Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Viktorin und Dr. Nowak in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. A*, **, vertreten durch Mag. Hannes Quester MBL, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , **, wegen EUR 16.020 samt Nebengebühren, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 14. Juni 2025, **-2, in nicht öffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist in Ansehung der Klagsforderung von EUR 2.720 samt 4 Prozent Zinsen ab 25.4.2025 jedenfalls unzulässig.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist in Ansehung der Klagsforderung von EUR 13.300 samt 4 Prozent Zinsen ab 25.4.2025 nicht zulässig.
B e g r ü n d u n g :
Mit Mahnklage vom 11.6.2025 begehrte der Kläger EUR 16.020 samt Nebengebühren und brachte vor, er habe bei der Beklagten am 16.4.2024 ein Sofa sowie eine [richtig:] Chaiselongue bestellt. Die Bestellungen seien nach Lieferung Mitte Juli seitens der Beklagten mit Schlussrechnung 250206 vom 23.7.2024 im Betrag von EUR 13.300 fakturiert worden.
Unmittelbar nach der Anlieferung habe der Kläger bei der Beklagten noch einen Hocker bestellt, welchen die Beklagte mit Schlussrechnung 250368 am 7.11.2024 mit EUR 2.720 fakturiert habe.
Der Kläger sei berechtigt vom Vertrag zurückgetreten, weil der Stoff, aus dem die Bezüge von Sofa, Chaiselongue und Hocker gefertigt seien, nach kurzer Zeit äußerst abgenutzt und „schäbig“ ausgesehen und die Beklagte die Verbesserung abgelehnt habe.
Der Kläger begehre nun die Refundierung der bezahlten Kaufpreise.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Klage zufolge sachlicher Unzuständigkeit zurück. Es bestehe zwischen den Begehren auf Refundierung von EUR 13.300 und von EUR 2.720 weder ein rechtlicher noch ein tatsächlicher Zusammenhang, sodass diese Ansprüche nicht zusammenzurechnen seien. Aus diesem Grund sei das Handelsgericht Wien sachlich unzuständig.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Der Rekurswerber macht geltend, die beiden Ansprüche seien gemäß § 55 JN zusammenzurechnen, weil zwischen diesen sowohl ein rechtlicher als auch ein tatsächlicher Zusammenhang bestehe.
Der Vertragsrücktritt des Klägers sei in beiden Fällen aufgrund der Weigerung der Beklagten erfolgt, ihrer Gewährleistungsverpflichtung nachzukommen und die gelieferte Ware gegen eine mit einem tauglichen Stoff auszutauschen. Der Klagesachverhalt sei sohin insofern ident, als die Entscheidung über einen Anspruch, beispiels- weise über das Sofa, eo ipso auch zu einer gleichlautenden Entscheidung über den anderen Anspruch, im genannten Annahmefall über den Hocker, führe.
Auch sei ein rechtlicher Zusammenhang zwischen den beiden Käufen gegeben, zumal die (Gewährleistungs-)Ansprüche aus derselben Rechtsnorm abzuleiten seien und in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Da sowohl beim Sofa als auch beim Hocker die Anspruchsgrundlagen für den Vertragsrücktritt identisch seien, sei auszuschließen, dass eine Entscheidung über das Sofa anders ausfallen könnte. Insofern teilten beide Sachverhalte das rechtliche Schicksal.
1.1. Gemäß § 41 Abs 1 JN hat das Gericht, sobald eine Rechtssache der streitigen Gerichtsbarkeit anhängig wird, also zum Zeitpunkt der Klagseinbringung, seine Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen. Die Prüfung hat zunächst auf Grund der Angaben des Klägers zu erfolgen, sofern diese nicht dem Gericht bereits als unrichtig bekannt sind (§ 41 Abs 2 JN). Daraus folgt, dass die Klagsangaben grundsätzlich ungeprüft für wahr zu halten und der Zuständigkeitsprüfung zugrundezulegen sind ( Scheuer in Fasching/Konecny 3 § 41 JN Rz 5; RS0046236).
1.2. Zweifellos liegt hier nach den Klagsangaben eine Streitigkeit nach § 51 Abs 1 Z 1 JN vor, mithin eine solche, bei der die Wertzuständigkeit zu beachten ist:
Vor die selbständigen Handelsgerichte gehören Streitigkeiten nach § 51 Abs 1 Z 1 JN, falls der Streitgegenstand an Geld oder Geldeswert den Betrag von EUR 15.000 übersteigt (§ 51 Abs 1 JN); liegt er bei oder unter EUR 15.000, ist (in C*) das Bezirksgericht für Handelssachen für solche Streitigkeiten zuständig (§ 52 Abs 1 JN).
1.3. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen, andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (RS0053096).
§ 55 Abs 1 JN ist als Ausnahme vom Grundsatz der Nichtzusammenrechnung anzusehen, sodass eine Zusammenrechnung im Zweifel ausscheidet (RS0122950; vgl ua 7 Ob 202/24t).
Gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachten Ansprüche dann zusammenzurechnen, wenn sie von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden und in einem rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhang stehen. Der Beurteilung sind auch diesbezüglich ausschließlich die Klagsbehauptungen zugrunde zu legen (§ 41 Abs 2 JN; RS0106759; RS0046236).
1.4. In einem tatsächlichen Zusammenhang stehen alle Klagsansprüche, die aus demselben Klagssachverhalt abzuleiten sind.
Dies ist dann der Fall, wenn das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre.
Ein rechtlicher Zusammenhang besteht insbesondere dann, wenn die einzelnen Ansprüche aus einem einheitlichen Rechtsgeschäft oder Rechtsgrund entstammen (RS0037648; RS0037899; Gitschthaler in Fasching/Konecny ³ § 55 JN Rz 15 ff, 20 ff; Mayr in Rechberger/Klicka 5 § 55 JN Rz 3 f, je mwN).
1.5. Gerade daraus folgt die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass Ansprüche aus verschiedenen Verträgen betreffend verschiedene Rechtsgüter auch bei Gleichartigkeit nicht in einem sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RS0037926 [T26]).
Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen aus lediglich gleichartigen Verträgen findet daher gerade nicht statt (RS0037648 [T15]), weil diese entweder das Vorbringen anderer Tatsachen erfordern oder aber aus verschiedenen Rechtsgründen resultieren.
1.6. In einem tatsächlichen Zusammenhang stehen die relevierten Ansprüche nicht: Aus dem Klagsvorbringen zu Sofa und Chaiselongue ist nicht der behauptete Anspruch in Betreff des – später mit separatem Kaufvertrag – erworbenen Hockers abzuleiten.
Auch ein rechtlicher Zusammenhang ist zu verneinen, weil zwei verschiedene Kaufverträge abgeschlossen wurden; dass diese gleichartig (Möbelkauf) waren und gleichartige Ansprüche releviert werden, spielt nach dem eben Gesagten keine Rolle.
2. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zwar nicht jedenfalls unzulässig; zufolge § 55 Abs 4 JN gelten die soeben dargestellten Grundsätze zur Zusammenrechnung jedoch auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln.
Wenn – wie hier – einzelne Ansprüche als Streitgegenstände einer Klage, über die das Rekursgericht erkannte, nicht zusammenzurechnen sind, ist die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs für jeden Anspruch gesondert zu prüfen (RS0130936, RS0042642).
Es waren daher zwei Zulassungsaussprüche zu tätigen: Jener in Betreff des Anspruchs von EUR 2.720 samt Nebengebühren folgt aus § 528 Abs 2 Z 1 ZPO (RS0044496).
In Bezug auf die Klagsforderung von EUR 13.300 samt Nebengebühren stand eine erhebliche Rechtsfrage nicht zur Beurteilung an, weil umfangreiche einschlägige Rechtsprechung zur Zusammenrechnung im Sinn des § 55 JN bei Vorliegen mehrerer wenn auch gleichartiger Verträge vorhanden ist, von der das Rekursgericht nicht abwich.
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