Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann (Vorsitzender), den Richter Mag. Meinl und den Kommerzialrat Swoboda in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch Dr. Robert Weik, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Kronberger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 48.000 s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22.9.2024, **-17, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.785,30 (darin enthalten EUR 297,55 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Im April 2019 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der (Verkaufs-)Vermittlung der Liegenschaft ** (fortan „Liegenschaft“). Die Parteien vereinbarten eine Abgeberprovision in Form einer Überpreisvereinbarung. Die Beklagte stellte der Klägerin umfassende Verkaufsunterlagen zur Liegenschaft zur Verfügung.
Die Klägerin bot ab 2019 die Liegenschaft einer Vielzahl von Kunden an, wobei ursprünglich ein Kaufpreis von EUR 9 Mio vorgesehen war.
Die Klägerin vermittelte die Liegenschaft schließlich an einen ihrer Kunden. Dieser erwarb die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 2.11.2023 zu einem Preis von EUR 7,1 Mio.
Die Klägerin wurde für diesen Kaufvertragsabschluss verdienstlich. Sie machte den Käufer nicht bloß namhaft, sondern wirkte aktiv im Verkaufsprozess mit, sodass der von ihr geworbene Käufer zu einem Vertragsabschluss bewegt werden konnte.
Die Streitparteien verhandelten mehrmals schriftlich die Provisionshöhe nach, wobei diese an die angespannte Marktsituation angepasst wurde. Sie vereinbarten schließlich ein Vermittlungshonorar von EUR 48.000 (inklusive Umsatzsteuer).
Die Klägerin verfügt über keine Gewerbeberechtigung für das Immobilienmaklergewerbe. Das Geschäft stellt für beide Seiten ein unternehmensbezogenes Geschäft dar.
Die Klägerin begehrte mit ihrer Mahnklage vom 26.6.2024 die Zahlung von EUR 48.000 und brachte über den eingangs angeführten unstrittigen Sachverhalt hinaus zusammengefasst vor, dass die Beklagte verzögere schuldhaft die Zahlung der vereinbarten Provision. Dabei handle es sich um eine – unabhängig vom Vorliegen einer Gewerbeberechtigung als Immobilienmakler – jedenfalls zulässige Tippgeberprovision.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und brachte zusammengefasst vor, dass zwischen den Streitparteien kein Vertragsverhältnis bestehe, die Klägerin ihre Leistungen mangelhaft erbracht habe und die Rechnungen der Beklagten nicht zugegangen und nicht fällig seien. Zudem habe die Klägerin die Beklagte und Unternehmen, die mit der Beklagten konzernmäßig verbunden seien, unrichtig beraten. Diese Fehlberatungen hätten zu einem Schaden geführt, der die Klagsforderung erheblich übersteige und gleichzeitig compensando eingewandt werde. Die Klägerin besitze keine Gewerbeberechtigung für das Immobilienmaklergewerbe und könne daher keine Provision beanspruchen.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Es traf die auf Seite 2 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellung: „ Die klagende Partei legte der beklagten Partei am 8.3.2024 eine Rechnung über EUR 48.000,00. Die Rechnung wurde am 8.3.2024 per E-Mail übersandt “. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass es die Beklagte unterlassen habe, das Klagsvorbringen substantiiert zu bestreiten, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Umgekehrt hätte auch die Klägerin leicht das Beklagtenvorbringen, dass sie über keine Gewerbeberechtigung als Maklerin verfüge, substantiiert widerlegen können. Solch bloß unsubstantiiertes Bestreiten sei ausnahmsweise dann als Geständnis anzusehen, wenn die vom Gegner aufgestellte Behauptung offenbar leicht widerlegbar gewesen wäre, dazu aber nie konkret Stellung genommen worden sei.
Voraussetzung für das Zustandekommen des Provisionsanspruchs gemäß § 6 Abs 1 MaklerG sei neben einem Maklervertrag die Verdienstlichkeit des Maklers, der Vermittlungserfolg beziehungsweise der Abschluss des Geschäfts und dessen adäquate Mitveranlassung durch den Makler. All diese Voraussetzungen lägen auf Basis des unstrittigen Sachverhalts vor.
Der Umstand, dass die Klägerin keine Maklerkonzession besessen habe, stehe einem privatrechtlichen Provisionsanspruch nicht entgegen. Das Fehlen der Gewerbeberechtigung oder der einschlägigen Berufsbefugnis führe nicht zum Entfall des Entgelt-, Honorar- oder Provisionsanspruchs.
Der Geschäftsführer der Beklagten sei trotz Ladung nicht zu seiner Einvernahme am 20.9.2024 erschienen. Die Beklagtenvertreterin habe ihn lediglich mit Verweis auf „geschäftliche Termine“ entschuldigt. Darin liege kein ausreichender Entschuldigungsgrund iSd zivilprozessualen Vorschriften. Zwar sei die Ladung kurzfristig erfolgt, die Beklagte habe aber nicht näher dargelegt, warum ihr Geschäftsführer nicht vorab seine Abwesenheit bekanntgegeben habe. Das Unterbleiben seiner Einvernahme sei dem Schluss der Verhandlung sohin nicht entgegen gegestanden und eine weitere Erstreckung nicht geboten gewesen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils, in eventu auf Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Zur Verfahrensrüge:
Die Berufungswerberin sieht eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin, dass das Erstgericht die beantragte Parteienvernehmung ihres Geschäftsführers nicht durchgeführt habe. Diese sei „für die richtige Beurteilung der Sachlage unabdingbar“.
Ein primärer Verfahrensmangel iSd § 496 Abs 1 Z 2 ZPO liegt - soweit im gegenständlichen Zusammenhang relevant - vor, wenn das Erstgericht infolge Zurückweisung von Beweisanträgen andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt hat (Pimmer in Fasching/Konecny 3 , § 496 Rz 57).
Demnach muss der Rechtsmittelwerber, um den Erfordernissen einer gesetzmäßigen Verfahrensrüge zu genügen, in der gebotenen Klarheit jene erstgerichtliche Feststellung erkennen lassen, durch die er sich für beschwert erachtet, und die er durch das in erster Instanz übergangene Beweismittel zu widerlegen können glaubt, es sei denn, nach der Aktenlage bestünde daran kein Zweifel. Der Rechtsmittelwerber muss also nachvollziehbar aufzeigen, in welcher Hinsicht sich bei Unterbleiben des behaupteten Verfahrensfehlers eine abweichende Sachverhaltsgrundlage ergeben hätte (RS0043039 insb T3 und T5).
Der gegenständlichen Verfahrensrüge kann nicht entnommen werden, welcher vom Erstgericht konkret festgestellte Tatumstand im Falle der Parteienvernehmung allenfalls anders festgestellt worden wäre. Daher bringt die Berufung diesen Rechtsmittelgrund nicht gesetzmäßig zur Ausführung.
2. Zur Rechtsrüge:
2.1 Die Berufungswerberin moniert auch mit diesem Berufungsgrund, das Erstgericht habe verkannt, dass der Anspruch dem Grunde nach bestritten worden sei und die Ausführungen ihres Geschäftsführers dazu „mehr Aufschluss gegeben“ hätten (Pkt I.a. der Berufung).
Auch damit macht sie (nur) einen - wiederum nicht gesetzmäßig ausgeführten - Verfahrensmangel geltend, mit dem sie auf obige Ausführungen zu verweisen ist.
Weiters postuliert die Berufungswerberin in diesem Punkt bloß, das Gericht hätte rechtsrichtig zum Ergebnis gelangen müssen, dass „die Voraussetzungen für das Zustandekommens des Provisionsanspruches nicht schlüssig“ seien.
Dies enthält keinerlei nachvollziehbares Argument, warum die erstgerichtliche Rechtsansicht unrichtig wäre. Insofern fehlt es aber schon an einer gesetzmäßigen Rechtsrüge, zumal sich der Rechtsmittelwerber mit den Argumenten des Erstgerichts gar nicht auseinandersetzt (A. Kodek in Rechberger/Klicka 5 , § 471 Rz 16).
2.2 Die Berufungswerberin meint weiters, dass die Klägerin durch das Verschweigen des Umstands, keine Maklerkonzession zu besitzen, gegen wesentliche Pflichten des Maklers verstoßen zu haben und nur in geringerem Maß verdienstlich geworden zu sein. Die Maklerprovision sei daher zu mäßigen.
Das Erstgericht ging rechtsrichtig davon aus, dass das Fehlen einer Maklerkonzession einem privatrechtlichen Provisionsanspruch nicht entgegensteht und nicht zu dessen Entfall führt.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass der Zweck solcher Bewilligungen darin besteht, die Ausübung des Berufes durch ungeeignete Personen zu verhindern, aber nicht die von unbefugten Personen geschlossenen Verträge, die von anderen Personen in gleicher Weise hätten geschlossen werden können, rückgängig machen und dem Vertragspartner damit Vermögensvorteile verschaffen soll (RS0029666).
Die von der Beklagten relevierte Frage, ob ein (wie hier) für den Inhalt des abgeschlossenen Geschäftes bedeutungsloser Verstoß gegen die betreffende Informationspflicht des Maklers den Provisionsanspruch mindert, kann offengelassen bleiben.
Denn selbst, wenn man den von der Beklagten relevierten Gesetzesverstoß annähme, könnte dieser keine Mäßigung der an sich geschuldeten Provision rechtfertigen.
Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass der Kaufpreis der Liegenschaft von EUR 7,1 Mio nach üblichen Sätzen eine wesentlich höhere Provision rechtfertigen würde. Unter Annahme einer Maklerprovision in der notorischen Höhe von 3 % des Transaktionsvolumens hätte die Klägerin Anspruch auf EUR 213.000 (netto). Das für die Vermittlung der Liegenschaft vereinbarte Honorar von EUR 40.000 (netto) beträgt hingegen etwa 0,5 % des Transaktionsvolumens und stellt daher – wie schon in der Berufungsbeantwortung dargelegt – nur einen Bruchteil einer Maklerprovision in üblicher Höhe dar.
Die von der Beklagten begehrte Mäßigung ist somit nicht angezeigt.
3. Die Berufung bleibt daher ohne Erfolg.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens erfolgte gemäß §§ 41 und 50 ZPO.
6. Das Ausmaß der Mäßigung ist immer im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers zu beurteilen (RS0111058). Die ordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden