Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Vetter als Vorsitzende sowie die Richterinnen Dr. Hornich, LL.M und Mag. Marchart als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen § 133 StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 22. August 2025, GZ **-19, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Ried im Innkreis (bis 28. April 2025 in der Justizanstalt Stein; vgl Auszug aus der Integrierten Vollzugsverwaltung vom 11. September 2025) eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 9. August 2024 , AZ **, verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten sowie einen - aufgrund des unter einem vom Landesgericht Linz mit Beschluss vom 9. August 2024, AZ **, ausgesprochenen Widerrufs der zu ** des Landesgerichts Salzburg ausgesprochenen bedingten Entlassung aus der zu AZ ** des Landesgerichts Linz verhängten Freiheitsstrafe – Strafrest in der Dauer von einem Monat (ON 6 und ON 7). Das errechnete Strafende fällt auf den 7. Juli 2026 (ON 11).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht Krems an der Donau den Antrag des A* vom 1. April 2025 auf nachträglichen Aufschub des Strafvollzugs nach § 133 StVG (ON 2) ab.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen vom 29. August 2025 (ON 20), der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 133 Abs 1StVG ist der Strafvollzug in sinngemäßer Anwendung des § 5 StVG nachträglich aufzuschieben, wenn sich nach dem Strafantritt herausstellt, dass die Einleitung des Strafvollzugs wegen Vollzugsuntauglichkeit schon vor Beginn des Strafvollzugs aufzuschieben gewesen wäre, und die dafür maßgeblichen Umstände fortbestehen. Der Zustand der Vollzugsuntauglichkeit muss daher seit der Aufnahme andauern. Eine bei Strafantritt vorhanden gewesene Krankheit rechtfertigt einen nachträglichen Strafaufschub daher nur dann, wenn sie schon beim Strafantritt Vollzugsuntauglichkeit nach § 5 StVG begründet hätte ( Drexler/Weger, StVG 5§ 133 Rz 2). Von der Regelung sind jene Fälle erfasst, in denen ein den Zwecken der Freiheitsstrafe (§ 20 StVG) entsprechender Strafvollzug aus Gründen der Gesundheit des Strafgefangenen trotz Berücksichtigung der Möglichkeiten einer Strafvollzugsortsänderung nicht durchführbar ist (§ 5 Abs 1 StVG; Pieber WK 2StVG § 133 Rz 3)
Der Strafvollzug ist gemäß § 133 Abs 2StVG auch dann nachträglich aufzuschieben, wenn ein Strafgefangener während der Haft schwer erkrankt, einen Unfall mit schweren Folgen erleidet oder in einen sonstigen schweren körperlichen oder geistigen Schwächezustand verfällt und anzunehmen ist, dass sein Zustand mit naher Lebensgefahr verbunden ist oder für immer oder lange Zeit fortbestehen wird, wobei § 5 StVG dem Sinne nach anzuwenden ist. Erfasst werden hier jene Fälle, in denen ein Strafgefangener nach Antritt der Freiheitsstrafe also während des Vollzugs infolge Erkrankung, Unfall oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Verfalls in einen solchen gravierenden Zustand gerät, der einem dem Wesen der Freiheitsstrafe (§ 20 StVG) entsprechenden Strafvollzug entgegensteht und deshalb – wäre er vor Strafantritt vorgelegen – Anlass für einen Strafaufschub nach geboten hätte (
Vollzugstauglichkeit ist demnach dann gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, den Verurteilten von der Außenwelt abzuschließen, ihn sonstigen Beschränkungen der Lebensführung zu unterwerfen und ihn erzieherisch zu beeinflussen, somit zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung zu verhelfen und ihn abzuhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen, sowie ihm den Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens aufzuzeigen. Somit kommt es bei Beurteilung der Vollzugstauglichkeit nicht auf die Schwere der Krankheit allein, sondern auf die im Einzelfall zu beurteilende Vereinbarkeit des Zustandes des Verurteilten mit dem Wesen der Freiheitsstrafe, an ( Pieberin WK² StVG § 5 Rz 12).
Im konkreten Fall stützte der Verurteilte seinen Antrag ohne weitere Konkretisierung auf seine bestehende Hepatitis C Erkrankung, aufgrund derer er starke Leberschmerzen verspüre, weshalb er sich in seinem Heimatland in Behandlung begeben wolle (ON 2).
Die Anstaltsärztin der Justizanstalt Stein - in welcher sich der Antragsteller bis 28. April 2025 aufhältig war -, Dr. B*, bestätigte in ihrer Stellungnahme vom 17. April 2025 das Bestehen einer Hepatitis C Erkrankung beim Strafgefangenen, führte aber dazu aus, dass sowohl die Viruslast als auch die erhöhten Leberparameter sich auch ohne Therapie deutlich verbessert hätten, und es keiner akuten Therapie bedürfe. Bei Hepatitis C handle es sich um eine chronische Erkrankung und könne die Therapie auch nach der Haft erfolgen, weshalb der Antrag auf nachträglichen Strafaufschub nicht unterstützt werde (ON 13).
Aus dem vom Vollzugsgericht eingeholten Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr.med. C* ergibt sich, dass A* im Rahmen der Untersuchung am 10. Juli 2025 über Schmerzen im Bauchbereich geklagt habe. Diese seien von ihm im Rahmen der Untersuchung nicht näher zu benennen oder zu beschreiben gewesen. Klinisch sei ein unauffälliger Befund erhoben worden. A* habe mitgeteilt, dass er eitrige Luft habe, was durch ihn nicht näher erklärt werden habe können. Abgesehen von Müdigkeit seien von A* keine weiteren Beschwerden geäußert worden. Er habe jedoch wiederholt mitgeteilt, dass er sehr krank sei und unbedingt eine Therapie wegen der Leber, die ebenso wie die Nieren kaputt sei, brauche. Weiters habe der Untersuchte mitgeteilt, dass „seine Schizophrenie“ medikamentös gut eingestellt sei. Er nehme außer dem Xeplion Depot (Neuroleptikum) keine weiteren Medikamente regelmäßig ein. Gemäß Befund der klinischen Chemie vom 10. April 2025 seien die Leberfunktionsparameter im Blut erhöht gewesen. Im Vergleich zu den Ergebnissen der Befunde vom 24. Oktober 2024 hätten sich diese jedoch deutlich rückläufig gezeigt. Der Quotient (de ritis) der Leberenzyme, welcher zur Einschätzung von Ursache und Ausmaß einer Funktionsstörung der Leber berechnet werden könne, sei bei A* unter 1 und somit Hinweis auf eine Entzündung (Hepatitis) ohne Vorliegen eines fortgeschrittenen Stadiums einer Schädigung.
Anhand der vorliegenden Unterlagen ergebe sich kein Hinweis, wonach ein akut behandlungsbedürftiger Zustand hinsichtlich der Hepatitis C Erkrankung vorliege. In Anbetracht der letzten Blutbefunde würden sich rückläufige Parameter der Leberfunktion zeigen. Auch die Viruslast sei ohne erfolgte Therapie, im Vergleich zu den letzten Untersuchungen, über die Zeit geringer geworden. Die Therapie könne, so hier keine Verschlechterung der Blutwerte im Rahmen der nächsten Kontrollen stattfinde, auch nach der Haft erfolgen. Blutentnahmen seien nach Maßgabe der Anstaltsärzte auch im Rahmen des Vollzugs durchführbar. Auch in Bezug auf die aktuellen Berichte des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. D* lägen keine Anhaltspunkte vor, wonach zum aktuellen Zeitpunkt ein Krankheitsstadium bezüglich der Leberentzündung oder einer andere Erkrankung vorliegen würde, welches aus medizinischer Sicht gegen den Vollzug sprechen würde. Die vorliegende paranoide Schizophrenie sei mit einem Depotmedikament (Xeplion) behandelt. Die Fortführung und gegebenenfalls Anpassung dieser Medikation könne auch im Rahmen des Vollzugs erfolgen. Fachärztliche psychiatrische Beurteilungen des aktuellen Zustandsbildes seien auch im Vollzug realisierbar bzw fänden solche den Unterlagen folgend statt, weshalb auch diese Erkrankung nicht gegen einen Vollzug spreche. Es lägen auch keine Erkrankungen vor, welche eine stationäre Behandlung nötig machen würden, in einer Vollzugsanstalt nicht behandelbar wären oder aus medizinischer Sicht gegen einen Vollzug sprechen würden. Ebensowenig seien keine Anhaltspunkte dafür vorliegend, dass eine der Erkrankungen gegen eine Verlegung/den Transport/die Überstellung in eine andere Vollzugsanstalt sprechen würde (ON 17.1).
Der Beschwerdeführer äußerte sich trotz der ihm gebotenen Möglichkeit (ON 1.10) nicht zum Sachverständigengutachten.
Ausgehend vom schlüssig begründeten Sachverständigengutachten sowie der Stellungnahme der Anstaltsärztin hat bereits das Erstgericht zutreffend dargelegt, dass in casu die Voraussetzungen eines nachträglichen Strafaufschubs gemäß § 133 StVG nicht gegeben sind.
Soweit der Beschwerdeführer unter neuerlichem Verweis auf seine Lebererkrankung, Problemen mit dem Magen und starken Schmerzen eine Lebertherapie und seine Enthaftung fordert, vermag er die erstgerichtliche Einschätzung, dass ein dem Zweck der Freiheitsstrafe entsprechender Strafvollzug bei ihm möglich ist, nichts Substantielles entgegenzuhalten, weil gerade diese Umstände bereits Berücksichtigung gefunden haben. So hat bereits das Erstgericht - ausgehend von der Stellungnahme der Anstaltsärztin (ON 13) sowie des gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachten (ON 17.1) - zutreffend ausgeführt, dass weder von einer Lebensgefahr für den Verurteilten noch davon auszugehen ist, dass eine erzieherische Gestaltung des Vollzuges nicht realisierbar ist, zumal die bestehende Hepatitis C Erkrankung keiner akuten Behandlung bedarf, eine entsprechende Therapie – sofern keine Verschlechterung der auch in der Haft kontrollierbaren Blutwerte eintritt - auch nach der Haft erfolgen kann und auch die bestehende paranoide Schizophrenie bereits laufend mit einem Depotmedikament (Xeplion) behandelt wird. Die weitere medizinische Behandlung und Versorgung des Strafgefangenen im Rahmen des Strafvollzugs ist daher derzeit ohne Bedenken möglich, sodass – unabhängig davon, ob der Zustand des Strafgefangenen bereits bei Strafantritt vorgelegen hat – Vollzugsuntauglichkeit iSd § 133 Abs 1 oder 2 StVG nicht gegeben ist.
Daran vermögen auch die vom Strafgefangenen in der Beschwerde pauschal und unbelegt vorgebrachten Behauptungen, wonach er Blut im Stuhl und Luft im Bauch habe, nichts zu ändern. Denn auch unter Berücksichtigung dieser Neuerungen ist auf Basis der Gesamtheit seiner Leidenszustände davon auszugehen, dass ein dem Wesen der Freiheitsstrafe entsprechender Strafvollzug und eine adäquate Behandlung des Beschwerdeführers weiterhin möglich ist. Dabei gehen weder das Erstgericht noch das Beschwerdegericht von einer völligen Gesundheit/Beschwerdefreiheit des Verurteilten aus, die dargelegten Beschwerdebilder und anzunehmenden Einschränkungen vermögen jedoch auch unter Berücksichtigung der nun neu behaupteten Symptome, zumal es etwa für Blut im Stuhl – wie allgemein bekannt – mannigfaltige Ursachen gibt, eine Strafvollzugsuntauglichkeit gerade nicht zu indizieren (vgl auch OLG Wien, AZ 19 Bs 293/14y, 32 Bs 116/20y, 32 Bs 313/16p; OLG Graz AZ 8 Bs 440/11h).
Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).
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