Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Einzelrichter Mag. Trebuch LL.M. in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 25. Juli 2025, GZ **-59, den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
B e g r ü n d u n g :
Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 14. Juni 2022 (ON 40.3) wurde A* des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB schuldig erkannt, nach (richtig:) dem ersten Strafsatz des § 148 StGB zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
Am 20. Juni 2022 (ON 42.1) erklärte der Erstrichter die Kosten des Strafverfahrens sodann für „derzeit uneinbringlich“, da der „Verurteilte […] über kein ausreichendes Einkommen und Vermögen“ verfüge, „um die Kosten des Verfahrens bezahlen zu können“.
Mit – an eine seit etwa zweieinhalb Jahren nicht mehr aktuelle Anschrift (vgl ON 64) zugestellter – Note vom 4. Juli 2025 wurde der Verurteilte erfolglos aufgefordert, binnen 14 Tagen ein „Vermögensbekenntnis vollständig ausgefüllt und mit sämtlichen Belegen dazu dem Landesgericht Korneuburg vorzulegen“ (ON 56.4 sowie Einsicht Verfahrensautomation Justiz). Weiters wurde ein Sozialversicherungsdatenauszug eingeholt, aus welchem sich ergibt, dass der Verurteilte eine Alterspension, ein Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung sowie eine Unfallrente bezieht (ON 56.3).
Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Erstgericht den Beschluss vom (richtig:) 20. Juni 2022, mit welchem die Kosten für uneinbringlich erklärt worden waren, auf und bestimmte „die Pauschalkosten […] mit EUR 150,-“, da der „Verurteilte […] nunmehr in der Lage“ sei, „einen Pauschalkostenbetrag zu bezahlen (ON 56.3), dessen Festsetzung anhand der Einkommensverhältnisse erfolgt[…]“ sei (ON 59).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige, als Einspruch titulierte Beschwerde des A* (ON 65 S 2), in welcher er unter Verweis auf Exekutionsverfahren vorbringt, „nicht in der Lage“ zu sein, „die Kosten zu bezahlen“.
Diese ist im impliziten Aufhebungsbegehren berechtigt.
Die Kosten des Strafverfahrens, die von der zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu ersetzen sind, umfassen unter anderem einen Pauschalkostenbeitrag als Anteil an den nicht besonders angeführten Kosten des Strafverfahrens, einschließlich der Kosten der Ermittlungen der Kriminalpolizei und der zur Durchführung von Anordnungen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts notwendigen Amtshandlungen (§ 381 Abs 1 Z 1 StPO). Im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts ist dieser mit einem Betrag von 150 Euro bis 3.000 Euro zu bemessen (Abs 3 Z 3 leg cit), wobei die Belastung der im Strafverfahren tätigen Behörden und Dienststellen und das Ausmaß der diesen erwachsenen, nicht besonders zu vergütenden Auslagen sowie das Vermögen, das Einkommen und die anderen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen maßgebenden Umstände zu berücksichtigen sind (Abs 5 leg cit).
Nach § 391 Abs 1 StPO sind die Kosten des Strafverfahrens jedoch vom Ersatzpflichtigen nur insoweit einzutreiben, als dadurch weder der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Ersatzpflichtigen und seiner Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, noch die Erfüllung der aus der strafbaren Handlung entspringenden Pflicht zur Schadensgutmachung gefährdet wird (rechtliche Uneinbringlichkeit). Zufolge Abs 2 leg cit sind die Kosten für uneinbringlich zu erklären, wenn nach den im Verfahren hervorgekommenen Umständen mit Grund anzunehmen ist, dass die Kosten des Strafverfahrens wegen Mittellosigkeit des Zahlungspflichtigen auch nicht bloß zum Teil hereingebracht werden können (faktische Uneinbringlichkeit). Der Beschluss, mit dem die Kosten für uneinbringlich erklärt werden, kann jederzeit aufgehoben (und die Kosten bestimmt) werden, wenn sich die entscheidungsrelevanten Umstände ändern und die Kosten wenigstens zum Teil einbringlich geworden sind ( Lendl, WK-StPO § 391 Rz 9).
Ist anzunehmen, dass die Kosten nur derzeit nicht einbringlich sind, so hat das Gericht – nach einer angemessenen Frist – die notwendigen Erhebungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu pflegen und die Frage der Einbringlichkeit von neuem zu prüfen (§ 235 Abs 1 Geo; Lendl,WK-StPO § 391 Rz 12). Die angeführten Erhebungen können beispielsweise durch die Sicherheitsbehörden erfolgen, wobei die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen in der Folge auch begründet festzustellen sind (vgl mwN).
Fallbezogen beschränkt sich die Begründung des angefochtenen Beschlusses auf einen Verweis auf den Sozialversicherungsdatenauszug ON 56.3, welchem sich lediglich in der Vergangenheit liegende Beitragsgrundlagen entnehmen lassen, aus dem jedoch ein aktuelles Gesamteinkommen des Verurteilten nicht ersichtlich ist. Davon abgesehen hat das Erstgericht – infolge Zustellung der Note ON 56.4 an eine nicht mehr aktuelle Anschrift – tatsächlich keine Erhebungen zum Vermögen und anderen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen, gegen den eigenen Angaben zufolge Exekutionsverfahren anhängig seien (ON 65 S 2), maßgebenden Umständen gepflogen und auch dazu keine begründeten Feststellungen getroffen.
Der angefochtene Beschluss war daher infolge Vorliegens von Begründungsmängeln gemäß § 89 Abs 2a Z 3 StPO aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht (allenfalls durch die Sicherheitsbehörden) die notwendigen Erhebungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des zum Kostenersatz Verpflichteten zu pflegen und sodann mit hinreichender Begründung neuerlich zu entscheiden haben, ob der Beschluss, mit dem die Kosten für uneinbringlich erklärt wurden (ON 42.1), aufgehoben (und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Pauschalkostenbeitrag bestimmt) wird.
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