Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Maruna als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Gruber und die Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 1. Juli 2025, GZ ** 15, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung :
Der am ** geborene syrische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Stein eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 21. Juli 2022, rechtskräftig seit diesem Tag, AZ ** wegen §§ 15, 87 Abs 1; 142 Abs 1, 143 Abs 1; 15, 105 Abs 1; 50 Abs 1 Z 2 WaffG verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren sowie eine mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 7. November 2024, rechtskräftig seit 11. November 2024 wegen §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe von 15 Monaten sowie infolge gleichzeitigen Widerrufs der bedingten Nachsicht der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. Mai 2021, rechtskräftig seit diesem Tag, wegen §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall; 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2, 107 Abs 1 StGB verhängten und zunächst bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe weitere fünf Monate. Somit steht insgesamt eine Strafzeit von sechs Jahren und acht Monaten in Vollzug.
Das unter Berücksichtigung des § 148a Abs 2 StVG errechnete Strafende fällt auf den 31. Jänner 2029 (ON 4, 1). Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit werden am 29. September 2025 vorliegen, jene nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit am 9. November 2026 (ON 4, 3).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des A* zum Hälftestichtag ohne Durchführung einer Anhörung in Übereinstimmung mit den ablehnenden Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft (ON 1.3) und jener des Anstaltsleiters der Justizanstalt Stein (ON 2, 2 f) zusammengefasst aus spezialpräventiven Erwägungen ab.
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Empfang des Beschlusses erhobene und entgegen seiner Ankündigung nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 16, 2), der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 4 leg cit ist besonders zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch die Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können (vgl Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1).
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist er gemäß § 46 Abs 2 StGB trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass A* nicht nur über ihn wegen als Jugendlicher und als junger Erwachsener begangener Taten verhängte Freiheitsstrafen verbüßt (siehe Punkt 01 und 02 der Strafregisterauskunft ON 5), sondern auch solche, die über ihn wegen als über 21jähriger begangener Taten verhängt wurden (Punkt 03 der Strafregisterauskunft ON 5). Somit greift jedoch die Ausnahmeregel des § 17 JGG, die die Generalprävention als Hindernis für die bedingte Entlassung Jugendlicher und junger erwachsener Straftäter ausschließt, nicht (vgl Schroll/Oshidari in WK 2JGG § 17 Rz 4/1), weshalb generalpräventive Bedenken (wie von der Oberstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme geäußert [ON 1.3]) die bedingte Entlassung im vorliegenden Fall hindern würden.
Bei A* sprechen allerdings bereits spezialpräventive Erwägungen gegen eine bedingte Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Diese ergeben sich bereits aus der Strafregisterauskunft, zumal diese nicht nur die Wirkungslosigkeit ihm zunächst gewährter Resozialisierungschancen durch die Gewährung einer bedingten Nachsicht der über ihn wegen Jugendstraftaten verhängten Freiheitsstrafe aufzeigt (Punkt 01 der Strafregisterauskunft ON 5), sondern auch eine beharrliche kriminelle Energie aufgrund der neuerlichen Verurteilung wegen während offener Probezeit und im raschen Rückfalls begangener schwerer Tathandlungen nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1; 15, 87 Abs 1; 15, 105 Abs 1 StGB und § 40 Abs 1 Z 2 WaffG zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe offenbart. Zuletzt wurde er schließlich noch wegen einer während des Strafvollzugs begangenen strafbaren Handlung nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB zu einer 15 monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, was deutlich zeigt, dass weder das Haftübel an sich noch die kontrollierende Umgebung im Strafvollzug einen Umdenkprozess anzustoßen vermochte um auch nur ansatzweise einen deliktabhaltende Wirkung auf den Beschwerdeführer zu entfalten.
Hinzu tritt, dass gegen A* während des Strafvollzugs bereits zahlreiche Ordnungsstrafverfahren durchgeführt werden mussten (ON 6, 7 und 8), die ebenso aufzeigen, dass es A* nicht einmal unter den kontrollierenden Bedingungen der Haft gelingt, sich normkonform zu verhalten. So ist auch der Stellungnahme des Leiters der Justizanstalt Stein zu entnehmen, dass für A* aufgrund seines problematischen Drogenkonsums in Verbindung mit den vollzugsgegenständlichen Gewaltdelikten und seinem auffälligen Verhalten in den Gesprächen mit dem psychologischen Dienst eine regelmäßige psychiatrische Betreuung notwendig geworden sei.
Insgesamt ist die Annahme eines durch den bisherigen Strafvollzug eingeleiteten und dem Beschwerdeführer im Fall seiner bedingten Entlassung wirksam vor einem Rückfall in einschlägige Delinquenz bewahrenden Umdenkprozesses keinesfalls gerechtfertigt.
Dem aus seinem Vorleben hervorgehenden kriminellen Energie, dem Mangel an Respekt gegenüber verschiedenen rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft, wie gegenüber den Rechtsgütern der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheit, des Eigentums und der Staatsgewalt sowie der auch aus seiner Führung im Vollzug hervorgehenden verfestigten deliktischen Neigung kann durch eine bedingte Entlassung nach lediglich der Verbüßung der Hälfte der Strafzeit gerade nicht wirksam begegnet werden, vielmehr wäre zu befürchten, dass der Strafgefangene in Freiheit rasch neuerlich straffällig werden würde.
Eine bedingte Entlassungauch unter Berücksichtigung allfälliger unterstützender Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (die auch bisher in Form der Anordnung der Bewährungshilfe keinen deliktabhaltenden Effekt hatten) – scheitert eine bedingte Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt jedenfalls an den dargestellten, bei A* gegebenen individual präventiven Erfordernissen.
Auf allfällige auch generalpräventiv gegebene Hindernisse ist daher nicht näher einzugehen.
Der gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss gerichteten Beschwerde ist somit ein Erfolg zu versagen.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass angesichts der dargestellten gravierenden und erwiesenen Umstände die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks durch eine Anhörung des Strafgefangenen tatsächlich nichts zu ändern vermocht hätte und der Strafgefangene (der eine Anhörung ausdrücklich nicht beantragte [ON 2, 2]) zudem in seiner Erklärung und der Beschwerde Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt und dies teilweise auch genutzt hatte. Das Erstgericht konnte somit zutreffend von einer Anhörung Abstand nehmen.
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