Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Koch als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Bartholner und Mag. Schaller in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. A*, **, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Land **, **, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen EUR 18.000,-- s.A. und Feststellung (Streitwert EUR 1.000,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgericht St. Pölten vom 28.3.2025, GZ **–16, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 2.220,42 (darin EUR 370,07 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist Straßenerhalter der Landesstraßen ** und **.
Die Ehefrau des Klägers ist Eigentümerin einer mit einem Einfamilienhaus bebauten Liegenschaft, die an der Landesstraße ** („** Straße“) gelegen ist.
Der Kläger und seine Ehefrau nutzen dieses Haus gelegentlich als Wochenend- und Ferienhaus. Das Haus liegt unterhalb der auf einer Anhöhe gelegenen Ortschaft **, in welcher sich landwirtschaftliche Betriebe mit Viehhaltung befinden. In der Umgebung von ** befinden sich auch Kuhweiden. Die ** Straße verläuft von ** hinunter in zwei Kurven, und mündet in die Landesstraße **. Neben der ** Straße verläuft hangabwärts gesehen links ein offener, mit Beton befestigter Entwässerungskanal, der nach einer der Kurven – noch oberhalb der in Rede stehenden Liegenschaft - in einem Rohr geführt die Landesstraße unterquert, und in weiterer Folge auf der anderen Straßenseite sowie über Wiesengrund in das Gewässer der ** mündet.
Der Verlauf des Entwässerungskanals und dessen Dimensionierung bestehen seit weit mehr als 30 Jahren in unveränderter Form.
Die ** Straße ** – mit einer Länge von weniger als 1 km, die ausschließlich in die Ortschaft ** führt, und daher äußerst verkehrsarm ist - samt ihren Entwässerungseinrichtungen fällt in den Zuständigkeitsbereich der B*.
Die Mitarbeiter dieser Straßenmeisterei führen regelmäßig im Zeitabstand von einer Woche Streckenkontrollen durch. Die Entwässerungseinrichtungen werden jährlich, und zusätzlich anlassbezogen nach schweren Unwettern, gespült.
Im Zuge dieser Kontrollfahrten konnten von den Mitarbeitern der Straßenmeisterei keine besonderen Auffälligkeiten wahrgenommen werden. Vor dem Vorfall vom 17.7.2021 waren auch keine Beschwerden über die Entwässerungssituation gemeldet worden, auch nicht vom Kläger oder von dessen Ehefrau.
Am 17.7.2021 kam es zu starken Regenfällen. Wasser floss die ** Straße hinunter, und gelangte auf das Grundstück der Ehefrau des Klägers. Dieses befindet sich in einer Hanglage und besteht aus drei Ebenen, die durch Betonstützmauern getrennt sind.
Der Kläger versuchte, mit einem Stein ein Hindernis zu errichten, um das eindringende Wasser abzuleiten. Zu diesem Zweck nahm er einen Stein von der oberen Ebene des Grundstücks. Anschließend wollte er sich zur unteren Ebene begeben, wo sich der Eingang befindet, um dort das eindringende Wasser abzuleiten.
Auf dem Weg von der oberen zur unteren Ebene stürzte der Kläger im Bereich eines „Durchtritts“ auf dem regennassen Gras. Dort, wo der Kläger zu Sturz kam, war kein Wasser von der Straße eingedrungen. Bei dem Sturz trat er sich ein Stück Betoneisen in die rechte Fußsohle. Der Kläger, der Kunststoffschuhe trug, bemerkte dies zunächst nicht. In der Folge trat er in das hangabwärts fließende Hangwasser.
Die Wunde des Klägers entzündete sich. Ein (im Krankenhaus vorgenommener, Anmerkung des Berufungsgerichts ) Wundabstrich der Fußsohle rechts ergab „ massenhaft Enterobacter cloacae “.
Mit der am 16.7.2024 eingelangten Klage begehrte der Kläger gestützt auf den Titel der Amtshaftung EUR 18.000,-- Schmerzengeld und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle weiteren Nachteile aus dem Unfall vom 17.7.2021. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, in den Morgenstunden des 17.7.2021 habe Starkregen geherrscht, weshalb er durch Regengeräusche wach geworden sei, und durch einen Blick nach draußen wahrgenommen habe, dass Regen– bzw. Hangwasser oberhalb des Hauses die Straße überflutet und bereits das Haus erreicht gehabt habe.
Er habe sich sodann bemüht, oberhalb des Hauses eine Ableitung des Wassers vom Haus weg durch die Errichtung eines Hindernisses zu schaffen.
Im Verlauf dieser Bemühungen sei er trotz seiner erhöhten Vorsicht gegen 8:30 Uhr auf dem rutschigen Gelände zu Sturz gekommen, und habe sich dabei durch die Sohle seines Schuhs einen Fremdkörper in die rechte Fußsohle eingetreten, der in weiterer Folge operativ entfernt habe werden müssen.
Der Heilungsverlauf sei entscheidend durch den Umstand verkompliziert worden, dass das abfließende Wasser ausgehend von den landwirtschaftlichen Betrieben bzw. Weiden im oberhalb (des Hauses, Anmerkung des Berufungsgerichts ) gelegenen ** durch Fäkalbakterien verseucht gewesen sei, und es dadurch zu einer nachhaltigen und langwierigen Entzündung der Wunde gekommen sei. Der Kläger sei durch die erlittene Verletzung zunächst auf einen Rollstuhl, sodann auf zwei Krücken, und in weiterer Folge auf einen Rollator angewiesen gewesen.
Das Schadensereignis und dessen Folgen seien darauf zurückzuführen, dass die von ** abwärts verlaufende Drainage vollkommen unterdimensioniert sei, und offenkundig auch nicht sorgfältig gewartet bzw gereinigt werde, sodass die Einmündung des Drainagebetts in das Rohr unter der ** Straße regelmäßig, und wohl auch am Vorfallstag, verstopft sei. Dadurch sei es zum Übertritt des verseuchten Wassers und zur Verletzung des Klägers gekommen.
Aufgrund der Entzündung und des operativ zu entfernenden Fremdkörpers sei es im Bereich der rechten Fußsohle zu einer offenbar dauerhaften Verhärtung gekommen. Weitere unfallbedingte Dauerfolgen seien nicht auszuschließen.
In vorprozessualen Gesprächen habe die Straßenmeisterei den Kläger davon in Kenntnis gesetzt, dass sie für die Instandhaltung und Reinigung der Drainage und deren Querung zuständig sei.
Die Klage werde auf jede erdenkliche Rechtsgrundlage, insbesondere auch auf das Amtshaftungsgesetz, gestützt.
Mit dem am 31.10.2024 eingelangten Schriftsatz ON 7 brachte der Kläger in weiterer Folge vor, er stütze die Klage auf jede erdenkliche Rechtsgrundlage, insbesondere auf das AHG, und auf den von der beklagten Partei angeführten § 1319a ABGB.
Er bestreite, dass die Beklagte ihre Pflichten als Straßenerhalter ordnungsgemäß erfüllt habe. Vor und nach dem Schadensereignis komme es bei Starkregen regelmäßig zu Überflutung des Ablaufkanals, weshalb der Kläger davon ausgehe, dass der Ablaufkanal samt seiner Querung nicht ausreichend dimensioniert sei. Treffe dies zu, sei von vornherein von einer groben Fahrlässigkeit auszugehen, weil diesfalls wassertechnische Regeln nicht eingehalten worden seien. Nach den Beobachtungen des Klägers werde die Querung nicht regelmäßig und in ausreichendem Ausmaß gereinigt, sondern sei regelmäßig verstopft, indem sie in ihrem Eingangsbereich verlegt sei. Der Kläger bestreite die Behauptungen der beklagten Partei, dass sie den Ablaufkanal und die Querung vor dem 17.7.2021 ausreichend gewartet habe. Auch darin, dass die beklagte Partei trotz regelmäßiger Überflutungen bei Starkregen weiterhin keine baulichen Maßnahmen getroffen oder ihre bloß wöchentlichen Kontrollen erhöht habe, liege eine grobe Fahrlässigkeit. Weil der Ablaufkanal nicht ausreichend dimensioniert und/oder die Querung verstopft gewesen sei, habe das verseuchte Wasser nicht abfließen können, und habe zum Schaden des Klägers geführt.
In der Tagsatzung vom 20.2.2025 (Protokoll ON 13) brachte der Kläger vor, für den Krankheitsverlauf kausal sei der Umstand, dass er in mit Fäkalkeimen verseuchtes Wasser gestiegen sei, aber nicht der Unfall selbst. Der Kläger habe seine Verletzung, die er dadurch erlitten habe, dass er auf einen Metallstift gestiegen sei, zunächst nicht bemerkt, sondern erst, nachdem er seine Bemühungen zur Wasserabwehr aufgegeben gehabt habe. Dieser Umstand sei auch darauf zurückzuführen, dass er unter einer Polyneuropathie leide, die zur Folge habe, dass er aufgrund der eigenen Körperwahrnehmung Verletzungen nicht sofort wahrnehmen könne (S 13 im Protokoll ON 13).
Die beklagte Partei wandte zusammengefasst im Wesentlichen ein, sie sei der Straßenerhalter beider Landesstraßen. Die diesbezüglichen Aufgaben würden von der B* wahrgenommen werden.
Ein Fehlverhalten oder Verschulden an einem Wassereintrag auf das klägerische Grundstück und am Zustandekommen der Verletzungen und Schmerzen des Klägers werde bestritten.
Der Sachverhalt könne schon grundsätzlich keine Amtshaftung begründen, weil die Verwaltung von Verkehrsflächen („Straßenverwaltung“) grundsätzlich dem privatwirtschaftlichen Aufgabenbereich des Rechtsträgers zuzuordnen sei. Es werde auch nicht dargetan, gegen welche Norm die beklagte Partei in welcher Form verstoßen haben sollte, diese unvertretbar angewandt, ausgelegt, oder sonst rechtswidrig gehandelt haben sollte.
Weiters werde jeder Kausalzusammenhang mit dem ohnehin rechtskonformen Verhalten der Mitarbeiterinnen der beklagten Partei bestritten. Allfällige durch mit Bakterien verseuchtes Wasser entstandene Schäden seien ihr in keinem Fall zurechenbar.
Es werde bestritten, dass Überschwemmungen auf dem klägerischen Grundstück auf ein mangelhaftes Entwässerungssystem entlang der Landesstraße ** zurückzuführen seien. Allfällige Wassereinträge würden von den umliegenden Feldern auf das klägerische Grundstück gelangen. Ein Kausalzusammenhang zwischen einem mangelhaften Entwässerungssystem und dem Schaden des Klägers werde bestritten.
Die Entwässerung der Landesstraße erfolge seit über 30 Jahren über den ordnungsgemäß errichteten, mit Beton befestigten Ablaufkanal. Die Entwässerung sei funktionsfähig und ausreichend dimensioniert, um die gesetzlich vorgegebenen Ableitungen des Niederschlagswassers (von der Straße, Anmerkung des Berufungsgerichts ) zu erfüllen. Im Übrigen wäre auch eine flächenmäßige Ableitung zulässig.
Die beklagte Partei erfülle auch sämtliche sonstigen Pflichten als Straßenerhalter. Die in Rede stehenden Landesstraßen würden regelmäßig befahren und kontrolliert, und genauso wie alle anderen Straßen im Betreuungsgebiet gegebenenfalls saniert werden. Dasselbe gelte für die Querungen und Durchlässe. Ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung bestehe nicht (SS ON 4).
Entsprechend ihren Wertigkeiten würden beide Straßenzüge regulär einmal pro Woche bei routinemäßigen Kontrollfahrten kontrolliert und bereist werden, und zwar jeweils Donnerstags, wobei im Zuge der Kontrollfahrt der ** auch die ** in Richtung ** und retour kontrolliert werde.
Die letzte Bereisung vor dem gegenständlichen Vorfall sei am 15.7.2021 erfolgt, wobei es im Bereich der beiden Straßenzüge damals keine Auffälligkeiten, insbesondere keine Verstopfungen der Abflussvorrichtungen, Überschwemmungen, oder Ähnliches gegeben habe. Derartige Auffälligkeiten – und generell jede Handlung bei der Instandhaltung oder Instandsetzung der befahrenen Straßen – würden ordnungsgemäß dokumentiert werden. Für die in Rede stehende Örtlichkeit fänden sich aber keine entsprechenden Einträge (am 15.7.2021, Anmerkung des Berufungsgerichts ).
Neben der Kontrolle und Instandhaltung der Straßen und Fahrbahnoberflächen würden auch sämtliche Querungen und Durchlässe im Betreuungsgebiet der B* zumindest einmal im Jahr gereinigt und gespült. Dafür stehe ein Kanalspülwagen zur Verfügung. Diese Reinigungen fänden wegen der Streuung mit Kieseln in der Wintersaison statt.
Dem Leiter der B*, der seit 1995 dort Dienst versehe, sei keine einzige Verstopfung oder ein sonstiges Problem mit der Ableitung des Wassers vor Ort bekannt.
Von dem klagsgegenständlichen Vorfall, der über drei Jahre zurückliege, habe die Straßenmeisterei erstmalig erst durch eine telefonische Kontaktaufnahme und die kurz danach eingebrachten Klage Kenntnis erlangt.
In den Jahren davor sei weder eine telefonische Kontaktaufnahme durch den Kläger noch eine sonstige Kontaktaufnahme erfolgt. Insofern sei der Straßenmeisterei auch nicht bekannt, ob es vor dem gegenständlichen Vorfall zu vergleichbaren Wassereintritten auf dem klägerischen Grundstück und/oder Wasserschäden auf diesem gekommen sei. Eine dafür verantwortliche verstopfte Querung bzw. ein verstopfter Entwässerungskanal könne aber ausgeschlossen werden.
Der Abflusskanal sei ausreichend, und in Wahrheit sogar überdimensioniert für die Ableitung des auf die Fahrbahn auffallenden Oberflächenwassers, mit welcher den Vorgaben des niederösterreichischen Straßengesetzes mehr als entsprochen werde.
Die Ursache, die zum Wassereintritt auf dem klägerischen Grundstück geführt haben dürfte, sei nicht eine fehlerhafte oder nicht ordnungsgemäß dimensionierte Entwässerung (der Straße), sondern Wasser, das von den – nicht im Eigentum der beklagten Partei stehenden – benachbarten Grundstücken des klägerischen Grundstücks auf dieses gelangt sei.
Soweit (mit Fäkalbakterien) „verseuchtes“ Wasser auf das Grundstück des Klägers gelangt sei, könne es sich dabei schon naturgemäß nicht um auf die Oberfläche der Fahrbahn aufgetroffenes Wasser („Oberflächenwasser der Fahrbahn“) handeln. Selbst für den Fall, dass die Entwässerung unterdimensioniert gewesen wäre, was bestritten bleibe, sei diese Unterdimensionierung nicht kausal für den Wassereintritt, und in weiterer Folge den Schadenseintritt, beim Kläger gewesen, weil diese „verseuchten“ Wässer auch beim Wegdenken sämtlicher Entwässerungsmaßnahmen auf das klägerische Grundstück verbracht worden wären.
Ein Kausalzusammenhang zwischen einem bestrittenerweise mangelhaften Entwässerungssystem und dem Schaden des Klägers werde überhaupt bestritten.
In der Tagsatzung vom 20.2.2025 (Protokoll ON 13) brachte die beklagte Partei vor, selbst wenn Überschwemmungen stattgefunden hätten, die ihr zurechenbar wären, seien diese für den Sturz des Klägers nicht ursächlich gewesen.
Der Kläger habe auch gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen, weil er nach dem Zufügen der Verletzung sodann mit der offenen Wunde in mit Fäkalkeimen verseuchtes Wasser gestiegen sei.
Außerdem sei der Klagsanspruch verjährt, weil dem Kläger eine frühere Klagsführung möglich gewesen wäre. Das Schadensereignis datiere vom 17.7.2021. Am 16.7.2024 sei die Klage nur aus dem Titel der Amtshaftung eingebracht worden. Ein Aufforderungsverfahren nach § 8 AHG sei nicht erfolgt.
Erst im Schriftsatz ON 7 vom 31.10.2024 habe der Kläger seine Ansprüche sodann erstmals auch auf den Titel des § 1319 a ABGB gestützt, und in der Tagsatzung vom 7.11.2024 (Protokoll ON 8) habe er das Amtshaftungsbegehren dann fallen gelassen, und das Klagebegehren ausschließlich nur noch auf § 1319 a ABGB gestützt.
Die Haftungsgrundlage der Wegehalterhaftung setze aber ein anderes Tatsachensubstrat voraus als der bis dahin geltend gemachte Amtshaftungsanspruch, weshalb der Kläger am 7.11.2024 ein ergänzendes Vorbringen erstattet habe.
Die ursprüngliche Klageerhebung vom 16.7.2024 könne nicht zur Verjährungsunterbrechung geführt haben, weil durch die Einbringung der Klage bloß die Verjährungszeit für den in der Klage geltend gemachten Anspruchsgrund gehemmt worden sei. Den Anspruch nach § 1319 a ABGB habe der Kläger erst mehr als drei Jahre nach dem Vorfall vom 17.7.2021 geltend gemacht.
In Ansehung der verschiedenen Haftungstatbestände liege kein einheitlicher Lebenssachverhalt vor, zumal es einerseits darum gehe, Fehler von Organen zu verfolgen, und andererseits darum, inwiefern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Straßenerhaltungsmaßnahmen erfolgt seien. Die Verjährungsfrist im Hinblick auf den erst später erhobenen Anspruch nach § 1319 a ABGB sei erst mit dem Vortrag der weiteren anspruchsbegründenden Tatsachen unterbrochen worden.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es ging über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus von den auf den S 1 – 2 und 3 – 4 der UA enthaltenen Feststellungen aus, auf die verwiesen wird. Rechtlich folgerte es stark zusammengefasst im Wesentlichen, der Klagsanspruch sei verjährt, weil bei Schadenersatzansprüchen mangels abweichender Behauptungen die Kenntnis vom Ersatzpflichtigen mit dem Unfalldatum gleichzusetzen sei.
Der Kläger habe argumentiert, dass er von vornherein den Standpunkt vertreten habe, dass die beklagte Partei die Wegeerhalterin sei. Daher sei davon auszugehen, dass er bereits am Unfalltag 17.7.2021 Kenntnis vom Ersatzpflichtigen gehabt habe. Erst in seinem vorbereitenden Schriftsatz ON 7 vom 31.10.2024 habe der Kläger seinen Schadenerstazanspruch erstmals auch auf ein privatwirtschaftliches Verhalten aufgrund der Haftungsgrundlage des § 1319 a ABGB gestützt, und vorgebracht, es sei von einer groben Fahrlässigkeit der beklagten Partei auszugehen, weil wassertechnische Regeln nicht eingehalten worden seien. Darin liege eine Klagsänderung, weil die Haftungsgrundlage des § 1319 a ABGB ein anderes Tatsachensubstrat voraussetze als die Haftung nach dem AHG. Ein insoweit einheitlicher Lebenssachverhalt liege nicht vor. Für die Anwendbarkeit des § 1319 a ABGB komme es nur darauf an, ob die für die Anwendung dieser Rechtsnorm notwendigen Tatsachenbehauptungen aufgestellt worden seien.
Selbst wenn aber der Klagsanspruch nicht verjährt wäre, scheitere er jedoch trotzdem wegen der fehlenden Adäquanz:
Der Sturz des Klägers als solcher sei nicht durch einen zu klein dimensionierten und/oder verstopften Entwässerungskanal verursacht worden, sondern habe sich auf dem eigenen Grundstück des Klägers an einer Stelle ereignet, die (nur) aufgrund der (direkt im Garten niedergehenden) Regenfälle nass und rutschig gewesen sei.
Die anschließende Entzündung der Wunde des Klägers resultiere aber aus einer außergewöhnlichen Verkettung von Umständen, weil das von den umliegenden Wiesen abfließende Wasser nach den Behauptungen des Klägers Fäkalbaktieren aus der Viehhaltung enthalten habe, und der Kläger mit seiner (durch den Sturz verursachten, Anmerkung des Berufungsgerichts ) offenen Wunde in dieses über die Straße abgeflossene Wasser getreten sei. Eine solche Folge – nämlich eine Entzündung einer auf Privatgrund erlittenen Verletzung durch Fäkalbakterien aus der umliegenden Viehhaltung – sei nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei einem neben einer Verkehrsfläche verlaufenden Entwässerungskanal, der bei Starkregenereignissen unterdimensioniert und/oder verstopft sei, nicht vorhersehbar.
Die Klage sei daher abzuweisen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers mit dem Abänderungsantrag, der Klage stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Tatsachenrüge:
Die Berufung wendet sich gegen die in den Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung befindliche Konstatierung:
„ Der Kläger hatte bereits am Unfalltag Kenntnis vom Ersatzpflichtigen. “
Ersatzweise wird die Ausführung gewünscht:
„Der Kläger erlangte erst kurz vor Klagseinbringung Kenntnis vom Ersatzpflichtigen.“
Bei der kritisierten Formulierung handelt es sich bei richtiger Betrachtung allerdings um eine rechtliche Beurteilung - als welche sie das Erstgericht auch deklarierte - nicht aber um eine Tatsachenfeststellung, weshalb eine Tatsachenrüge hier nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht wird.
2. Zur Rechtsrüge:
2.1. In der Rechtsrüge (Berufung S 4 – 5) wendet sich die Berufung gegen die rechtliche Beurteilung, es fehle der Adäquanzzusammenhang zwischen einer Unterdimensionierung und/oder unzureichenden Reinigung des Straßenentwässerungskanals und der beim Kläger aufgetretenen Infektion.
Die Rechtsansicht des Erstgerichts ist aber entgegen der Berufung sehr wohl zutreffend:
Beim schadenersatzrechtlichen Haftungskriterium der „Adäquanz“ kommt es auf eine – nach objektiven Kriterien – generelle Eignung eines Verhaltens aus einer maßgeblichen ex ante-Sicht an, einen konkreten Schaden/Erfolg herbeizuführen (vgl RS0022944); atypische Kausalverläufe sollen dadurch ausgeschlossen werden (vgl Wittwer in Schwimann/Neumayr, ABGB-TaKomm 5 § 1295 ABGB Rz 12 mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Adäquanz nur dann zu bejahen, wenn ein Verhalten für den eingetretenen Erfolg ex ante betrachtet typisch ist, ihn erwarten lässt, und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu seiner Herbeiführung geeignet erscheint (vgl Wittwer aaO § 1295 ABGB Rz 12 mwN; RS0022914 [T10]). An der Adäquanz – und somit an einem Kausalzusammenhang – fehlt es hingegen dann, wenn die Möglichkeit eines bestimmten Schadenseintritts so weit entfernt war, dass nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise eine solche Schädigung nicht in Betracht gezogen zu werden brauchte, also die Schadensursache nur infolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung wurde (RS0022918 [T17], RS0022914 [T8]).
Damit, dass eine Unterdimensionierung und/oder Verstopfung eines der Entwässerung der Fahrbahnoberfläche einer Straße dienenden Entwässerungskanals zur Wundinfektion bei einer im Garten ihres eigenen Privatgrundstücks auf wegen eines Starkregens regennassem Gras ausgerutschten und bei diesem Sturz verletzten Person durch in dem vom Entwässerungskanal nicht mehr aufgenommenen abfließenden Wasser befindliche, von umliegenden Viehweiden stammende Fäkalbakterien führen werde bzw. könnte, war ex ante nach der gewöhnliche Lebenserfahrung allerdings nicht zu rechnen, sondern es stellte dies vielmehr eine gänzlich unvorhersehbare, völlig außergewöhnliche Verkettung von Umständen dar - und zwar selbst dann, wenn außer Betracht bleibt, dass der Kläger aufgrund einer krankhaften Gefühlseinschränkung das Durchbohren seiner Schuhsohle und seiner Fußsohle mit einem Eisenstift erst gar nicht bemerkte.
Das Erstgericht hat die Kausalität wegen mangelnder Adäquanz daher zutreffend verneint.
Die von der Berufung genannte Entscheidung 1 Ob 108/20v betraf einen in Ansehung der Adäquanz mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt, nämlich die Verunreinigung eines Brunnens durch Bauarbeiten für einen Güterweg, und ist daher nicht einschlägig.
2.2. Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass hier entgegen der Berufung (Berufung S 3, 4) die Frage einer Anspruchsverjährung wegen der ohnehin fehlenden Adäquanz rechtlich nicht von Relevanz ist, weshalb sich eine Auseinandersetzung mit der Verjährung erübrigt.
2.3. Dasselbe gilt auch für die von der Berufung weiters vermisste Beurteilung eines Verschuldens der beklagten Partei als grob oder leicht fahrlässig (Berufung S 5).
Aufgrund der stark untergeordneten Verkehrsbedeutung der Landesstraße ** wäre auf Basis der getroffenen Feststellungen (S 4 der UA) aber ohnehin von im Rahmen des für die beklagte Partei organisatorisch Zumutbaren ausreichenden und angemessenen Kontroll- und Wartungstätigkeiten ohne jedes Verschulden der beklagten Partei auszugehen.
3. Soweit die Berufung (Berufung S 6) das Unterbleiben eines beantragten Ortsaugenscheins und einer Beiziehung von Sachverständigen aus den Fachgebieten des Bauwesens und der Unfallchirurgie als wesentliche Verfahrensmängel rügt, wird auf die bisherigen Ausführungen zur mangelnden Adäquanz verwiesen: Da der erforderliche Adäquanzzusammenhang zwischen dem behaupteten schädigenden Verhalten und dem Schaden nicht besteht, waren die vermissten Beweisaufnahmen rechtlich unerheblich, und unterblieben somit zu Recht.
4. Der unberechtigten Berufung war der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruht auf § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Aufgrund der behaupteten schwerwiegenden gesundheitlichen Dauerfolgen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Schäden, die dem Kläger durch den Unfall bereits entstanden sind und ihm zukünftig noch entstehen könnten, insgesamt EUR 30.000,-- übersteigen werden. Die Bewertung des Feststellungsbegehrens war daher gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO vom Berufungsgericht mit EUR 30.000,-- übersteigend festzusetzen (vgl Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 500 ZPO Rz 3 mwN).
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zu lösen war.
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