Das Oberlandesgericht Wien fasst als Rekursgericht durch den Richter Mag. Schmoliner als Einzelrichter (§ 8a JN) in der Rechtssache der klagenden Partei 1. A* GmbH Co KG , FN **, 2. B* GmbH Co KG , FN **, beide **, beide zuletzt vertreten durch die Draskovits Unger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei C* m.b.H. , FN **, **, vertreten durch Dr. Michael Buresch, Rechtsanwalt in Wien, sowie die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. D* GmbH, FN **, **, vertreten durch DDr. Harald Schröckenfuchs, Rechtsanwalt in Wien, 2 . E* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Milchrahm Stadlmann Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 84.509,21 sA, Herausgabe (EUR 10.000) und Feststellung (EUR 25.000), hier wegen Sachverständigengebühren, über den Rekurs der erstklagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 10.2.2025, **-127, den
Beschluss:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
1. Der Behandlung des Rekurses ist vorauszuschicken, dass das Vollmachtsverhältnis zwischen den Klägern und der bisherigen Klagsvertreterin aufgelöst wurde (ON 125). Da ein Rekurs gegen einen Gebührenbestimmungsbeschluss nicht der Unterschrift eines Rechtsanwaltes bedarf (§ 41 Abs 3 GebAG), war die Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH der Erstklägerin berechtigt, selbst einen Rekurs einzubringen. Aus dem Rekurs ist erkennbar, dass sie das nur im Namen der Erst- und nicht auch der Zweitklägerin getan hat.
2. Mit Beschluss vom 7.10.2019 (ON 61) bestellte das Erstgericht F* zum Sachverständigen aus dem Fachgebiet Fenster mit dem Auftrag, Befund und Gutachten zu nachstehenden Fragen zu erstatten:
I.) „Wie hoch ist der ortsübliche Sanierungsaufwand für den Austausch der Balkontüren im Haus **? Stellungnahme zu den von den Parteien eingeholten Sanierungsangeboten erbeten. (Anm: die Mangelhaftigkeit der Balkontüren und die Notwendigkeit eines kompletten Austauschs ist zwischen den Parteien unstrittig und daher vom Sachverständigen nicht zu überprüfen.)
II.)
1.) Erfolgte der Einbau und die Montage der Fenster im Haus ** (im Zuge der im Jahr 2010 beauftragten Sanierung des Gebäudes) sach- und fachgerecht?
2.) Wurde das technische Regelwerk – unter Berücksichtigung der in ** geltenden Bauvorschriften und des Vorhandenseins von Altbestand – eingehalten? Insbesondere: war ein Einbau nach der ÖNORM B 5320 im vorliegenden Fall erforderlich?
3.) Ist das Fenstersystem mit Mängeln behaftet? Liegen gültige Prüfzeugnisse und CE-Kennzeichnungen vor?
4.) Wenn Mängel hervorkommen: Wie hoch ist der ortsübliche Sanierungsaufwand?
III.) Gutachterliche Stellungnahme zu den im Akt befindlichen (Privat-)Gutachten, soweit die dortigen Ergebnisse vom Gutachtensergebnis abweichen.“
Der Sachverständige erstattete daraufhin am 13.2.2020 ein Gutachten (ON 66), für welches er Gebühren in Höhe von brutto EUR 6.397,09 verzeichnete (AS 145 f/Band II). Diese Gebührennote wurde den Parteienvertretern am 25.2.2020 mit dem Auftrag zugestellt, allfällige Einwendungen gegen den Gebührenanspruch binnen drei Wochen bekanntzugeben (ON 67). Die damalige Vertreterin der Kläger erklärte zunächst am 13.3.2020 (ON 69, S 2) ausdrücklich, keine Einwände gegen die Sachverständigengebühren zu erheben. Mit Eingabe vom 17.3.2020 – und damit noch innerhalb der dreiwöchigen Frist – erhob sie die Einwendungen, dass der Sachverständige „die Befundung der Fenster vorgenommen habe, aber nur für den Einbau von Fenstern beeidet“ sei. Darauf hätte er hinweisen müssen, was er nicht getan habe, weshalb ihm der diesbezügliche Gebührenanspruch nicht zustehe. Außerdem sei der Sachverständige beauftragt gewesen, einen detaillierten Sanierungsaufwand bekanntzugeben, was er nicht erfüllt habe, sodass das Gutachten in diesem Punkt unvollständig sei und auch hier kein Gebührenanspruch zustehe (ON 70, S 2).
Der Sachverständige äußerste sich dahingehend (ON 74), dass er auch für die Herstellung und Montage von Kunststoffelementen zertifiziert sei und darüber hinaus auch über eine mehr als 40jährige Berufserfahrung in diesem Bereich verfüge. Hinsichtlich des detaillierten Sanierungskonzepts habe sich bei der Ausarbeitung des Gutachtens herausgestellt, dass eine bauphysikalische Berechnung nicht mehr erforderlich sei. Dafür habe der Sachverständige auch keine Gebühren verzeichnet. Außerdem umfasse das Sanierungskonzept auch die Prüfung und Feststellung der Eignung von Fenstertüren für den geplanten Einbau in Bezug auf die erforderlichen Leistungseigenschaften.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 127) bestimmte das Erstgericht – unter Außerachtlassung des § 39 Abs 2 GebAG – die Gebühren des Sachverständigen antragsgemäß mit EUR 6.397,09. In seiner Begründung verwies es darauf, dass den Einwendungen der Kläger nicht zu folgen sei, weil sich das Fachgebiet 73.42, für das der Sachverständige eingetragen sei, mit dem Gutachtensauftrag decke, weshalb kein Grund bestehe, die vom Sachverständigen verzeichnete Gebühr zu kürzen. Er habe auch den gerichtlichen Auftrag zur Angabe der Höhe des ortsüblichen Sanierungsaufwands für den Austausch der Balkontüre erfüllt, wofür ihm die verzeichnete Gebühr zustehe. Die von ihm ursprünglich veranschlagten bauphysikalischen Berechnungen habe er nicht durchgeführt, dafür aber auch keine Gebühr beansprucht. Insgesamt sei ihm daher die Gebühr in voller Höhe zuzuerkennen.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Erstklägerin (siehe oben 1.) mit dem Antrag, die Sachverständigengebühren zu reduzieren. Der Sachverständige sei dem Auftrag, einen Sanierungsvorschlag vorzulegen, nicht nachgekommen und habe auch keine Stellungnahme zu den bereits bestehenden Gutachten abgegeben. Seine Ausführungen zur Gültigkeit der Zertifikate der Fenster seien unrichtig; tatsächlich hätten diese Fenster gar nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Der Sachverständige habe nur auf 80 % der Seiten drei Fensterangebote hineinkopiert. Die Fenster habe er als augenscheinlich in Ordnung beschrieben, obwohl keine Zertifikate vorhanden gewesen seien.
Der Sachverständige erstattete eine Rekursbeantwortung (ON 137), in der er darauf hinwies, dass die Erstellung eines Sanierungskonzepts sowie eines Sanierungsvorschlags nie Auftragsgegenstand gewesen seien. Zu den Vorgutachten habe er eine Stellungnahme abgegeben. Seine Ausführungen zu den Prüfberichten bzw -zertifikaten seien richtig und halte er diese aufrecht.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
3. Soweit sich die Erstklägerin erstmals im Rekurs darauf stützt, das Gutachten sei auch deshalb unvollständig, weil es keine Stellungnahme zu den Vorgutachten enthalte, ist darauf hinzuweisen, dass sie in erster Instanz im Rahmen der Einwendungen nach § 39 Abs 1a GebAG ein solches Vorbringen nicht erstattet hat. Gleiches gilt für den ebenfalls erstmals im Rekurs erhobenen Vorwurf der Unrichtigkeit des Gutachtens.
Unabhängig davon, ob man der Rechtsprechung folgt, nach der die unterbliebene Erstattung von Einwendungen den Parteien das Rechtsschutzinteresse bzw die Beschwer für einen Rekurs gegen einen Gebührenbestimmungsbeschluss nimmt (vgl RW0000620; gegenteilig: RW0000307), gilt im Rekursverfahren jedenfalls das Neuerungsverbot, weshalb dort die tatsächlichen Grundlagen, die der Gebührenbestimmung zugrunde gelegt wurden, nicht mehr angezweifelt werden können (RW0000547; RG0000159; Krammer/Schmidt/Guggenbichler , SDG-GebAG 4 E 62).
Der Rekurs musste daher schon aus diesem Grund erfolglos bleiben.
4. Der Vollständigkeit halber ausgeführt wird, dass sich der Anspruch des Sachverständigen auf die Gebühr nach der Erfüllung des erteilten Auftrags richtet. Die Anspruchsvoraussetzungen sind daher dann gegeben, wenn das Gutachten in Befolgung des gerichtlichen Auftrags erstattet wurde. Hingegen ist die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens eines Sachverständigen im Gebührenbestimmungsverfahren nicht zu überprüfen. Schlüssigkeit, Beweiskraft, Tunlichkeit und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens werden im Gebührenbemessungsverfahren nicht beurteilt (RS0059129; insbes [T5]). Die behauptete Unrichtigkeit des Gutachtens ist damit im Gebührenbestimmungsverfahren von Haus aus kein tauglicher Rekursgrund.
5. Entgegen dem Rekursvorbringen wurde der Sachverständige nicht damit beauftragt, ein Sanierungskonzept oder einen Sanierungsvorschlag vorzulegen. Der Auftrag an ihn lautete vielmehr, den ortsüblichen Sanierungsaufwand für den Austausch der Balkontüren und Fenster festzustellen und eine Stellungnahme zu den von den Parteien eingeholten Sanierungsangeboten abzugeben (vgl ON 61, I. und II. 4.). Diese Fragen hat der Sachverständige beantwortet (vgl Gutachten ON 66, insbes S 49). Dass er auf eine zunächst für erforderlich erachtete bauphysikalische Berechnung verzichtet und diese auch nicht verrechnet hat, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt.
Er hat den Gutachtensauftrag daher erfüllt, womit kein Grund besteht, die Sachverständigengebühr zu mindern.
6. Ein Kostenersatz im Rekursverfahren über Beschlüsse, mit denen eine Sachverständigengebühr bestimmt wird, findet nicht statt (§ 41 Abs 3 letzter Satz GebAG).
7. Der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof ist im Gebührenbestimmungsverfahren gemäß § 528 Abs 2 Z 5 ZPO jedenfalls unzulässig.
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