Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Lehr und Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 29. August 2025, GZ **-39.2, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Der am ** geborene slowakische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt Stein zehn über ihn wegen Gewalt- und Vermögensdelinquenz verhängte Freiheitsstrafen im Ausmaß von insgesamt elf Jahren und elf Monaten.
Im Hinblick auf die zuletzt erfolgte Verurteilung zu AZ ** des Landesgerichts Krems an der Donau zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe und Neuberechnung der Strafzeit fällt das errechnete Strafende auf den 9. April 2031. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 24. April 2025 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 19. April 2027 erfüllt sein.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Anstaltsleitung (ON 2, 2 f) und jener der Staatsanwaltschaft (ON 1.2, 1) sowie nach Anhörung des Strafgefangenen (ON 39.1) - dessen bedingte Entlassung zum Hälftestichtag aus spezialpräventiven Erwägungen ab (ON 39.2).
Dagegen richtet sich die nach Verkündung des Beschlusses (ON 39.1, 2) erhobene, in der Folge unausgeführt gebliebene Beschwerde des A*, der keine Berechtigung zukommt.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 leg cit darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung im Bezug auf künftige Straffreiheit voraus ( Jerabek/Ropper,WK² StGB § 46 Rz 15/1). Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen (aaO).
Wie das Erstgericht zutreffend ausführt, steht einer bedingten Entlassung beim Beschwerdeführer ein evidentes Rückfallrisiko unüberwindbar entgegen.
Dieser wurde zunächst mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 18. Juni 2019, rechtskräftig seit 22. Juni 2019, AZ **, wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten verurteilt (ON 25). Die den weiteren neun Verurteilungen (darunter eine Bedachtnahmeverurteilung gemäß §§ 31, 40 StGB) zugrunde liegenden strafbaren Handlungen beging er in Strafhaft (siehe ON 26 bis ON 31 sowie die verketteten Akten AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz, AZ ** des Landesgerichts Krems an der Donau, damit verkettet AZ ** des Landesgerichts Krems an der Donau).
Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 6. Dezember 2024, rechtskräftig seit 10. Dezember 2024, AZ **, wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 2 erster und zweiter Fall StGB, der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 zweiter Fall StGB, des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB und der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB unter Anwendung der §§ 28 Abs 1, 39 Abs 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Danach hat er als Strafgefangener
I. in 4975 Suben in der Justizanstalt Suben
A. nachgenannte Justizwachebeamte gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
1. am 26. März 2024 BI B*, RI C*, RI D*, Insp E* und Insp F* zum Nachteil einer Sympathieperson, indem er nach einer vorangegangenen Auseinandersetzung mit dem Mitinsassen G* sinngemäß zu den Genannten sagte, dass er G* finden und mit einem Messer abstechen werde und die Beamten ihn daran nicht würden hindern können;
2. am 6. April 2024 Insp F* und Insp H*, indem er ihnen zurief "Ich schneide euch euren Kopf ab, ihr verfickten Hurensöhne, kommt doch endlich rein, ihr Hurensöhne!";
3. am 27. Mai 2024 BI I*, Insp F* und Insp J*, indem er zu ihnen sagte "Ich lass mich nicht verarschen, jetzt ist es vorbei! Mir ist es egal, wenn ein Beamter weniger ist und ich deshalb 20 Jahre länger im Gefängnis bleiben muss!";
4. am 15. Juni 2024 RI Mag. K* und Insp L*, indem er zu ihnen sagte "Am Montag komme ich sowieso wieder raus aus dem Haftraum 113 und werde euch alle töten!";
5. am 17. Juni 2024 BI I*, Insp L* und Insp M*, indem er zu ihnen sagte "Ich ficke euch alle, ich bringe euch alle um, ihr werdet schon sehen, was passiert, wenn ich aus der Absonderung heraus bin!";
6. am 18. Juni 2024 Insp L*, indem er zu ihm sagte "L*, wenn ich raus bin werde ich dich finden, ich werde dich ficken, ich werde dir den Kopf abschlagen und dich töten!";
B. am 22. April 2024 zumindest den Justizwachebeamten RI L* durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper einer Sympathieperson zu einer Amtshandlung, und zwar zur Ausfolgung von Bedarfsgegenständen gemäß § 34 Abs 1 StVG, zu nötigen versucht, indem er den Genannten im Wege der Notrufanlage kontaktierte, Zigaretten forderte und sagte, dass er, wenn er keine bekomme, dem nächsten Beamten, der den Haftraum öffnete, "den Kopf wegtun" werde und den Mitinsassen N* anstiften werde, diesen mit einem Messer aufzuschneiden, wobei es beim Versuch blieb, weil seine Forderung nicht erfüllt wurde;
C. am 19. Juni 2024 die Justizwachebeamten BI O*, RI P*, RI L*, RI Q* und RI R* mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper an einer Amtshandlung, und zwar der Säuberung der Überwachungskamera in der ihm zugewiesenen, besonders gesicherten Zelle, zu hindern versucht, indem er, nachdem die Beamten zuvor vergeblich versucht hatten, deeskalierend auf ihn einzuwirken, und in den Haftraum eingedrungen waren, wuchtig gegen das von ihnen verwendete Einsatzschild trat und dabei ausrief "Ihr Arschlöcher, ihr Hurensöhne, ich bringe euch alle um!" und, als er daraufhin zu Boden gebracht und in Bauchlage fixiert wurde, mehrfach ausrief "Ich finde euch und ich bringe euch alle um, wenn ich hier herauskomme, ihr Hurensöhne! Ich töte euch alle! Arschlöcher, Hurensöhne, ich schneide euch den Kopf ab!", wobei es beim Versuch blieb, weil es dennoch gelang, die Amtshandlung durchzuführen;
II. in 3500 Krems in der Justizanstalt Stein
A. zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt Anfang August 2024 den Mithäftling S* gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zu ihm sagte „Ich werde dich morgen in der Dusche abstechen!“;
B. eine Behörde, und zwar das Bundesministerium für Justiz, Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen, durch Drohung mit Gewalt gegenüber einer Sympathieperson zu einer Amtshandlung, und zwar zu einer Änderung seines Vollzugsorts, zu nötigen versucht, indem er nachgenannte Äußerungen tätigte, wobei er den Vorsatz hatte, dass auf deren Grundlage entsprechende Veranlassungen durch die dafür zuständigen Verantwortlichen getroffen werden würde, und zwar
1. am 12. August 2024, indem er gegenüber dem Mitarbeiter des psychologischen Dienstes T*, MSc sinngemäß angab, dass er eine Vollzugsortsänderung wünsche, zumal er die Sorge habe, dass er einem Mitinsassen aus Rache bei Gelegenheit etwas antun werde;
2. am 19. August 2024, indem er im Zuge seiner Beschuldigtenvernehmung im Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten durch BI U* aussagte "Ich habe ein Problem mit dem Mitinsassen S*. Er schuldet mir etwas und er möchte es mir nicht mehr zurück geben. Deshalb habe ich konkrete Absichten, den S* mit einem Messer zu verletzen bis hin zu töten. Damit so etwas nicht passiert, möchte ich in ein anderes Gefängnis überstellt werden."
C. am 2. September 2024
1. fremde Sachen zerstört oder beschädigt, indem er in seinem Haftraum zwei Steckdosen samt Rahmen zerbrach und die Wände zerkratzte und beschmierte, wobei er die Sachbeschädigung an einem wesentlichen Bestandteil der kritischen Infrastruktur beging;
2. die Justizwachebeamten Insp V* und RI W* durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Vermögen, zu dessen Rettung sie verpflichtet waren, sowie am Körper zum Nachteil von Sympathiepersonen zu einer Amtshandlung, und zwar zur Ausfolgung von Bedarfsgegenständen gemäß § 34 Abs 1 StVG, zu nötigen versucht, indem er schrie, dass er jetzt Zigaretten brauche, oder er würde in der Zelle Feuer legen, wobei es beim Versuch blieb, weil seine Forderung nicht erfüllt wurde;
3. im Anschluss an die im Punkt II.C.2./ dargestellte Tat die Justizwachebeamten Insp V*, Insp X* und RI W* mit Gewalt an einer Amtshandlung, und zwar seiner Verlegung in eine besonders gesicherte Zelle unter Anlegung von Fesseln gemäß §§ 102 b Abs 1, 103 Abs 2 Z 5 StVG, zu hindern versucht, indem er einen Faustschlag gegen Insp V* ausführte, sich durch gezielte Fußtritte aus den Festhaltegriffen von Insp V* und Insp X* zu befreien versuchte, wobei er die Genannten zu Boden riss, sich in weiterer Folge aus dem Festhaltegriff von Insp V* losriss und versuchte, RI W* am Einsatzgurt zu Boden zu reißen, und während der Verlegung weitere Fußtritte gegen die Beamten setzte, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil es im Zusammenwirken mehrerer Justizwachebeamter gelang, die Verlegung durchzusetzen;
4. durch die im Punkt II.C.3. dargestellte Tat die Justizwachebeamten Insp V*, Insp X* und RI W* während und wegen der Vollziehung ihrer Aufgaben und Erfüllung ihrer Pflichten am Körper zu verletzen versucht (ON 27.3 im verketteten Akt AZ ** des Landesgerichts Krems an Donau).
In der kontinuierlichen Delinquenz des Strafgefangenen in Strafhaft trotz einschlägig getrübten Vorlebens und bereits verspürten Haftübels manifestiert sich die bisherige Resozialisierungs- und Vollzugsresistenz sowie die Negativeinstellung des Beschwerdeführers gegenüber den rechtlich geschützten Werten der Gesellschaft, insbesondere gegenüber der körperlichen Integrität Dritter. Zudem ist seine Führung durch zahlreiche Ordnungsstrafen getrübt (siehe ON 6 bis ON 23).
Die Anstaltsleitung hielt in ihrer Stellungnahme vom 28. Juli 2025 (ON 2) fest, dass beim Strafgefangenen aufgrund seiner psychischen Besonderheiten immer wieder stationäre Aufenthalte in diversen Spezialeinrichtungen notwendig gewesen seien bzw besondere Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 103 StVG sowie die Videoüberwachung gemäß § 102b StVG angeordnet werden haben müssen. Eine dauerhafte Integration in den Arbeitsprozess habe aufgrund des psychischen Gesamtzustandes derzeit nicht erreicht werden können.
Nach der Stellungnahme des psychologischen Dienstes vom 24. Juli 2025 (ON 36) weist der Strafgefangene eine dysfunktionale Aggressionsproblematik und einen lebensgeschichtlichen Substanzabusus auf. Es wären sucht- bzw. gewalttherapeutische Maßnahmen indiziert. Ferner sei eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis diagnostiziert worden. Er befinde sich in regelmäßiger psychiatrischer Behandlung und in den Gesprächen mit dem psychologischen Dienst präsentiere er sich psychisch auffällig. Aufgrund seines Zustandsbildes seien keine forensisch-therapeutischen Schritte geplant, da er dafür auch nicht hinreichend stabil und zugänglich erscheine.
Der Einschätzung des Erstgerichts, wonach aufgrund der wiederholten Verurteilungen unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der bisher in Vollzug gesetzten Sanktionen nicht davon auszugehen sei, dass der Strafgefangene durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafen von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist daher - auch unter Bedachtnahme auf die Wirkungen von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB - zuzustimmen, sodass nur der konsequente Vollzug der gegenständlichen Freiheitsstrafen den erforderlichen spezialpräventiven Effekt zeigt.
Umstände, die für eine positive Verhaltensprognose streiten und das dargestellte negative Persönlichkeitsprofil entkräften könnten, vermochte der Strafgefangene nicht darzustellen. Denn seine (unbelegt vorhandene) Wohn- und Arbeitsmöglichkeit in der Slowakei (ON 3; ON 39.1, 2) bietet nicht hinreichend Gewähr dafür, dass er keine weiteren, insbesondere gegen die körperliche Integrität Dritter gerichteten, strafbaren Handlungen begehen werde. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die bisher in Strafhaft zugebrachte Zeit schon ausgereicht hat, um dem Delinquenten das Unrecht seiner Taten ausreichend vor Augen zu führen und ihn zu einem hinkünftig deliktsfreien Lebenswandel zu veranlassen, woran auch die Möglichkeit allfälliger Begleitmaßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB nichts ändert.
Da der angefochtene Beschluss sohin der Sach und Rechtslage entspricht, ist der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
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