Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Weixelbraun als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Viktorin und den Richter Mag. Einberger in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* Aktiengesellschaft , FN **, **, vertreten durch Mag. Harald Mühlleitner, Mag. Georg Wageneder, MA, Mag. Dr. Martin M. Steinbüchler, Mag. Hubert Weidinger, Rechtsanwälte in St. Florian, wegen EUR 35.000 samt Zinsen, über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse [richtig]: EUR 3.220,80) gegen die in der Ausfertigung des Beschlusses des Handelsgerichts Wien vom 28.5.2025, **-21, enthaltene Kostenentscheidung in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschlus s
gefasst:
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten hat:
„Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 5.595,36 (darin enthalten EUR 932,56 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die Kosten des Rekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung
Die Klägerin begehrte EUR 35.000 samt Zinsen an Versicherungsleistung für Schäden, die ihr aus zwei Einbruchsdiebstählen in ihren Räumlichkeiten entstanden seien.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diese Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit – rechtskräftig – zurück und verpflichtete die Klägerin in der Beschlussausfertigung (ON 21) zum Ersatz der mit EUR 7.359,60 (darin enthalten EUR 1.226,60 USt) bestimmten Verfahrenskosten.
Soweit im Rekursverfahren relevant sprach es der Beklagten – entgegen den Einwendungen der Klägerin – auch Kosten iHv EUR 1.470,20 netto (EUR 1.764,24 brutto) für ihren vorbereitenden Schriftsatz vom 16.5.2025 (ON 11) zu und honorierte ihre Teilnahme an der Tagsatzung vom 28.5.2025 nicht bloß nach TP2, sondern nach TP3A mit EUR 1.956,80 netto (EUR 2.348,16 brutto).
Der vorbereitende Schriftsatz sei nach § 257 ZPO zulässig und auch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Zwar habe das Gericht den Parteien in der Ausschreibung mitgeteilt, in der vorbereitenden Tagsatzung vor allem den (im Einspruch erhobenen) Unzuständigkeitseinwand zu erörtern. Daraus sei aber nicht erkennbar gewesen, wie das Gericht über die Einrede zu entscheiden gedenke. Da ein (weiterer) Überweisungsantrag der Klägerin nach § 261 Abs 6 ZPO zu erwarten gewesen wäre, sei das im Schriftsatz erstattete Sachvorbringen als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen.
Zu Recht habe die Beklagte auch für die vorbereitende Tagsatzung vom 28.5.2025 Kosten nach TP3A verzeichnet. Die Zuständigkeitsproblematik sei ausführlich erörtert worden und es liege keiner der (taxativen) Anwendungsfälle des TP2 vor.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass ihr ein Kostenersatz von lediglich EUR 4.139,52 auferlegt werde.
Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
1. Die Rekurswerberin wendet sich sowohl gegen die Honorierung des Schriftsatzes ON 11 als auch gegen die Honorierung der vorbereitenden Tagsatzung nach TP3A statt lediglich nach TP2.
Vorweg ist dazu anzumerken, dass ihre rechnerischen Ausführungen teils widersprüchlich sind. Die Kosten des vorbereitenden Schriftsatzes beziffert sie mit EUR 1.764 brutto statt richtig mit EUR 1.764,24 brutto. Im angegebenen Rekursinteresse von EUR 3.219,60, das erkennbar auch die Anfechtungserklärung darstellt, berücksichtigt sie hingegen offenkundig den richtigen Betrag (EUR 1.764,24 [ON 11] + EUR 1.455,36 [Differenz zwischen EUR 2.348,16 {Verhandlung nach TP3A} und EUR 892,80 {Verhandlung nach TP2}] = EUR 3.219,60). Im Rekursantrag wieder begehrt sie, ihr lediglich einen Kostenersatz von EUR 4.139,52 aufzuerlegen.
Da das Erstgericht der Beklagten EUR 7.359,60 zugesprochen hat, ergibt sich so eine Differenz von EUR 3.220,08 und nicht von EUR 3.219,60.
2. Zu Recht wendet sich die Rekurswerberin dagegen, dass das Erstgericht der Beklagten Kosten für den Schriftsatz ON 11 zugesprochen hat. Im Ergebnis zutreffend weist sie nämlich darauf hin, dass dieser vor dem Hintergrund des Vorbringens im Einspruch (ON 9) nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
2.1 Zwar hat die Klägerin die Honorierung des Schriftsatzes in ihren Einwendungen unter diesem Gesichtspunkt nicht bemängelt. § 54 Abs 1a ZPO kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn ein Kostenverzeichnis gemäß § 193 ZPO am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz übergeben wird (8 ObA 52/14a; 4 Ob 66/10z) und daher nicht im Zwischenstreit über die Zuständigkeit ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.59; OLG Wien, 3 R 123/11s [Pkt B]; 7 Ra 94/15t [Pkt B.1 – B.3] ua). Das Erstgericht hatte das Kostenverzeichnis daher ohne Beschränkung auf den Inhalt der Bestreitungen (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny ³ § 54 ZPO Rz 27) von Amts wegen zu prüfen.
2.2 Dass ein vorbereitender Schriftsatz nach § 257 Abs 3 ZPO zulässig ist, sagt nichts darüber aus, ob er auch zu honorieren ist. Die Entlohnung hängt ausschließlich davon ab, ob er zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (RW0000419; RI0100073). Das kann dann der Fall sein, wenn auf neues, insbesondere unerwartetes Vorbringen des Gegners repliziert wird ( Kodek in Fasching/Konecny ³ § 257 ZPO Rz 23; OLG Wien 5 R158/24b [Pkt IV]). Hingegen ist es nicht zulässig, Vorbringen ohne Not auf mehrere Eingaben zu verteilen ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 3.56, 3.59). Ebenfalls nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist die bloße Wiederholung bereits erstatteten Vorbringens (OLG Wien, 5 R 158/24b [Pkt IV]).
2.3
In ihrem vorbereitenden Schriftsatz ON 11 werden die Argumente im Wesentlichen nur wiederholt. Weder hat das Erstgericht diesen Schriftsatz aufgetragen noch hatte die Klägerin zwischenzeitlich weiteres Vorbringen erstattet, auf das es zu replizieren galt. Ergänzende Details wie der Name des Täters, die Streitverkündung an ihn und die dem Vorbringen zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen im Wortlaut hätten bereits im Einspruch genannt bzw vorgenommen werden können. Weshalb sie ohne Not einem weiteren Schriftsatz vorbehalten wurden, ist nicht erkennbar.
Der Schriftsatz ON 11 war daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und ist nicht zu honorieren.
3. Hingegen hat das Erstgericht der Beklagten für die Tagsatzung vom 28.5.2025 zu Recht Kosten nach TP3A zugesprochen. Auf seine Begründung kann verwiesen werden (§ 500a ZPO).
3.1 Zwar trifft es zu, dass das Erstgericht die Verhandlung gleich zu Beginn gemäß § 189 ZPO auf die Behandlung der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit eingeschränkt hat (ON 17.4, S 1). Entgegen der Rekurswerberin hat dies auf die Honorierung nach TP3A aber keinen Einfluss. Kriterium für die Abgrenzung zwischen TP2 und TP3A ist, ob über widerstreitende Anträge (die nicht notwendigerweise Sachanträge sein müssen) kontradiktorisch verhandelt wird. Für kurze, einfache Tagsatzungen ohne kontradiktorischen Charakter gebührt lediglich TP2, für alle anderen TP3A ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 3.69; OLG Wien, 15 R 182/16v = WR 1189). Auch eine Tagsatzung, in der über widerstreitende Anträge hinsichtlich der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts verhandelt wird, ist daher nach TP3A zu entlohnen (OLG Wien, 2 R 61/17f).
3.2 Was die Rekurswerberin für sich aus Judikaten ableiten will, die zu Konstellationen Stellung nehmen, in denen sich die Partei sofort der Unzuständigkeitseinrede unterworfen hatte, ist nicht erkennbar. Die Klägerin hat sich hier nicht unterworfen, sondern es wurde über die Unzuständigkeitseinrede kontradiktorisch verhandelt und darüber mit Beschluss entschieden. Die Honorierung nach TP3A erfolgte damit zu Recht.
4. Da wie dargelegt (←1.) in der Rekurserklärung die Schriftsatzkosten richtig enthalten sind, kann dem Rekurs im Umfang von EUR 1.764,24 Folge gegeben werden. Der Zuspruch des Erstgerichts ist um diesen Betrag auf EUR 5.595,36 (darin enthalten EUR 932,56 USt) zu reduzieren. Im Übrigen ist der Rekurs nicht berechtigt.
5. Die Entscheidung über die Kosten im Rekursverfahren beruht auf §§ 50, 43 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in Bezug auf den maßgeblichen (vgl RS0041772) Rekursantrag mit gerundet 55 % obsiegt, sodass die Kosten gegeneinander aufzuheben waren. Nicht der Quotenkompensation unterliegende Barauslagen waren nicht zuzusprechen, weil die Klägerin die - gemäß Anm. 1. zu TP 2 GGG nicht angefallene - Pauschalgebühr unzulässigerweise verzeichnet.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
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