Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Koch als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Bartholner und Mag. Schaller in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* Gesellschaft m.b.H. , FN **, **, vertreten durch die Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen gesamt EUR 327.589,46 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30.04.2025, GZ **-20, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.962,35 bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
In Ansehung der Klageforderung von EUR 3.792,38 sA ist die Revision jedenfalls unzulässig. In Ansehung der übrigen Klageforderungen ist die (ordentliche) Revision jeweils nicht zulässig.
Entscheidungsgründ e
Die Klägerin gehört wie die folgenden drei anderen Gesellschaften (Gastronomieausstatter) zum Familienverband der A*-Unternehmensgruppe:
Die Beklagte ist nach § 6 COFAG-NoAG Rechtsnachfolgerin der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (idF COFAG), welche mit der Abwicklung finanzieller Corona-Hilfsleistungen für Unternehmen, die von den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung in ihrem Betrieb betroffen waren, betraut war.
Mit gegenständlicher Klage begehrte die Klägerin (zunächst von der COFAG, nunmehr von der Beklagten) die Zahlung von insgesamt 327.589,46 Euro sA. Sie und die anderen genannten Gesellschaften seien von den Lockdowns der Gastronomie und Hotellerie indirekt sehr stark betroffen und hätten jeweils am 2.3.2021 bei der COFAG rechtzeitig und ordnungsgemäß den Lockdown Umsatzersatz II beantragt. Sie erfüllten jeweils alle Richtlinien für den Umsatzersatz II. Diese Anträge seien mit E-Mail vom 16.12.2021 mit der Begründung abgelehnt worden, dass Teile der Umsätze nicht mit direkt betroffenen Hotels und Restaurants gemacht worden seien, sondern mit der G* reg. Genossenschaft m.b.H. (idF G*), die nicht vom Lockdown betroffen gewesen sei. Die Ablehnungen seien allerdings aus mehreren – im Berufungsverfahren nicht relevanten, und daher hier nicht mehr wiedergegebenen ( Anmerkung des Berufungsgerichts ) - Gründen zu Unrecht erfolgt.
Aufgrund der Ablehnungen durch die Cofag hätten die Klägerin und die anderen genannten Unternehmen daraufhin den Fixkostenzuschuss 800.000 (kurz „FKZ 800.000“) beantragt und auch erhalten. Dieser sei aber geringer gewesen, als die Lockdown-Umsatzersätze II gewesen wären. Diese Differenz iHv insgesamt 327.589,46 Euro werde nun eingeklagt, wobei die Klägerin von den anderen genannten Unternehmen im Rahmen einer Inkassozession zur Einklagung legitimiert sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete neben dem Umstand, dass die Klägerin und die weiteren in der Klage genannten Unternehmen der A*-Gruppe die Voraussetzungen für die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatz II deswegen nicht erfüllten, weil die Lieferverträge zwischen dem Lieferbetrieb und der G* zustande gekommen seien und die G* für die hier gegenständlichen Betrachtungszeiträume selbst Umsatzersatz II beantragt und auch gewährt und ausgezahlt erhalten habe, der allerdings für das Berufungsverfahren nicht von Belang ist, weiters ein, dass der Lockdown-Umsatzersatz II nur für Zeiträume gewährt werden dürfe, in denen die antragstellende Partei keinen Fixkostenzuschuss 800.000 in Anspruch nehme. In der Beantragung des FKZ 800.000 sei eine Rückziehung der Förderanträge für den Lockdown-Umsatzersatz II bzw ein Verzicht zu sehen.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab. Es stellte fest:
Die Klägerin und die C*-GmbH-D*, die C*-GmbH-E*, sowie die F*-GmbH beantragten einen Lockdown-Umsatzersatz II für die Zeiträume November bzw Dezember 2020. Nach Ablehnung dieser Anträge per Mail vom 16.12.2021, beantragten sie für die identen Zeiträume einen Fixkostenzuschuss FKZ 800.000, den sie auch erhalten haben.
Daraus folgerte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, dass die Klägerin und die Zedentinnen nach Punkt 4.8 der Richtlinien zur VO Lockdown-Umsatzersatz II keinen Anspruch auf Lockdown-Umsatzersatz II hätten, weil sie zunächst den Umsatzersatz II beantragt, und nach dessen Ablehnung den FKZ 800.000 beantragt und auch tatsächlich ausbezahlt erhalten hätten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungs- und Verfahrensmängel, in der sie beantragt, allenfalls nach Verfahrensergänzung das angefochtene Urteil in eine Klagestattgebung abzuändern bzw zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung – die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln war - ist nicht berechtigt .
1. Zur Berufungsausführung ist zunächst voranzustellen, dass entgegen § 471 Z 3 ZPO über weite Strecken keine nachvollziehbare Zuordnung zu den eingangs angeführten Berufungsgründen vorgenommen wird. Das angefochtene Urteil wird kritisiert, ohne dass erkennbar wäre, welcher Berufungsgrund damit konkret zur Darstellung gebracht werden soll. Unklarheiten, die daraus resultieren, dass die Rechtsmittelgründe in unzulässiger Weise nicht getrennt ausgeführt sind, gehen zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (RIS-Justiz RS0041761). Die Berufungsausführungen werden in der Folge auch nur insoweit behandelt, als sie deutliche Beschwerdegründe erkennen lassen, die sich einem bestimmten Rechtsmittelgrund zuordnen lassen (vgl RS0041851).
2. Die Klägerin meint in ihrer Berufung aufs Wesentliche zusammengefasst, das Erstgericht habe die zeitlichen Abläufe völlig außer Acht gelassen; es habe mangels Durchführung eines darauf abzielenden Beweisverfahrens nicht geklärt, wann von welcher Gesellschaft, ein Antrag auf FKZ 800.000 gestellt worden sei, wann dieser an welche Gesellschaft und in welcher Höhe ausbezahlt worden sei, und wie dies im zeitlichen Ablauf mit den jeweiligen Anträgen und den Ablehnungen der Ansprüche auf Lockdown-Umsatzersatz II der einzelnen Gesellschaften stehe. Das Erstgericht hätte konkret feststellen müssen, ob die jeweiligen Gesellschaften ihre Anträge auf FKZ 800.000 für konkrete Betrachtungszeiträume, für die ihnen dennoch ein Lockdown-Umsatzersatz II zustehen könne, bereits vor (oder nach) Kundmachung der Richtlinie beantragt haben. Dies sei wesentlich, da ein Anspruch auf Lockdown-Umsatzersatz II auch zustehe, sofern sich der Antragsteller verpflichte, den FKZ 800.000 für die betroffenen Betrachtungszeiträume anteilig an die COFAG zurückzuzahlen, wobei die Rückzahlung erst spätestens im Zuge der Auszahlung der zweiten Tranche des FKZ 800.000, vorrangig im Wege der Anrechnung, zu erfolgen hätte.
3.1 Der Verfahrensrüge lässt sich zuordnen, dass die Klägerin meint, das Erstgericht habe das Verbot der Überraschungsentscheidung verletzt. Der Verfahrensrichter habe in der Verhandlung das Thema FKZ 800.000 gar nicht erwähnt, geschweige denn erörtert, und dann das Verfahren völlig unerwartet geschlossen. Das Verfahren sei daher mit einer Mangelhaftigkeit belastet.
Im Falle einer richterlichen Erörterung hätte sie ein weiteres Vorbringen erstattet (siehe näher ausgeführt in der Berufung S 4 bis S 10 samt darin enthaltenen Aufstellungen), das sich dahingehend zusammenfassen lässt, dass die von ihr und den übrigen Gesellschaften eingeklagten Summen die für FKZ 800.000 erhaltenen Beträge entsprechend Punkt 4.8 der VO im Wege der Anrechnung berücksichtigt hätten, und zwar anteilig dem jeweiligen monatlichen Betrachtungszeitraum zugeordnet. Die Absagen vom 16.12.2021 (nur wenige Werktage vor dem Ende der Einreichfrist FKZ 800.000) hätten keine Begründung enthalten und sei auf Betreiben der Wirtschaftskammer einer nochmaligen Kontrolle durch die COFAG unterzogen worden. Daher sei die endgültige Absage der COFAG erst nach dem Ende der Einreichfrist für den FKZ 800.000 am 2.6.2022 erfolgt. Für die Klagsseite habe daher schon vor Beantragung des Umsatzersatzes II die Verpflichtung bestanden, den Antrag auf FKZ 800.000 vor dem Ende der Einreichfrist zu stellen. Für die C*-GmbH-D* sei zudem der Antrag auf aconto für den FKZ 800.000 bereits am 19.2.2021 gestellt worden. Eine „anteilige Rückzahlung“ des FKZ 800.000 komme schon deswegen nicht in Betracht, weil zuvor – zu Unrecht - keine Auszahlung des Umsatzersatzes II erfolgt sei.
Hätte das Erstgericht auf Basis dieses Vorbringens entsprechende Feststellungen insbesondere zum zeitlichen Ablauf der Beantragungen, Auszahlungen und Anrechnungen im Verhältnis zwischen FKZ 800.000 und Umsatzersatz II der einzelnen Gesellschaften getroffen, wäre es zu dem Schluss gekommen, dass die zur Abweisung herangezogene rechtliche Beurteilung ausscheide, und es hätte ein Beweisverfahren zum weiteren Klagevorbringen durchzuführen gehabt. Darin liege auch ein sekundärer Verfahrensmangel.
3.2 Nach § 182a ZPO hat das Gericht das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern und darf seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat (RS0037300, insbesondere [T46]). Allerdings bedarf es nach ständiger Judikatur keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei nämlich ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Pflicht nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufgezeigt hat (RS0122365).
Die Beklagte hat in ihrem vorbereitenden Schriftsatz (ON 14 Punkt E. „Zum gewährten FKZ 800.000“, S 10 f) bereits darauf hingewiesen, dass gemäß Punkt 4.8 der VO Lockdown-Umsatzersatz II die antragsgemäße Gewährung und Auszahlung des FKZ 800.000 der Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes entgegenstehe und, dass es nicht ausreiche, dass die Klägerin die ausgezahlten Fixkostenzuschüsse in ihren Berechnungen in Abzug bringe.
Die Prozessgegnerin hat also genau jenen vom Erstgericht nun herangezogenen Abweisungsgrund in erster Instanz bereits aufgezeigt. Die Klägerin hat darauf nicht reagiert und dazu weder im darauffolgenden Schriftsatz (Replik ON 16), noch in der Verhandlung vom 3.12.2024, ein weiteres Vorbringen bzw Beweisanträge erstattet. Daher muss ihr Vorwurf einer nicht gehörigen Erörterung oder Anleitung durch den Verfahrensrichter im Sinne der soeben dargelegten Rechtsprechung ins Leere gehen. Eine überraschende Rechtsansicht ist ausgeschlossen, wenn sich das Gericht dem vom Prozessgegner vorgebrachten Standpunkt anschließt (RS0133948).
3.3 Auch das Vorliegen eines Stoffsammlungsmangels scheidet aus, weil dies ein entsprechendes entscheidungsrelevantes Vorbringen samt bezughabender Beweisanträge in erster Instanz voraussetzen würde.
3.4 Nur der Vollständigkeit halber ist zu dem in der Berufung ausgeführten Vorbringen der Klägerin, das sie nach ihren Angaben nach richterlicher Erörterung in erster Instanz erstattet hätte, zu bemerken, dass sich dieses im Wesentlichen nicht von ihrem Vorbringen in erster Instanz unterscheidet. Schon in der Klage ON 1 hat sie darauf hingewiesen, dass die ausgezahlten Fixkostenzuschüsse jeweils in Abzug gebracht worden seien, dass die Absagen vom 16.12.2021 über Intervention der Wirtschaftskammer einer neuerlichen Überprüfung unterzogen worden seien und, dass die endgültigen Ablehnungen per E-Mail am 2.6.2022 erfolgt seien.
Neu ist nur das Vorbringen, dass zur C*-GmbH-D* bereits am 19.2.2021 ein Antrag auf aconto für den Fixkostenzuschuss gestellt worden sei. Dieser Umstand ist aber für die rechtliche Beurteilung irrelevant, worauf im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge noch eingegangen wird.
Auch unter Zugrundelegung dieses Vorbringens würde sich daher keine andere rechtliche Beurteilung der Rechtssache ergeben, sodass es auch an einer Relevanz mangelt.
3.5 Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor.
4.1 Offensichtlich der Beweisrüge zuzuordnen ist, dass die Berufungswerberin („vorsichtshalber“) folgende sich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung befindliche Feststellung des Erstgerichts bekämpfen will:
„Die klagende Partei und die Zedenten haben zunächst den Lockdown-Umsatzersatz II beantragt, nach dessen Ablehnung den FKZ 800.000, den sie dann auch tatsächlich ausbezahlt erhalten haben“ (Urteil S 4 f).
Sie behauptet nicht, dass diese (oder die sonst vom Erstgericht vorgenommenen Feststellungen), auf einer und auf welcher unrichtigen Beweiswürdigung beruhen würden. Sie behauptet auch nicht, bei richtiger Beweiswürdigung hätte das Erstgericht andere, gegenteilige Feststellungen getroffen, und führt keine Ersatzfeststellungen an. Sie führt daher in Wahrheit keine Beweisrüge aus, die sich – bei gesetzmäßiger Ausführung - gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu richten hat (vgl dazu RS0041835, RS0043150 [T9]; Kodek in Rechberger , ZPO 5 § 471 Rz 15). Sie kritisiert vielmehr, dass die Feststellungen für eine richtige rechtliche Beurteilung nicht ausreichen würden und begehrt daher zusätzlich zu treffende Feststellungen „infolge gänzlichen Fehlens eines Beweisverfahrens“, worin aber – wie sie ohnehin selbst erkennt – ein sekundärer Verfahrensmangel zu erblicken wäre, der mit Rechtsrüge geltend zu machen ist.
4.2 Mangels Ausführung einer (gesetzmäßigen) Tatsachen- bzw Verfahrensrüge – ist von den erstgerichtlichen Feststellungen auszugehen (§ 498 Abs 1 ZPO).
5. Zur Rechtsrüge:
5.1 Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt vermag die Berufung nicht aufzuzeigen, dass dem Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung ein Rechtsirrtum unterlaufen ist (vgl RS0043312, RS0043603, RS0041585).
Der relevante Sachverhalt , von dem das Erstgericht zu Recht ausgegangen ist, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die Klägerin und die anderen genannten Gesellschaften der A*-Unternehmensgruppe (Zedentinnen) beantragten zunächst (am 2.3.2021 [unstrittig, Klage ON 1 S 6 f]; Anmerkung des Berufungsgerichts ) einen Lockdown-Umsatzersatz II für die Zeiträume November und/oder Dezember 2020. Nach Ablehnung dieser Anträge per E-Mail vom 16.12.2021, beantragten sie (am 22.12.2021 [unstrittig, vorbereitender Schriftsatz der Beklagten ON 14 S 10]; Anmerkung des Berufungsgerichts ) für die identen Zeiträume einen FKZ 800.000, den sie auch tatsächlich ausbezahlt erhielten.
Die Kundmachung der VO Lockdown-Umsatzersatz II erfolgte am 16.2.2021 (dies bedarf keiner Feststellung; siehe BGBl II 71/2021).
5.2 Die Klägerin behauptet zwar in ihrer Berufung, dass es für den vom Erstgericht zugrunde gelegten Sachverhalt „in dieser Form“ kein Vorbringen und keine Außerstreitstellungen gegeben habe, konkretisiert aber in keiner Weise, welches gegenteilige Vorbringen sie in erster Instanz erstattet haben will. Sie behauptet auch gar nicht, dass diese Feststellungen inhaltlich falsch seien. Selbst in ihrem in der Berufung enthaltenen Vorbringen widerspricht sie dem festgestellten Sachverhalt nicht. Sie übersieht offenbar, dass sich die für die rechtliche Beurteilung notwendigen Umstände zum „zeitlichen Ablauf der Beantragungen und Auszahlungen, Anrechnungen im Verhältnis zwischen FKZ und Umsatzersatz“ ohnehin aus dem wechselseitigen Vorbringen und den dazu vorgelegten Unterlagen unstrittigerweise ergeben und daher vom Erstgericht zu Recht dem Urteil zugrunde gelegt werden konnten.
So brachte die Klägerin selbst vor, dass die Anträge für den Umsatzersatz II am 2.3.2021 erfolgt sind (Klage ON 1 S 6 f), und dass nach Ablehnung dieser Anträge per E-Mail vom 16.12.2021 die FKZ 800.000 beantragt worden sind (Klage ON 1 S 3). (Dass dies am 22.12.2021 erfolgt ist, brachte die Beklagte vor [vorbereitender Schriftsatz ON 14 S 10] und wurde von der Klägerin zumindest nicht substanziiert bestritten.)
5.3 Die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes II durch die COFAG hat nach § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes II für vom Lockdown indirekt erheblich betroffene Unternehmen ( VO Lockdown-Umsatzersatz II ; Stammfassung BGBl II 71/2021; in Kraft seit 17.2.2021) den Richtlinien gemäß Anhang zu entsprechen.
Punkt 4.8 des Anhangs 1 („Richtlinien“) zu dieser VO Lockdown-Umsatzersatz II lautet wie folgt:
„Ein Lockdown-Umsatzersatz II darf nur für Zeiträume gewährt werden, in denen der Antragsteller keinen Fixkostenzuschuss 800.000 (FKZ 800.000) gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines begrenzten Fixkostenzuschusses bis EUR 800.000 durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung eines FKZ 800.000), BGBl. II Nr. 479/2020 in der jeweils geltenden Fassung oder einen Verlustersatz gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung eines Verlustersatzes), BGBl. II Nr. 568/2020 in der jeweils geltenden Fassung, in Anspruch nimmt.
Falls der Antragsteller vor Kundmachung dieser Richtlinien bereits einen FKZ 800.000 oder einen Verlustersatz für Betrachtungszeiträume, für die ihm auch ein Lockdown-Umsatzersatz II zusteht, beantragt hat, kann dennoch ein Lockdown-Umsatzersatz II beantragt werden, sofern sich der Antragsteller verpflichtet den FKZ 800.000 oder den Verlustersatz für die betroffenen Betrachtungszeiträume anteilig an die COFAG zurückzuzahlen. Die Rückzahlung hat spätestens im Zuge der Auszahlung der zweiten Tranche des FKZ 800.000 oder des Verlustersatzes, vorrangig im Wege der Anrechnung, zu erfolgen.“
Zusammengefasst regelt diese Bestimmung daher, dass ein Umsatzersatz II nur für Zeiträume gewährt werden darf, in denen kein FKZ 800.000 (bzw ein Verlustersatz) in Anspruch genommen wird. Falls aber bereits vor dem 16.2.2021 ein FKZ 800.000 beantragt wurde, kann dennoch ein Umsatzersatz II beantragt werden, wenn der FKZ für den jeweiligen Zeitraum (vorrangig im Wege der Anrechnung) zurückgezahlt wird.
Damit korrespondierend regelt im übrigen auch Punkt 4.2.2 des Anhangs „Richtlinien“ zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines begrenzten Fixkostenzuschusses bis EUR 800.000,- durch die COFAG (idF „ VO FKZ 800.000 “; Stammfassung BGBl II 497/2020, in Kraft seit 23.11.2020), dass für den Betrachtungszeitraum November 2020 oder Dezember 2020 Anträge auf FKZ 800.000 unzulässig sind, wenn für den gesamten Betrachtungszeitraum durchgehend ein Lockdown-Umsatzersatz oder ein Lockdown-Umsatzersatz II in Anspruch genommen wird. Dieser Ausschluss gilt dann nicht, wenn der Lockdown-Umsatzersatz bzw der Lockdown-Umsatzersatz II vor Beantragung des FKZ 800.000 zurückgezahlt wird.
5.4 Nach dem festgestellten Sachverhalt haben die Klägerin und die Zedentinnen für jene Monate, für die sie einen Umsatzersatz II begehren, einen FKZ 800.000 in Anspruch genommen und ausbezahlt erhalten. Dies steht aber nach Punkt 4.8 Satz 1 der Richtlinien der genannten Verordnung der Gewährung eines Umsatzersatzes II für dieselben Zeiträume entgegen. Nach dieser Ausschlussbestimmung, die zum Zeitpunkt der FKZ-Anträge der Klägerin und ihrer Zedentinnen bereits kundgemacht war, besteht eben kein Anspruch auf Umsatzersatz II für jene Zeiträume, für die der FKZ 800.000 in Anspruch genommen wird.
Die Ausnahme nach Satz 2 des Punktes 4.8 kommt nicht zur Anwendung, weil die Klägerin und die Zedentinnen den FKZ 800.000 nicht vor der Kundmachung der VO Umsatzersatz II (16.2.2021) beantragten, sondern erst danach (am 22.12.2021).
Das von der Klägerin (erkennbar) bemühte Argument, sie und die Zedentinnen seien gezwungen gewesen, den Antrag auf FKZ 800.000 vor dem Ende der diesbezüglichen Einreichfrist zu stellen, vermag an dieser Beurteilung ebenso nichts zu ändern, wie der an sich unstrittige Umstand, dass auf Betreiben der Wirtschaftskammer die Ablehnung der Cofag zum Umsatzersatz II einer nochmaligen Überprüfung unterzogen wurde, und die endgültige Ablehnung erst am 2.6.2022 nach dem Ende der Einreichfrist für den FKZ 800.000 erfolgte, zumal der Punkt 4.8 der Richtlinien nicht auf den Zeitpunkt der Ablehnung abstellt.
Vielmehr stellt der vorletzte Satz des Punktes 4.8 ausdrücklich darauf ab, dass der Antragsteller den FKZ 800.000 bereits vor Kundmachung der VO Lockdown-Umsatzersatz II, also vor dem 16.2.2021 beantragt hat. Dies zielt, vor dem Hintergrund, dass die VO FKZ 800.000 zu diesem Zeitpunkt schon in Kraft war (kundgemacht in der Stammfassung am 23.11.2020), offensichtlich darauf ab, auch jenen Antragstellern, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO Umsatzersatz II bereits einen FKZ 800.000 für denselben Betrachtungszeitraum beantragt haben, die Inanspruchnahme eines Umsatzersatzes II dennoch zu ermöglichen, sofern sie den FKZ zurückzahlen bzw in Anrechnung bringen. Die Klägerin und ihre Zedentinnen haben aber den FKZ-Antrag erst im Dezember 2021 und damit nach der Kundmachung der VO Umsatzersatz II gestellt. Daher ist der vorletzte Satz des Punktes 4.8 der Richtlinien auf sie nicht anwendbar.
Auch unter Berücksichtigung des – nun in der Berufung neu erstatteten – Vorbringens, dass für die C*-GmbH-D* der Antrag auf aconto für den FKZ 800.000 bereits am 19.2.2021 gestellt worden sei (Berufung S 10), würde sich keine andere Beurteilung ergeben, weil auch dieser Antragszeitpunkt nach dem Zeitpunkt der Kundmachung (16.2.2021) liegt.
5.5 Das Erstgericht hat daher zu Recht das Klagebegehren schon deshalb abgewiesen, weil die begehrten Umsatzersätze II schon aufgrund Punkt 4.8 des Anhang 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz II nicht zustehen. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob die anderen im Verfahren breit dargelegten Voraussetzungen für die Gewährung des Umsatzersatzes II (Thema: „G*“) vorliegen. Dies hat das Erstgericht zu Recht nicht mehr geprüft; ein Beweisverfahren zur Feststellung der diesbezüglich vorgebrachten Umstände war entbehrlich.
Ein sekundärer Verfahrensmangel liegt daher nicht vor, weil die getroffenen Feststellungen zur rechtlichen Beurteilung ausreichen.
6. Der unberechtigten Berufung war somit ein Erfolg zu versagen.
7. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
8. Die einzelnen geltend gemachten Klageforderungen, sind im Hinblick auf die Revisionszulässigkeit iSd § 55 JN nicht zusammenzurechnen , weil zwischen ihnen kein unmittelbarer tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht (vgl RS0042741, RS0042766 ua). Der „eigene“ Anspruch der Klägerin und jene Ansprüche, die ihr von den anderen Unternehmen der A*-Gruppe zum Inkasso zediert wurden, unterliegen daher einer unterschiedlichen Beurteilung ihrer Revisionszulässigkeit. Der „eigene“ Anspruch der Klägerin übersteigt 5.000,- Euro nicht, sodass diesbezüglich die Revision nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist. Der ursprünglich der C*-GmbH-D* zustehende Anspruch liegt im Zulassungsbereich des § 502 Abs 3 ZPO. Jene ursprünglich der C*-GmbH-E* und der F*-GmbH zustehenden Ansprüche übersteigen jeweils 30.000,- Euro. Diesbezüglich war jeweils die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen, weil die im Berufungsverfahren behandelten Rechtsfragen nur für den vorliegenden Einzelfall relevant waren und nicht die Qualität des § 502 Abs 1 ZPO erreichen.
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