Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Richterin Mag. Vetter als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Marchart und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA MA als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A*über dessen Beschwerde gegen den Bescheid der Generaldirektion beim Bundesministerium für Justiz vom 18. März 2025, GZ **-8, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung
A* verbüßt eine lebenslange Haftstrafe, dies bis 18. Oktober 2024 in der Justizanstalt Stein und derzeit - infolge amtswegiger Vollzugsortsänderung - in der Justizanstalt Graz-Karlau.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die Generaldirektion beim Bundesministerium für Justiz dem - noch in der Justizanstalt Stein gestellten - Ansuchen des Genannten vom 18. September 2024 (ON 1; beim Bundesministerium für Justiz eingelangt am 23. September 2024) auf Änderung des Vollzugsorts gemäß § 10 StVG in die Justizanstalt Hirtenberg nicht Folge (ON 8).
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Strafgefangene in der Justizanstalt Graz-Karlau in der Bibliothek beschäftigt und zahlreiche Besuche verzeichnet seien. Aufgrund der angespannten Auslastungssituation (102,87 %) in der Justizanstalt Hirtenberg sei eine zeitnahe Beschäftigung dort nicht gewährleistet, sodass sich die Haftsituation verschlechtern würde. Im Übrigen sei der Anstaltsleiter der Justizanstalt Hirtenberg Brigadier B* ausgehend von dessen Meldung vom 13. März 2025 befangen. Eine Vollzugsortsänderung könne daher nicht befürwortet werden.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* vom 26. März 2025 (bei der Generaldirektion eingelangt am 31. März 2025), in welcher dieser – neben für das gegenständliche Verfahren nicht relevanten Ausführungen betreffend sein Begehren auf Rückverlegung von der Justizanstalt Graz-Karlau in der Justizanstalt Stein sowie die konkreten Umstände seines Vollzugs – im Wesentlichen darauf verweist, dass nicht nur die Justizanstalt Hirtenberg, sondern auch die Justizanstalt Graz-Karlau bei seiner Zwangsverlegung mit mehr als 109 % überbelegt gewesen sei. In Bezug auf die Befangenheit des Leiters der Justizanstalt Hirtenberg weist der Beschwerdeführer weiters darauf hin, dass er zu seinem Sohn, dessen Mutter und der Familie seit Jahrzehnten keinerlei Kontakt oder Verbindung mehr habe.
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Bescheid der Generaldirektion des Bundesministeriums für Justiz.
Gemäß § 10 Abs 1 StVG hat das Bundesministerium für Justiz allgemein oder im Einzelfall die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 StVG zuständigen Anstalt anzuordnen, wenn dies unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des Strafvollzugs (§ 20 StVG) zur besseren Ausnützung der Vollzugseinrichtungen oder aus Gründen der Sicherheit des Strafvollzugs zweckmäßig ist (Z 1) oder wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft gefördert wird und weder das Erfordernis einer zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen noch Gründe der Sicherheit des Strafvollzugs entgegenstehen (Z 2). Darüber hinaus hat das Bundesministerium bei der Bestimmung der Strafvollzugsanstalt auf die Wesensart des Strafgefangenen, sein Vorleben, seine persönlichen Verhältnisse und die Beschaffenheit der Straftat, deren er schuldig erkannt worden ist, insoweit Bedacht zu nehmen, als es erforderlich ist, um die Erreichung der Zwecke des Strafvollzugs unter bestmöglicher Ausnützung der Vollzugseinrichtungen zu gewährleisten (§ 134 Abs 2 StVG). Überdies ist eine Strafvollzugsortsänderung nur dann zulässig, wenn dadurch die Resozialisierung des Strafgefangenen gefördert wird und gleichzeitig weder die zweckmäßige Auslastung der Vollzugseinrichtungen noch Sicherheitsbedenken dagegen sprechen. Hier sind die Gründe nicht gegeneinander abzuwägen, sondern bereits ein dagegen sprechender Grund schließt eine Strafvollzugsortsänderung aus (Erkenntnisse des VwGH vom 24. Juni 2004, 2003/20/0275 und vom 22. Juli 2004, 2001/20/0666; OLG Wien 33 Bs 64/15a).
Zunächst gehen die von der Generaldirektion angestellten Erwägungen zur zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen fehl, weil die verfahrenseinleitende Eingabe einen Antrag auf Änderung des Vollzugsorts von der Justizanstalt Stein und nicht von der Justizanstalt Graz-Karlau in die Justizanstalt Hirtenberg (vgl ON 1 S 1) zum Gegenstand hat, sodass Erwägungen zum Auslastungsverhältnis zwischen der Justizanstalt Graz-Karlau und der Justizanstalt Hirtenberg dahingestellt bleiben können.
Aber auch ausgehend von den tatsächlich betroffenen Justizanstalten steht bereits die Auslastung der begehrten Vollzugsortsänderung entgegen, zumal zum Zeitpunkt der Entscheidung des Vollzugssenats am 2. September 2025 die Justizanstalt Hirtenberg eine – wenngleich nur geringfügig – höhere Auslastung aufweist, als die Justizanstalt Stein (Justizanstalt Hirtenberg 111,68 %; Justizanstalt Stein: 111,31 % [vgl zur Auslastung die aus der Integrierten Vollzugsverwaltung beigeschaffte detaillierte Belagsübersicht vom 2. September 2025]).
Im Übrigen ist im konkreten Fall für die Frage, ob die angestrebte Vollzugsortsänderung zur besseren Auslastung der Vollzugseinrichtung zweckmäßig ist, aber auch der von der Generaldirektion im angefochtenen Bescheid zutreffend angeführte Umstand, dass der Leiter der Justizanstalt Hirtenberg in dieser Angelegenheit unter Verweis auf seine gute Bekanntschaft mit Familienmitgliedern des Beschwerdeführers seine Befangenheit angezeigt hat (ON 7), zu berücksichtigen. Eine derartige Befangenheit des Anstaltsleiters (als Vollzugsbehörde erster Instanz) hätte zur Folge, dass sich dieser iSd § 7 Abs 1 Z 3 AVG (vgl zur subsidiären Anwendbarkeit des AVG Drexler/Weger, StVG 5§ 11 Rz 3) der Ausübung seines Amtes in Bezug auf den Beschwerdeführer stets zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen hätte (§ 17 Abs 2 Z 1 StVG iVm § 7 Abs 1 Z 3 AVG), was im Falle einer Verlegung des Genannten in die Justizanstalt Hirtenberg zu einer dauerhaften und signifikanten – über die mit der Aufnahme weiterer Strafgefangener üblicherweise und auch mit dem Aufenthalt des konkreten Strafgefangenen in jeder anderen Vollzugsanstalt verbundenen deutlich hinausgehenden – personellen und organisatorischen Mehrbelastung dieser Anstalt führen würde und sohin – auch im Hinblick auf das Fehlen konkreter gerade für die Justizanstalt Hirtenberg sprechender zwingender Gründe - einer zweckmäßigen Verteilung und Auslastung der Vollzugseinrichtungen entgegensteht.
Auch mit seinen Beschwerdeausführungen, wonach er gerade zu seinem Sohn und dessen Mutter seit langer Zeit keinen Kontakt mehr hat - welche im Übrigen im Widerspruch zu seinen eigenen Angaben im Ansuchen vom 24. Oktober 2024 (ON 1b) stehen, in welchem er auf seine Sozialkontakte, darunter auch zu seinem Sohn verweist -, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht die vom Anstaltsleiter angezeigte Befangenheit zu entkräften, für welche - im hier relevanten Fall – alleine ausschlaggebend ist, ob bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln ( Hengstschläger/Leeb,AVG § 7 Rz 14). Im Hinblick auf die angesprochene Mitteilung des Anstaltsleiters ist eine Befangenheit – zumal auch der Anschein einer Voreingenommenheit in den Blick zu nehmen ist ( Hengstschläger/Leeb aao) keineswegs auszuschließen.
Ebensowenig vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Eingabe vom 15. August 2025 etwas an dieser Einschätzung zu ändern. Darin merkt der Genannte – soweit für das gegenständliche Verfahren relevant – an, dass „ja auch in der JA Stein eine Befangenheit vorliegen“ könnte, da er 17 Jahre als AHS-Lehrer in ** tätig gewesen sei, womit jedoch weder die vom Anstaltsleiter der Justizanstalt Hirtenberg angezeigte Befangenheit entkräftet, noch – im Hinblick auf den lediglich pauschalen Hinweis auf eine bestehende Möglichkeit - eine konkrete Befangenheit des Leiters der Justizanstalt Stein oder anderer dort tätiger Personen aufgezeigt wird.
Da sohin der angefochtene Bescheid (im Ergebnis) der Sach- und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.
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