Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Mag. Körber in der Strafsache gegen A* wegen § 133 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 16. Mai 2025, GZ **-5, den
Beschluss
gefasst:
In teilweiser Stattgebung der Beschwerde wird der gemäß § 196a Abs 1 StPO festgesetzte Pauschalbeitrag zu den Kosten der Verteidigung auf 600 Euro erhöht .
Im Übrigen wird der Beschwerde nicht Folge gegeben.
Begründung:
Am 22. April 2025 stellte die Staatsanwaltschaft Wien das zu AZ ** gegen A* wegen der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB und der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 190 StPO ein (ON 1.1 und ON 3). Der Beschuldigte stand im Verdacht, zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt in ** 1.113,74 Euro aus einem zum dienstlichen Einkauf übergebenen Geldbetrag sich unrechtmäßig zugeeignet und auf seinem Laptop eine Reihe von falschen oder verfälschten Lohnzetteln erstellt zu haben.
Am 15. Mai 2025 beantragte der Genannte unter Anschluss einer Aufstellung der Kosten seiner Verteidigung (ON 4.3) die Leistung eines Beitrags dazu in Höhe von 1.500 Euro (ON 4.1, ON 4.2).
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 5) bestimmte das Erstgericht den durch den Bund zu leistenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* gemäß § 196a Abs 1 StPO mit 300 Euro.
Dagegen richtet sich dessen rechtzeitige Beschwerde (ON 6.2), die eine Erhöhung des Pauschalbeitrags auf 1.500 Euro fordert.
Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß (hier:) § 190 StPO eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst – neben baren Auslagen – einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von 6.000 Euro nicht übersteigen (§ 196a Abs 1 StPO). Die Höhe der vom Verteidiger seinem Mandanten im Innenverhältnis verrechneten Kosten ist für die Bemessung grundsätzlich nicht von Belang. Vielmehr ist auf die Notwendigkeit bzw Zweckmäßigkeit der Vertretungshandlungen abzustellen (vgl Lendl in Fuchs/Ratz, WK StPO § 393a Rz 10).
Der Pauschalkostenbeitrag in einem Höchstbetrag der „Grundstufe (Stufe 1)“ in Höhe von 6.000 Euro soll grundsätzlich für alle jene Verteidigungsfälle zur Verfügung stehen, die nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Dabei ist es angezeigt, für ein durchschnittliches Verfahren der „Stufe 1“ auch von den durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein sogenanntes „Standardverfahren“ auszugehen. Laut dem Erlass des BMJ vom 31. Juli 2024 über die Neuregelung des Verteidigungskostenbeitrags durch das Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird, BGBl I Nr 96/2024, umfasst ein solches durchschnittliches, rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachendes Ermittlungsverfahren im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden. Für Verfahren in bezirksanwaltlicher Zuständigkeit erscheint eine Reduktion der Ausgangsbasis auf die Hälfte des Durchschnittswerts, sohin 1.500 Euro, angemessen.
Das Gesetz sieht nur einen Beitrag zu den Verteidigerkosten, nicht jedoch deren gesamten Ersatz vor, wobei die Höchstbeträge nicht dahin zu verstehen sind, dass der Beitrag im Fall nachweislich höherer Kosten stets oder auch nur im Regelfall mit dem Höchstbetrag zu bemessen wäre. Bei ganz einfachen Verteidigungsfällen ist der Einstieg etwa bei 10 % des jeweiligen Höchstbetrags anzusetzen ( Lendl in Fuchs/Ratz , WK StPO § 393a Rz 10 ff).
Dem Ermittlungsverfahren gegen A* lag eine sehr einfache Sach- und Rechtslage zugrunde. Bis zur Einstellung bestand der Akt (neben dem AB-Bogen) aus einer einzigen Ordnungsnummer, nämlich dem polizeilichen Abschlussbericht, der insbesondere mehrere Zeugenvernehmungen, eine schriftliche Stellungnahme des Beschuldigten und eine 362-seitige WhatsApp Konversation umfasst. Die notwendige und zweckmäßige Tätigkeit des Verteidigers beschränkte sich auf Akteneinsicht bei der Polizei (ON 2.25), Verfassen einer schriftlichen Stellungnahme (ON 2.9) samt dafür erforderlichem Aktenstudium sowie eine Besprechung und ein Telefonat mit dem Beschuldigten (siehe ON 4.3). Dass die verrechneten Telefonate mit Polizeibeamten sowie die im Kostenverzeichnis geltend gemachte (nicht aktenkundige) Anfrage an die Staatsanwaltschaft der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienten, wurde nicht nachvollziehbar dargelegt. Die nicht näher begründete Behauptung, die Telefonate seien „zur zweckentsprechenden Verteidigung“ geführt worden, lässt nicht erkennen, inwiefern sie zur Rechtsverfolgung tatsächlich notwendig oder zweckmäßig waren. Wie schon das Erstgericht darlegte, handelt es sich bei den im vorgelegten Leistungsverzeichnis enthaltenen ERV-Kosten um keine Barauslagen.
Wenn man sich an den dargestellten Prämissen für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags sowie daran orientiert, dass der Einstieg etwa bei 10 % des jeweiligen Höchstbetrags anzusetzen ist, so erscheint im vorliegenden Fall angesichts des konkreten Verfahrensaufwands ein Zuspruch in Höhe von 600 Euro angemessen. Es war daher in teilweiser Stattgebung der Beschwerde der Pauschalbeitrag zu den Kosten der Verteidigung auf 600 Euro zu erhöhen.
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