Das Oberlandesgericht Wien fasst als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Weixelbraun als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Eilenberger-Haid und Mag. Einberger in der Rechtssache der klagenden Partei A* , MSc, geboren am **, **, vertreten durch die Neubauer Fähnrich Rechtsanwälte GmbH Co KG in Graz, wider die beklagte Partei B* -Aktiengesellschaft , FN **, **, vertreten durch Dr. Franz Schöberl, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 16.240 samt Zinsen, über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 636,55) gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 4.7.2025, **-28, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschlus s:
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie lautet:
„Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.829,56 (darin enthalten EUR 391,26 USt und EUR 1.482 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 203,95 (darin enthalten EUR 33,99 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 23.6.2025 zog der Kläger seine auf Zahlung von EUR 16.240 samt Zinsen gerichtete Klage unter Anspruchsverzicht zurück.
Die Beklagte beantragte daraufhin fristgerecht, den Kläger zum Ersatz ihrer Verfahrenskosten iHv EUR 3.889,26 (darin enthalten EUR 401,21 USt und EUR 1.482 Barauslagen) zu verpflichten.
Soweit im Rekursverfahren relevant, verzeichnete sie unter anderem für ihre Urkundenvorlage vom 6.12.2024 Kosten nach TP1 (EUR 86,75 netto), für ihren vorbereitenden Schriftsatz vom 26.2.2025 Kosten nach TP3A (EUR 785,75 netto) und für den Kostenbestimmungsantrag selbst EUR 86,75 netto auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 16.240.
Ohne diesen Antrag dem Kläger zur Äußerung zugestellt zu haben fasste das Erstgericht den nunmehr angefochtenen Beschluss, worin es die Verfahrenskosten der Beklagten antragsgemäß mit EUR 3.889,26 bestimmte. Die verzeichneten Kosten entsprächen nach Ansätzen und Tarifen dem RATG.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihm nur ein Kostenersatz von EUR 3.252,71 (darin enthalten EUR 295,12 USt und EUR 1.482 Barauslagen) auferlegt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
1. Der Rekurswerber zeigt zutreffend auf, dass das Erstgericht die gebotene Zustellung des Kostenbestimmungsantrags an ihn unterließ. Da kein Anwendungsfall des § 54 Abs 1a ZPO vorliegt, die verzeichneten Kosten von Amts wegen vollumfänglich zu prüfen waren und ihr Zuspruch ohne Einschränkung bekämpft werden kann, wäre der darin gelegene Verfahrensmangel jedoch nur dann relevant (vgl RS0116273; RS0043027), wenn der Kläger mit der Beklagten eine von § 237 Abs 3 ZPO abweichende Vereinbarung über die Kostentragung getroffen hätte ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.122; zuletzt OLG Wien, 11 R 60/25m [Pkt 2.1.1 mwN]; vgl auch RS0106421). Da er das nicht behauptet, liegt kein den Rekurswerber belastender Gehörsverstoß vor.
2. Zu Unrecht wendet sich der Rekurswerber gegen die Honorierung der Urkundenvorlage vom 6.12.2024 (ON 6) mit dem Argument, diese hätte mit dem nachfolgenden Schriftsatz verbunden oder der ersten Tagsatzung vorbehalten werden müssen.
2.1 Abgesonderte Schriftsätze sind nach § 22 RATG dann zu entlohnen, wenn sie mit anderen Schriftsätzen nicht verbunden werden können oder das Gericht ihre abgesonderte Anbringung als notwendig oder als zweckmäßig erkennt. Die darin normierte Verbindungspflicht gilt zwar auch für Urkundenvorlagen (vgl 9 ObA 117/15v [Pkt 5]). Zutreffend weist die Rekursgegnerin aber darauf hin, dass das Erstgericht zunächst eine vorbereitende Tagsatzung anberaumte, in der bereits der Kläger vernommen werden sollte (ON 5). Erst über sein Ersuchen (ON 7) änderte es am 10.2.2025 sein Prozessprogramm dahin ab, dass den Parteien ein Schriftsatzwechsel aufgetragen und die Bestellung eines Sachverständigen in Aussicht genommen wurde.
2.2 Zum Zeitpunkt der Urkundenvorlage war für die Beklagte folglich nicht absehbar, dass das Erstgericht noch einen Schriftsatz auftragen werde, mit dem die Vorlage hätte verbunden werden können. Eine Vorlage in der Tagsatzung wieder wäre unzweckmäßig gewesen. Die vorgelegten Versicherungsbedingungen (./1), das vorprozessual eingeholte Gutachten (./2) und das Schreiben vom 5.8.2024 (./3) umfassen zusammen 25 Seiten. Durch die Einbringung im Web-ERV entfiel einerseits der manipulative Aufwand, diese Urkunden für den elektronischen Akt einscannen zu müssen. Andererseits wäre dem Erstgericht so eine sinnvolle Vorbereitung der geplanten Verhandlung und Vernehmung des Klägers möglich gewesen, die durch eine bloß überblicksmäßige Durchsicht derart komplexer Dokumente zu Beginn einer Tagsatzung nicht ersetzt werden kann.
Die gesonderte Urkundenvorlage war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und ist zu honorieren.
3. Dem Rekurswerber kann weiters nicht darin zugestimmt werden, der vorbereitende Schriftsatz vom 26.2.2025 (ON 15) sei nur nach TP2 zu entlohnen, weil er nur eine Seite lang sei und kein substanziiertes Vorbringen enthalte.
3.1 Vorbereitende Schriftsätze, die kein substanziiertes Vorbringen enthalten, sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig. Sie wären weder nach TP3A noch nach TP2, sondern gar nicht zu honorieren (vgl Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 3.56; RW0000419; RI0100073). Für alle anderen Schriftsätze gebührt die Entlohnung nach TP3A, wenn sie gemäß § 257 Abs 3 ZPO zulässig sind oder vom Gericht aufgetragen werden (TP3A I.1.d), ansonsten nach TP2 (TP2 I.1.e).
3.2 Der vorbereitende Schriftsatz der Beklagten war nicht nur gemäß § 257 Abs 3 ZPO zulässig, sondern wurde ihr vom Erstgericht ausdrücklich aufgetragen. Schon deswegen kann kein Anwendungsfall des TP2 gegeben sein. Bei aufgetragenen Schriftsätzen ist bei der Beurteilung ihrer Notwendigkeit zudem ein großzügiger Maßstab anzulegen; sie sind im Regelfall zu entlohnen ( Kodek in Fasching/Konecny ³ § 257 ZPO Rz 41).
Die Beklagte hat nicht nur – dem Auftrag des Erstgerichts entsprechend – eine Anregung zum Sachverständigenbestellungsbeschluss erstattet, sondern ist auch auf die neuen Urkundenvorlagen des Klägers eingegangen und hat replizierend vorgebracht, dass sich aus den Bescheiden der AUVA für das vorliegende Verfahren nichts ableiten lasse. Sie hat damit substanziiertes Bestreitungsvorbringen erstattet. Dessen Umfang ist ohne kostenrechtliche Relevanz. Vorbringen ist nach § 76 Abs 1 ZPO in knapper, übersichtlicher Fassung gedrängt zu erstatten. Weitläufigkeiten zu vermeiden und die eigenen Ausführungen auf das Wesentliche zu reduzieren entspricht damit einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorgabe und kann schon deswegen keinen negativen Einfluss auf die Kostenentscheidung haben.
4. Zutreffend rügt der Rekurswerber, dass die Beklagte die Kosten ihres Kostenbestimmungsantrags zu Unrecht auf Basis des Streitwerts bemessen hat.
4.1 Bei Verfahren über Anträge auf Kostenbestimmung dient der Kostenbetrag als Bemessungsgrundlage, dessen Zuspruch beantragt wird (§ 11 Abs 1 RATG). Dabei kann dahinstehen, ob nur die schlussendlich zugesprochene Kostensumme heranzuziehen ist (so Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.126 mwN) oder die auf Basis der beanspruchten Kostensumme bemessenen Kosten der Quotenkompensation zu unterwerfen sind (RWZ0000186), weil hier beides zum gleichen Ergebnis führt.
4.2 Nicht nachvollziehbar ist die im Rekurs vertretene Bemessungsgrundlage für den Kostenbestimmungsantrag von EUR 3.319,32. Die von der Beklagten verzeichneten Kosten betragen exklusive der Kosten des Kostenbestimmungsantrags selbst EUR 3.785,16 brutto. Auf Basis dieser Bemessungsgrundlage gebührt für den Kostenbestimmungsantrag ein Honorar von EUR 37 netto bzw EUR 44,40 brutto. Mit der Differenz (EUR 59,70 brutto) zu den verzeichneten Kosten iHv EUR 104,10 brutto ist der Kostenrekurs berechtigt.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 43 Abs 2, 1. Fall, 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger ist bei einem Rekursinteresse von EUR 636,55 nur mit EUR 59,70 und damit gerundet 9 % durchgedrungen. Die nur geringfügig unterlegene Beklagte hat folglich Anspruch auf vollen Kostenersatz für ihre Rekursbeantwortung.
6. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.
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