Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden sowie die Richterin MMag. Pichler und den Richter MMag. Popelka in der Rechtssache der klagenden Partei A*gmbH, **, vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in Wien, gegen gegen die beklagte Partei Dr. B*, **, als Insolvenzverwalter über das Vermögen des DI C*, wegen Wiederaufnahme eines Verfahrens (Streitwert EUR 19.400) über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 12.5.2025, GZ **-2, in nicht öffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Zu AZ ** des Erstgerichts (im Folgenden: „Vorverfahren“) begehrte die dort klagende und hier beklagte Partei (im Folgenden: der Beklagte) von der dort beklagten und hier klagenden Partei (im Folgenden: der Klägerin) EUR 19.400 samt Zinsen als offenen Rechnungsbetrag.
Im Vorverfahren verfügte das Erstgericht - nach zwei erfolglosen Zustellversuchen - über Antrag des Beklagten mit Beschluss vom 13.9.2024 die Zustellung des laut Klage erlassenen Zahlungsbefehls an die Klägerin durch Aufnahme einer Mitteilung in die Ediktsdatei. Am 4.11.2024 bestätigte das Erstgericht die Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls.
Am 26.11.2024 beantragte die Klägerin erstmals die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und die neuerliche Zustellung der Klage, in eventu die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist.
Das Erstgericht wies diese Anträge mit Beschluss vom 27.11.2024 ab. Dem dagegen am 12.12.2024 erhobenen Rekurs der Klägerin gab das OLG Wien zu 2 R 206/24i mit Beschluss vom 21.3.2025, der Klägerin zugestellt am 27.3.2025, nicht Folge.
Am 5.12.2024 beantragte die Klägerin neuerlich die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und neuerliche Zustellung der Klage sowie hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Einspruchsfrist.
Diese Anträge wies das Erstgericht mit Beschluss vom 2.4.2025 (Zustellung an die Klägerin am 3.4.2025) wegen entschiedener Sache sowie hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags zusätzlich wegen Verstoßes gegen die Eventualmaxime zurück. Dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin gab das OLG Wien zu 2 R 69/25v mit Beschluss vom 10.9.2025 nicht Folge.
Mit der gegenständlichen, am 2.5.2025 eingebrachten Wiederaufnahmsklage begehrt die Klägerin die „Wiederaufnahme des Verfahrens in der Rechtssache zu ** des HG Wien“ und die „Beseitigung“ des dort ergangenen Beschlusses vom 2.4.2025 . Im wiederaufzunehmenden Verfahren beantragt sie den Beschluss:
„Der neuerliche Antrag der beklagten Partei die Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls vom 18.06.2024 zu ** aufzuheben und den gegenständlichen Zahlungsbefehl der beklagten Partei neuerlich zu Händen ihres Rechtsvertreters zuzustellen, wird bewilligt; Der neuerliche Antrag der beklagten Partei auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen hg. Zahlungsbefehl vom 18.06.2024 wird bewilligt.“
In der Sache bringt die Klägerin vor, die Zustellung des Zahlungsbefehls durch Ediktseinschaltung gemäß § 92 ZPO sei unzulässig gewesen. Der Beklagte hätte beantragten müssen, dass der Zahlungsbefehl an den ihm bekannten („ausgewiesenen“) Rechtsvertreter der Klägerin RA Dr. Frank bzw an deren Geschäftsführer D* an der Adresse ** (und zwar an diesen direkt und nicht, wie vom Erstgericht verfügt, an die Klägerin an dieser Adresse zu dessen Handen), zugestellt werde.
Hinsichtlich der Wiederaufnahmsgründe stützt sich die Klägerin auf Informationen, die ihr durch eine elektronische Akteneinsicht in den Vorakt am 27.11.2024 zugänglich geworden seien, nämlich im Wesentlichen betreffend den (zweiten) Zustellversuch an die „A*gesmbH z.H. des GF D*“, weiters einen vom Beklagten als Beilage ./C vorgelegten Aktenvermerk über ein Telefonat vom 27.6.2024 zwischen ihm und dem Klagevertreter sowie in jenem Verfahren erstattetes Vorbringen des Beklagten. Außerdem bezieht sie sich auf Bescheinigungsmittel dazu, dass ihr Geschäftsführer an der im Firmenbuch ersichtlichen Privatadresse eine Abgabestelle habe.
Die Klägerin habe diese Umstände samt Beweismitteln erst nach dem (ersten) Beschluss vom 26.11.2024 in Erfahrung bringen können. Sie sei davon ausgegangen, vom Gericht würde aufgegriffen werden, dass die Zustellung (wie sie als unrichtig vermeint) nicht an den Geschäftsführer D* persönlich, sondern an die Klägerin zu seinen Handen erfolgt sei. Außerdem sei sie davon ausgegangen, dass sie innerhalb der 14-tägigen Frist des (gemeint) § 148 ZPO den mit 26.11.2024 eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag ergänzen könne.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Klage im Vorprüfungsverfahren nach § 538 ZPO a limine zurück.
Rechtlich führt es zusammengefasst aus: Nach eigenem Vorbringen der Klägerin seien ihr die nunmehr geltend gemachten „neuen“ Tatsachen und Beweismittel jedenfalls spätestens am 5.12.2024 (Einbringung des zweiten Antrags) bekannt gewesen. Die Wiederaufnahmsklage vom 2.5.2025 sei daher jedenfalls iSd § 534 Abs 1 ZPO verfristet. Außerdem handle es sich nicht um neue Tatsachen und Beweismittel, weil sie nach Behauptung der Klägerin schon lange vor dem nun bekämpften Beschluss vom 2.4.2025 bekannt gewesen seien. Die Klägerin hätte diese „neuen“ Tatsachen und Beweismittel auch benützen können bzw müssen, nämlich für eine Wiederaufnahmsklage gegen die Entscheidung (über den ersten Antrag) vom 27.11.2024. Überdies könnten die nun vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel selbst im Fall ihrer Richtigkeit zu keiner Änderung der Entscheidung des Vorprozesses führen, weil die Entscheidung vom 27.11.2024 in Rechtskraft erwachsen sei und durch die hier vorliegende Wiederaufnahmsklage, die gegen den Beschluss vom 2.4.2025 gerichtet sei, keine Änderung erfahren könne. Schließlich sei die Wiederaufnahmsklage auch deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil sich das Verschulden der Klägerin iSd § 530 Abs 2 ZPO schon aus den Klagebehauptungen ergebe, zumal ihr nach eigenem Vorbringen die nunmehr geltend gemachten „neuen“ Tatsachen und Beweismittel jedenfalls spätestens am 5.12.2024 bekannt gewesen seien. Die von ihr zitierte Lehrmeinung, wonach im Wiedereinsetzungsverfahren keine Eventualmaxime gelte, stelle lediglich eine Mindermeinung dar, während die stRsp und die hL die Gegenansicht verträten. Auch die von der Klägerin zitierte Rsp, wonach bei fehlendem Vorbringen oder bei fehlender Anführung von Bescheinigungsmitteln zwingend ein Verbesserungsauftrag zu erteilen wäre, sei mittlerweile überholt. Wenn die Klägerin auf Basis von Minder(lehr)meinungen und überholter Rsp den falschen Rechtsbehelf wähle, um ihr seit 5.12.2024 bekannte „neue“ Tatsachen und Beweismittel in das Verfahren einzubringen, so stelle dies jedenfalls eine Verletzung der sie treffenden Diligenzpflicht und damit ein Verschulden iSd § 530 Abs 2 ZPO dar. Selbst wann man annehmen wollte, dass mit der Wiederaufnahmeklage (implizit auch) die Rechtskraft des Beschlusses vom 27.11.2024 bekämpft werden sollte und somit eine Abänderung dieser Entscheidung grundsätzlich möglich wäre, wäre damit für die Klägerin nichts gewonnen: Auch diesfalls wäre die Klage gemäß § 534 ZPO verfristet, weil die nunmehr geltend gemachten „neuen“ Tatsachen und Beweismittel der Wiederaufnahmsklägerin jedenfalls spätestens am 5.12.2024 (bei Einbringung des zweiten Antrags) bekannt gewesen seien.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss dahin abzuändern, dass „den Anträgen der beklagten Partei [gemeint also der Wiederaufnahmsklägerin] vom 26.11.2024 stattgegeben wird“; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, kann auf Antrag einer Partei ua dann wieder aufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (§ 530 Abs 1 Z 7 ZPO).
Die Wiederaufnahmsklage ist auch gegen einen Beschluss prozessualer Natur, der die Sache erledigt, zulässig. Wollte man in einem solchen Fall die Wiederaufnahmsklage nicht zulassen, bestünde eine Rechtsschutzlücke, könnte doch dann ein solcher Beschluss trotz inhaltlicher Unrichtigkeit, die Folge eines Wiederaufnahmsgrundes ist, nicht beseitigt werden. Dies gilt insb auch für das Verfahren wegen Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung gemäß § 7 Abs 3 EO und eines damit verbundenen Wiedereinsetzungsantrags (4 Ob 542/95 = RS0053137).
Auch in Verfahren, in denen Neuerungserlaubnis gilt, besteht keine Einschränkung der Wiederaufnahme nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO (vgl Jelinek in Fasching/Konecny 3 § 530 ZPO Rz 143).
2. Die Wiederaufnahme wegen neuer Tatsachen und Beweismittel iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ist nur dann zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, diese vor Schluss der mündlichen Verhandlung, auf welche die Entscheidung erster Instanz erging, geltend zu machen (§ 530 Abs 2 ZPO).
Den Kläger darf nicht das geringste Verschulden treffen ( Jelinek, aaO § 530 ZPO Rz 201). Kenntnis und Verschulden des Prozessbevollmächtigten hat die Partei gegen sich gelten zu lassen ( Jelinek, aaO § 530 ZPO Rz 216). Die rechtskundig vertretene Partei muss sich einem strengeren Verschuldensmaßstab unterwerfen als die rechts- und prozessunkundigen Partei ( Jelinek, aaO § 530 ZPO Rz 204, Rz 182, Rz 185).
Den Mangel des Verschuldens hat die Partei, welche eine prozessuale Diligenzpflicht trifft, zu behaupten und zu beweisen. Ergibt bereits das Vorbringen des Wiederaufnahmsklägers keinen Anhaltspunkt dafür, dass die geltend gemachten Tatsachen oder Beweise im Vorprozess gar nicht geltend gemacht werden konnten, dann ist das Vorbringen kein tauglicher Wiederaufnahmegrund und die Klage daher im Vorprüfungsverfahren gemäß § 538 ZPO mit Beschluss zurückzuweisen (RS0044558 [T6, T7]). Es sind konkrete Tatsachenbehauptungen aufzustellen. Die alleinige Berufung des Klägers auf mangelndes Verschulden, ohne dies näher darzulegen und ein Tatsachensubstrat zu behaupten, aufgrund dessen die Verschuldensfrage beurteilt werden kann, ist nicht ausreichend (RS0044558 [T16]). Eine insoweit nicht gesetzmäßige Ausführung des Wiederaufnahmegrundes ist einer Verbesserung nicht zugänglich (RS0044558 [T9]).
3. Die Wiederaufnahmsklage ist binnen der Notfrist von vier Wochen zu erheben (§ 534 Abs 1 ZPO). Im Fall der Wiederaufnahme wegen Kenntnis neuer Tatsachen oder Beweismittel (§ 530 Abs 1 Z 7 ZPO) ist die Frist von dem Tag zu berechnen, an dem die Partei imstande war, die ihr bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen (§ 534 Abs 2 Z 4 ZPO).
Die Frist beginnt nach Lehre und Rsp erst dann zu laufen, wenn eine für den Wiederaufnahmekläger ungünstige Entscheidung ergangen ist (1 Ob 61/07p). Der frühest mögliche Beginn der relativen Klagefrist hängt aber in den Fällen des § 534 Abs 2 Z 4 ZPO nicht vom Eintritt der Rechtskraft der den Vorprozess abschließenden Entscheidung ab (vgl Jelinek , aaO § 534 ZPO Rz 30).
Verfristete Klagen hat das Gericht mit Beschluss zurückzuweisen ( Jelinek , aaO § 534 ZPO Rz 13).
4. Die Klägerin begehrt mit der Wiederaufnahmsklage ausdrücklich (nur) die Aufhebung des Beschlusses vom 2.4.2025 (mit dem ihre neuerlichen Anträge vom 5.12.2024 zurückgewiesen wurden) und (nur) die Bewilligung ihrer „neuerlichen“ Anträge auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Die nun als neu relevierten Tatsachen und Beweismittel betreffen allein die meritorische Berechtigung der Anträge, die aber im Zurückweisungsbeschluss vom 2.4.2025 gar nicht geprüft wurde. Neue Beweise oder Tatsachen, aus denen sich auch nur abstrakt die prozessuale Zulässigkeit der wiederholten Anträge auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit und Wiedereinsetzung ergeben könnte, bringt die Klägerin nicht vor. Bloß auf die (behauptete) rechtliche Unrichtigkeit der Entscheidung im Vorprozess kann eine Wiederaufnahme nicht gestützt werden (vgl Jelinek, aaO § 530 ZPO Rz 145). Damit ist die Klage mangels (abstrakter) Eignung, eine andere Entscheidung herbeizuführen, unschlüssig (vgl RS0044510 [T8, T10]).
5. Abgesehen davon waren die nun relevierten Tatsachen und Beweise der Klägerin zum Zeitpunkt der (neuerlichen) Antragstellung am 5.12.2024 schon nach ihrem eigenen Vorbringen bereits faktisch bekannt: Sie stellte diese Anträge, nachdem der – die ersten Anträge abweisende - Beschluss vom 27.11.2024 ergangen war und sie Akteneinsicht in den Vorakt genommen habe. Bereits mit der (neuerlichen) Antragstellung am 5.12.2024 legte sie auch die Bescheinigungsmittel vor, auf die sie sich nun beruft (siehe Klage Seite 5 f; Rekurs Seite 6). Auf keine anderen als die ihr am 5.12.2024 bereits bekannten Informationen stützt sie nun die Wiederaufnahmsklage.
6. Schon das Erstgericht hob hervor, dass die Klage nach den Urteilsanträgen nur auf Wiederaufnahme des Verfahrens über die (neuerlichen) Anträge vom 5.12.2024 gerichtet ist. Die Klägerin behauptet nun im Rekurs beiläufig, dass aus „verfahrensrechtlicher Vorsicht“ auch die „Rechtskraft“ des Beschlusses vom 27.11.2024 bekämpft werde, legt aber nicht dar, inwieweit das in der Klage erhobene Begehren bereits in diese Richtung zu verstehen gewesen wäre bzw inwieweit ihr diesbezüglich eine Gelegenheit zur Verbesserung zu geben gewesen wäre.
Die Frage nach einer allfälligen Pflicht zur Erörterung des Klagebegehrens stellt sich hier aber schon deshalb nicht, weil die Klage – wie ebenfalls bereits das Erstgericht erkannte – auch dann zurückzuweisen wäre, wenn sie auf Aufhebung des (rechtskräftigen) Beschlusses vom 27.11.2024 (über die erstmals gestellten Anträge) gerichtet wäre.
7. Die Zeitpunkte
- der Kenntnisnahme von den nun vorgebrachten Umständen (nämlich durch die am 27.11.2024 erfolgte Akteneinsicht),
- der Zustellung des über die (ersten) Anträge vom 26.11.2024 ergangenen abweisenden Beschlusses,
- der Benützbarkeit der bereits mit den neuerlichen Anträgen vom 5.12.2024 vorgelegten Bescheinigungsmittel,
- ja selbst der Zustellung der dem Rekurs der Klägerin nicht Folge gebenden Rechtsmittelentscheidung des OLG Wien (Zustellzeitpunkt 27.3.2025) lagen mehr als vier Wochen vor Einbringung der Wiederaufnahmsklage.
Unter diesem Gesichtspunkt wäre auch eine auf Aufhebung des Beschlusses vom 27.11.2024 gerichtete Wiederaufnahmsklage gemäß § 534 ZPO verfristet.
Auf die Zustellung des die neuerlichen Anträge wegen entschiedener Sache zurückweisenden Beschlusses vom 2.4.2024 kann es dabei nicht ankommen, da die Klägerin es sonst in der Hand hätte, durch unzulässige Anträge neuerlich die Frist des § 534 ZPO auszulösen.
Der Rekurs argumentiert, die Klage sei nicht verfristet, weil die Frist erst ab Rechtskraft der Entscheidung, die durch Zustellung des Beschlusses des OLG Wien eingetreten sei, zu laufen beginne. Dem ist entgegenzuhalten, dass es einerseits – wie dargelegt – nicht auf die Rechtskraft der Vorentscheidung ankommt und andererseits der Revisionsrekurs gegen diesen Beschluss gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig war, sodass bereits mit der Zustellung die formelle Rechtskraft eintrat (vgl Klicka in Fasching/Konecny 3 § 411 ZPO Rz 2).
8. Schließlich ergibt sich auch schon aus dem Klagevorbringen, dass die Klägerin die nun als neu relevierten Tatsachen und Beweise bereits bei ihrer ersten Antragstellung hätte benutzen können, nämlich dann, wenn ihr Vertreter vor Einbringung der Anträge nicht nur telefonisch bei Gericht nachgefragt, sondern sich durch Akteneinsicht ein umfassendes Bild von den Entscheidungsgrundlagen gemacht hätte, aufgrund deren das Erstgericht die Ediktalzustellung verfügte. Eine solche Vorgehensweise wäre nach dem für Rechtsanwälte geltenden Sorgfaltsmaßstab fraglos indiziert gewesen.
Dem Klagevorbringen zum mangelnden Verschulden der Klägerin lässt sich auch nicht entnehmen, weshalb es ihr nicht möglich gewesen wäre, die Bescheinigungsmittel, die sie mit ihren neuerlichen Anträgen am 5.12.2024 vorlegte, bereits vor Einbringung der ursprünglichen Anträge beizuschaffen, sofern sie vorher – entsprechend der sie treffenden prozessualen Diligenzobliegenheit – Akteneinsicht genommen hätte.
Der Umstand, dass das Erstgericht über die (ursprünglichen) Anträge der Klägerin anders entschied, als sie dies erwartete, ist keine neue Tatsache und kein neues Beweismittel, das eine Wiederaufnahme begründen könnte, sondern betrifft die (im Vorverfahren mit Rekurs angreifbare) Verfahrensführung und rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Dass die Klägerin eine andere Entscheidung des Erstgerichts erwartete, lässt auch ihr Verschulden in Bezug auf die Prozessvorbereitung nicht entfallen. Es ist nämlich nicht Sinn und Zweck der Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, Fehler der Partei bei Führung des Vorverfahrens zu korrigieren (RS0039991 [T6]). Somit liegt auch kein Wiederaufnahmsgrund vor, wenn die Klägerin aufgrund der Entscheidung im Vorverfahren und einer dadurch motivierten Akteneinsicht erkennt, welche Tatsachen und Beweise sie hätte erheben bzw beischaffen können.
Abgesehen davon ist das Klagevorbringen hierzu auch widersprüchlich: Die Klägerin konnte nicht - wie sie vorbringt (Klage Seite 6) - annehmen, dass das Erstgericht von der Unwirksamkeit der Zustellung des Zahlungsbefehls an die Klägerin „zu Handen“ ihres Geschäftsführers an dessen Privatadresse ausgehen würde, wenn sie nach ihrem eigenen Vorbringen noch gar nicht wusste, dass eine solche Zustellung verfügt worden war.
9. Die Klägerin vertritt in ihrem Rekurs den Standpunkt, dass eine Ergänzung des Wiedereinsetzungsantrags innerhalb der 14-tägigen Frist des (gemeint) § 148 ZPO zulässig gewesen sei, zumal das Erstgericht ihr einen Verbesserungsauftrag im Hinblick auf die Erfordernisse des § 149 ZPO hätte erteilen müssen. Keinesfalls habe es sich beim ergänzenden Vorbringen um unzulässige Neuerungen gehandelt. Außerdem sei das Erstgericht zu Unrecht davon ausgegangen, die neuerlichen Anträge seien wegen res iudicata zurückzuweisen.
Dieses Rekursvorbringen zielt aber darauf ab, dass die nun geltend gemachten Tatsachen und Beweise bereits aufgrund der Anträge vom 5.12.2024 im Verfahren über diese Anträge bzw im Verfahren über die Anträge vom 26.11.2024 hätten berücksichtigt werden müssen. Dass es sich um neue Tatsachen und Beweise handelte, die zur Wiederaufnahme führen könnten, wird dadurch gerade nicht dargelegt.
10. Die Verweise der Klägerin auf ihr Vorbringen in Schriftsätzen des Vorverfahrens sind unzulässig und daher unbeachtlich (vgl RS0043579, insb [T13]).
11. Dem Rekurs ist daher nicht Folge zu geben.
12. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
13. Der Rechtsmittelzug bei Wiederaufnahmsklagen kann nicht anders gestaltet sein als bei den Entscheidungen, gegen die sich die Wiederaufnahmsklage richtet. Daraus folgt, dass zwar die Ausnahmebestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 letzter Halbsatz ZPO auch für die Bestätigung der Zurückweisung von Wiederaufnahmsklagen gegen eine Formalentscheidung zulässig sein kann (so jedenfalls, wenn sich die Wiederaufnahmsklage gegen die Zurückweisung einer Klage wendet), dass aber dann, wenn die angestrebte oder bekämpfte Sachentscheidung im Fall ihrer Bestätigung nicht an den OGH herangetragen werden könnte, das Gleiche auch für die dagegen gerichtete Wiederaufnahmsklage gelten muss (4 Ob 80/02x; RS0044087). So ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn die Klage sich gegen einen Beschluss richtet, mit dem ein Wiedereinsetzungsantrag der nunmehr klagenden Partei abgewiesen wurde (9 Ob 709/91). Auch Konformatsbeschlüsse über die Erteilung oder Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung sind nicht anfechtbar (RS0044536 [T15]).
Demnach ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.
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