Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Richter Mag. Guggenbichler als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Aigner und die Kommerzialrätin Eigner in der Rechtssache der klagenden Partei A* d.o.o. , **, Serbien, vertreten durch Mag. Milan Glisic, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GesmbH , FN **, **, vertreten durch Mag. Werner Maierhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 26.688 sA, über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 23.568) gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 19.9.2024, GZ **-79, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
I. Der Antrag der beklagten Partei auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen.
II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Revision ist nicht zulässig .
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in ** (Serbien), das insbesondere im Bereich des Handels mit Fenstern, Türen und Rollläden tätig ist. Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in ** und im Bau- und Baunebengewerbe tätig.
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im ersten Halbjahr 2020 beauftragte die Beklagte die Klägerin auf Grundlage eines von dieser mit Email vom 9.4.2019 gelegten Angebots mit der Herstellung (inklusive Lieferung) von Fenstern und Türen um EUR 43.336 netto für das Bauvorhaben der Beklagten in C* (idF „Bauvorhaben C*“).
Die Streitteile standen schon vor dem gegenständlichen Bauvorhaben C* in einer Geschäftsbeziehung zueinander und insgesamt hatte die Klägerin der Beklagten bereits bei zumindest 4 Bauvorhaben Fenster und Türen geliefert.
Zwischen den Streitteilen wurde keine Vereinbarung getroffen, dass die Fenster und Türen über eine CE-Kennzeichnung zu verfügen haben. Auch bei früheren Bauvorhaben hatte die Beklagte von der Klägerin keine CE-Kennzeichnung der bestellten Fenster und Türen verlangt.
Die Beklagte leistete betreffend das Bauvorhaben C* eine Akontozahlung von EUR 20.000 an die Klägerin.
Die Klägerin bezog die vertragsgegenständlichen Fenster und Türen von einem serbischen Drittunternehmen, welches diese, nachdem es am Bestandsobjekt Naturmaß genommen hatte, individuell fertigte. Betreffend den noch nicht existenten Zubau war eine Naturmaßnahme nicht möglich. Die Fenster und Türen wiesen und weisen bis heute keine CE-Kennzeichnung auf. Von diesem Umstand war man klagsseits zum Zeitpunkt der Anlieferung der Fenster und Türen an die Beklagte in Kenntnis.
Die Fenster und Türen wiesen bereits zum Zeitpunkt der Anlieferung an die Beklagte Vergilbungserscheinungen an 13 von insgesamt 22 Elementen auf. Zudem war zum vorgenannten Zeitpunkt ein starker Verzug des Türenelements in der Garage verbunden mit einer augenscheinlich starken Undichtheit aufgrund des fehlenden Anschlags der Dichtung vorhanden. Nicht festgestellt werden kann, dass die Fenster, Türen und Rolläden zum Zeitpunkt der Anlieferung darüber hinaus Fehler aufwiesen bzw. nicht der vertraglichen Vereinbarung entsprachen.
Die Klägerin stellte über die von ihr erbrachten Leistungen die Rechnung Nr. ** vom 14.8.2020 über EUR 46.688 (./F), in der die bereits erbrachte Akontozahlung von EUR 20.000 in der vorgenannten Rechnung nicht berücksichtigt/erwähnt wird.
Die zuvor aufgezeigten Fehler waren von der Klägerin bis zum Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses nicht behoben worden und weigert sich die Klägerin, diesbezüglich eine Mängelbehebung durchzuführen.
Die Klägerin begehrte mit Mahnklage vom 11.1.2021 die Zahlung von EUR 26.688 sA und brachte, soweit im Berufungsverfahren noch wesentlich, vor, sie habe die Leistungen auftragsgemäß und mängelfrei am 15.8.2020 erbracht und der Beklagten die mit 14.8.2020 datierte Rechnung über EUR 46.688 netto mit einer Zahlungsfrist von 7 Tagen gelegt. Für diese Leistungen hafte nach wie vor ein Betrag von EUR 26.688 netto (EUR 46.688 abzüglich der geleisteten Akontozahlung von EUR 20.000) unberichtigt aus.
Die Fenster, Türen und Rollläden seien tauglich und entsprächen dem, was die Beklagte bestellt habe. Für die Einhaltung besonderer Vorschriften zum Einbau von Bauprodukten sei im Übrigen die Beklagte als Generalunternehmer und Planer verantwortlich. Die Beklagte habe sich mit der Klägerin vorab auf ein bestimmtes, individuelles Produkt geeinigt. Dieses sei geleistet und die fehlende CE Kennzeichnung nie als Mangel gerügt worden. Die BauproduktenVO (Nr. 305/2011 des europäischen Parlaments und es Rates vom 9.3.2011) sei nicht anwendbar, weil die Fenster individuell gefertigt worden seien und insofern nach Artikel 5 der BauproduktenVO eine Ausnahme zur CE-Kennzeichnungspflicht bestehe.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte – soweit im Berufungsverfahren noch relevant - ein, die gelieferten Produkte hätten weder dem vertraglich Vereinbarten noch dem Stand der Technik entsprochen. Die Fenster und Türen würden keine CE-Kennzeichnung aufweisen und eine solche auch nicht erlangen können. Nach den Vorgaben von ÖNORM EN 14351-1 würden mit der im CE-Zeichen durchgeführten Leistungsdeklaration die Mindestanforderungen des Baurechts und die Konformität mit den harmonisierten Normen sowie den Vorgaben der Baustoffliste ÖE bestätigt. Es bestehe eine gesetzliche Verpflichtung zur CE-Kennzeichnung der Bauteile im Rahmen der Vorgaben der geltenden Norm. Insbesondere auf Grund der mangelnden CE-Kennzeichnung und der damit verbundenen Folge, dass Fenster und Türen nur mit einer solchen in Verkehr gesetzt werden dürften, ergebe sich, dass die Fenster und Türen für die Beklagte - und auch im Allgemeinen völlig - untauglich seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil , welches in Ansehung der Abweisung des Mehrbegehrens von EUR 3.120 sA unbekämpft in Rechtskraft erwuchs, gab das Erstgericht der Klage im Betrag von EUR 23.568 sA statt.
Dabei traf es die oben zusammengefasst wiedergegebenen sowie die auf Seiten 4 bis 10 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird.
In rechtlicher Hinsicht führte es (soweit für das Berufungsverfahren relevant) aus, der Oberste Gerichtshof habe zu 7 Ob 43/23h ausgesprochen, dass ein Mangel allein wegen der Verwendung nicht CE-gekennzeichneter Bauprodukte nur dann in Betracht komme, wenn eine CE-Kennzeichnung vereinbart worden sei. Die fehlende CE-Kennzeichnung stelle mangels Vereinbarung einer solchen zwischen den Streitteilen sohin keinen Mangel dar. Dass nicht festgestellt habe werden können, dass die Fenster, Türen und Rollläden zum Zeitpunkt der Anlieferung darüber hinaus Fehler aufwiesen bzw. nicht der vertraglichen Vereinbarung entsprachen, gehe als non liquet zu Lasten der hierfür beweispflichtigen Beklagten. Die Beklagte habe nicht unter dem Wert erworben, weshalb sie nach der relativen Berechnungsmethode den zu bezahlenden Werklohn um den Wert, der den Minderwert übersteige, kürzen könne. Daraus ergebe sich eine Preisminderung von EUR 3.120, sodass dieser Teilbetrag abzuweisen sei.
Gegen den Zuspruch im Betrag von EUR 23.568 sA richtet sich die Berufung der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, eine Berufungsverhandlung anzuberaumen und das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beteiligte sich nicht am Berufungsverfahren.
Di e Berufung is t nicht berechtigt.
I. Der Antrag der Beklagten auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung war mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen, da seit der Aufhebung von § 492 ZPO durch BGBl I 2009/52 eine solche gemäß § 480 Abs 1 ZPO nur anzuberaumen ist, wenn der Berufungssenat dies im Einzelfall für erforderlich hält; das ist hier nicht der Fall.
II. Zur Mängelrüge
1. Die Beklagte moniert die in der Tagsatzung vom 14.9.2023 erfolgte beschlussmäßige Zurückweisung ihres dort erstatteten ergänzenden Vorbringens samt Beweisanträgen zum unrichtigen Maß der Fenster (ON 53, S 3) als unzulässig.
Das Erstgericht hätte aufgrund dieses Vorbringens samt Beweisanbot feststellen können, dass die hergestellten und gelieferten Fenster anhand der Maße – die von der Klägerin genommen wurden – für den Einbau ungeeignet gewesen seien sowie dass die Bauanschlussfuge das Sollmaß überschritten hätte, hätte die Beklagte die Fensteröffnung nicht (im Nachhinein) verkleinert. Darauf aufbauend hätte es zur begehrten Klagsabweisung kommen können.
1.1. § 179 Satz 2 ZPO pönalisiert die Verletzung der Prozessförderungspflicht. Ein neues Vorbringen einschließlich der Beweisanträge kann vom Gericht zurückgewiesen werden, wenn es grob schuldhaft nicht früher vorgebracht wurde und seine Zulassung die Erledigung des Verfahrens erheblich verzögern würde. Diese Beurteilung hat unter Bedachtnahme auf die Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens (§ 182a ZPO) zu erfolgen.
Die Zurückweisung erfolgt mit Beschluss, gegen den ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig ist. Ein nach § 179 ZPO ergangener Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts kann in der Berufung als Verfahrensmangel angefochten werden, der – in erster Instanz – nicht gesondert nach § 196 ZPO gerügt werden muss ( Trenker in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 179 ZPO Rz 11 [Stand 9.10.2023, rdb.at]).
1.2. Die Beklagte führte im erstinstanzlichen Verfahren zu den Gründen für das späte Vorbringen ins Treffen, erst infolge des Scheiterns der Vergleichsgespräche sei die Gutachtenserörterung mit dem Eigentümer des Hauses der gegenständlichen Baustelle notwendig gewesen. Daraus habe sich ergeben, dass der Eigentümer die Befundung bzw. Begutachtung des Sachverständigen, wonach keine Überschreitung der Bauanschlussfuge bestanden habe, erörtert und richtiggestellt habe. Sie brachte aber auch vor, sie selbst habe die Fensteröffnung baulich verkleinert (ON 53.2 S 2f).
In der Berufung begründet sie - im Gegensatz dazu - die Verspätung des in erster Instanz zurückgewiesenen Vorbringens damit, sie habe zwar infolge des Sachverständigengutachtens die Notwendigkeit eines ergänzenden Vorbringens und Beweisanbots erkannt, sie habe aber die aussichtsreichen Vergleichsgespräche nicht durch ein neues Vorbringen in den beiden nach dem Gutachten stattgefundenen Tagsatzungen torpedieren wollen, weshalb die Verspätung nicht grob schuldhaft sei.
1.3. Ob es sich dabei um eine in der Berufung zulässige Neuerung handelt, die zur Dartuung oder Widerlegung des Berufungsgrundes der Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorgebracht werden darf (RS0041812), oder ob alle Tatsachen, die gegen grobes Verschulden sprechen, bereits in erster Instanz vorgebracht hätten werden müssen (vgl Trenker aaO § 179 ZPO Rz 11), kann dahingestellt werden, weil aus nachstehenden Erwägungen sowohl ausgehend vom erstinstanzlichen als auch vom Vorbringen in der Berufung von einem grob schuldhaft verspäteten und verfahrensverzögernden Vorbringen auszugehen ist.
1.4. Zum Verschulden:
1.4.1. Die Beklagte brachte im erstinstanzlichen Verfahren zunächst vor, die Fenster und Rollläden entsprächen nicht den vereinbarten Maßen und seien für den Einbau ungeeignet, da sie zu klein und die Abstände zwischen den Fensteröffnungen in der Hauswand und den Fensterstöcken zu groß seien. Trotz dieser Mängel hätten sie temporär verbaut werden müssen (ON 3 S 2, ON 8 S 3).
Es musste ihr wegen der bereits vorgenommenen (nach ihrem Vorbringen von ihr selbst durchgeführten) Verbauung daher schon damals möglich gewesen sein, zu einer von ihr vorgenommen Verkleinerung der Fensteröffnung vorzubringen. Weder im Einspruch noch im vom Erstgericht aufgetragenen (ON 4) Schriftsatz (ON 8), in dem die Parteien (unter Androhung der Zurückweisung als Säumnisfolge) aufgefordert wurden, abschließendes Vorbringen samt Beweisanträgen zu erstatten, finden sich dazu Ausführungen oder Beweisanträge.
1.4.2. In der vorbereitenden Tagsatzung vom 20.4.2021 (ON 9.2) wurde das Prozessprogramm zunächst auf die Themen „Anerkenntnis“ und „Vertragsverhältnis“ (War die Montage inkludiert oder nicht?) beschränkt und dazu eine Verhandlung für den 6.9.2021 anberaumt. In dieser Verhandlung wurde festgehalten, dass Vergleichsgespräche zu keiner Einigung führten, und wurde der Beklagten die Möglichkeit für weiteres Vorbringen zu den in der Verhandlung nicht behandelten Beweisthemen – somit auch zu dem behaupteten Mangel und der Verbauung der Fenster - eingeräumt (ON 14.5, S 2).
Ein diesbezügliches Vorbringen erstattete die Beklagte in der Folge aber nicht.
1.4.3. Das Beweisthema der für den 13.12.2021 anberaumten Tagsatzung lautete „Fensterlieferung der Klägerin betreffend das Objekt ** - Mängelrüge der Beklagten". Eingangs der Verhandlung wurde seitens des Erstgerichts festgehalten, dass die Beweisaufnahmen auf die Thematik „Mängelrüge“ beschränkt werden (ON 23.3, S 2). Auch hier wurde der mangelnde Erfolg des Erstgerichts an der Herbeiführung einer vergleichsweisen Bereinigung protokolliert. Entsprechendes Vorbringen zur Verbauung der Fenster erstattete die Beklagte auch hier nicht, obwohl in dieser Tagsatzung alle Mängel und deren Rüge ausdrücklich Beweisthema waren.
1.4.4. Im Gutachtensauftrag (ON 27) wurde der Sachverständige ua zur Frage bestellt, ob die gelieferten Fenster und Rollläden an Hand ihrer Maße (zu klein) für den Einbau ungeeignet seien und ob daher die Abstände zwischen den Fensteröffnungen in der Hauswand und den Fensterstöcken zu groß und somit nicht dem Stand der Technik und der Ö-Norm entsprechend seien.
Im Gutachten hielt der Sachverständige zu dieser Frage die mangelnde Mitwirkung beider Parteien fest (ON 33.1, S 9). Trotz Aufforderung hätten sie die Daten der Planung und Maßangaben der Schnittzeichnungen des Fensterherstellers, aus denen Rückschlüsse auf die Breite der Bauanschlussfugen (Abstand zwischen Hauswand und Fensterstock) gezogen werden sollten, nicht zur Berechnung vorgelegt. Daher nahm der Sachverständige die Berechnung überschlägig auf Basis der bei der Befundaufnahme festgehaltenen Messwerte und der Abschätzung aus seiner Erfahrung als Sachverständiger vor und kam aufgrunddessen zum Schluss, dass keine zu klein gefertigten Bauteile eingebaut worden seien und die Montagefuge dem Stand der Technik entspreche.
Die Beklagte beantragte keine Erörterung des Gutachtens, in der sie auf die von ihr behauptete Verbauung der Fensteröffnungen hätte hinweisen können.
1.4.5. Die Tagsatzung am 23.6.2022 sollte laut Ausschreibung der "Erörterung der bisherigen Verfahrensergebnisse; Vergleichsgespräch; Festlegung des weiteren Prozesssprogramms" dienen (ON 37; ON 39.3). In dieser Tagsatzung wurde das Gutachten verlesen. Im Protokoll wurde festgehalten, dass der Versuch einer vergleichsweisen Bereinigung durch das Erstgericht gescheitert ist. Über außergerichtliche Vergleichsgespräche wurde nichts dokumentiert. Anlässlich einer weiteren Tagsatzung sollten abschließend die noch ausstehenden Personenbeweise aufgenommen werden. Die Klägerin brachte vor (ON 39.2), der Befund habe gezeigt, dass alle Fenster bereits eingebaut worden seien.
Die Beklagte nahm weder das Gutachten noch dieses Vorbringen der Klägerin zum Anlass, (dem später in der Tagsatzung vom 14.9.2023 präkludierten Vorbringen entsprechendes) Vorbringen zu erstatten, sie habe die Bauanschlussfuge selbst verringert, indem sie die Fensteröffnung baulich verkleinert habe, um die Größe der Bauanschlussfuge zum Fenster zu reduzieren.
Spätestens hier hätte sich nämlich – nach Gutachtenserstattung - die Notwendigkeit des ergänzenden Vorbringens wegen des „Scheiterns der Vergleichsgespräche“ ergeben. Denn die Versuche des Erstgerichts, einen Vergleich zu erzielen, waren (wie oben aufgezeigt) mangels Vergleichsbereitschaft bis dahin erfolglos geblieben. Erst in der nächsten Verhandlung am 15.11.2022 traten die Parteien in Vergleichsgespräche, die außergerichtlich fortgesetzt werden sollten, weshalb die zu dem Termin vorgesehenen Personalbeweise noch nicht aufgenommen wurden (ON 45.2 S 2).
1.4.6. Unter Berücksichtigung des dargestellten Verfahrensganges wäre es der Beklagten möglich gewesen, das Vorbringen im Einspruch (ON 3), im aufgetragenen Schriftsatz (ON 8), in den Verhandlungen vom 06.09.2021 (ON 14.5) und vom 13.12.2021 (ON 23.3), dem Sachverständigen gegenüber anlässlich der von ihm angefragten Mitwirkung (ON 33.1 S 9), in einem ihr vom Erstgericht freigestellten Antrag auf Gutachtenserörterung (ON 35) und in der Tagsatzung vom 23.6.2022 (ON 39.3) zu erstatten, ohne erfolgsversprechende Vergleichsgespräche (welche in diesen Verfahrensstadien nicht dokumentiert sind) zu torpedieren. In den beiden letztgenannten Stadien hätte sich daher für sie auch bereits die Notwendigkeit der „Gutachtenserörterung mit dem Eigentümer des Hauses“ ergeben müssen.
1.4.7. Für die Zurückweisung muss wenigstens grobe Fahrlässigkeit vorliegen. Als Maßfigur ist eine durchschnittlich sorgfältige Partei heranzuziehen. Für eine solche wäre es in Anbetracht des dargelegten Verfahrensganges naheliegend gewesen, das Vorbringen und die Beweisanträge wesentlich früher zu erstatten. Die Abweichung des von der Beklagten gesetzten Verhaltens vom gebotenen Verhalten der Maßfigur erfolgte wegen der Menge der oben dargestellten vermeidbaren Fahrlässigkeitshandungen im ungewöhnlichem Ausmaß, weshalb von einem groben Verschulden auszugehen ist (vgl Annerl in Fasching/Konecny 3 II/3 § 179 ZPO Rz 68f [Stand 1.10.2015, rdb.at]).
Weder ihr erstinstanzliches noch ihr Vorbringen in der Berufung sind daher geeignet, grobe Fahrlässigkeit der Beklagten auszuschließen.
1.5. Zur Verfahrensverzögerung:
1.5.1. Mangels Weiterführung von Vergleichsgesprächen fand am 14.9.2023 eine Tagsatzung zum Thema "Fensterlieferung der Klägerin betreffend das Objekt ** - beklagtenseits behauptete Mängel" statt (ON 41; ON 53.2). Erstmals in dieser Verhandlung nahm die Beklagte auf das Sachverständigengutachten Bezug und erstattete das zurückgewiesene Vorbringen, sie selbst habe die Fensteröffnung baulich verkleinert, wobei sie zum Beweis dafür ein Foto sowie einen (bisher nicht beantragten) Zeugen anbot (ON 53.2, S 2f).
1.5.2. Ob eine Verfahrensverzögerung vorlag, erfordert eine Prüfung, ob das spätere Vorbringen tatsächlich eine Auswirkung auf die Verfahrensbeendigung im Vergleich zum zeitgerechten Vorbringen hat. Es ist der hypothetische Verfahrensverlauf bei rechtzeitigem Vorbringen dem prognostizierten Verlauf beim nunmehrigen späteren Vorbringen gegenüber zu stellen (sog relative Verzögerung). Ergibt dies eine spätere Beendigung des Prozesses bei späterem Vorbringen, liegt eine Verletzung der Prozessförderungspflicht vor . In diesem Vergleich sind nicht nur die noch aufzunehmenden Beweismittel, sondern auch das von einem neuen Tatsachenvorbringen provozierte Verhalten des Gegners zu berücksichtigen ( Annerl aaO § 179 ZPO Rz 58f).
Die Beklagte hat darzutun, dass das Verfahren bei rechtzeitigem Vorbringen nicht rascher beendet hätte werden können, sofern Gegenteiliges nicht schon nach der Aktenlage nahe liegt. Diesbezüglich weiter bestehende Unsicherheiten gehen zu ihren Lasten ( Annerl aaO § 179 ZPO Rz 64).
1.5.3. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass die Aufnahme eines Fotos zum Akt keine weitere Verhandlung notwendig macht, diese Urkunde war jedoch nicht das alleinige zum Beweis des verspäteten Vorbringens angeführte Beweismittel, sondern wurde von ihr auch der Beweisantrag zur Einvernahme eines (neuen) Zeugen gestellt. Da die Klägerin die Mangelhaftigkeit der Fenster bestritt, kann auch davon ausgegangen werden, dass sie das ergänzende (zurückgewiesene) Vorbringen bestritten hätte und ihrerseits Beweismittel angeboten hätte, um die Behauptungen der Beklagten zu widerlegen. Darüber hinaus hätte sich dadurch wohl die Notwendigkeit der Aufnahme eines ergänzenden Sachverständigenbeweises zu dieser Frage unabhängig davon ergeben, ob eine der Parteien dessen Aufnahme beantragt hat. Denn gemäß § 183 Abs 1 Z 4 ZPO kann das Gericht die Begutachtung durch Sachverständige auch von Amts wegen anordnen.
Richtig ist, dass nach Zurückweisung des Vorbringens und der Beweisanträge noch ein Ergänzungsgutachten beauftragt wurde und eine weitere Tagsatzung zur Aufnahme von Personalbeweisen stattfand.
Das Ergänzungsgutachten beschränkte sich aber auf die Beantwortung von Fragen zur CE-Kennzeichnung, die keine weitere Befundaufnahme erforderlich machten. Der Sachverständige legte bereits in seinem Gutachten vom 31.3.2022 (ON 33.1) dar, dass die Breite der Bauanschlussfuge nach Beigabe der Schnittzeichnungen des Fensterherstellers (von Seiten der Klägerin beizubringen) und der Planvorgaben (von Seiten der Beklagten beizubringen) nochmals genauer berechnet werden könnte. Die Planvorgabe legte die Beklagte in ihrem (zurückgewiesenen) Beweisantrag aber gerade nicht vor. Damit wäre die tatsächliche Breite – unter der naheliegenden Annahme, dass das Erstgericht (allenfalls amtswegig) ein Ergänzungsgutachten eingeholt hätte, nur durch eine aufwändige Bauteilöffnung festzustellen gewesen (ON 33.1 S 9), was zu einer neuerlichen Befundaufnahme geführt hätte. Eine solche hätte im Vergleich zur stattgefundenen Gutachtensergänzung (ohne Befundaufnahme) zu einem größeren zeitlichen Verfahrensaufwand geführt, der wohl eine Hinausschiebung der Entscheidung zur Folge gehabt hätte.
1.5.4. Im Ergebnis bedeutet dies: Unter Berücksichtigung des Umstands, dass in den vorangegangenen Verhandlungen bereits Personalbeweise aufgenommen wurden, deren ergänzende Einvernahme die Klägerin (im Fall der anzunehmenden Bestreitung) allenfalls beantragt hätte, und der Unklarheit darüber, ob diese oder weitere von Klagsseite beantragte Personalbeweise nicht zu einem zusätzlichen Verhandlungstermin hätten führen müssen, sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Erforderlichkeit einer neuerlichen Befundaufnahme nicht auszuschließen ist, ist im Vergleich zum früheren Vorbringen nunmehr eine spätere Verfahrensbeendigung zu prognostizieren. Dass Unsicherheiten zu Lasten der Beklagten gehen, wurde bereits unter Punkt 1.5.2. dargelegt.
Die Beklagte hat durch ihr spätes Vorbringen daher die Prozessförderungspflicht verletzt.
2. Die Beklagte bemängelt, im angefochtenen Urteil werde das für unstatthaft erklärte Vorbringen samt Beweisanträgen entgegen § 417 Abs 3 ZPO nicht angeführt.
Nach dem Gesetzestext soll im Urteil ein Verweis auf das als verspätet zurückgewiesene Vorbringen bzw auf derartige Beweisanträge erfolgen (§ 417 Abs 3 ZPO). Nach den Gesetzesmaterialien (zu § 275 ZPO, der die Zurückweisung wegen Verschleppungsabsicht zum Gegenstand hat) soll dies dann unterbleiben können, wenn – wie hier - der Zurückweisungsbeschluss gemäß § 208 Abs 1 Z 3 ZPO im Verhandlungsprotokoll beurkundet wurde, was im Wortlaut des Gesetzes aber keine Deckung findet. Eine fehlende oder unvollständige Anführung zieht allerdings regelmäßig keine weiteren Folgen nach sich, insbesondere verwirklicht sie – als regelmäßig irrelevanter Verfahrensfehler – keinen Anfechtungsgrund (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 III/2 § 417 ZPO Rz 15 [Stand 1.11.2017, rdb.at] mwN).
Inwiefern die Nichterwähnung des zurückgewiesenen Vorbringens samt Beweisanträgen im Urteil die zuverlässige Überprüfung der Entscheidung verhindern sollte, zeigt die Berufungswerberin nicht konkret auf. Ein Verfahrensmangel liegt damit nicht vor.
III. Zur Rechtsrüge
1. Die Beklagte rügt als sekundären Verfahrensmangel, das Erstgericht hätte ausgehend vom Sachverständigen-(Ergänzungs-)gutachten feststellen können, dass eine CE-Kennzeichnung der Fenster nicht vorliege und die erklärten Leistungen den in der Baustoffliste ÖE festgelegten Anforderungen hinsichtlich Wärmeschutz und Schlagregendichtheit widersprächen.
2. Während zur fehlenden CE-Kennzeichnung ohnehin eine Feststellung getroffen wurde (US 7), entfernt sich die Beklagte mit dem übrigen Teil der begehrten Zusatzfeststellung vom (unbekämpften) Sachverhalt. Denn das Erstgericht konnte gerade nicht feststellen, dass die Fenster, Türen und Rollläden - über die Vergilbungserscheinungen an 13 Elementen, den starken Verzug des Türenelements in der Garage verbunden mit einer starken Undichtheit aufgrund des fehlenden Anschlags der Dichtung hinaus - Fehler aufwiesen bzw nicht der vertraglichen Vereinbarung entsprachen (US 8).
Da die Re chtsrüge von den bindenden Feststellungen des Erstgerichts auszugehen hat, führt die Beklagte diesen Berufungsgrund insoweit nicht prozessordnungsgemäß aus (RS0043603 [T2]; RS0043312 [T12, T14] ).
3. Davon, dass bei sonstiger Mängelfreiheit des Bauprodukts das Fehlen der CE-Kennzeichnung im – hier vorliegenden – Fall des Nichtvorliegens einer Vereinbarung über eine solche Kennzeichnung keinen Mangel darstellt, geht die Beklagte in der Berufung selbst aus.
Da (wie eben zu Punkt 2. ausgeführt) das Erstgericht sonstige Mängel nicht feststellen konnte, ist seine auf die Entscheidung 7 Ob 43/23h gestützte Würdigung, die fehlende CE-Kennzeichnung stelle mangels Vereinbarung keinen Mangel dar, somit nicht zu beanstanden.
4. Damit war auch der Rechtsrüge nicht Folge zu geben. Die Berechnung des vom Erstgericht zugesprochenen Betrags wurde im Übrigen nicht beanstandet, weshalb der bekämpfte Zuspruch zu bestätigen war.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Mangels Beteiligung der Klägerin am Rechtsmittelverfahren war auszusprechen, dass die Beklagte die Kosten ihrer Berufung selbst zu tragen hat.
6. Der Zulässigkeitsausspruch gründet sich auf § 502 Abs 1 ZPO. Rechtsfragen der in dieser Bestimmung geforderten Qualität liegen nicht vor.
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