Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende, die Richter Mag. Nigl und Mag. Zechmeister sowie die fachkundigen Laienrichter ao.Univ.Prof. Mag. Dr. Monika Drs und Brigitte Holzmann in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch Graff Nestl Partner Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wegen zuletzt EUR 16.381,58 brutto s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 17.1.2025, **-21, gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.958,22 (darin EUR 326,37 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend. Es genügt damit eine auf die wesentlichen Punkte beschränkte Begründung (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a 2.Satz ZPO).
Die Klägerin war vom 21.6.2023 bis 31.1.2024 bei der Beklagten als Rezeptionistin im Frontoffice-Bereich des Hotels C* im ** ** Gemeindebezirk beschäftigt. Ab 1.2.2024 war sie als Backoffice-Managerin/Angestellte befristet angestellt. Am 3.5.2024 wurde sie von der Beklagten entlassen.
Die Klägerin studierte berufsbegleitend an der Fachhochschule des D* im Studiengang Logistik und Transportmanagement, was sie dem Geschäftsführer der Beklagten auch mitteilte, sowie weiters, dass sie fallweise zu den Studienzeiten den Arbeitsort spätestens um 17:30 Uhr verlassen muss, um rechtzeitig zur Fachhochschule zu gelangen. Er gab ihr zu verstehen, dass ihm wichtig war, dass die Arbeit gemacht sei, unabhängig von den tatsächlichen Anwesenheiten.
Die Klägerin war während ihrer Tätigkeit an der Rezeption hauptsächlich im Frühdienst von 06:00 Uhr bis 14:00 Uhr eingesetzt gewesen. Sie war aber auch bereit, andere Schichten zu übernehmen, jedenfalls dann, wenn sie nicht zur Fachhochschule musste. Als sie als Back-Office Managerin tätig war, vereinbarte sie mit dem Geschäftsführer der Beklagten eine Dienstzeit von 09:00 bis 17:30. Es war der Klägerin aber gestattet, bei Diensten am Sonntag nicht wie üblich um 09:00 Uhr den Dienst zu beginnen, sondern erst zwischen 09:00 und 10:00 Uhr. Tatsächlich ist die Klägerin – unbeeinsprucht von der Beklagten - oft erst um 10:00 Uhr am Sonntag zum Dienst erschienen und arbeitete dafür länger. Seitens der Beklagten wurden keine Aufzeichnungen über die tatsächlichen Dienstzeiten der Klägerin geführt und wurde diese auch nicht angewiesen, selbst solche Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen.
Am Sonntag, dem 12.04.2024, hatte die Klägerin verschlafen und dies auch in der Mitarbeiter:innen WhatsApp Gruppe bekannt gegeben. Die beiden Stunden, die sie zu spät gekommen war, arbeitete sie ein.
Da Arbeitsaufträge des Geschäftsführers der Beklagten öfters erst nach der regulären Dienstzeit der Klägerin erteilt wurden, nahm die Klägerin auch fallweise den Laptop mit Nachhause, um in den Abendstunden noch Arbeit zu erledigen. Die Klägerin wurde zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten wegen Zuspätkommens oder zu frühen Gehens verwarnt.
Mit einem Heroinfund im Hotel der Beklagten steht die Klägerin in keinerlei Zusammenhang.
Da die Klägerin am 11.04.2024 eine Prüfung absolvieren musste, war es ihr wichtig, nicht an diesem Tag, sondern am Sonntag, dem 14.04.2024 zum Dienst eingeteilt zu werden, was ursprünglich auch geschehen war. In weiterer Folge wurde die Diensteinteilung von der Beklagten jedoch abgeändert und die Klägerin am 11.04.2024 eingeteilt. Sie gab wiederum bekannt, dass sie um 12:00 Uhr das Hotel verlassen muss, um eine Prüfung an der Fachhochschule des D* zu absolvieren, was sie letztlich auch tat. Am Tag nach der Prüfung hatte sie wieder Dienst, der Vorfall wurde nicht weiter besprochen.
Die Klägerin ist mit ihrer ehemaligen Kollegin, E*, welche ebenfalls eine Klage gegen die Beklagte eingebracht hat, befreundet. Diese teilte ihr im April 2024 mit, dass sie nicht mehr in ihre Wohnung könne, worauf die Klägerin ihr anbot, mit dem Geschäftsführer zu sprechen betreffend einer Wohnmöglichkeit im Hotel. Da E* damit jedoch nicht einverstanden war, veranlasste die Klägerin nichts weiteres.
Der Klägerin war es erlaubt, im Fall, dass das Hotel nicht ausgelastet war, Zimmer zu einem Mitarbeiterpreis an Freunde oder Familie zu vergeben. Von 26.04. bis 28.04.2024 buchte die Klägerin im internen Buchungssystem der Beklagten ein Hotelzimmer unter ihrem Namen mit dem Beisatz „Bekannte“, nachdem sie sich mehrfach davon überzeugt hatte, dass das Zimmer nicht belegt und das Hotel nicht ausgebucht war.
Die Klägerin begehrte zuletzt EUR 16.381,58 brutto s.A. an beendigungsabhängigen Ansprüchen aus diesem Dienstverhältnis. Sie brachte zusammengefasst vor, dass ihre Entlassung ungerechtfertigt gewesen sei und die geltend gemachten Ansprüche offen aushafteten.
Die Beklagte bestritt das Klagsvorbringen und beantragte Klagsabweisung. Sie wendete zusammengefasst ein, dass die Entlassung fristgerecht und begründet erfolgt sei. Die Klägerin sei mehrmals, trotz entsprechender Abmahnungen zu spät zu ihrem Dienst erschienen. Dies habe sie weder erklärt, noch einen qualifizierten Entschuldigungsgrund genannt; sie sei einfach unentschuldigt und ohne Mitteilung mehrfach der Arbeitsstätte ferngeblieben. Darüber hinaus habe die Polizei 5 kg Heroin sicher gestellt und werde darüber ein Ermittlungsverfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien zur GZ ** geführt. Die Klägerin habe den Dienstort mehrfach vor Dienstende ohne Mitteilung verlassen. Sie habe eine Kollegin kostenlos übernachten lassen und von einer anderen Kollegin verlangt, darüber Stillschweigen zu wahren. Neben der ehemaligen Mitarbeiterin habe die Klägerin auch unberechtigterweise mehrere Bekannte zu stark reduzierten Preisen im Hotel übernachten lassen. Dies, ohne das Einverständnis der Beklagten einzuholen oder diese zu informieren, wodurch der Beklagten ein Schaden in Höhe von EUR 630,- entstanden sei, welcher aufrechnungsweise entgegen gehalten werde. Die Klägerin habe daher mehrere Entlassungsgründe wegen beharrlicher Pflichtverletzung gesetzt und sei die Entlassung jedenfalls gerechtfertigt.
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Klagsforderung in Höhe von EUR 16.381,58 brutto s.A. als zu Recht bestehend und die eingewendete Gegenforderung der Beklagten in Höhe von EUR 630,-- als nicht zu Recht bestehend. Es erkannte daher die Beklagte schuldig, der Klägerin EUR 16.381,58 brutto s.A. binnen 14 Tagen zu zahlen.
Das Erstgericht stellte den aus den Seiten 3 bis 6 des angefochtenen Urteils ersichtlichen – eingangs großteils bereits wiedergegebenen – Sachverhalt fest, auf den verwiesen wird.
Rechtlich kam das Erstgericht zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass die Entlassung der Klägerin nicht gerechtfertigt gewesen sei. Sie habe keinerlei Entlassungsgrund iSd § 27 Z 1 oder Z 4 AngG gesetzt. Die Klägerin möge vereinzelt zu spät zur Arbeit erschienen sein, dies sei jedoch von der Beklagten toleriert worden. Ein einmaliges Verschlafen habe sie nicht verheimlicht und darüber hinaus die zwei Stunden versäumte Arbeitszeit nachgeholt. Das Entfernen zur Absolvierung der Prüfung am 11.4.2024 sei nach den festgestellten Umständen den überwiegenden Interessen der Klägerin geschuldet und nicht schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst, zumal die Beklagte dies auch am nächsten Tag nicht einmal angesprochen habe, hätte es auch für sie nicht eine entsprechende Wichtigkeit gehabt. Die Klägerin habe ihre ehemalige Kollegin E* nicht kostenlos übernachten lassen und auch niemanden im Hotel angewiesen, dies zu tun. Die Buchung eines Zimmers zum Mitarbeiterrabatt für einen Bekannten im April 2004 – dieser sei von ihr als solcher ausdrücklich im System erfasst worden – sei für jedermann, also auch für den Geschäftsführer der Beklagten ersichtlich gewesen. Mangels Widerspruch der Beklagten und Verwarnung stelle dieses einmalige Vorgehen, auch wenn es ohne erforderliche Zustimmung des Geschäftsführers der Beklagten erfolgt wäre, keinen Entlassungsgrund dar. Der Klägerin stünden die eingeklagten offenen Ansprüche zu.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich rechtlicher Feststellungsmängel mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im zur Gänze klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
Zur Tatsachenrüge:
Die Beklagte bekämpft (lediglich) folgende erstgerichtliche Feststellung:
„Die Klägerin hat F* nicht angewiesen, der E* kostenlos ein Zimmer zu überlassen.“
Stattdessen begehrt die Beklagte die Ersatzfeststellung, dass die Klägerin ihrem Mitarbeiter F* die Anweisung erteilt habe, E* kostenlos ein Zimmer zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte begründete ihre Tatsachenrüge zusammengefasst damit, dass das Erstgericht zu Unrecht den Angaben der Klägerin und der Zeugin E* Glauben geschenkt habe. Die Klägerin habe sich bei ihrer Vernehmung immer wieder in Widersprüche verwickelt. Das Erstgericht erwähne auch nicht, dass die Zeugin E* ebenfalls massive Eigeninteressen verfolge. Im Parallelverfahren zu ** des Erstgerichts sei E* nämlich Klägerin und die hier Beklagte im Parallelverfahren abermals die Beklagte. Darüber hinaus sei die Klägerin des gegenständlichen Verfahrens im Parallelverfahren von der dort als Klägerin auftretenden E* als Zeugin genannt und auch einvernommen worden.
Der vernommene Zeuge F* sei glaubwürdiger als die Klägerin und die Zeugin E*. Dieser habe ausgesagt, dass er E* kostenlos im Hotel übernachten habe lassen, weil ihn die Klägerin dazu angewiesen habe.
Diese Tatsachenrüge ist nicht berechtigt.
Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat das Gericht nach seiner persönlichen Überzeugung zu beurteilen, ob ein Beweis gelungen ist oder nicht ( Rechberger in Fasching/Konecny 3 III § 272 ZPO Rz 4 ff). Im Rahmen der Beweiswürdigung hat der Richter nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu prüfen, ob jener Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht ist, der es rechtfertigt, die fragliche Tatsache für wahr zu halten (Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 272 ZPO Rz 1).
Hervorzuheben ist, dass das Gericht sich aus eigener Wahrnehmung ein genaues Bild von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit der von ihm vernommenen Personen machen konnte. Dementsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung nur daraufhin zu untersuchen, ob die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten wurden (RZ 1971/15, 1967/105 ua). Der Beweiswürdigung des Erstgerichts lässt sich deutlich entnehmen, welche Tatsachenfeststellungen auf Basis welcher Beweisergebnisse getroffen wurden, sowie welche Beweisergebnisse als glaubhaft angenommen wurden und welche nicht. Dem gegenüber gelingt es der Berufung nicht, stichhaltige Gründe, welche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen könnten, darzulegen. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reichen noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen.
Da das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, wie es zu seinen Feststellungen gelangt ist, reicht es im Wesentlichen aus, auf diese Ausführungen zu verweisen (§§ 2 ASGG, 500a ZPO; vgl RIS-Justiz RS0122301).
Das Erstgericht hat eine überzeugende Beweiswürdigung angestellt (Näheres dazu s S 6 bis 9 des angefochtenen Urteils). Der Beklagten gelingt es nicht, stichhaltige Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichts und der hier bekämpften Feststellung beim Berufungsgericht zu erwecken. Das Erstgericht hat die bekämpfte Feststellung auf Grund der ihr glaubwürdig erschienenen Aussage der Klägerin und der Zeugin E* getroffen und dies auch näher begründet. Das Erstgericht hat sich dabei auch mit den sonstigen Beweisergebnissen zu diesem Beweisthema in seiner nachvollziehbaren Beweiswürdigung auseinandergesetzt (Näheres dazu s S 7 und 8 des angefochtenen Urteils). Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die diesbezügliche, auch das Berufungsgericht überzeugende Beweiswürdigung des Erstgerichts verwiesen werden.
Hervorzuheben ist, dass das Erstgericht der Aussage der Zeugin E* Glauben geschenkt hatte, die glaubhaft angegeben habe, dass im Hotel C* zu diesem Zeitpunkt Bettwanzen vorhanden gewesen seien, weshalb sie bereits aus diesem Grund niemals dort übernachtet hätte, wobei letztgenannter Umstand auch von der Zeugin G* bestätigt worden sei. Die gegenteilige Aussage des Zeugen F* habe dies nicht zu erschüttern vermocht, zumal er – im Gegensatz zu den anderen Zeuginnen – noch bei der Beklagten beschäftigt sei und daher nicht frei jeglicher Interessen hätte aussagen können.
Auch wenn die Klägerin und die Zeugin E* – wie von der Berufungswerberin argumentiert – Eigeninteressen gehabt hätten, ist daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass diese Personen zu dem hier relevierten Beweisthema die Unwahrheit gesagt haben. Der Umstand, dass zwei Zeuginnen glaubwürdig angegeben haben, dass im Hotel C* zu diesem Zeitpunkt Bettwanzen vorhanden waren, spricht schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung für die Richtigkeit der Aussage der Klägerin und der Zeugin E*, dass die Zeugin E* zu diesem Zeitpunkt nicht im Hotel C* übernachtet hat.
Die Behauptung der Beklagten, dass der Zeuge F* keine Eigeninteressen verfolgt habe und deswegen glaubwürdiger sei, stimmt jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht, da – wie das Erstgericht bereits zutreffend aufgezeigt hat – der Zeuge F* noch bei der Beklagten beschäftigt ist und daher nicht frei jeglicher Interessen aussagen konnte.
Abschließend ist der Beklagten zu ihrer Tatsachenrüge zu erwidern, dass es für eine erfolgreiche Tatsachenrüge nicht reicht, Beweisergebnisse ins Treffen zu führen, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen. Vielmehr ist es erforderlich, stichhaltige Bedenken gegen die Richtigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung beim Berufungssenat zu erwecken und aufzuzeigen, dass das Erstgericht die Grenzen der freien Beweiswürdigung nach § 272 ZPO überschritten hat. Dies ist der Beklagten nicht gelungen.
Da die Tatsachenrüge der Beklagten nicht berechtigt ist, übernimmt das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen und legt sie seiner Entscheidung zugrunde (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).
Zur Rechtsrüge:
Unter Punkt 1. der Rechtsrüge steht die Beklagte zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass die Entlassung der Klägerin deswegen gerechtfertigt gewesen sei, weil sie sich am 11.4.2024 vom Arbeitsplatz unentschuldigt zur Absolvierung einer Prüfung entfernt habe.
Diesem Rechtsstandpunkt der Beklagten kann nicht beigetreten werden. Vielmehr ist die diesbezügliche rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zutreffend, weshalb darauf verwiesen werden kann (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO). Ergänzend ist der Beklagten Folgendes zu erwidern:
Der von der Beklagten herangezogene Entlassungsgrund des § 27 Z 4 1.Fall AngG ist verwirklicht, wenn der Angestellte ohne einen rechtmäßigen Hinderungsgrund während einer den Umständen nach erheblichen Zeit die Dienstleistung unterlässt. Dieser Tatbestand ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann erfüllt, wenn ein Dienstversäumnis vorliegt, das als pflichtwidrig, schuldhaft und erheblich zu qualifizieren ist ( Pfeil in ZellKomm 3 § 27 AngG Rz 100 mwN).
Erheblich ist ein Versäumnis, wenn es nach der Dauer der versäumten Arbeitszeit, nach Maßgabe der Dringlichkeit der zu verrichtenden Arbeit oder auf Grund des Ausmaßes des infolge des Versäumnisses nicht erzielten Arbeitserfolges oder der sonstigen dadurch eingetretenen betrieblichen Nachteile besondere Bedeutung besitzt. Entscheidend ist daher, dass die Dienstleistung in einer den Umständen nach erheblichen Zeit unterlassen wird (RS0029405). Bei dieser Beurteilung ist stets auf die Umstände des konkreten Falls abzustellen (RS0029405 [T10, T11, T20]). Die Erheblichkeit des Arbeitsversäumnisses ist vom Arbeitgeber nachzuweisen (RS0029405 [T15]; 9 ObA 245/01x; 8 ObA 264/01h ua). Nicht die absolute Dauer der Arbeitsversäumnis ist entscheidend, sondern die Bedeutung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gerade während dieser Zeit (RS0029405 [T21]). Nach der Rechtsprechung ist beispielsweise ein eintägiges Dienstversäumnis dann als nicht tatbestandsmäßig anzusehen, wenn durch das Fernbleiben des Angestellten im die Entlassung auslösenden Fall relevante betriebliche Nachteile nicht entstanden sind, selbst wenn der Arbeitnehmer dem Dienstgeber eine falsche Information über den Grund des Fernbleibens gegeben hat (RS0029405 [T24]).
Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen sind diese von der Rechtsprechung für den Entlassungsgrund des § 27 Z 4 1.Fall AngG geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.
Soweit sich die Beklagte in ihrer Berufung auf die Rechtssätze zu RS0029605, RS0029596 und RS0029586 stützt, entsprechen diese nicht mehr dem aktuellen Stand der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen ist es der – insofern behauptungs- und beweispflichtigen – Beklagten nicht gelungen nachzuweisen, dass die von ihr ins Treffen geführte Arbeitsversäumnis der Klägerin „erheblich“ im Sinne der dargelegten Rechtsprechung gewesen wäre. Da schon aus diesem Grund die Argumentation der Beklagten ins Leere geht, erübrigt es sich, weitere Argumente anzuführen, die gegen die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Berufungswerberin sprechen.
Unter Punkt 2. der Rechtsrüge behauptet die Beklagte rechtliche Feststellungsmängel iSd § 496 Abs 1 Z 3 ZPO.
Diese Bemängelung ist unberechtigt.
Das Erstgericht hat – ausgehend vom beiderseitigen Parteienvorbringen erster Instanz – sämtliche erforderlichen Feststellungen getroffen. Die von der Beklagten behaupteten sekundären Verfahrensmängel liegen nicht vor. Aus den oben dargelegten Gründen ist die von der Beklagten vermisste Feststellung, dass die Klägerin die notwendige Genehmigung der Beklagten für die vorzeitige Beendigung ihres Dienstes am 11.4.2024 vor dem vereinbarten Dienstende um 17.30 Uhr nicht eingeholt habe, rechtlich nicht relevant. Dem zufolge kann auch die von der Beklagten gerügte unterbliebene Vernehmung der Klägerin und des Geschäftsführers der Beklagten zu diesem Beweisthema weder eine sekundäre noch eine primäre Mangelhaftigkeit darstellen. Ausgehend davon erübrigt es sich näher aufzuzeigen, dass insofern auch aus weiteren Gründen weder eine primäre noch eine sekundäre Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens gegeben ist.
Da auch der Rechtsrüge keine Berechtigung zukommt, war der Berufung ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 2 Abs 1 ASGG, 41 Abs 1 und 50 ZPO. Die mit ihrer Berufung unterlegene Beklagte hat der Klägerin die tarifmäßig verzeichneten Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG geforderten Qualität nicht zur Beurteilung vorlag. Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung von einhelliger – oben auch zitierter – Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ausgegangen. Darüber hinaus liegt eine Einzelfallentscheidung vor.
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