Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider-Reich und den Richter Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen § 5 Abs 1 StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. Juli 2025, GZ C*-61, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben .
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* war mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. Dezember 2022, AZ **-17, aus dem Vollzug zweier wegen (schwerer) Körperverletzung verhängter Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von drei Jahren am 26. Februar 2023 unter Setzung einer dreijährigen Probezeit, Anordnung von Bewährungshilfe und Erteilung der Weisung, sich einer Antigewalttherapie zu unterziehen, bedingt entlassen worden.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23. August 2024 (ON 46) wurde die bedingte Entlassung infolge Nichteinhaltung der Therapieweisung trotz förmlicher Mahnung widerrufen. Die Aufforderung zum Strafantritt wurde dem Verurteilten am 5. Dezember 2024 zugestellt (ON 51). Er beantragte sodann unter Vorlage diverser Berichte, nämlich der Bewährungshilfe vom 10. Dezember 2024, des sozialpsychiatrischen Ambulatoriums ** vom 9. Dezember 2024 und der psychiatrischen Abteilung der Klinik ** aus Oktober und November 2024, Strafaufschub nach § 5 StVG (ON 52).
Nach Einholung eines forensisch-psychiatrischen Gutachtens des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständige Dr. B* am 27. Mai 2025, dem diese Unterlagen zur Verfügung standen und die dieser ebenso wie die Bestellung des Vaters des A* zum Erwachsenenvertreter (siehe ON 55 und 57) in sein Kalkül miteinbezog (ON 58), und Abklärung in der Justizanstalt Wien-Simmering, Krankenabteilung, dass eine regelmäßige psychiatrische Betreuung durch zwei Fachärztinnen drei mal pro Woche gegeben und die Verabreichung der Depotmedikation (Abilify) und regelmäßige Kontrolle der Abstinenz möglich und somit Haftfähigkeit gegeben sei (siehe ON 59 und 60), wies das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss diesen Antrag ab, erkannte einer allfälligen Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zu und sprach aus, dass die Freiheitsstrafe unverzüglich in der Justizanstalt Wien-Simmering anzutreten sei.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 62), der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 5 Abs 1 StVG ist, wenn ein dem Wesen der Freiheitsstrafe (§ 20 StVG) entsprechender Strafvollzug wegen einer Krankheit oder Verletzung, wegen Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Schwächezustands auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Strafvollzugsortsänderung (§ 10 StVG) mit den Einrichtungen der in Betracht kommenden Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen nicht durchführbar ist oder im Hinblick auf einen dieser Zustände das Leben des Verurteilten durch die Überstellung in die betreffende Anstalt gefährdet wäre, die Einleitung des Strafvollzugs so lange aufzuschieben, bis der Zustand aufgehört hat.
Ob in diesem Sinne Vollzugsuntauglichkeit vorliegt, ist eine vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage (Pieber in WK 2StVG § 5 Rz 12). Der Sachverständige kann nur den Krankheitszustand des Verurteilten beschreiben und daraus Schlüsse darüber ziehen, welcher Behandlung er nach den Regeln der medizinischen Kunst bedarf. Anhand der ärztlich festgestellten Erfordernisse können im Bedarfsfall sodann Vollzugsbehörden Auskunft geben, ob eine Justizanstalt über die gebotene Betreuungsmöglichkeit verfügt und ob unter den gegebenen Umständen aus ihrer Sicht eine erzieherische Gestaltung des Vollzugs im Sinne des § 20 Abs 1 und 2 StVG realisierbar ist. Das Gericht hat auf dieser Grundlage schließlich zu beurteilen, ob der Gesundheitszustand des Verurteilten einem zweckmäßigen Strafvollzug entgegensteht (Pieber aaO Rz 11 f).
Vollzugstauglichkeit ist gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, den Verurteilten von der Außenwelt abzuschließen, ihn sonstigen Beschränkungen der Lebensführung zu unterwerfen und ihn erzieherisch zu beeinflussen. So kommt es bei Beurteilung der Vollzugstauglichkeit nicht auf die Schwere der Krankheit allein an, sondern auf die Vereinbarkeit mit den Grundsätzen des Strafvollzugs (§ 20 StVG), wobei die Frage der Arbeitsfähigkeit oder -unfähigkeit des Strafgefangenen unter dem Gesichtspunkt der Erreichung der Strafzwecke jedoch keine dominierende Rolle spielt (11 Os 96, 97/86, Drexler/Weger
Fallbezogen kam der Erstrichter insbesondere auf Basis des nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachtens des Sachverständigen Dr. B* und der Stellungnahme der Justizanstalt Wien-Simmering zum nicht zu kritisierenden Schluss, dass beim Beschwerdeführer kein Zustand vorliegt, der den Vollzug der Freiheitsstrafe hindert, zumal die medizinisch indizierten Notwendigkeiten der Betreuung und Überwachung des Verurteilten sichergestellt werden können (vgl §§ 66 ff StVG).
Diesen schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen, dem wie oben dargetan zum Zeitpunkt der Gutachtenserstattung bereits sämtliche Unterlagen zur Verfügung standen und die er in seine Expertise miteinbezog, vermag der Beschwerdeführer nichts Substantielles entgegenzusetzen. Die von ihm ins Treffen geführten und vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen sind – mit Ausnahme eines Befundberichts des sozialpsychiatrischen Ambulatoriums ** vom 1. August 2025 (AS 7 in ON 62) – alle älteren Datums bzw bereits bekannt, dieser Befundbericht wiederum beschreibt eine derzeit bestehende Stabilität ohne psychotische Symptome, empfiehlt eine weiterführende langfristige Therapie und attestiert ohne nachvollziehbare nähere Begründung oder Auseinandersetzung mit dem og Gutachten und der Einschätzung der Krankenabteilung der Justizanstalt Josefstadt nicht gegebene Haftfähigkeit. Das Beschwerdegericht folgt dieser jedoch nicht, sondern teilt vielmehr die Ansicht des Erstgerichts basierend auf dem Sachverständigengutachten Dris. B*, weshalb der gegen den abweislichen Beschluss erhobenen Beschwerde nicht Folge zu geben war.
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
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