den Ersatz der weiteren Entlohnung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution aufzuerlegen.
Die Beschwerde, zu der sich sowohl die Oberstaatsanwaltschaft als auch der Verurteilte einer Stellungnahme enthielten, ist nicht berechtigt.
Die Honorierung des dem Angeklagten von Amts wegen beigegebenen Verteidigers, dessen Kosten er zu tragen hat (§ 61 Abs 3 StPO), unterliegt grundsätzlich der freien Vereinbarung (§ 394 StPO). Kann in diesem Fall keine Einigung erzielt werden, steht gemäß § 395 Abs 5 StPO beiden Teilen die Möglichkeit offen, die Entlohnung durch das Strafgericht bestimmen und dem Beschuldigten die Zahlung auftragen zu lassen ( Lendl,WK StPO § 395 Rz 2). Die Höhe der Entlohnung des Parteienvertreters richtet sich nach der Art des Verfahrens und nach der verfahrensrechtlichen Stellung des Mandanten.
Bei der Bemessung der Gebühren ist auch zu prüfen, ob die vorgenommenen Vertretungshandlungen notwendig waren oder sonst nach der Beschaffenheit des Falles gerechtfertigt sind.
Das Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) und der diesem angeschlossene, einen Bestandteil des Gesetzes bildende Tarif gelten für Rechtsanwälte im Strafverfahren über eine Privatanklage und für die Vertretung von Privatbeteiligten, nicht jedoch für die Verteidigung im Offizialverfahren. Mangels einer Regelung im RATG sind diese Kosten nach freiem Ermessen zu bestimmen. Als Grundlage für die Prüfung der Angemessenheit der vom Amtsverteidiger beanspruchten Entlohnung können die Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) herangezogen werden, ohne dass diese allerdings rechtsverbindlich wären. Sie haben vielmehr nur die Bedeutung einer gutachterlichen Äußerung über die Bewertung rechtsanwaltlicher Leistungen im Einzelfall. Die darin wiedergegebenen Bemessungsgrundlagen und Honoraransätze gelten als angemessene Entlohnung. Es steht aber im Ermessen des Gerichts, die Ansätze dieser Richtlinie im Einzelfall als nicht anwendbar zu erachten, wobei ein Abgehen von den Ansätzen der AHK zu begründen ist. Die Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) sind in fünf Teile geteilt, die Bestimmungen für Straf- und Disziplinarsachen finden sich im dritten Teil der AHK. Die Honorarsätze für offiziose Strafsachen sind demnach in den §§ 9 bis 12 AHK festgelegt (
Nach § 10 Abs 1 AHK sind für Leistungen des Rechtsanwalts in offiziosen Strafsachen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen, die nicht in § 9 erwähnt sind, die Honorarsätze der TP 1 bis 3 und TP 5 bis 9 RATG unter Zugrundelegung der dort genannten Bemessungsgrundlagen angemessen. Die Bemessungsgrundlage beträgt in einzelrichterlichen Verfahren (§ 10 Abs 1 Z 2 AHK) 18.000 Euro.
Mit Verweis auf § 10 Abs 1 und 2 AHK und TP 7 RATG ist – dem Beschwerdevorbringen zuwider – auszuführen, dass § 10 AHK die Anwendung der Honoraransätze der TP 1 bis 3 und TP 5 bis 9 RATG zwar grundsätzlich vorsieht und auf die jeweiligen Tarifposten des RATG verweist, dennoch haben die veranschlagten Leistungen im jeweiligen Einzelfall auch dem Prinzip der Angemessenheit Rechnung zu tragen.
Die Tarifpost 7 des RATG honoriert explizit die Vornahme erforderlicher Geschäfte (Kommissionen) außerhalb der Rechtsanwaltskanzleidurch einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwaltsanwärter. Da der Beschwerdeführer die Vergütung der elektronischen Akteneinsicht nach TP7/2 begehrt und diese durch die Umstellung der Gerichte auf den elektronischen Akt nicht mehr bei Gericht vorgenommen werden muss, sondern vom ausgewiesenen Verteidiger nunmehr elektronisch erfolgen kann und der Beschwerdeführer auch nicht behauptet und bescheinigt hat, dass die Akteneinsicht durch den Rechtsanwalt selbst bei Gericht und sohin außerhalb seiner Rechtsanwaltskanzlei stattfand und auch erforderlich war, kommt eine Honorierung derselben nach TP 7/2 RATG daher nicht in Betracht. Darüber hinaus wird ein auswärtiges Aktenstudium als Leistung nach TP 7 RATG nicht mit dem Einheitssatz abgegolten ( Obermaier, Kostenhandbuch 4 Kapitel 3 Rz 3.77).
Gemäß § 10 Abs 2 Z 4 AHK ist die Verrechnung eines Aktenstudiums nach TP 7/2 RATG zwar möglich und dann als angemessen anzusehen, wenn ein Aktenstudium das nach Art und Umfang das zur Vorbereitung anwaltlicher Leistungen üblicherweise notwendige Aktenstudium erheblich (im Sinne des § 2 Abs 2 AHK) übersteigt.
Im vorliegenden Fall handelte es sich sowohl was den Aktenumfang (mit nicht einmal 20 relevanten Ordnungsnummern) als auch die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen betrifft, um ein - im Vergleich mit einem Standardverfahren in dieser Verfahrensart - weit unter dem Durchschnitt liegendes, einfaches Strafverfahren, weswegen für die Vorbereitung des Verteidigers zwar ein Aktenstudium erforderlich war, jedoch keines, welches nach Art und Umfang eines zur Vorbereitung anwaltlicher Leistungen üblicherweise erheblich übersteigen würde.
Die Beschwerde blieb daher erfolglos.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.
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