Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden, die Richterin MMag. Pichler und den Kommerzialrat Kremser in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb. **, **, vertreten durch Urbanek Rudolph Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wider die beklagte Partei B* AG , FN **, **, vertreten durch Dr. Lisa-Maria Fidesser, Rechtsanwältin in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: EUR 17.600,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 14.10.2024, **-28, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.089,32 (darin EUR 348,22 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 5.000,--, nicht auch EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klägerin verfügte bei der Beklagten über das auf den Namen der Klägerin lautende Girokonto IBAN C*. Die Beklagte kündigte das Konto mit Schreiben vom 2.1.2024 per 9.3.2024. Am 25.4.2024 forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Kündigung zurückzunehmen.
Die Klägerin erhielt die Schreiben der Beklagten vom 13.11.2023 und 2.1.2024 jeweils innerhalb weniger Tage. Beide Schreiben richtete die Beklagte an die Adresse **. Die Klägerin hatte der Beklagten vor Versand der beiden Schreiben keine Adressänderung mitgeteilt.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das bei der Beklagten geführte, auf sie lautende Girokonto mit der IBAN C* über den 9.3.2024 hinaus weiterhin aufrecht bestehe, und in eventu, dass die mit Schreiben der Beklagten vom 2.1.2024 der Klägerin mitgeteilte Kündigung dieses Girokontos zum 9.3.2024 für rechtsunwirksam erklärt werde.
Die Beklagte habe das Konto der Klägerin zum 9.3.2024 vertragswidrig gekündigt, weil sie Überweisungen des Schwiegersohnes der Klägerin als Ablöse für die Einrichtung der von der Klägerin gemieteten Wohnung unberechtigterweise für verdächtig im Sinne des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes gehalten habe, und obwohl die Klägerin die dazu geforderte Aufklärung rechtzeitig erteilt habe. Die Klägerin habe einen Rechtsanspruch auf ein Zahlungskonto. Jedwede Diskriminierung diesbezüglich sei gemäß § 22 VZKG verboten. Die unberechtigte Kündigung widerspreche zudem den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Die Beklagte wendet im Wesentlichen ein, sie habe am 2.1.2024 den Girokontovertrag über das Girokonto der Klägerin unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten zweimonatigen Kündigungsfrist gemäß Punkt G der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den entsprechenden Bedingungen der dazu ausgegebenen Debit- und Kreditkarten ordnungsgemäß zum 9.3.2024 aufgekündigt. Die Beklagte habe dabei insbesondere nicht gegen das in § 22 VZKG normierte Gebot der Nichtdiskriminierung verstoßen, sondern den Girokontovertrag in Entsprechung des ZaDiG und ihren Geschäftsbedingungen ohne Angabe von Gründen ordentlich gekündigt.
Das verfahrensgegenständliche Girokonto sei nicht als Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen im Sinne des § 23 VZKG eröffnet worden.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren und das Eventualbegehren ab. Es traf dazu neben dem eingangs bereits zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 3 bis 4 wiedergegebenen Feststellungen.
Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass die Kündigung § 51 Abs 3 ZaDIG und dem Vertrag entspreche. Die Erklärung der Beklagten sei der Klägerin auch zeitgerecht zugegangen. Es liege keine Diskriminierung im Sinne des § 22 VZKG vor. Aus § 22 VZKG folge kein allgemeiner Rechtsanspruch auf ein Zahlungskonto. Ein Antrag auf ein Basiskonto gemäß § 23 VZKG sei nicht einmal behauptet worden.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1.1. Die Berufung der Klägerin stützt sich im Wesentlichen darauf, dass ihr die Kündigung nicht rechtswirksam zugegangen sei.
Die Rechtsrüge ist nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (RS0043312 T14). Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin übersieht, dass das Erstgericht explizit festgestellt hat, dass die Klägerin das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 2.1.2024 tatsächlich innerhalb weniger Tage erhielt (UA S 4). Ein Argument, warum die Kündigung trotz dieser unbekämpften Feststellung zum tatsächlichen Zukommen „nicht rechtswirksam zugegangen“ wäre, führt die Berufungswerberin gar nicht ins Treffen. Die von ihr aufgeworfene Frage, ob in den AGB (etwa im Zusammenhang mit einem nicht bekanntgegebenen Adresswechsel) eine Zustellfiktion gültig vereinbart wurde, ist daher unerheblich; bereits aus diesem Grund liegen die monierten sekundären Feststellungsmängel zu den AGB nicht vor.
Auch die in § 51 Abs 3 ZaDiG iVm § 47 Abs 1 vorgesehene Form wurde eingehalten, indem die Klägerin den Brief in Papierform erhielt. Dass eine nicht mehr aktuelle Adresse der Klägerin genannt wurde, ist irrelevant, weil die Klägerin das Schreiben tatsächlich erhielt.
1.2. Der Berufungswerberin ist auch nicht dahingehend zu folgen, dass die Kündigung den Wertungen des § 22 VZKG widerspreche. Auch hier geht die Berufung nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, stellte das Erstgericht doch fest, dass die Beklagte nicht wegen des Verdachts der Geldwäsche kündigte (UA S 4).
§ 22 VZKG untersagt Diskriminierungen von Verbrauchern mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union wegen ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Wohnsitzes, Geschlechts, Alters, ihrer Rasse, Hautfarbe, ethnischen oder sozialen Herkunft, genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung oder der sexuellen Ausrichtung. Nichts davon ergibt sich aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt.
1.3. Die Berufung bleibt somit ohne Erfolg.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO.
3. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes beruht auf der diesbezüglich unbedenklichen Bewertung der Klägerin.
4. Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Rechtsrüge der Klägerin übergeht die Feststellungen des Erstgerichts sowohl zum tatsächlichen Zugang des Kündigungsschreibens als auch zum Grund der Kündigung und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.
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