Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Mag. Schneider-Reich in der Strafsache gegen A* wegen § 3g VerbotsG über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 12. Juni 2025, GZ **-25, den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Die Staatsanwaltschaft Krems an der Donau führte zu AZ ** gegen den am ** geborenen österreichischen Staatsbürger A* ein Ermittlungsverfahren wegen § 3g VerbotsG, dies aufgrund eines Anlassberichts der LPD **, PAD/**, vom 16. Juli 2024, wonach sich im Zuge von Ermittlungen gegen andere Personen der Verdacht ergeben habe, der Beschuldigte A* habe diesen Personen WhatsApp-Dateien mit NS-Bezug gesendet, verkaufe Devotionalien und handle mit diesen, wodurch er gegen die Bestimmungen des Verbotsgesetzes verstoße. Dieses Ermittlungsverfahren wurde am 30. Mai 2025 nach § 190 StPO eingestellt, weil ein Wiederbetätigungsvorsatz im Zweifel nicht erwiesen werden könne und der Tatbestand der Verhetzung nicht erfüllt sei (ON 1.17 und ON 1.18).
Zum relevanten Verfahrensgang ist auszuführen, dass aufgrund einer gerichtlich bewilligten Anordnung der Staatsanwaltschaft (ON 6) am 25. September 2024 eine Hausdurchsuchung beim Beschuldigten A* durchgeführt wurde, in deren Anschluss der Beschuldigte ausführlich beinahe eine Stunde vernommen wurde (ON 7.1, Seiten 13 ff) und sich dabei tatsachengeständig verantwortete, aber jeden NS-Bezug und Vorsatz in Abrede stellte. Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 2024 (ON 9) gab er die Bevollmächtigung der Rechtsanwaltskanzlei Sacha Katzensteiner Blauensteiner Marko Rechtsanwälte GmbH bekannt, welche antragsgemäß selbentags zur elektronischen Akteneinsicht für zwölf Wochen freigeschalten wurde (ON 1.5). Drei weiteren Begehren um Verlängerung der Akteneinsicht (ON 10, ON 16 und ON 18) wurde ebenso entsprochen (ON 1.7, ON 1.13, ON 1.15). Am 18. April 2025 (siehe ON 20.2) wurde A* erneut als Beschuldigter vernommen, und zwar von 08:47 Uhr bis 09:27 Uhr, dies im Beisein seiner bevollmächtigten Verteidigerin, wobei er seine Angaben aufrecht hielt und im Wesentlichen zum Auswertebericht der sichergestellten Datenträger befragt wurde.
Zum weiteren Verfahrensgang und Aktenumfang wird auf die ausführlich dargestellte Chronologie im angefochtenen Beschluss (Seite 3) verwiesen.
Nach der Einstellung des Verfahrens beantragte A* am 10. Juni 2025 (ON 24) die Zuerkennung eines Kostenbeitrags gemäß § 196a Abs 1 StPO unter Anschluss eines Kostenverzeichnisses über 10.140,54 Euro (inklusive 20% USt und eines 50%igen Erfolgszuschlags).
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte die Erstrichterin den gemäß § 196a Abs 1 StPO vom Bund zu tragenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren mit insgesamt 900,-- Euro und wies die Buchhaltungsagentur des Bundes an, diesen Betrag nach Rechtskraft des Beschlusses auf das Konto der Verteidiger zu überweisen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 28), die im Wesentlichen moniert, die vermeintlich inkriminierenden Inhalte hätten einer eingehenden rechtlichen Überprüfung und Besprechung und Aufbereitung bedurft. Auch die diversen Anordnungen zur Beschlagnahme von Datenträgern, etc hätten mit dem Beschuldigten erläutert werden müssen. Letztlich habe die Beschuldigtenvernehmung unter Beiziehung des Verteidigers nicht nur drei Minuten, sondern vierzig Minuten gedauert, wobei die Vor- und Nachbesprechung noch nicht berücksichtigt worden sei. Das zur Last gelegte Delikt wäre in die Geschworenengerichtsbarkeit gefallen, was bei der Honorarabrechnung nach den AHK eine hohe Bemessungsgrundlage habe, weshalb eine Erhöhung des Beitrages auf den zulässigen Höchstbetrag von 6.000,-- Euro begehrt werde.
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 196a Abs 1 StPO hat der Bund, wenn ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 StPO eingestellt wird, dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von 6.000,-- Euro nicht übersteigen.
Das Höchstmaß des Beitrags kann bei Verfahren, die durch außergewöhnlichen Umfang oder besondere Komplexität ausgezeichnet sind, sowie im Fall der Überschreitung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens um die Hälfte überschritten und im Fall extremen Umfangs des Verfahrens auf das Doppelte erhöht werden (§ 196a Abs 2 StPO).
Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage soll der Pauschalkostenbeitrag in einem Höchstbetrag der Grundstufe (Stufe 1) in Höhe von 6.000,-- Euro für all jene Verteidigungsfälle zur Verfügung stehen, die - wie der vorliegende - nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Da die Bandbreite der Verfahren, die in diese Kategorie fallen, von ganz einfachen Verteidigungsfällen wie zB gefährlichen Drohungen bis hin zu nicht ausufernd komplexen Wirtschaftsstrafsachen reicht, kann sich der Betrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw sich von diesem weiter entfernen. Die Kriterien des Umfangs der Ermittlungen und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen sind an Hand des konkreten Ermittlungsverfahrens zu gewichten und gehen Hand in Hand mit dem Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers. Ausschlaggebend sind daher insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen, die Anzahl der Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden, in seiner Komplexität variablen Sachverhalts, bei dem auch entsprechende, das Ermittlungsverfahren aufwändig gestaltende, erschwerende Umstände zu berücksichtigen sind. Zudem hat die Bemessung des Verteidigerkostenbeitrags immer auch unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verteidigung bzw der einzelnen Verteidigungshandlungen zu erfolgen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass ein durchschnittliches Standardverfahren im Regelfall eine Besprechung, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostenansätze der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) von rund 3.000,- Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz Berücksichtigung findet, die vom ÖRAK in den AHK verankerten (Erfolgs- und Erschwernis-)Zuschläge jedoch außer Betracht zu bleiben haben (2557 BlgNR 27. GP 5).
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Pauschalbeitrag stets nur ein Beitrag sein und nicht die gesamten Verteidigerkosten ersetzen darf (vgl Lendl, WK-StPO § 393a Rz 10 mwN). Wie bisher ist weiterhin bei ganz einfachen Verteidigungsfällen der Einstieg etwa bei 10 % des jeweiligen Höchstbetrags anzusetzen ist (Lendl aao Rz 9 ff), weil die Kriterien für die Bemessung des konkreten Pauschalkostenbeitrages an die Regelung des § 393a Abs 1 StPO angelehnt werden sollen (vgl S 3 der EBRV).
In Anwendung der genannten Kriterien und der Judikatur des Oberlandesgerichts Wien entsprechend ist dem Erstgericht in seiner ausführlichen Begründung beizupflichten, dass gegenständliches Verfahren in einer Gesamtbetrachtung weder auffallend komplexe rechtliche Schwierigkeiten beinhaltete noch die Durchführung eines besonders schwierigen Beweisverfahrens erforderlich gemacht hätte und es sich insgesamt – trotz der Dauer von über zehn Monaten (Anm: die der Auswertung und Verzögerung des Abschlussberichts geschuldet war) - um einen einfachen Verteidigungsfall gehandelt hat. Gegenständliches Verfahren entspricht in etwa dem genannten Standardfall, berücksichtigt man auch den geringen Aktenumfang und die geringen tatsächlichen und rechtlichen Komplexitäten. An nachvollziehbaren Verteidigungsleistungen fielen jeweils nach TP 1 zu honorierende vier Schriftsätze der Vollmachtsbekanntgabe sowie Anträge auf Freischaltung zur elektronischen Akteneinsicht und die Teilnahme an der (zweiten) Beschuldigtenvernehmung in der Dauer von vierzig Minuten an. Inwieweit rund zehn Telefonate mit dem Beschuldigten, dessen Frau, dessen Vater sowie der ermittelnden Beamtin, verrechnet mit jeweils über 300,-- Euro, notwendig und zweckmäßig waren, ist nicht überprüfbar.
Ausgehend von den oben dargestellten Ermessenskriterien und unter Abzug des im Kostenverzeichnis enthaltenen und vom Bund nicht zu ersetzenden Erfolgszuschlags von 50% gemäß § 12 AHK erweist sich der von der Erstrichterin festgesetzte Beitrag zu den Kosten der Verteidigung in Höhe von 900,-- Euro (und damit von 30 % der „Ausgangsbasis“ von 3.000 Euro) nicht korrekturbedürftig.
Bleibt final anzumerken, dass die Höhe der vom Verteidiger seinem Mandanten im Innenverhältnis verrechneten Kosten für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags nicht von Belang ist (vgl OLG Wien, 18 Bs 265/24i uva).
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
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