Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende, die Richter Mag. Nigl und Mag. Derbolav-Arztmann sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Böhm und Univ.Prof.Mag.Dr. Monika Drs in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Hon.Prof. Mag. Sonja Fragner, Rechtsanwältin in Krems an der Donau, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt , Landesstelle **, **, wegen Feststellung von Schwerarbeitszeiten, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St.Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 2.10.2024, **-64, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat ihre Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe :
Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend. Es genügt daher eine auf die wesentlichen Punkte beschränkte Begründung (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a zweiter Satz ZPO).
Mit dem angefochtenen Urteil stellte das Erstgericht 1. fest, dass die von der Klägerin im Zeitraum von 1.7.2007 bis 13.12.2012, 1.1.2013 bis 17.2.2014, 6.3.2014 bis 30.3.2014, 16.4.2014 bis 9.10.2014, 11.10.2014 bis 12.3.2015 und 17.3.2015 bis 31.5.2023 erworbenen Beitragsmonate der Pflichtversicherung, und zwar die Monate Februar, März und Oktober 2020 (3); Februar, März und April 2021(3); April 2023(1); insgesamt 7 Schwerarbeitsmonate im Sinne des § 4 Abs 3 APG/§ 607 Abs 14 ASVG iVm § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung sind, und wies 2. das Klagebegehren, die Klägerin habe auch in den darüber hinausgehende Monaten im Zeitraum von 1.7.2007 bis 31.5.2023 Schwerarbeitszeiten iSd § 1 Abs 1 Z 4 und Z 5 der Schwerarbeitsverordnung erworben, ab.
Auf den festgestellten Sachverhalt wird verwiesen und daraus Folgendes wiedergegeben:
Zum Feststellungszeitpunkt 1.7.2023 hat die am ** geborene Klägerin 492 Versicherungsmonate, und zwar 466 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aus einer Erwerbstätigkeit, erworben (./A).
Die Monate Februar, März und Oktober 2020, Februar, März und April 2021 sowie April, Juni und Juli 2023 wurden von der beklagten Partei als Schwerarbeitsmonate gemäß Z 4 der Schwerarbeitsverordnung anerkannt.
Unbestritten blieb, dass die Klägerin im Zeitraum Mai 2014 bis September 2023 in sämtlichen Monaten mit Ausnahme des April 2022 zumindest an 15 Arbeitstagen im Monat tätig war (./G).
Die Klägerin arbeitet seit 1.9.1987 als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin im Landesklinikum B* (./1). Nach einer Beschäftigung auf der Dialysestation war sie ab Mai 2014 auf der neurologischen Station Stroke Unit und IMCU im Ausmaß von 35 Wochenstunden tätig. Die Klägerin arbeitete in der Regel von Montag bis Freitag ohne Nachtdienste. Im Normalbetrieb ist die Klägerin für 18 Patienten zuständig.
Laut Information des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz handelt es sich bei einer Stroke-Unit um eine spezielle Einrichtung in einem Krankenhaus an einer neurologischen Abteilung mit der Möglichkeit einer sofortigen für den Schlaganfall spezifischen Diagnostik und Therapieanleitung. Der Erfolg dieser Intensiv-Überwachungseinheiten basiert auf dem speziell trainierten interdisziplinären Team (Ärztinnen/Ärzte, Pflegepersonal, Therapeutinnen/Therapeuten), dem konsequenten Überwachen der neurologischen Funktionen und Vitalfunktionen. Dadurch können Komplikationen entweder vermieden oder frühzeitig erkannt und behandelt werden. Stroke-Units bieten aufgrund ihrer Infrastruktur das am besten geeignete Umfeld für eine erfolgreiche Lysetherapie. Diese Spezialeinheiten sind in neurologischen Abteilungen eingerichtet und verfügen normalerweise über vier bis acht Betten. Auch tragen ua die frühzeitig einsetzende Bewegungstherapie, Ergotherapie und Logopädie wesentlich zum Erfolg bei. Va lassen sich so schwere Folgeschäden wie Lähmungen oder Sprachstörungen etc besser verhindern. [...] Physiotherapie und Ergotherapie tragen gemeinsam mit dem Pflegepersonal die Verantwortung einer korrekten Lagerung der oft durch Lähmungen behinderten Menschen und beginnen mit der Rehabilitation wichtiger Funktionen (Sitzen, Stehen, Heben der Arme etc). Im Durchschnitt bleiben Schlaganfall-Patienten etwa vier Tage in einer Stroke-Unit. Anschließend kommen sie auf eine neurologische oder interne Station, möglicherweise bereits in eine Rehabilitationseinrichtung. Ca die Hälfte der Schlaganfall-Patienten kann direkt nach Hause entlassen werden, ca 40% können ins Berufsleben zurückkehren. Der Zustand der Patienten ist unterschiedlich, bessert sich jedoch tendenziell kontinuierlich, sodass sich in der Regel laufend Behandlungs- und Pflegeerfolge zeigen.
Die IMCUs (Intermediate Care Units) werden auch Überwachungsstationen genannt und sind das Bindeglied zwischen der Intensivstation und der Normalstation. Auch hier sind besondere personelle und apparative Ausstattungen notwendig, und es können bestimmte Organfunktionen überwacht werden. Patientinnen und Patienten auf einer IMCU benötigen jedoch nicht die umfassende Betreuung und Behandlung wie auf einer Intensivstation.
Im Krankenhaus B* gibt es eine Stroke Unit (4 Betten Stufe A, 6 Betten Stufe B, gesamt sohin 10 Betten) und eine IMCU (8 Betten), die vom selben Pflegepersonal, so auch der Klägerin, betreut werden. Je nach Anfall ist entweder in der einen oder der anderen Abteilung mehr zu tun. Es handelt sich um Akutstationen, sämtliche Patienten werden dort überwacht. Der zeitliche Verbleib der Patienten auf der Akutstation ist je nach Diagnose und Entwicklung sehr unterschiedlich und beträgt von einem Tag bis zu mehreren Wochen.
Jede akute neurologische Erkrankung bzw akute Verschlechterung einer chronischen Erkrankung ist während der ersten Behandlungstage in Phase A einzureihen, da ein besonderes Ausmaß an diagnostischen und akuttherapeutischen Maßnahmen, gegebenenfalls intensivmedizinischen Therapien notwendig ist. Neben der neurologischen Erkrankung bestehen häufig schwerwiegende Begleiterkrankungen, Schädel-Hirn-Verletzungen ereignen sich oft im Rahmen eines Polytraumas. Es ist daher zumeist die gesamte Infrastruktur eines Akut-Krankenhauses bzw eines Schwerpunktkrankenhauses zur adäquaten Betreuung eines Patienten in Phase A erforderlich (./M).
In Phase B sind Patienten nach neurologischen Akutereignissen zu behandeln, die zumindest intermittierend schwer bewusstseinsgestört, aber nicht mehr dauernd kontrolliert zu beatmen sind und/oder keine oder geringe Kooperationsfähigkeit und/oder vollkommene oder weitgehende Unselbstständigkeit bezüglich der Aktivitäten des täglichen Lebens aufweisen. Komplikationen und notfallsartige Verschlechterungen sind häufig und können jederzeit intensivmedizinische Interventionen notwendig machen (./N). Die Betreuung von Patienten in Stufe B Betten ist psychisch besonders belastend.
Die von der Klägerin betreuten Patienten litten an folgenden Diagnosen (./L): [...]
Folgende Diagnosen überwiegen: Schlaganfälle, Blutungen, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen und Atemnot, zB Asthma oder COPD.
Die Klägerin verrichtete entweder einen Beidienst oder – va im Zeitraum 2020 bis 2023 – einen Vertretungsdienst. Beim Vertreten der Stationsleitung hatte die Klägerin die Aufsicht über die Mitarbeiter, ansonsten nur über Auszubildende. In beiden Dienstformen war sie mehr als vier Stunden mit der unmittelbaren Pflege von Patienten beschäftigt. Bei einem Vertretungsdienst leistete die Klägerin idR zwei Stunden rein administrative Tätigkeiten in Vertretung der Stationsleiterin.
Im Rahmen der Pflege musste die Klägerin positionieren, umlagern und mobilisieren, beim An- und Auskleiden unterstützen sowie die Körperpflege und Mundhygiene durchführen. Sie war für die Medikamentenaus- und -eingabe, die Essenaus- und -eingabe zuständig, musste Venflons setzen und Blutabnahmen (mindestens eine täglich) durchführen. Benötigte ein Patient Sondennahrung – was nicht täglich vorkam - dann hängte die Klägerin die Sonde an, positionierte den Patienten und führte das entsprechende Protokoll. Die Klägerin musste Vor- und Entsorgungstätigkeiten hinsichtlich Wäsche, Müll oder Medikamente erledigen sowie Betten machen. Sie hatte häufig Schutzkleidung zu tragen, zB bei Isolationspatienten oder bei einer Lumbalpunktion. Transferierungsfahrten und OP-Fahrten sowie die Unterstützung der Ärzteschaft bei medizinischen Handlungen nahmen jeweils nur ca 15 Minuten pro Tag in Anspruch, da diese Tätigkeiten in der Regel vom Hauptdienst durchgeführt wurden. Die Klägerin war auch nur vertretungsweise bei Visiten anwesend, da auch dies eine Aufgabe des Hauptdienstes ist.
Die Klägerin musste täglich Dokumentationen hinsichtlich Essen, Pflege und besondere Anlassfälle führen, dies nahm eine halbe Stunde bis eineinhalb Stunden pro Tag in Anspruch.
Patienten mit Herzrhythmusstörungen mussten überwacht werden, bei Bedarf war ein Arzt zu verständigen. Manche Patienten lagen auf der Station, bis sie einen Herzschrittmacher erhielten. Bei frischen Schlaganfällen wurden die Patienten mit dem Hubschrauber transferiert, es kam dabei oft zu Intubationen, die vom Arzt durchgeführt wurden. Das Pflegepersonal musste dafür alles herrichten.
Es gab viele Patienten mit Schluckstörungen infolge eines Schlaganfalls. Die Essenseingabe war aufwendig, da sich diese Patienten nicht verschlucken durften, da sonst eine Lungenentzündung drohte. Patienten im Delirium kamen ungefähr zehn Mal im Monat auf die Station der Klägerin, diese waren schwer zu behandeln. Kleine epileptische Anfälle, die zu einem Zucken einer Hand oder des Gesichts führten, gab es mehrmals in der Woche und erforderten eine unmittelbare Reaktion. Größere epileptische Anfälle kamen nicht so oft vor.
Die Klägerin musste auch psychiatrische Patienten betreuen, zB Patienten aus **, die Schlaganfälle oder Fieber gehabt hatten. Manchmal waren dies zwei Patienten pro Woche, dann kam zwei Wochen wieder keiner. Diese Patienten litten oft unter Wahnvorstellungen. Patienten mit Intoxikationen (Drogen, Alkohol) waren häufig nicht ansprechbar und mussten überwacht werden. Wenn sie munter wurden, hatten sie oft einen Entzug und wurden aggressiv. Bei diesen Patienten war auch immer wieder eine Fixierung erforderlich. Betreuungsintensiv waren Infektionspatienten (zB Corona, RSV-Virus, Stuhlkeime).
Immer wieder, nicht jedoch täglich, waren Reanimationen erforderlich. Die Klägerin war ca ein Mal im Monat bei einer Reanimation dabei, dabei wurden Defibrillatoren verwendet.
Auf der Station gab es immer wieder demenzkranke Patienten, im Schnitt ein bis zwei Patienten. Leichte Fälle kamen oft vor, schwerere Fälle ungefähr fünf Mal im Jahr. Der Schweregrad der Demenzerkrankung kann nicht festgestellt werden.
Unregelmäßig kam es zu Todesfällen. Manchmal verstarb monatlich ein Patient, dann wieder zwei Monate lang keiner. Bevor ein Patient verstirbt, wird er in der Regel auf die Intensivstation oder in andere Krankenhäuser transferiert. Es kam auch vor, dass Patienten austherapiert waren und auf die Station der Klägerin kamen, um dort zu sterben. Im Schnitt verstarb ein Patient pro Monat auf den Stationen der Klägerin.
Nicht festgestellt werden kann, welche Pflegestufen die Patienten auf der Station der Klägerin hatten. Viele Patienten wiesen zuvor keine gesundheitlichen Probleme auf und hatten daher bei Einlieferung keine Pflegestufe. Nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin zeitlich überwiegend oder überwiegend hinsichtlich der Anzahl der zu pflegenden Patienten mit der Betreuung und Pflege von Patienten beschäftigt war, die einen Pflegebedarf von Stufe 5 oder höher hätten (also einen Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden im Monat in Verbindung mit einem außergewöhnlichen Pflegeaufwand). Nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin überwiegend Patienten auf B-Betten betreut hätte.
Besonders belastend ist für die Klägerin, wenn junge Menschen einen Suizidversuch begehen oder wenn Patienten Atemnot haben, da in diesem Fall eine schnelle Betreuung erforderlich ist. Als besonders belastend empfindet die Klägerin auch die Betreuung der Angehörigen.
Die Klägerin besuchte Deeskalationsseminare, weil Patienten oft aggressiv waren. Verbale Beschimpfungen gab es fast täglich, körperliche Angriffe ungefähr ein Mal im Monat. [...]
Rechtlich folgerte das Erstgericht, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach festgehalten habe (10 ObS 149/12b, 10 ObS 122/19t) ergebe sich aus § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV, dass der Gesetzgeber die Absicht verfolge, nicht jede Art von schwerer Arbeit schlechthin, möge sie auch psychisch belastend sein, als Schwerarbeit zu berücksichtigen, sondern nur bestimmte Formen von besonders belastender Schwerarbeit. Als Schwerarbeit gelte daher nicht jede berufsbedingte Pflege, sondern nur eine solche im Rahmen der Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie bspw in der Hospiz- oder Palliativmedizin. Angeknüpft werde an die psychische Belastung, die sich aus dem besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf schwerstkranker Menschen in besonders schwierigen Lebenssituationen ergebe. Wenngleich die Klägerin eine anspruchsvolle, wertzuschätzende und psychisch belastende Tätigkeit ausübe, lägen die Voraussetzungen einer Schwerarbeit gemäß § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nicht vor. So habe nicht festgestellt werden können, dass die Klägerin – zeitlich oder hinsichtlich der Anzahl der zu betreuenden Patienten - überwiegend mit der Pflege und Betreuung von Pfleglingen mit einem Pflegebedarf zumindest der Stufe 5 beschäftigt gewesen sei. Die Betreuung von häufig leichten und fünf schweren Demenzerkrankten im Jahr sei nicht vergleichbar mit der Pflege von Demenzerkrankten im geriatrischen Bereich und erfülle die Anforderungen der Z 5 leg.cit. nicht. Eine Vergleichbarkeit mit der Pflege im Hospiz- und Palliativbereich liege nicht vor, zumal bei der Tätigkeit der Klägerin die Nähe zum Tod fehle und es hinter den Stationen der Klägerin eine Auffangstation, die Intensivstation gebe (auf der nicht sämtliche Patienten sediert seien). Patienten würden in der Regel entweder entlassen oder auf eine andere Station verlegt bzw in andere Krankenhäuser transferiert. Die Bewältigung von Stress, belastenden Situationen und Ängsten sei für die Beschäftigten hier wesentlich leichter, zumal vereinzelte therapeutische Misserfolge durch überwiegend gute Behandlungsfortschritte kompensiert werden könnten. Die Pflege und Betreuung von Patienten auf Stufe B Betten bzw von psychiatrischen Patienten in der neurologischen Abteilung möge psychisch besonders belastend iSd Z 5 sein, jedoch habe die Klägerin diese Tätigkeit nicht überwiegend ausgeübt. Das Klagebegehren sei daher – mit Ausnahme der von der Beklagten anerkannten und im Spruch genannten Monate gemäß § 1 Abs 1 Z 4 der SchwerarbeitsV – abzuweisen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren, die Klägerin habe im gesamten Zeitraum von 1.7.2007 bis 31.5.2023 Schwerarbeitszeiten iSd § 1 Absatz 1 Z 5 der Schwerarbeitsverordnung geleistet, stattgegeben werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beteiligte sich nicht am Berufungsverfahren.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
Mit der Mängelrüge rügt die Berufungswerberin die Unterlassung einer „amtswegigen“ Einholung eines von ihr „beantragten“ Sachverständigengutachtens aus dem Bereich des Pflegedienstes sowie eines Ortsaugenscheins. Diese hätten die Feststellung ergeben, dass bei den Patienten, welche von der Klägerin betreut worden seien, ein Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden im Monat verbunden mit einem außergewöhnlichen Pflegeaufwand bestehe.
Damit gelingt es der Berufungswerberin schon deshalb nicht, einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil sie die festzustellenden Tatsachen nicht konkret anführt, aus denen sich ein Pflegebedarf der betreuten Patienten von mehr als 180 Stunden im Monat verbunden mit einem außergewöhnlichen Pflegeaufwand ergeben solle.
Im Übrigen traf das Erstgericht die Feststellungen zu den tatsächlich verrichteten Tätigkeiten der Klägerin ohnehin aufgrund deren Aussage sowie jener der von der Klägerin namhaft gemachten, einvernommenen Zeuginnen. Dass viele Patienten zuvor keine gesundheitlichen Probleme aufgewiesen und daher bei Einlieferung keine Pflegestufe hatten, hat das Erstgericht ohnehin festgestellt.
Bei der Beweisaufnahme durch Sachverständige ist es deren Aufgabe, aufgrund ihrer einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gutachtensauftrag jeweils maßgebenden strittigen Tatfragen am besten eignet. Die Methodenauswahl gehört zum Kern der Sachverständigentätigkeit (RS0119439). Ein Sachverständiger ist im Zuge seiner Befundaufnahme auch befugt, Dritte über für sein Gutachten wesentliche Umstände zu befragen und externe Erkenntnisquellen zu nutzen (SVSlg 56.973). Für die Befundaufnahme durch den Sachverständigen gilt - im Gegensatz zu gerichtlichen Zeugen- und Parteienaussagen - nicht der Unmittelbarkeitsgrundsatz. Es liegt in seinem Ermessen, auf welche Weise er zu den für sein Gutachten erforderlichen Informationen gelangt (SVSlg 56.988).
Im vorliegenden Fall hat der vom Erstgericht beigezogene berufskundliche Sachverständige – in mehrfacher Ergänzung und Erörterung seines Gutachtens - seine Ermittlungsschritte angegeben. Warum der Sachverständige seine Erhebungen – neben anderen – nicht auch auf Informationen eines Leiters eines Pflegedienstes, der bereits vier Jahre emeritiert, sohin sogar im hier klagsgegenständlichen Zeitraum zum großen Teil ohnehin noch aktiv war, stützen könnte, ist nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige hatte aber ohnehin die zeugenschaftliche Einvernahme von Zeugen angeregt (S 5 in ON 19), dem das Erstgericht entsprochen hat. Ein Ortsaugenschein, der hier ohnehin nur eine Momentaufnahme erbringen könnte, wurde vom Sachverständigen nicht angeregt. Auch obliegt die Beurteilung eines für eine Pflegegeldeinstufung zu berücksichtigenden Pflegebedarfs ohnehin dem Gericht und nicht einem Sachverständigen.
Wenn nun das Erstgericht seine Feststellungen ua auch auf die ihm schlüssig erschienen Ausführungen des Sachverständigen stützte, ist darin keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens zu erkennen; im Übrigen auch keine unrichtige Beweiswürdigung.
Eine mangelnde Erörterung ist dem Erstgericht nicht zum Vorwurf zu machen. Ein entsprechender Pflegebedarf der von der Klägerin betreuten Patienten wurde von der Beklagten im Verfahren bestritten (vgl etwa RS0122365 [T4]) und war im Verfahren Gegenstand der Beweisaufnahmen.
Das Gericht ist jedenfalls nicht verpflichtet, solange Gutachten zu erörtern und neue Beweise aufzunehmen bis ein für die Klägerin akzeptables Ergebnis erreicht wird (SV-Slg. 54.822 uva).
Mit der Beweisrüge bekämpft die Berufungswerberin die bei der auszugsweisen Wiedergabe des festgestellten Sachverhalts unterstrichenen Feststellungen und begehrt stattdessen die Feststellung, dass die von ihr gepflegten Personen während des Aufenthalts auf den Stationen der Klägerin einen der Pflegegeldstufe 5 vergleichbaren Zustand sowie, dass sie einen außergewöhnlichen Pflegebedarf hatten.
Das Erstgericht hat die von ihm getroffenen Feststellungen nachvollziehbar und schlüssig begründet (§ 500a ZPO) und sich dabei – wie zur Mängelrüge angeführt – sowohl auf das von ihm eingeholte berufskundliche Sachverständigengutachten als auch ohnehin auf die Aussagen der Klägerin und auch der von ihr namhaft gemachten Zeuginnen gestützt. Schon aus den weiteren, unbekämpft gebliebenen Feststellungen ergibt sich aber ein unterschiedlicher Pflege- und Betreuungsbedarf der Patienten der Klägerin. Aus bei den Patienten vorliegenden Diagnosen kann aber hier noch nicht auf den erforderlichen Pflegebedarf geschlossen werden, zumal je nach dem Schweregrad eines Leidens bei gleicher Diagnose der Umfang der Einschränkungen bezüglich der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit ganz unterschiedlich sein kann (sh RS0084399).
Weder aus einer erforderlichen Bereitschaft des Pflegepersonals noch aus einer besonders schwierigen Lebenssituation eines Patienten kann dessen Pflegebedarf mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.
Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts und legt sie seiner Entscheidung zu Grunde.
Mit der Rechtsrüge meint die Berufungswerberin zusammengefasst, das Erstgericht habe die Feststellungen rechtlich unrichtig gewürdigt. Das Erstgericht habe sich bloß mit der Frage auseinandergesetzt, welche Einstufung des Pflegegelds die Patienten hätten, jedoch nicht damit, ob deren Erkrankung zu einem vorübergehenden zeitlichen Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden pro Monat geführt habe. § 1 Abs 1 Z 5 der SchwerarbeitsV differenziere zwischen Pflegetätigkeit an Schwerstkranken und der Betreuung von behinderten Personen mit besonderem Pflegebedarf. Hospiz- und Palliativabteilungen würden nur bspw angeführt. Somit müssten auch noch andere Tätigkeiten von der Ziffer 5 erfasst sein. In Bezug auf § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV führe die Rechtsprechung aus, dass die berufsbedingte Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- und Pflegebedarf keineswegs auf die Hospiz- oder Palliativmedizin beschränkt sein müsse. Vielmehr gehe es darum, dass eine berufsbedingte Betreuung von Pfleglingen erfolge, welche einen besonderen Pflegebedarf aufwiesen. Die Klägerin habe ständigen Kontakt mit Schwerstkranken gehabt, wobei deren Kampf ums Überleben eine psychische Belastung besonderen Ausmaßes darstelle, sowie zu jungen, schwerstkranken Menschen. Die Klägerin sei mit den Patienten direkt aufeinandergetroffen und ständig konfrontiert mit schwerstkranken Menschen gewesen. Die Tätigkeit der Klägerin stelle daher Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 der SchwerarbeitsV dar.
Auch die Berufungsausführungen überzeugen nicht, vielmehr ist auf die zutreffende und ausführliche, auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof Bedacht nehmende rechtliche Beurteilung des Erstgerichts zu verweisen (§ 500a ZPO). Lediglich ergänzend ist auszuführen:
Unzweifelhaft war und ist die Tätigkeit der Klägerin wichtig, wertzuschätzen, anspruchsvoll und psychisch belastend. Dennoch ist ihr der Beweis der Voraussetzungen einer Schwerarbeit gemäß § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV – über die bereits anerkannten Monate hinaus - nicht gelungen (RS0086050).
Die Verordnung der Bundesministerin für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (SchwerarbeitsV) bestimmt in § 1 Abs 1 in den hier wesentlichen Teilen wie folgt:
Als Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden, gelten alle Tätigkeiten, die geleistet werden
[...]
5. zur berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin, […]
§ 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV differenziert sohin zwischen Pflegetätigkeiten an Schwerstkranken und der Betreuung von behinderten Menschen mit besonderem Pflegebedarf.
Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt betont, dass Schwerarbeit nur dann anerkannt werden kann, wenn der Versicherte einer besonders belastenden Schwerarbeit auch tatsächlich ausgesetzt war. Dabei wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass nicht jede Art von schwerer Arbeit schlechthin, mag sie auch psychisch belastend sein, sondern nur bestimmte Formen von besonders belastender Schwerarbeit zu berücksichtigen sind (zuletzt etwa 10 ObS 47/25x mwN; RS0132842).
In der Rechtsprechung wurde auch davon ausgegangen, dass die SchwerarbeitsV ganz allgemein nicht auf konkrete Berufe abstellt, sondern auf berufsbedingt belastende Tätigkeiten. Der Grund hiefür liegt in den unterschiedlichen Tätigkeiten innerhalb eines Berufsbilds, die – je nach Anforderungsprofil – mehr oder weniger belastend sind. Innerhalb der Berufsgruppe der medizinischen Berufe hat der Gesetzgeber aber bestimmte – als besonders belastend angesehene – Pflegetätigkeiten herausgenommen. Aus der Verwendung des Begriffs „berufsbedingte Pflege“ ergibt sich, dass der Gesetzgeber als Indikator für das besondere Ausmaß der psychischen Belastung in § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV an den besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf der Patienten und deren besonders schwierige Lebenssituation anknüpft (beispielsweise Pflegetätigkeiten an Schwerstkranken in der Hospiz- oder Palliativmedizin; etwa 10 ObS 116/17g).
Als Schwerarbeit gilt daher nicht jede berufsbedingte Pflege, sondern nur eine solche im Rahmen der „Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin“.
§ 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV stellt somit auf die Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf ab. Die Rechtsprechung geht – unter Bezugnahme auf die Erläuternden Bemerkungen zur SchwerarbeitsV (abgedruckt bei Pöltner/Pacic, ASVG [96. Erg-Lfg], Anhang SchwerarbeitsV Anm 10) – davon aus, dass dieser besondere Behandlungs- und Pflegebedarf dann verwirklicht wird, wenn die gepflegte Person die Voraussetzungen für den Anspruch zumindest auf Pflegegeld der Stufe 5 nach § 4 Abs 2 BPGG erfüllt (10 ObS 47/25x ErwGr 1.2; 10 ObS 149/12b ErwGr 7; 10 ObS 30/19p ErwGr 4.1; 10 ObS 36/19w ErwGr 2.3; RS0131699; RS0132681 [T2]) oder Pflegetätigkeiten an Schwerstkranken in der Hospiz- oder Palliativmedizin vorliegen bzw Tätigkeiten, die dem gleichzuhalten sind (10 ObS 47/25x ErwGr 1.2; 10 ObS 149/12b, ErwGr 7; 10 ObS 116/17g, ErwGr 3; 10 ObS 122/19t ErwGr 2.3).
Bei der Pflege von Schwerstkranken liegt jedenfalls Schwerarbeit vor, wenn berufsbedingte Pflege in der Hospiz- oder Palliativmedizin erbracht wird. Da diese beiden Bereiche – wie die Berufung insofern richtig meint - nur beispielsweise angeführt werden, müssen auch noch andere Tätigkeiten erfasst sein, wobei nur solche in Betracht kommen, deren Belastungen mit dem besonderen Behandlungs- und Pflegebedarf in der Hospiz- oder Palliativmedizin vergleichbar sind. Maßgeblich ist der unmittelbare Kontakt mit den Patienten mit erhöhtem Pflegeaufwand und deren besonders schwierigen Lebenslagen (10 ObS 116/17g; 10 ObS 30/19p; 10 ObS 36/19w; 10 ObS 122/19t).
Bei zu pflegenden Personen („Pfleglingen“) wird der besondere Pflegebedarf nach der Rechtsprechung jedenfalls dann verwirklicht, wenn der Pflegebedarf dieser Personen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 5, 6 oder 7 nach § 4 Abs 2 BPGG erfüllen, also von Personen, deren Pflegebedarf längerfristig andauert („Langzeitpflege“) und bei denen ein außergewöhnlicher Pflegebedarf gegeben ist (10 ObS 149/12b; 10 ObS 116/17g; 10 ObS 30/19p). Auf den faktischen Bezug von Pflegegeld durch die betreute Person kommt es dabei nicht an (10 ObS 122/19t).
Werden Personen – wie im vorliegenden Fall - mit unterschiedlichem Pflegebedarf gepflegt, reicht es nach der Judikatur nicht, dass auch bzw unter anderem Personen mit einem – Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV erst begründenden – besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf gepflegt werden. Schwerarbeit liegt vielmehr erst und nur dann vor, wenn entweder die Pflege der Personen mit besonderem Pflegebedarf zeitlich gesehen überwiegend erbracht wird oder sich das Überwiegen der iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV qualifizierten berufsbedingten Pflege aus der Anzahl der zu pflegenden Personen mit besonderem Behandlungs- und Pflegebedarf ergibt (10 ObS 47/25x ErwGr 1.3; 10 ObS 122/19t ErwGr 4.; 10 ObS 36/19w ErwGr 5.2.; 10 ObS 117/24i Rz 4; RS0131699 [T1]; RS0132681 [T1]). Die Berücksichtigung von Pflege, wie sie die Klägerin zweifellos erbracht hat, als Schwerarbeit, würde dem Gesetzgeber und nicht den Gerichten obliegen.
Wie das Erstgericht richtig herausarbeitete, liegt im vorliegenden Fall keine dieser Voraussetzungen vor. Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich nicht, dass die Klägerin im Sinne des ersten Alternative überwiegend Personen gepflegt hat, für die besonderer Behandlungs- oder Pflegebedarf bestand, insbesondere weil sie zumindest Pflegegeld der Stufe 5 oder höher bezogen haben oder hätten. Ebensowenig steht fest, dass die Pflege der Personen mit besonderem Pflegebedarf im Sinne des zweiten Alternative zeitlich gesehen überwiegend erbracht wurde.
Die von der Berufungswerberin angeführten Umstände, dass sie ständigen Kontakt mit Schwerstkranken, auch zu jungen Patienten gehabt habe, hebt ihre Tätigkeit noch nicht wesentlich von jener einer sonstigen diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin in einem Klinikum hervor und rechtfertigt noch nicht die Annahme von Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV der zitierten gesetzlichen Bestimmung.
Auf ihre Tätigkeit auf der Dialysestation stützt sich die Berufungswerberin nicht.
Der vom Erstgericht gezogenen Schluss, dass die verfahrensgegenständlichen Tätigkeiten der Klägerin rechtlich noch nicht mit der Pflegetätigkeit an Schwerst- und Todkranken in der Hospiz- oder Palliativmedizin gleichzuhalten ist, ist nicht zu beanstanden.
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Für einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit trotz Unterliegens gemäß § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG ergeben sich weder aus dem Vorbringen noch aus dem Akt Anhaltspunkte.
Da eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen war, war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.
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