Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Medienrechtssache des Antragstellers A*, gegen die Antragsgegnerin B* GmbHwegen §§ 9 ff MedienG über die Berufung des Antragstellers wegen Nichtigkeit und des Ausspruchs über die Schuld gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 21. Oktober 2024, GZ **-7.2, nach der am 24. Juli 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Frohner, im Beisein der Richterinnen Mag. Lehr und Mag. Primer, als weitere Senatsmitglieder, in Abwesenheit von organschaftlichen Vertretern des Antragstellers und der Antragsgegnerin, indes in Gegenwart deren Vertreter Mag. Georg Fellner und Dr. Matthias Hentschl durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO iVm § 14 Abs 3 MedienG fallen dem Antragsteller auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gemäß § 19 Abs 6 und 7 MedienG werden die vom Antragsteller der Antragsgegnerin zu ersetzenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens mit 1.384,20 Euro bestimmt.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Begehren des Antragstellers auf gerichtliche Anordnung der Veröffentlichung folgender Gegendarstellung
„Sie veröffentlichten in der Zeitschrift C*, Ausgabe ** auf S 46 ff einen Artikel mit der Überschrift „**“, in dem behauptet wird, „Mehr Geld, als A* nach Afrika überweist, geht jedenfalls in die Schweiz.“ Diesbezüglich wird in dem Artikel weiters behauptet, A* D* habe im Jahr 2009 rund 166.000 EUR für Projekte in Afrika gespendet. Demgegenüber habe A* D* „sechs Prozent des erwirtschafteten Umsatzes, rund 210.000 EUR, an den Dachverband E*, kurz ,E*‘, mit Sitz in **“ gezahlt, die dafür ua. Hilfe in Finanzierungsfragen, Buchhaltung und Wirtschaftsprüfung leiste.
Sie erweckten in dem Artikel damit den unrichtigen Eindruck, die aus der Kleidersammlung und aus Second Hand Shops von A* D* erzielten Gewinne würden überwiegend bei der E* verbleiben, während nur ein kleinerer Teil für Entwicklungsprojekte verwendet werde. Dies wird durch die Behauptung „Nur ein Bruchteil der Spenden landet in Afrika“ bestärkt.
Wahr ist vielmehr, A* D* hat 2009 insgesamt 166.000 EUR für Entwicklungsprojekte an die E* überwiesen, welche ua. für die Projektkoordinierung und die Entwicklung von Programmen und Projekten verantwortlich ist. Die E* behielt hiervon lediglich 17.025 EUR als Mitgliedsbeitrag ein. Der Großteil der Spenden von A* D* wurde an Partnerorganisationen vor Ort weitergeleitet und floss in Entwicklungsprojekte in Südafrika, Mosambik und Indien.“
sowie auf Zuerkennung einer Geldbuße ab, erklärte das fortgesetzte Verfahren für zulässig und verpflichtete den Antragsteller zur Tragung der Verfahrenskosten.
Rechtlich erachtete das Erstgericht das Gegendarstellungsbegehren als nicht kontradiktorisch.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige, wegen des Vorliegens des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO und des Ausspruchs über die Schuld zur Darstellung gelangte Berufung des Antragstellers (ON 9), der keine Berechtigung zukommt.
Bei der Behandlung der Berufungspunkte und Nichtigkeitsgründe geht eine wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung einer Rüge wegen der Z 9 bis 10a des § 281 Abs 1 (§ 469 Abs 1 Z 4) StPO vor, jener wegen formeller Nichtigkeitsgründe jedoch nach ( Ratz , WK-StPO § 476 Rz 9).
Mit der zunächst zu behandelnden Schuldberufung bekämpft der Antragsteller den Bedeutungsinhalt der Antithese.
Dazu ist vorweg ist festzuhalten, dass die freie Beweiswürdigung ein kritisch-psychologischer Vorgang ist, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind. Gegenstand dieser rechtlichen Tätigkeit ist eine Prüfung von Beweismitteln in Ansehung ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer Beweiskraft, wobei die Prüfung der Glaubwürdigkeit darauf abzielt, ob das, was durch ein Beweismittel ans Licht gebracht werden sollte, auch wirklich zutage gefördert wurde, während die Prüfung der Beweiskraft den Umstand betrifft, ob für den Fall, dass das Beweismittel vollen Glauben verdient, der dadurch als Beweis anzunehmende Umstand auch geeignet ist, jene Tatsachen, die hiedurch ihre Bestätigung finden sollen, für wahr zu halten. Die Prüfung der Glaubwürdigkeit und der Beweiskraft haben sich sowohl auf die einzelnen Beweismittel, als auch auf ihren inneren Zusammenhang zu erstrecken. Die Beweismittel bilden dabei ein Ganzes, wobei es nicht angeht, aus der Gesamtheit der aufgenommenen Beweise einzelne herauszugreifen und andere völlig zu ignorieren, weil sämtliche Beweismittel im Verhältnis der Solidarität stehen und mit einem Beweismittel vielfach auch der gesamte Beweis zusammenfällt ( Mayerhofer, StPO 6 § 258 E 30 ff).
Unter Anlegung dieser Prämissen begegnet die erstgerichtliche Beweiswürdigung keinen Bedenken.
Der Bedeutungsinhalt des Primärartikels wird dabei nicht bekämpft.
Die Berufungswerberin führt zutreffend aus, dass der Bedeutungsinhalt der Antithese eine Rechtsfrage ist. Die vorsichtshalber wegen unrichtiger Beweiswürdigung angefochtenen Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der Antithese angeführten Argumente, wonach die Auslegung des Erstgerichts dem Wortlaut und Sinn der Gegendarstellung widerspreche, vermögen nicht zu überzeugen. Vielmehr verkennt die Berufungswerberin, dass die Grundaussage der These ist, dass A* D* im Jahr 2009 rund 160.000,-- Euro (4,7 Prozent des Gesamtumsatzes) für Projekte in Afrika gespendet habe, jedoch sechs Prozent des erwirtschafteten Umsatzes, rund 210.000,-- Euro, also ein höherer Betrag, seien an den Dachverband E*, kurz „E*“ mit Sitz in ** gezahlt worden, die unter anderem Hilfe in Finanzierungsfragen, Buchhaltung und Wirtschaftsprüfung leiste.
Die Berufungswerberin bringt vor, dass es nicht zutreffe, dass die angebliche Zahlung von 210.000,-- an die E* in der Gegendarstellung unwidersprochen geblieben sei. Vielmehr widerspreche die Auslegung des Erstgerichts dem Wortlaut und dem Sinn der Gegendarstellung. Ein durchschnittlicher Leser werde die Antithese sicherlich nicht dahingehend verstehen, dass A* insgesamt sogar eine noch höhere Zahlung (210.000 Euro plus 17.025 Euro) an die E* geleistet habe und der Anteil der Spenden für Entwicklungsprojekte demgegenüber noch geringer gewesen sei als in der These behauptet. Diese laut Erstgericht zwangsläufige Schlussfolgerung widerspreche jeglicher Logik, würde damit doch die Verfolgung humanitärer Zwecke erst recht in Frage gestellt werden.
Dieses Argument kann das Berufungsgericht nicht teilen. Denn dem Hinweis im Primärartikel über die Zahlung von 210.000,-- an die E* wird in der begehrten Gegendarstellung überhaupt nicht widersprochen, indem dieser Betrag gar nicht erwähnt wird. Die Berufungswerberin behauptet in der Gegendarstellung vielmehr, dass an die E* ein Betrag von 17.025,-- Euro an Mitgliedsbeiträgen gegangen sei.
Überdies ist der Antragsgegnerin in ihrem Vorbringen beizupflichten, dass sie nie behauptet habe, dass ein Mitgliedsbeitrag von 210.000,-- Euro an die E* gezahlt worden wäre, sondern dass diese Summe für diverse Unterstützungsleistungen in wirtschaftlichen Belangen geleistet worden wäre.
Die begehrten Feststellungen zum Sinngehalt der Antithese (ON 9.2, 6 f), insbesondere die Feststellung, neben der Zahlung von 166.000 Euro habe es keine weitere Zahlung an die E* gegeben, insbesondere keine Zahlung von 210.000 Euro, kann somit aus der begehrten Gegendarstellung nicht abgeleitet werden, weil – wie bereits ausgeführt – in dieser der Betrag von 210.000,-- Euro nicht erwähnt wird.
Indem die Schuldberufung damit lediglich eigene Beweiswerterwägungen aufstellt, vermag sie die erstgerichtliche Beweiswürdigung nicht zu erschüttern.
Mit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO moniert die Berufungswerberin die unrichtige rechtliche Beurteilung zur Frage der Kontradiktion der Gegendarstellung, wonach die Antithese keinerlei Bezug auf den Betrag von 210.000,-- Euro nehme.
Der Argumentation der Berufungswerberin, es ergebe sich aus dem Bedeutungszusammenhang, dass die Antithese dem in der These erweckten unrichtigen Eindruck, die Zahlungen an die E* wären weit höher als die Spenden für Entwicklungsprojekte, klar entgegentrete, kann nicht gefolgt werden.
Wesentlicher Inhalt einer Gegendarstellung ist der Gegensatz zwischen Erstmitteilung (These) und deren Richtigstellung (Antithese). In der Antithese müssen entweder die Tatsachen angeführt werden, die im Gegensatz zur Tatsachenmitteilung richtig sind oder letztere in einem erheblichen Punkt ergänzen oder sie muss sich sonst unmittelbar auf die Tatsachenmitteilung und deren Unrichtigkeit oder irreführende Unvollständigkeit beziehen. Untrennbar verbunden mit dem Kontradiktionsgebot ist das Gebot, die Gegendarstellung informativ zu fassen. Dem Medienkonsumenten muss daher in der Antithese der Gegendarstellung ein Sachverhalt vermittelt werden, der ihn über die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der inkriminierten Äußerung (These) informiert ( Rami, WK 2MedienG § 9 Rz 20 ff). Bekämpft oder ergänzt die Antithese der Gegendarstellung nicht den Kern der These, ist sie nicht kontradiktorisch.
Bloß zu behaupten, dass nur ein Bruchteil der Spenden, nämlich der Mitgliedsbeitrag in Höhe von 17.025 Euro bei der E* in der Schweiz gelandet sei und der Großteil der Spenden von A* D* in Höhe von 166.000 Euro Entwicklungsprojekten zu Gute gekommen sei, verfehlt das Ziel der Aufklärung der Öffentlichkeit. Es wäre nämlich geboten gewesen, in der Antithese konkret darauf hinzuweisen, dass es eine Zahlung von 210.000 Euro an die E* nicht gegeben habe.
Der These, der Antragsteller habe nur einen Bruchteil seiner Einnahmen nach Afrika gespendet, steht die Antithese des Antragstellers, er habe 2009 166.000 Euro abzüglich eines Mitgliedsbeitrags von 17.025 Euro an Partnerorganisationen in Südafrika, Mosambik und Indien gespendet, somit nicht kontradiktorisch gegenüber.
Der Berufung ist sohin ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet in den bezughabenden Gesetzesstellen und der Kostennote der Antragsgegnerin, gegen die kein Einwand erhoben wurde.
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