Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Maruna als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Gruber und die Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 22. Juli 2025, GZ ** 11, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Der am ** in ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von drei Jahren und sechs Monaten, und zwar
1. die über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 3. November 2022, AZ **, wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 3, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 erster und zweiter Fall, 15 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 Monaten;
2. die aufgrund gleichzeitigen Widerrufs zu vollziehende, zunächst mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. Juli 2015, AZ **, wegen strafbaren Handlungen vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach §§ 136 Abs 1; 241e Abs 3; 142 Abs 1 StGB bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten.
Das errechnete Strafende fällt auf den 19. März 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG liegen seit 19. Jänner 2025 vor.
Nachdem seine bedingte Entlassung zum Zwei Drittel Stichtag mit Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 19. November 2024, GZ **, abgelehnt worden war, beantragte der Strafgefangene am 5. Juni 2025 (ON 3) erneut seine bedingte Entlassung.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 11) lehnte das Landesgericht Korneuburg als weiterhin zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung nach Anhörung des Verurteilten (ON 10) in Übereinstimmung mit den jeweils aufgrund seines Vorlebens und der getrübten Führung ablehnenden Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft Korneuburg (ON 1.2) und des Leiters der Justizanstalt Sonnberg (ON 2.2) aus spezialpräventiven Bedenken ab.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach Verkündung erhobene (ON 10), in der Folge unausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Vorauszuschicken ist, dass rechtskräftig gerichtliche Entscheidungen Sperrwirkung entfalten (vgl etwa Nimmervoll, Beschluss und Beschwerde in der StPO, 30). Auch ein Beschluss mit dem ein Antrag auf Gewährung der bedingten Entlassung rechtskräftig abgewiesen wird, entfaltet grundsätzlich Einmaligkeitswirkung. Ein Entlassungsantrag kann daher nicht beliebig oft wiederholt werden. Eine dem § 176 Abs 1 Z 2 StPO entsprechende Regelung besteht im Strafvollzugsrecht nicht. Ein auf Grundlage identischer Verhältnisse neuerlich eingebrachter Antrag ist a limine wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Allerdings wohnt ablehnenden Entscheidungen über die bedingte Entlassung die Umstandsklausel (clausula rebus sic stantibus) inne. Eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände erlaubt trotz rechtskräftiger Entscheidung eine neuerliche meritorische Prüfung. Als relevante Umstände kommen insbesondere seit der letzten Entscheidung eingetretene oder dem Gericht bei der letzten Entscheidung unbekannt gewesene, zur Erfüllung der materiellen Voraussetzungen einer bedingten Entlassung grundsätzlich geeignete neue Tatsachen, eine Änderung der Gesetzeslage oder die einer solchen nahekommenden Änderungen fundamentaler Rechtsprechungsgrundsätze oder wesentliche Veränderungen der zeitlichen Umstände in Betracht ( Pieber in WK 2StVG, § 152 Rz 31 ff).
Fallbezogen sind seit der letzten Entscheidung am vom 19. November 2024 bis zum Einlangen des zu behandelnden Antrags beim Erstgericht mehr als sechs Monate verstrichen, weshalb mit Blick auf das Ausmaß der zu verbüßenden Strafe zumindest eine wesentliche Änderung der zeitlichen Umstände eingetreten ist (vgl Pieber in WK 2StVG § 152 Rz 31, 33).
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 2 leg cit ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 so lange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Die Anwendung der Zwei-Drittel-Entlassung soll nach erkennbarer Intention des StRÄG 2008 der Regelfall sein und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper , WK 2 § 46 Rz 17). Gerade ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, wie insbesondere der Art der Tat, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit.
A* weist abgesehen von den zu verbüßenden Verurteilungen fünf weitere, davon drei einschlägige Vorstrafen wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen auf, wobei die ihm gewährten Rechtswohltaten in Form von Geldstrafen und bedingten Freiheitsstrafen samt Anordnung von Bewährungshilfe, die Wirkung für ein normgetreues Verhalten verfehlten, sondern er vielmehr innerhalb offener Probezeiten erneut einschlägig straffällig wurde. Auch die mehrfache Konfrontation mit dem Haftübel konnte den Angeklagten nicht von neuerlicher strafbarer Delinquenz abhalten.
In diesem Zusammenhang ist nicht nur auf die Strafregisterauskunft, sondern auch auf die ablehnende Stellungnahme des Anstaltsleiters der Justizanstalt Sonnberg (ON 2.2) und die Stellungnahme der Justizanstalt Göllersdorf (ON 6) zu verweisen, wonach der Verurteilte als Passant im forensisch-therapeutischen Zentrum Göllersdorf wegen schlechter Arbeitsleistung und des Verdachts von Ordnungswidrigkeiten wieder in die Justizanstalt Sonnberg überstellt werden habe müssen.
Unter Berücksichtigung seiner nicht der Hausordnung entsprechenden Führung und die damit in Zusammenhang stehenden drei Ordnungswidrigkeiten ist von keiner im Gesetz geforderten günstigen Zukunftsprognose in dem Sinne, dass erwartet werden kann, dass der Strafgefangene nunmehr durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Haft von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten werden könnte, auszugehen.
Vielmehr ist weiterhin von einem evidenten Rückfallrisiko auszugehen, weshalb das Erstgericht zu Recht unter Hinweis auf das beträchtlich einschlägig getrübte Vorleben des Strafgefangenen im Zusammenhalt mit der bisherigen Wirkungslosigkeit von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB von einer bedingten Entlassung Abstand nahm.
Da der angefochtene Beschluss der Sach und Rechtslage entspricht, war der dagegen erhobenen Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
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