Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Weixelbraun als Vorsitzenden, die Richterin Mag a . Viktorin und den Kommerzialrat Mag. Goliasch in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geb. **, **, vertreten durch Mag. Maximilian Donner-Reichstädter LL.M., LL.M. (SCU), Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , HRB**, **, Deutschland, vertreten durch die Ruggenthaler, Rest Borsky Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 5.000 samt Zinsen, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 15.5.2025, **-36, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 877,39 (darin EUR 146,23 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin und ihr Ehemann verbrachten im April 2022 ihre Hochzeitsreise auf den Philippinen. Als sie mit einem Taxi eine Brücke überquerten, stürzte diese ein. Während sich die Klägerin aus dem Fahrzeug nur leicht verletzt befreien konnte, kam ihr Ehemann ums Leben. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger, wovon sie bis zur Hochzeitsreise nur dem engsten Freundeskreis und den damaligen Hochzeitsgästen berichtet hatte.
Die Beklagte ist die Medieninhaberin der unter ** erreichbaren Website der Illustrierten „**" sowie des unter ** erreichbaren Facebook-Profils, das für jedermann ohne Zugangsbeschränkung einsehbar ist und über mehr als eine Million Abonnenten verfügt.
Am 3.5.2022 veröffentlichte die Beklagte auf ihrer Website und auf ihrer Facebook-Seite den Artikel „ Brücke eingestürzt, Ehemann rettet schwangerer Frau das Leben - und stirbt in den Flitterwochen ", der weltweit im Internet abrufbar gewesen ist.
Im Text dieses Artikels wurde von der Beklagten jeweils ein Link auf einen Artikel der C*-Zeitung, veröffentlicht unter www.C*.de mit dem Titel „D* rettete seine schwangere A* aus dem Auto, dann ertrank er - Tod in den Flitterwochen ", gesetzt. In diesen Artikel der C*-Zeitung waren ein Lichtbild, das die trauernde Klägerin über den Leichensack mit dem Leichnam ihres Ehemannes gebeugt zeigt, und mehrere weitere Lichtbilder der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes aus den Flitterwochen eingebettet.
Dieser von der Beklagten verlinkte Artikel war als sogenannter C*E*-Content hinter einer Bezahlschranke verborgen und somit grundsätzlich nur für C*E*-Abonnenten kostenpflichtig abrufbar. Das monatliche C*E*-Abonnement war für EUR 1,99 im Monat erwerbbar und konnte unentgeltlich für 12 Tage getestet werden.
Bereits vor der Bezahlschranke war aber das Lichtbild zu sehen, das die trauernde Klägerin über den Leichensack ihres Ehemannes gebeugt darstellt. Dieses Lichtbild trug die Überschrift „D* rettete seine schwangere A* aus dem Auto. Dann ertrank er. Tod in den Flitterwochen “.
Der von der Beklagten in ihrem Artikel verlinkte Bericht der C*-Zeitung war insgesamt bis zum 4.5.2022 aufrufbar. Dann wurde er auf außergerichtliche Aufforderung der Klägerin von der Medieninhaberin dieser Seite wieder gelöscht.
Der Artikel der Beklagten wurde im Zeitraum vom 3.5.2022 bis 4.5.2022 9.091 Mal aufgerufen. 7.608 Zugriffe erfolgten dabei aus Deutschland, 1.027 aus Österreich. Von diesen Aufrufern haben aus Österreich vier und aus Deutschland sieben den verlinkten C*-Artikel ebenfalls aufgerufen bzw angeklickt.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19.12.2022 wurde die Beklagte insgesamt zu einer Entschädigung iSd § 7 MedienG iHv EUR 12.000 an die Klägerin verurteilt.
Die Klägerin litt aufgrund der medialen Berichterstattung der Beklagten daran, dass ihr dadurch die Möglichkeit genommen wurde, selbst den Zeitpunkt zu wählen, wann sie ihren Verwandten und Bekannten von ihrer Schwangerschaft erzählt. Dieser Umstand wurde dadurch verstärkt, dass durch die Folgen des Vorfalls vom 27.4.2022 eine gewisse Zeit lang medizinisch nicht klar war, ob sie das Kind verlieren wird.
Weitere Unlustgefühle bis hin zu Wut verspürte die Klägerin aufgrund der medialen Berichterstattung und dem dadurch ausgelösten Umstand, dass sie immer wieder die Geschichte vom „Heldentod“ ihres Ehemannes, der sie (selbstlos) aus dem Unfallfahrzeug gerettet habe und dabei selbst umgekommen sei, richtigstellen musste.
Die Klägerin wurde aufgrund der medialen Berichterstattung auch während der Schwangerschaft und der Karenz von ihren Patientinnen kontaktiert. Teilweise kam es dabei auch zu Nachfragen der Patientinnen dazu, ob sie aufgrund ihrer Erlebnisse, die die Patientinnen nur aus der medialen Berichterstattung kannten, überhaupt in ihren Arbeitsbereich (der Physiotherapie im gynäkologischen Bereich) zurückkehren werde. Ausgelöst durch diese Nachfragen machte sich die Klägerin während der Schwangerschaft und der Karenz auch dahingehend berufliche Sorgen, dass sie aufgrund der medialen Berichterstattung der Beklagten und ihrer dadurch ausgelösten ungewollten Bekanntheit Patientinnen verlieren könnte. Nach ihrer Rückkehr in ihren Beruf bestätigten sich diese Sorgen der Klägerin nicht.
Die mediale Berichterstattung der Beklagten hatte auch Auswirkungen auf die Sozialkontakte der Klägerin. Sie hatte beim Kennenlernen neuer Personen immer die Frage im Hinterkopf, ob diese ihre Geschichte aus den Medien kennen (könnten). Wenn sich dann herausstellte, dass diese ihre „Mediengeschichte“ tatsächlich kennen, hatte die Klägerin jedenfalls das Bedürfnis, diese zunächst richtig zu stellen. Die Klägerin war dadurch über einen längeren Zeitraum von zumindest mehreren Monaten in ihren sozialen Kontakten gehemmt bzw deutlich beeinflusst.
Aus all diesen Umständen befand sich die Klägerin in psychologischer Betreuung, um den Vorfall selbst aber auch die mediale Berichterstattung dazu entsprechend aufzuarbeiten. Die psychologische Aufarbeitung der verfahrensgegenständlichen medialen Berichterstattung hat dabei ebenfalls einen längeren Zeitraum von zumindest mehreren Monaten in Anspruch genommen.
Die Klägerin begehrte – nach Abschluss eines Teilvergleichs (ON 17.2) mit der Beklagten über die ursprünglich erhobenen, auf die §§ 78 und 81 f UrhG und § 7 Abs 1 MedienG gestützten Unterlassungsbegehren – zuletzt die Zahlung eines Entschädigungsbetrags von EUR 5.000 nach § 87 Abs 2 UrhG.
Dazu brachte sie – soweit im Berufungsverfahren von Relevanz – vor, die Veröffentlichungen der Beklagten beträfen die intimste Sphäre des höchstpersönlichen Lebensbereichs der Klägerin und ihres Ehemannes und trügen ihre tragische Geschichte nach außen. Durch die dargestellte emotionsgeladene Berichterstattung werde die Klägerin auch unter Bekannten, ihrer Nachbarschaft sowie Ärzten und Patienten nach wie vor bemitleidet und sei in der ewigen Opferrolle gefangen, wodurch sie auch im sozialen Leben Schwierigkeiten habe, Anschluss zu finden sowie Freundschaften oder eine neue Beziehung einzugehen. In Anbetracht des fehlenden Nachrichtenwerts und der herabwürdigenden Art der Abbildung, der großen Reichweite der Beklagten, der Tatsache, dass die Beklagte die Veröffentlichungen in mehreren Medien veröffentlicht und dabei zweifelsfrei schuldhaft gehandelt habe, sowie der enormen persönlichen Beeinträchtigung der Klägerin bewerte diese ihren gesamten immateriellen Schaden gegenüber der Beklagten mit zumindest EUR 17.000 . Dieser Schaden sei durch die Zusprüche im Medienverfahren nicht vollständig abgegolten worden.
Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, unter Berücksichtigung des der Klägerin im medienrechtlichen Verfahren bereits zugesprochenen Entschädigungsbetrags, der auf einen allfälligen zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 87 Abs 2 UrhG anzurechnen sei, stehe der Klägerin kein weiterer Ersatzanspruch mehr zu. Die geltend gemachte Entschädigungshöhe sei angesichts der bisher in Österreich zugesprochenen Entschädigungsbeträge jedenfalls nicht angemessen. Überdies habe die Klägerin die halbe deutschsprachige Medienlandschaft geklagt und dadurch bereits einen mittleren sechsstelligen Eurobetrag an Entschädigungszahlungen vereinnahmt.
Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten Folge, hob die Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück (1 R 25/25s).
Mit dem angefochtenen Urteil im zweiten Rechtsgang verpflichtete das Erstgericht die Beklagte erneut zur Zahlung von EUR 5.000 samt 4 % Zinsen seit 22.11.2023 sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten an die Klägerin.
Über den eingangs auszugsweise dargestellten Sachverhalt hinaus traf das Erstgericht die auf den Seiten 13 bis 19 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird.
In rechtlicher Hinsicht kam das Erstgericht – soweit hier relevant – zum Ergebnis, es habe sich um einen besonders massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Klägerin und deren Erwerbsleben gehandelt. Nicht nur sei in unnötig emotionalisierender und detaillierter Weise über den tragischen Tod ihres Ehemannes und das Familienleben berichtet, sondern auch die nicht allgemein bekannte Schwangerschaft der Klägerin öffentlich gemacht worden, was sich sowohl auf deren Psyche und ihr Sozialleben als auch ihr berufliches Fortkommen negativ ausgewirkt habe, ohne dass den veröffentlichten Lichtbildern ein Nachrichtenwert zugekommen wäre. Die Auswirkungen der medialen Berichterstattung seien so gravierend gewesen, dass sich die Klägerin (auch deshalb) in psychologische Behandlung begeben habe. Es erscheine daher im Hinblick auf das Verschulden der Beklagten und die (mögliche) Reichweite der Veröffentlichung im Internet ein Ersatzanspruch von insgesamt EUR 17.000 angemessen. Der Umstand, dass es zahlreiche weitere gleichartige (rechtswidrige) Bildnisveröffentlichungen gegeben habe, habe ohne Auswirkung auf die Höhe des Zuspruchs zu bleiben. Davon, dass eine wiederholte Veröffentlichung gleichsam „degressiv" zu einer Minderung erlittener Kränkungen führe, könne nicht ausgegangen werden. Würde man der Rechtsansicht der Beklagten dazu folgen, würde das zu einer nicht angebrachten Aufteilung des Schadenersatzes auf zahlreiche Medieninhaber führen und diese auf rücksichtslose Art zu Lasten der Geschädigten bevorzugen. Es seien daher insgesamt die allenfalls in anderen Verfahren zugesprochenen Entschädigungsbeträge, mit Ausnahme des medienrechtlichen Verfahrens zwischen den Streitteilen vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien, nicht zu berücksichtigen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das Klagebegehren abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1.1 Im Rahmen der Beweisrüge moniert die Beklagte – ohne Feststellungen des Erstgerichts zu bekämpfen – das Fehlen von Feststellungen dazu, dass die Klägerin wegen derselben Berichterstattung gegen zahlreiche Medien vorgegangen sei und einen gut sechsstelligen Betrag an Entschädigungen erhalten habe.
1.2 In Wahrheit beruft sich die Beklagte damit auf einen – in ihren Ausführungen ohnehin auch ausdrücklich als solchen geltend gemachten – sekundären Feststellungsmangel, der im Rahmen der Rechtsrüge zu behandeln ist (RS0043304 [T6]) (→ 2.1 ).
2.1 In ihrer Rechtsrüge wendet sich die Beklagte erneut gegen die Höhe des erstinstanzlich zugesprochenen Schadenersatzes und vertritt dabei zunächst die Auffassung, ein allfälliger Gefühlsschaden der Klägerin sei im Sinne einer – richtigerweise anzustellenden – globalen Schadensbemessung bereits dadurch abgegolten („übermäßig bedient“) worden, dass andere Medien, die ebenfalls über den Sachverhalt berichtet hätten, bereits einen sechsstelligen Betrag an Entschädigungszahlungen an die Klägerin gezahlt hätten.
2.1.1 Soweit sich die Beklagte mit ihren Ausführungen zur bereits erfolgten Abgeltung des Gesamtschadens auf die in § 89 UrhG normierte Solidarhaftung mehrerer Verpflichteter beruft, scheitert dies bereits an einem dahingehenden erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten. Aus den in der Berufung zitierten, in diesem Zusammenhang jüngst ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 32/25m sowie des Oberlandesgerichts Wien zu 2 R 158/24f ist insofern für den Standpunkt der Beklagten im vorliegenden Verfahren nichts zu gewinnen:
2.1.2 Diesen Entscheidungen lagen (zusammengefasst) gegen mehrere Personen gerichtete Schadenersatzansprüche gemäß § 87 Abs 2 UrhG aufgrund einer nach § 78 UrhG unzulässigen Serienberichterstattung zugrunde. In der Entscheidung zu 6 Ob 32/25m bejahte der Oberste Gerichtshof eine Solidarhaftung der beiden Beklagten und sprach im Wesentlichen aus, dass es sich bei unbefugten Veröffentlichungen in unterschiedlichen Medien innerhalb einer kurzen Zeitspanne nicht um selbstständige punktuelle Eingriffe handle, die einen eigenen (getrennten) Schaden verursachten, wenn die Verletzungshandlungen in einem derart engen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang stünden und überdies derselben Mediengruppe zuzuordnen seien.
2.1.3 Ein näher konkretisiertes Vorbringen, aus dem sich – im Sinne dieser Judikatur – auch hier ein einheitlicher immaterieller Gesamtschaden der Klägerin ableiten ließe, erstattete die Beklagte im Verfahren erster Instanz jedoch nicht. Ihren pauschalen (weder ziffernmäßig noch in Bezug auf die jeweiligen Medieninhaber sowie Zeitpunkt, Inhalt und Form der jeweiligen Veröffentlichungen näher bestimmten) Behauptungen lässt sich lediglich entnehmen, die Klägerin habe wegen der Berichterstattung über ihren Unglücksfall die halbe deutschsprachige Medienlandschaft mit Klagen (medienrechtlichen Entschädigungsanträgen) überzogen und dadurch bei den diversen Redaktionen in Österreich und Deutschland einen mittleren sechsstelligen Betrag eingesammelt (vgl S 2 und 11 in ON 11; S 7 in ON 15). Ausgehend davon war das Erstgericht nicht gehalten, die von der Beklagten als fehlend monierten Feststellungen zu treffen. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt nicht vor.
2.1.4 Abgesehen davon bezieht sich das Vorbringen der Beklagten (wie sich auch aus dem bezughabenden Beweisantrag auf Beischaffung diverser Verfahrensakten des Landesgerichts für Strafsachen Wien ergibt [S 2 in ON 11; S 7 in ON 15]) auf die medienrechtlichen Entschädigungsansprüche der Klägerin nach den §§ 6 ff MedienG, die mit dem hier geltend gemachten immateriellen Schadenersatz gemäß § 87 Abs 2 UrhG jedoch nicht gleichzusetzen sind (siehe dazu bereits 1 R 25/25s, Pkt 2.3.4 ). Die von der Berufung ins Treffen geführte Bestimmung des § 89 UrhG, die eine Solidarhaftung vorsieht, soweit derselbe Anspruch auf Schadenersatz ( § 87 Abs 1 bis 3 UrhG ) gegen mehrere Personen begründet ist, kommt damit nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten von vornherein nicht zum Tragen.
2.2 Die Beklagte vertritt in ihrer Berufung weiterhin die Ansicht, ein allfälliger Gefühlsschaden der Klägerin wäre durch die im Medienverfahren zugesprochene Entschädigung von EUR 12.000 vollständig abgegolten. Die Feststellungen des Erstgerichts (in welchen sich kein Umstand finde, der nicht schon im Medienverfahren berücksichtigt worden wäre) seien nicht geeignet, einen – vergleichsweise im obersten Bereich liegenden – Ersatzanspruch der Klägerin von insgesamt EUR 17.000 zu rechtfertigen. Insbesondere hätten die extrem geringen Abrufzahlen der inkriminierten Berichterstattung nicht hinreichend Berücksichtigung gefunden. Die Entschädigung des § 87 Abs 2 UrhG könne nur an jener Anzahl von Lesern bemessen werden, die ein gegen § 78 UrhG verstoßendes Bild tatsächlich gesehen hätten. Ausgehend von den festgestellten Aufrufzahlen erscheine die Ausmessung der Entschädigung von Höhe von insgesamt EUR 17.000 völlig willkürlich und entspreche nicht ansatzweise dem durch die inkriminierte Bildveröffentlichung allenfalls bewirkten Gefühlsschaden im Sinne einer empfindlichen Kränkung. So aber stelle sie einen mit nichts zu rechtfertigenden Eingriff in die Grundrechte (Eigentum, Meinungsfreiheit) der Beklagten dar.
2.2.1 Dass die Berichterstattung der Beklagten zu einer ernsten Beeinträchtigung der Persönlichkeit der Klägerin geführt hat, die den mit jeder Zuwiderhandlung verbundenen natürlichen Ärger überschreitet, sodass ihr immaterieller Schadenersatz nach § 87 Abs 2 UrhG zusteht, ist im Berufungsverfahren nicht strittig.
Die Grundsätze zur Bemessung der Höhe des immateriellen Schadens wurden bereits im Aufhebungsbeschluss vom 24.3.2025 (1 R 25/25s, ON 34, Pkt 2.3.1-2.3.4 ) dargestellt, sodass zunächst darauf zu verweisen ist.
2.2.2 Die Beklagte lässt bei ihren Ausführungen die vom Erstgericht (ergänzt) getroffenen Feststellungen zu den konkreten Beeinträchtigungen der Klägerin aufgrund der gegenständlichen Veröffentlichungen gänzlich außer Betracht und beruft sich zunächst ganz allgemein auf die Tabelle von Nageler-Petritz (Zur Höhe des immateriellen Schadenersatzes bei [ungerechtfertigter] Bildveröffentlichung in Medien, MR 2021, 279), ohne konkrete Fälle zum Vergleich mit dem vorliegenden Sachverhalt daraus hervorzuheben. Auch im Zusammenhang mit ihrem Verweis auf die in einem von der Klägerin geführten Parallelverfahren ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 118/24g, wonach für die Berichterstattung der F* Zeitung über denselben Sachverhalt ein Schadenersatz von „lediglich EUR 15.0000“ für angemessen erachtet worden sei, stellt die Beklagte keinerlei inhaltlichen Bezug zu den vom Erstgericht im konkreten Fall getroffenen (unbekämpft gebliebenen) Feststellungen her.
2.2.3 Gleiches gilt für die Ausführungen der Beklagten, wonach die extrem geringen Abrufzahlen der inkriminierten Berichterstattung bei der Bemessung der Schadenshöhe bislang nicht hinreichend Berücksichtigung gefunden hätten und es nur darauf ankommen könne, wie oft der im Text der Beklagten verlinkte Artikel samt Foto der Klägerin tatsächlich abgerufen worden sei.
Es trifft zwar grundsätzlich zu, dass bei der Festsetzung des Entschädigungsbetrags nach § 87 Abs 2 UrhG auch die Art der Veröffentlichung, ihre Reichweite und die Anzahl der Veröffentlichungen zu berücksichtigen sind. Die Beklagte verkennt jedoch, dass die durch die Veröffentlichungen erlittene Beeinträchtigung der Klägerin nicht mit den konkreten Aufrufzahlen der jeweiligen Artikel gleichzusetzen ist bzw sich nicht alleine daran bemessen lässt (siehe dazu bereits 1 R 25/25s, ON 34, Pkt 2.3.7 ).
2.2.4 Nach den Feststellungen des Erstgerichts hatte die gegenständliche Berichterstattung in mehrfacher Hinsicht tatsächliche Auswirkungen auf die Klägerin. Hervorzuheben ist daraus, dass die Beklagte in ihrer Berichterstattung (samt Verlinkung eines Artikels mit Fotos der Klägerin ganz knapp nach dem tragischen Unfall, zeigend wie sie sich über ihren toten Mann beugt, aber auch der Urlaubsfotos der Klägerin und ihres Mannes bei dieser Hochzeitsreise) die – bis dahin noch nicht allgemein bekannte und zudem durch die Folgen des Unfalls in medizinischer Hinsicht kritische – Schwangerschaft der Klägerin publik gemacht hat. Sowohl im beruflichen als auch im sozialen Bereich war die Klägerin über mehrere Monate hinweg durch die mediale Berichterstattung der Beklagten (negativ) beeinflusst. Aufgrund der unrichtigen Wiedergabe des Unfallgeschehens im Begleittext hatte sie immer wieder die Geschichte vom „Heldentod“ ihres Ehemannes richtigzustellen. Beruflich hatte sie durch die (noch während ihrer Schwangerschaft und Karenz erfolgten) Nachfragen von Patientinnen, ob sie überhaupt in ihren Arbeitsbereich als Physiotherapeutin im gynäkologischen Bereich zurückkehren werde, Sorgen, aufgrund ihrer durch die Berichterstattung ausgelösten, ungewollten Bekanntheit Patientinnen zu verlieren. Auch in ihren sozialen Kontakten, insbesondere beim Kennenlernen neuer Personen, war die Klägerin gehemmt bzw deutlich beeinflusst. Die Klägerin befand sich aufgrund all dieser Umstände über mehrere Monate hinweg in psychologischer Betreuung, um den Vorfall selbst, aber auch die mediale Berichterstattung dazu entsprechend aufzuarbeiten.
2.2.5 Entgegen der Auffassung der Beklagten erfolgte der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Klägerin hier nicht nur durch die Verlinkung des Artikels der C*-Zeitung und der darin enthaltenen – selbst in der Berufung richtig als „bloßstellend“ bezeichneten – Fotos der Klägerin, sondern auch durch die damit zusammenhängende Veröffentlichung der beiden Artikel auf der Website und der Facebook-Seite der Beklagten, der aufgrund der auf Mitleid abzielenden Art der Berichterstattung über einen sehr tragischen persönlichen Anlass als besonders intensiv (und aufgrund der Offenkundigkeit des Eingriffs zumindest grob fahrlässig) zu beurteilen ist. Dabei wurde in den höchstpersönlichen Lebensbereich der Klägerin in mehrfacher Hinsicht, nämlich nicht nur durch die bildliche Darstellung der Klägerin über dem Leichensack, sondern auch durch die Veröffentlichung ihrer Schwangerschaft und die unwahre Schilderung der Geschehnisse, eingegriffen. Hierzu kann im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden (§ 500a ZPO). Die Ansicht der Beklagten, bei der Bemessung des immateriellen Schadens nur auf die konkreten Abrufzahlen der (verlinkten) Fotos der Klägerin (konkret durch 11 Leser) abzustellen, greift insofern zu kurz.
2.2.6 Soweit die Beklagte überdies die in § 8 Abs 1 MedienG normierten Kriterien zur Bemessung des Entschädigungsbetrags nach den §§ 6 ff MedienG ins Treffen führt, wonach bei Websites auch die Zahl der Endnutzer, die die Veröffentlichung aufgerufen haben, heranzuziehen ist, ist ihr (erneut) entgegenzuhalten, dass der Anspruch auf Ersatz von immateriellen Schäden nach § 87 Abs 2 UrhG nicht mit jenem nach den §§ 6 ff MedienG gleichzusetzen ist, sondern – wie bereits zu 1 R 25/25s ( Pkt 2.2.4) dargelegt – nach stRsp darüber hinausgeht, weswegen lediglich eine Anrechnung zu erfolgen hat (vgl 4 Ob 153/11w).
2.3.1 Bei der Bemessung des Schadenersatzes im konkreten Fall sind – im Sinne der im Aufhebungsbeschluss vom 24.3.2025 aufgezeigten Grundsätze (1 R 25/25s, Pkt 2.3.1-2.3.4) – neben dem generalpräventiven Aspekt und dem der Beklagten anzulastenden Verschuldensgrad der groben Fahrlässigkeit der besonders massive Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich der Klägerin (← 2.2.5 ), die relevanten Abweichungen des Begleittextes vom wahren Sachverhalt, aber auch die erheblichen Folgen des Eingriffs für das Privat- und Berufsleben der Klägerin und die Auswirkungen auf deren Psyche zu berücksichtigen.
2.3.2 Was die in die Erwägungen miteinzubeziehende Reichweite der Veröffentlichungen betrifft, so ist bei einem Opfer einer mittels des Internets begangenen Verletzung eines Persönlichkeitsrechts auf den in der Europäischen Union durch diese Verletzung verursachten immateriellen Schaden abzustellen (vgl EuGH C-509/09, C-161/10, eDate Advertising GmbH, Rz 42,48). Nach den Feststellungen war der von der Beklagten verlinkte Artikel nur für kurze Zeit aufrufbar. Die Artikel der Beklagten wurden in diesem Zeitraum 9.091 Mal aufgerufen, wobei 7.608 Zugriffe aus Deutschland, 1.027 aus Österreich erfolgten.
2.3.3 Selbst wenn man insofern – ungeachtet der potentiell großen Reichweite der von der Beklagten im Internet betriebenen Medien – von einer im Verhältnis zum Verbreitungsgebiet geringen tatsächlichen Verbreitung der Veröffentlichungen ausgeht, erweist sich bei einer Gesamtbetrachtung der heranzuziehenden Bemessungskriterien der vom Erstgericht zugesprochene – wie von der Klägerin begehrte – Ersatzanspruch von weiteren EUR 5.000 (damit insgesamt EUR 17.000 ) zur spürbaren Ahndung der Persönlichkeitsverletzung der Klägerin und zum Ausgleich der im konkreten Fall feststehenden, tatsächlichen Auswirkungen der Berichterstattung als nicht korrekturbedürftig.
3. Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, weil im Berufungsverfahren nur noch über das EUR 5.000 nicht übersteigende Zahlungsbegehren abzusprechen warechen war.
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