Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Müller und Mag. Kulka in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers A* , geboren am **, D-**, vertreten durch CMS Reich-Rohrweg Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin B* GmbH , FN **, **, vertreten durch Royer Rechtsanwaltskanzlei GmbH in Wien, wegen Bucheinsicht, hier wegen Wiedereinsetzung, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 27.5.2025, **-30, berichtigt mit Beschluss vom 16.6.2025, **-39, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurswerberin hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Die B* GmbH ( Antragsgegnerin bzw. B* oder Gesellschaft ) ist seit 26.6.2015 zu FN ** im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien eingetragen. Die Gesellschaft wird seither durch den Alleingeschäftsführer C*, geboren am ** ( Geschäftsführer ), vertreten. Nach dem aktuellen Firmenbuchstand hat der Geschäftsführer seinen Wohnsitz in **. Gesellschafter sind die D* s.r.o. mit Sitz in ** und einer voll eingezahlten Stammeinlage von EUR 31.500, sowie A* ( Antragsteller ) mit einer voll eingezahlten Stammeinlage von EUR 3.500,--.
Der Antragsteller ist auch mit einer Minderheitsbeteiligung von ca. 7,5% an der im Firmenbuch zu FN ** eingetragenen E* GmbH ( Holding ) beteiligt, die ebenfalls durch C* als einzigem, selbstständig vertretungsbefugten Geschäftsführer vertreten wird.
Am 19.2.2025 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Bucheinsicht und Informationserteilung. Der Antragsgegnerin möge aufgetragen werden, ihm zu gewöhnlichen Geschäftszeiten Einsicht in die Handelsbücher und Geschäftsunterlagen in ihren Geschäftsräumlichkeiten zu gewähren und ihm die Anfertigung von Kopien einschließlich fotografischen Ablichtungen der Handelsbücher und Geschäftsunterlagen zu gestatten; in eventu, ihm Informationen über die Unternehmensbeteiligungen der Gesellschaft sowie einen im Jahr 2021 erfolgten Beteiligungsverkauf (die sogenannte EPSA-Transaktion) zu erteilen, ihm Einsicht in die wesentlichen Verträge der Gesellschaft, insbesondere mit nahestehenden Personen oder verbundenen Gesellschaften, über Rückstellungen der Gesellschaft und wesentliche Zahlungen der Gesellschaft sowie die Rechnungslegungsdokumente der Gesellschaft zu gewähren und ihm diesbezüglich die Anfertigung von Kopien zu gestatten.
Dazu brachte er vor, obwohl ihm als GmbH-Gesellschafter gegenüber der Antragsgegnerin ein allgemeiner und umfassender Informationsanspruch zustehe, der von ihm nicht näher zu begründen sei und der im Gesellschaftsvertrag der Antragsgegnerin auch nicht ausgeschlossen oder beschränkt werde, habe ihm die Antragsgegnerin diesen außergerichtlich nicht gewährt. Vielmehr sei dessen Durchsetzung vereitelt worden.
Er habe sowohl die B* als auch die Holding mit anwaltlichem Schreiben vom 28.11.2024 postalisch und per E-Mail aufgefordert, ihm Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse dieser beiden Gesellschaften zu erteilen. Diese Informationen benötige er, um unter anderem einen möglichen Verkauf seiner Geschäftsanteile vorzubereiten. Am 17.12.2024 habe der deutsche Rechtsanwalt des Antragstellers, Dr. F*, eine E-Mail von einer Mitarbeiterin der G* GmbH, einer weiteren Gesellschaft aus der Firmengruppe des C*, erhalten, in der der Erhalt des Schreibens bestätigt und angekündigt worden sei, dass man sich im Laufe des Jahres 2025 und nach Möglichkeit bis zum 20.1.2025 melden werde. Dr. F* habe diese E-Mail am 20.12.2024 beantwortet und um umfassende Auskunft bis zum 20.1.2025 gebeten, gerichtliche Schritte für den erfolglosen Ablauf der Frist seien vorbehalten worden. Da dem Auskunftsbegehren in weiterer Folge nicht entsprochen worden sei, sei die gegenständliche Antragstellung erforderlich.
Am selben Tag brachte der Antragsteller beim Erstgericht zu ** einen gleichlautenden Antrag gegen die Holding ein (= hg 6 R 253/25g).
Mit Beschluss vom 18.2.2025 stellte das Erstgericht den Antrag der Antragsgegnerin zur Äußerung binnen drei Wochen zu. Sollte eine fristgerechte Äußerung unterbleiben, werde davon ausgegangen, dass den Antragsbehauptungen keine Einwendungen entgegengehalten würden (ON 3).
Am 18.3.2025 beantragte die Antragsgegnerin, zum damaligen Zeitpunkt vertreten von der DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH, eine Fristerstreckung bis zum 4.4.2025, weil aufgrund reise- und krankheitsbedingter Abwesenheit der Verantwortlichen die erforderliche Abstimmung zum Antrag auf Bucheinsicht noch nicht vollständig abgeschlossen werden habe können (ON 4). Diesen Antrag bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom 19.3.2025 antragsgemäß (ON 5).
Am 1.4.2025 stellte die Antragsgegnerin einen weiteren Fristerstreckungsantrag . Am 21.3.2025 habe eine umfassende Abstimmung zum gegenständlichen Antrag auf Bucheinsicht mit den Verantwortlichen stattgefunden. Die Abstimmung habe – für die rechtliche Vertretung der Gesellschaft unerwartet – gezeigt, dass weitergehende rechtliche Prüfungen sowie weitere Abstimmungen erforderlich seien. Aufgrund geschäftsbedingter und urlaubsbedingter Abwesenheiten könne die Abstimmung nicht fristgerecht abgeschlossen werden, weshalb beantragt werde, die Frist zur Äußerung nochmals zu verlängern, sodass sie – insbesondere unter Berücksichtigung der Osterfeiertage, am 30.4.2025 ende (ON 6).
Mit Beschluss vom 2.4.2025 stellte das Erstgericht dem Antragsteller diesen Antrag zur allfälligen Äußerung binnen drei Tagen zu (ON 7).
Die Antragsgegnerin brachte mit weiterer Eingabe vom 3.4.2025 vor, für den Fall, dass das Gericht wider Erwarten ihrem Fristerstreckungsantrag vom 1.4.2025 nicht stattgebe, werde ersucht, die Frist zumindest derart zu erstrecken, dass sie erst drei Tage nach der Zustellung einer Äußerung des Antragstellers zum Fristerstreckungsantrag der Antragsgegnerin vom 1.4.2025 ende (ON 8).
Eine Äußerung des Antragstellers erfolgte nicht.
Das Erstgericht verwarf mit Beschluss vom 23.4.2025 die Fristerstreckungsanträge der Antragsgegnerin vom 1.4.2025 und vom 3.4.2025 und gab dem Antrag auf Bucheinsicht und Informationserteilung in seinem Hauptbegehren statt. Begründend führte es aus, im Außerstreitverfahren seien die Regeln der ZPO über die Fristen anzuwenden (§ 23 AußStrG). Richterliche Fristen könnten verlängert werden, wenn die Partei, der die Frist zugute komme, aus unabwendbaren oder doch sehr erheblichen Gründen an der rechtzeitigen Vornahme der befristeten Prozesshandlung gehindert sei und ohne die Fristverlängerung einen nicht wiedergutzumachenden Schaden erleiden würde. Die Fristerstreckungsanträge der Antragsgegnerin hätten derartige Behauptungen nicht enthalten. Insbesondere sei offen geblieben, welche Personen aus welchen konkreten Gründen an der Informationserteilung an die Antragsgegnervertreterin gehindert gewesen seien. Im Übrigen müsse ein Geschäftsführer, zu dessen grundlegenden Pflichten gemäß § 22 GmbHG die ordnungsgemäße Gestion der Gesellschaft zähle, in der Lage sein, die Vertretung der Gesellschaft lückenlos wahrzunehmen und seiner Rechtsvertretung die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Auch der Eintritt eines nicht wieder gutzumachenden Schadens sei nicht behauptet worden.
Da die Antragsgegnerin somit dem Antragsvorbringen binnen der ihr gesetzten Frist nicht entgegengetreten sei und den Gesellschaftern einer GmbH gegenüber der Gesellschaft ein allgemeiner, nicht näher zu begründender, alle Geschäftsangelegenheiten umfassender Informationsanspruch zustehe, sei dem Antrag auf Bucheinsicht und Informationserteilung stattzugeben.
Am 6.5.2025 beantragte die Antragsgegnerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Äußerung zum Antrag auf Bucheinsicht (ON 17). Sie brachte vor, die Antragsgegnerin sei eine kleine Gesellschaft und habe neben dem Geschäftsführer keine Mitarbeiter. Einzig der Geschäftsführer sei in der Lage gewesen, den Sachverhalt mit der Rechtsvertreterin der Antragsgegnerin zu erörtern. Dies sei komplex gewesen, nach einer telefonischen Besprechung am 21.3.2025 zwischen der Rechtsvertreterin und dem Geschäftsführer habe sich herausgestellt, dass umfangreiche weitere Fragen zum Sachverhalt zu klären seien. Um den 21.3.2025 habe sich unerwartet der Gesundheitszustand der Mutter des Geschäftsführers so gravierend verschlechtert, dass er seine beruflichen Verpflichtungen vernachlässigen habe müssen, um ihr beistehen zu können. Er habe jedoch nicht über seine persönlichen Angelegenheiten sprechen wollen und habe seine Rechtsvertretung darüber nicht informiert. Vielmehr habe er mitgeteilt, dass er die relevanten Fragen aufgrund eines Urlaubs nicht rechtzeitig klären könne und habe seine Rechtsvertretung ersucht, einen weiteren Fristerstreckungsantrag einzubringen, der am 1.4.2005 gestellt worden sei. Anfang April 2025 habe sich der Gesundheitszustand der Mutter des Geschäftsführers erneut drastisch verschlechtert, sodass jegliche beruflichen Entscheidungen gänzlich in den Hintergrund gedrängt worden seien. Der Geschäftsführer habe unter viel Zeitdruck gemeinsam mit seinem Vater sehr unangenehme Entscheidungen treffen müssen (Atemgerät, Rollstuhl, Trachealkanüle, weitere Behandlungen etc). Am 18.4.2025 sei die Mutter des Geschäftsführers im Spital aufgenommen worden und am 22.4.2025 verstorben. Angesichts dieser dramatischen Umstände sei der Geschäftsführer nicht in der Lage gewesen, die notwendigen Auskünfte zu erteilen und an der Abstimmung und Fertigstellung der Äußerung mitzuwirken. Bei der plötzlichen gravierenden Verschlechterung des Gesundheitszustands und dem folgenden Tod der Mutter des Geschäftsführers und seiner damit verbundenen schweren Betroffenheit sowie der Notwendigkeit, sich auf ihre Genesung zu konzentrieren, handle es sich unzweifelhaft um ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, das die rechtzeitige Einbringung der Äußerung der Antragsgegnerin verhindert habe. Die Frist zur Einbringung des Antrags auf Wiedereinsetzung habe frühestens ab dem dem Todestag folgenden Tag, somit ab 23.4.2025, zu laufen begonnen.
In der Sache machte die Antragsgegnerin geltend, das Verhalten des Antragstellers sei mutwillig schikanös und sein Antrag rechtsmissbräuchlich. Er verfolge mit dem Antrag den Zweck, durch gerichtliche Anträge gegen die Gesellschaft und gegen die Holding Druck aufzubauen, damit diese die fälligen Darlehen nicht zurückfordere, und auch um Informationen zu erhalten, die er für die Gründung und für den Geschäftsbetrieb eines eigenen Unternehmens benötige. Der Antragsteller und der Geschäftsführer seien langjährige Geschäftspartner. Neben ihren Rollen in den hier relevanten Unternehmen der C* Gruppe seien C* Geschäftsführer und der Antragsteller Country Manager eines ehemaligen Unternehmens der C* Gruppe gewesen, an dem die Beteiligung im Jahr 2021 verkauft worden sei. C* stehe daher in regelmäßigem geschäftlichen Kontakt mit dem Antragsteller, er tausche sich mehrmals wöchentlich per E Mail und im Schnitt zumindest ein bis zweimal pro Woche in gemeinsamen Terminen mit ihm aus. Am 5.11.2024 habe der Geschäftsführer dem Antragsteller die Jahresabschlüsse der B* und der Holding für das Jahr 2023 übermittelt. Darauf habe der Antragsteller nicht reagiert, geschweige denn, dass er weitergehende Informationen verlangt habe. Stattdessen seien am 28.11.2024 das anwaltliche Schreiben des Antragstellers und in weiterer Folge der vorliegende Antrag eingegangen.
Die Antragsgegnerin habe keine Mitarbeiter. Die Betreuung des Informationsverlangens beanspruche den Geschäftsführer daher überdurchschnittlich und sei geeignet, ihn unter Druck zu setzen, um auch künftigen Forderungen des Antragstellers nachzugeben. Konkrete Gründe würden überdies dafür sprechen, dass sich der Antragsteller, der bereits seit längerem gegen andere Gesellschafter opponiere, mit einem eigenen konkurrierenden Unternehmen selbstständig machen möchte. Er habe bereits Schritte gesetzt, um Mitarbeiter des verkauften Unternehmens abzuwerben und habe sowohl gegenüber dem Geschäftsführer als auch gegenüber Mitarbeitern der C* Gruppe gesellschaftsschädigende Äußerungen getätigt, insbesondere, dass er mit der Gesellschaft bzw der C* Gruppe in Konkurrenz treten wolle und gegen den Geschäftsführer persönlich vorgehen und Ansprüche geltend machen möchte.
Zum Beweis ihres gesamten Vorbringens beantragte die Antragsgegnerin (nur) die Vernehmung ihres Geschäftsführers.
Der Antragsteller sprach sich gegen die Bewilligung der Wiedereinsetzung aus und wandte insbesondere ein, dass kein Wiedereinsetzungsgrund vorliege. Zwar möge es zutreffen, dass Todesfälle innerhalb der Familie einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen könnten, was aber nur dann gelte, wenn der Tod der Grund für die Fristversäumnis sei. Gegenständlich liege die Ursache für die Fristversäumnis jedoch nicht im Gesundheitszustand oder dem Tod der Mutter des Geschäftsführers, sondern darin, dass er der Rechtsvertretung dies nicht mitgeteilt habe. Andernfalls hätte die Antragsgegnerin einen rechtlich einwandfreien Fristerstreckungsantrag stellen können. Der Umstand, dass der Fristverlängerungsantrag verworfen worden sei, sei kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis, weil die Säumnis auf einem freien Willensentschluss beruht habe. Die Prozesshandlung sei absichtlich nicht gesetzt worden, vielmehr sei auf die Fristverlängerung vertraut worden. Das unabwendbare oder unvorhergesehene Ereignis könnte daher nur darin begründet sein, dass der Geschäftsführer der Rechtsvertreterin nichts über den Gesundheitszustand seiner Mutter mitgeteilt habe. Die Rechtsvertreterin wäre jedoch verpflichtet gewesen, die Antragsgegnerin darüber zu informieren, welche Gründe für einen erfolgreichen Fristerstreckungsantrag denkbar seien. Das Verhalten der Rechtsvertreterin sei der Wiedereinsetzungswerberin zuzurechnen. Hätte die Rechtsvertreterin sorgfältig gehandelt und den Geschäftsführer auf die Voraussetzungen für einen Fristerstreckungsantrag hingewiesen, hätte dieser ihr zumindest mitteilen können, warum keine Abstimmung zum Sachverhalt möglich sei. In diesem Abstimmungsfehler zwischen Rechtsvertreterin und Wiedereinsetzungswerberin liege kein unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis.
Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin kein einziges Bescheinigungsmittel für das Vorliegen des Ereignisablaufs vorlege, sodass eine gerichtliche Überprüfung gar nicht möglich sei. Zudem sei der Wiedereinsetzungsantrag verfristet. Die Frist habe nicht mit dem Todestag der Mutter des Geschäftsführers zu laufen begonnen, sondern das Hindernis, das die Versäumung verursacht habe, sei darin zu sehen, dass die Rechtsvertreterin nicht erkannt habe, dass die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Fristerstreckungsantrag nicht vorlagen. Dies hätte der Rechtsvertreterin spätestens bei Einbringung des Fristerstreckungsantrags und der darauffolgenden Äußerung bzw nach dem Telefonat mit der Richterin bekannt sein müssen (siehe dazu den AV vom 4.4.2025, ON 9; Anmerkung des Rekursgerichtes).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag ab. In seiner Begründung stellte es ausführlich den Verfahrensablauf dar und führte rechtlich aus, insgesamt sei dem Vorbringen des Antragstellers zu folgen. Eine auf einem freien Willensentschluss beruhende Säumnis begründe kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis. Die Stellung des untauglichen Fristerstreckungsantrags habe auf der Information des Geschäftsführers beruht, dass er die relevanten Fragen aufgrund eines Urlaubs nicht rechtzeitig klären könne. Auf dieser Basis habe sich die Antragsgegnerin nicht auf die Bewilligung der Fristerstreckungsanträge vom 1.4. und vom 3.4.2025 verlassen dürfen. Die Frist werde nicht bereits mit der Stellung eines Verlängerungsantrages erstreckt. Schon aus dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag lasse sich daher das Vorliegen eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses im Sinne des § 146 Abs 1 ZPO nicht ableiten, sodass die dazu beantragte Parteivernehmung des Geschäftsführers entbehrlich gewesen sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin aus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung, ihrem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Ferner beantragt sie, das Verfahren bis zur Entscheidung über den vorliegenden Rekurs gemäß § 21 AußStrG iVm § 152 ZPO einstweilen zu unterbrechen.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
I. Zur Mängelrüge:
I.1. Als Verfahrensmangel macht die Rekurswerberin geltend, die Entscheidung sei derart mangelhaft gefasst, dass sie nicht mit Sicherheit überprüft werden könne. Obwohl der Beschluss quantitativ sehr umfangreich sei, beschränke sich die Begründung des Erstgerichtes auf den Satz, dass schon aus dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag das Vorliegen eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses im Sinne des § 146 Abs 1 ZPO nicht ableitbar sei, weshalb von der beantragten Parteieneinvernahme des Geschäftsführers abzusehen gewesen sei. Dies begründe nur, warum das Erstgericht die Parteienvernehmung nicht durchgeführt habe, nicht jedoch, weshalb es den Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen habe.
I.2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor:
Der Anspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft auf Bucheinsicht und Informationserteilung ist im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen (RS0060104; 6 Ob 155/11d ua; Unger in Straube/Ratka/Rauter , WK GmbHG § 22 Rz 58).
I.3. Im außerstreitigen Verfahren bewirkt selbst das Fehlen einer Begründung (nur) einen qualifizierten Begründungsmangel nach § 57 Z 1 AußStrG, der eine meritorische Entscheidung des Rekursgerichtes nicht hindert ( Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG 3 § 57 Rz 13). Außerdem liegt ein qualifizierter Begründungsmangel im Sinne der genannten Bestimmung nur dann vor, wenn die Fassung des Beschlusses so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, der Beschluss mit sich selbst im Widerspruch steht oder keine Begründung enthält und diesen Mängeln durch eine Berichtigung des Beschlusses nicht abgeholfen werden kann ( Kodek , aaO Rz 14; RS0121710 [T2] = 6 Ob 246/07f). Einen Verfahrensmangel stellt eine mangelhafte bzw fehlende Begründung nur dann dar, wenn die maßgeblichen Gründe für die Entscheidung nicht aktenkundig sind ( Kodek , aaO Rz 16 mwN).
I.4. Im vorliegenden Fall ist aus dem Verfahrenszusammenhang die vom Erstgericht angezogene Rechtsgrundlage für die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags zweifelsfrei abzuleiten. Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass sich die Beschlussbegründung des Erstgerichtes auf einen Satz beschränkt hätte. Vielmehr stellte es die Rechtsausführungen des Antragstellers zum Wiedereinsetzungsantrag ausführlich dar und folgerte anschließend, dass diese zutreffend seien. Es verwies darauf, dass die Stellung des untauglichen Fristerstreckungsantrags auf der Information des Geschäftsführers beruht habe, die er aus freiem Willensentschluss seiner Rechtsvertreterin erteilt habe. Auf dieser Basis habe sich die Antragsgegnerin nicht auf die Bewilligung der Fristerstreckungsanträge vom 1.4. und 3.4.2025 verlassen dürfen, sodass insgesamt kein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 146 Abs 1 ZPO vorgelegen sei.
I.5. Als weiteren wesentlichen Verfahrensmangel rügt die Rekurswerberin die Unterlassung der Parteieneinvernahme ihres Geschäftsführers. Diese war jedoch, wie das Erstgericht zutreffend ausführte und im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge dargelegt wird, entbehrlich, weil sich schon aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin in ihrem Wiedereinsetzungsantrag keine taugliche Grundlage für dessen Bewilligung ableiten ließ.
Die Ausführungen zur Mängelrüge gehen damit ins Leere.
II. Zur Rechtsrüge:
II.1. Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wendet sich die Rekurswerberin gegen die soeben dargestellte Rechtsansicht des Erstgerichtes und führt aus, die plötzliche Erkrankung einer Partei oder ihres Vertreters bilde dann einen Wiedereinsetzungsgrund, wenn sie die Bestellung eines Vertreters oder eine Prozesshandlung unmöglich mache und somit zur Dispositionsunfähigkeit der Partei oder ihres Vertreters führe. Auch Aufregungszustände wegen eines plötzlichen Todesfalls in der Familie würden einen Wiedereinsetzungsgrund bilden. Aufgrund der dargelegten Umstände sei im konkreten Fall daher entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes ein unvorhersehbares bzw unabwendbares Ereignis vorgelegen.
Hierzu war Folgendes zu erwägen:
II.2. Gemäß § 21 AußStrG sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, ausgenommen § 154 ZPO, sinngemäß anzuwenden, wenn der aus der Versäumung einer Frist oder Tagsatzung entstehende Rechtsnachteil nicht durch ein Rechtsmittel oder einen neuen Antrag abgewendet werden kann. Gemäß § 146 ZPO ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am rechtzeitigen Erscheinen bei einer Tagsatzung oder an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
II.3. Zweifellos kann, wie die Rekurswerberin zutreffend argumentiert, ein plötzlicher Todesfall in der Familie einen Wiedereinsetzungsgrund bilden (RS0036728; Deixler Hübner in Fasching/Konecny³ II/3 § 146 ZPO Rz 13).
Die Rekurswerberin übersieht jedoch, dass im konkreten Fall nicht die plötzliche gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustands und der Tod der Mutter des Geschäftsführers zur Fristversäumnis geführt haben, sondern der Umstand, dass dies in den Fristerstreckungsanträgen vom 1.4.2025 (ON 6) und vom 3.4.2025 (ON 8) nicht geltend gemacht wurde. Vielmehr wurde in diesen Anträgen das Ersuchen um Fristerstreckung auf eine urlaubsbedingte Abwesenheit des Geschäftsführers gestützt.
II.4. Bei einer wie hier nach § 17 AußStrG gesetzten Frist handelt es sich um keine Notfrist, sondern um eine richterliche Frist, die grundsätzlich verlängert werden kann. Hält die zur Äußerung aufgeforderte Partei die vom Gericht gesetzte Frist für zu kurz, um sich sinnvoll zum übermittelten Antrag bzw zu der vom Gericht in Aussicht genommenen Entscheidung äußern zu können, steht ihr die Möglichkeit offen, eine Fristerstreckung zu beantragen.
II.5. Nach § 128 ZPO (hier iVm § 23 AußStrG) können gesetzliche Fristen mit Ausnahme der Notfristen sowie richterliche Fristen, hinsichtlich welcher das Gesetz nichts anderes bestimmt, vom Gericht verlängert werden, wenn die Partei, der die Frist zugute kommt, aus unabwendbaren oder durch sehr erheblichen Gründen an der rechtzeitigen Vornahme der befristeten Prozesshandlung gehindert ist und insbesondere ohne die Fristverlängerung einen nicht wiedergutzumachenden Schaden erleiden würde. Der Antrag muss vor Ablauf der Frist bei Gericht eingebracht werden. Bei der ersten derartigen Verlängerung kann ohne vorhergehende mündliche Verhandlung darüber entschieden werden. Die zur Rechtfertigung des Antrags angeführten Umstände sind dem Gericht auf Verlangen glaubhaft zu machen. Mangels hinreichender Begründung ist der Antrag zu verwerfen. Da eine Fristerstreckung gerade dem Zweck der raschen Entscheidungsfindung widerspricht, kann einem darauf gerichteten Antrag nur ausnahmsweise dann entsprochen werden, wenn die Partei dafür überzeugende Gründe vorzutragen vermag ( Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG³ § 17 Rz 64).
II.6. Der anwaltlichen Vertreterin der Antragsgegnerin musste bewusst sein, dass der zweite und dritte Fristerstreckungsantrag vom 1.4. bzw 3.4.2025, die nur auf eine geschäfts und urlaubsbedingte Abwesenheit des Geschäftsführers gestützt wurden, wenig erfolgversprechend sein würden; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Geschäftsführer bereits erstmals mit Schreiben des Antragstellervertreters vom 28.11.2024 mit dem Informationsersuchen des Antragstellers konfrontiert worden war, ihm im E Mail vom 20.12.2024 eine allfällige gerichtliche Geltendmachung angekündigt worden war und seit der Zustellung des vorliegenden Antrags an die Antragsgegnerin bereits mehr als ein Monat verstrichen war. Die Antragsgegnervertreterin wäre daher verpflichtet gewesen, die Antragsgegnerin über die voraussichtliche Erfolglosigkeit ihrer Fristerstreckungsanträge aufzuklären. In diesem Fall hätte für die Antragsgegnerin bzw deren Geschäftsführer die Möglichkeit bestanden, die Rechtsvertreterin über die nunmehr geltend gemachten Hinderungsgründe zu informieren.
II.7. Die unterlassene Aufklärung durch die Antragsgegnervertreterin begründet ein Verschulden, das sich die Antragsgegnerin gemäß § 6 Abs 4 AußStrG iVm § 39 ZPO zurechnen lassen muss ( Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG³ § 21 Rz 35). Das Verschulden der Rechtsvertreterin geht über den minderen Grad eines Versehens hinaus.
II.8. Das Erstgericht hat daher zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag der Antragsgegnerin abgewiesen, weshalb ihrem unbegründeten Rekurs keine Folge zu geben war.
III. Zum Antrag auf einstweilige Unterbrechung des Verfahrens bis zur Entscheidung über den vorliegenden Rekurs ist festzuhalten, dass ein Rekurs im außerstreitigen Verfahren grundsätzlich aufschiebende Wirkung hat, es sei denn, dem Beschluss wird ausnahmsweise vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit nach § 44 AußStrG zuerkannt ( Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG³ § 45 Rz 69). Eine Entscheidung über diesen Antrag war daher entbehrlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 AußStrG.
Gemäß den §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStrG war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen. Erhebliche Rechtsfragen im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung lagen nicht zur Beurteilung vor.
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