Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Weixelbraun als Vorsitzenden, die Richterin Mag. a Tscherner und den Richter Mag. Eilenberger-Haid in der Rechtssache der klagenden Partei A* Holding Company Limited , **, Hongkong, vertreten durch Dr. Thomas Marschall, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* C* Holding GmbH, FN D*, vertreten durch SRG Stock Rafaseder Gruszkiewicz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Abberufung eines Geschäftsführers (Streitwert EUR 35.000), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 7.2.2025, **-27, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Rekurs wegen Nichtigkeit wird verworfen .
Im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.198,76 (darin enthalten EUR 366,46 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung
Die E* C* F* Holding GmbH ist zu FN ** im Firmenbuch eingetragen. Ihr selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer ist G*, geb. **. Gesellschafterinnen sind die Klägerin (Stammeinlage EUR 1.750 von gesamt EUR 35.000) und die Beklagte (Stammeinlage EUR 33.250).
Die Klägerin begehrt mit Klage vom 8.5.2024, die Beklagte zu verpflichten, der Abberufung G*s als Geschäftsführer der E* C* F* Holding GmbH zuzustimmen.
Die Beklagte ist zu FN D* im Firmenbuch eingetragen; ihr selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer ist ebenfalls G* [ Geschäftsführer ].
In der Klage wurde die Adresse der Beklagten mit „ H* “, – der Geschäftsanschrift der Beklagten laut Firmenbuch – angegeben. Die Klage samt Auftrag zur Beantwortung der Klage wurde der Beklagten an dieser Anschrift im Wege der Hinterlegung zur Abholung ab 28.5.2024 zugestellt.
Da die Beklagte innerhalb der vierwöchigen Frist keine Klagebeantwortung erstattete, erließ das Erstgericht am 4.7.2024 über Antrag der Klägerin ein Versäumungsurteil (ON 7) und verfügte dessen Zustellung an die Geschäftsanschrift der Beklagten.
Die Post übermittelte mit Rücksendedatum 9.7.2024 einen Postfehlbericht (ON 8), dem zufolge die Abgabestelle unbenutzt sei, woraufhin die Klägerin eine Zustellung des Versäumungsurteils an den Geschäftsführer unter der Anschrift „ I* “ beantragte (ON 10). Bei dieser Anschrift handelt es sich um den Hauptwohnsitz des Geschäftsführers der Beklagten, der sich dort regelmäßig aufhält.
Das Versäumungsurteil wurde durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 19.7.2024 zugestellt, wobei die Verständigung von der Hinterlegung durch Einwurf in die Abgabeeinrichtung erfolgte. Die Abholfrist endete am 5.8.2024. Die Sendung wurde am 6.8.2024 als nicht behoben an das Erstgericht retourniert. Der Geschäftsführer traf keine Absprachen mit der Post, dass Sendungen nicht durch Hinterlegung, sondern nur persönlich überreicht werden können.
Der Geschäftsführer hielt sich von 27.3. bis 2 6 .5.2024 beruflich in Thailand auf. Nach seiner Rückkehr kümmerte sich der Geschäftsführer der Beklagten um seine erkrankte Mutter, die am 13.6.2024 verstarb. Er verrichtete keine Rundumpflege, besuchte seine Mutter aber täglich im Krankenhaus. Der Geschäftsführer war von 16.6.2024 bis 21.6.2024 in Deutschland wegen einer Lungenkrebserkrankung zur Nachsorge.
Der Geschäftsführer erlangte bei einem Termin bei seiner Bank am 6.8.2024 Kenntnis vom Inhalt des Versäumungsurteils und kontaktierte daraufhin die Beklagtenvertreterin. Mit Vollmachtsbekanntgabe vom 6.8.2024 zeigte diese das Vertretungsverhältnis zur Beklagten an und beantragte die Freischaltung für den elektronischen Akt, die ab 7.8.2024 gewährt wurde.
Die Beklagte beantragte mit Eingabe vom 14.8.2024 (ON 14) in nachstehender Reihung
1) die neuerliche Zustellung der Klage,
2) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erstattung der Klagebeantwortung,
3) erhob Widerspruch gegen das Versäumungsurteil vom 4.7.2024 und
4) beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung des Widerspruchs.
Sie brachte dazu zusammengefasst vor:
Ad 1): Die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Zustellung der Klage samt Auftrag zur Klagebeantwortung durch Hinterlegung lägen nicht vor, weil sich der Geschäftsführer der Beklagten von 27.3. bis 2 6 .5.2024 beruflich in Thailand aufgehalten habe. Die Hinterlegung an einer Betriebsstätte oder an einem Geschäftsraum könne nur dann die Rechtsfolgen des § 17 Abs 3 ZustellG auslösen, wenn der Empfänger sich dort tatsächlich regelmäßig aufhalte. Die Eintragung der Geschäftsanschrift im Firmenbuch bedeute für sich genommen nicht, dass an dieser Adresse wirksam zugestellt werden könne. Bei der Anschrift L*, J*/** K*, handle es sich um keine Abgabestelle iSd ZustellG. Das Versäumungsurteil vom 4.7.2024 hätte an der genannten Anschrift nicht zugestellt werden können, weil die Abgabestelle bereits seit Mai 2024 unbenutzt gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dem äußeren Erscheinungsbild des Postkastens, weil Poststücke nicht entnommen werden würden, sodass Nichtigkeit des Zustellvorgangs gegeben sei. In der Top 1-5 würden seit Anfang April bauliche Adaptierungen und Sanierungsarbeiten vorgenommen werden, sodass eine Nutzung – welcher Art auch immer – ohnehin nicht möglich (gewesen) sei. Weder der Postkasten, die Freisprechanlage noch die Eingangstür seien beschriftet. Es hätte daher für den Zusteller bereits seit Mai 2024 ein berechtigter Zweifel dahingehend bestehen müssen, dass sich der Empfänger zumindest nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Die Beklagte beantrage daher die Zustellung der Klage vom 8.5.2024 samt Auftrag zur Klagebeantwortung.
Ad 2): Der Geschäftsführer der Beklagten sei durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis von der Erstattung der Klagebeantwortung ausgeschlossen gewesen, wobei die Versäumung – wenn überhaupt – nur auf ein Versehen minderen Grades zurückzuführen sei. Er sei am 6.8.2024 durch seinen (Bank-)Berater darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Versäumungsurteil ergangen sei. Der Geschäftsführer habe sodann unverzüglich seine Rechtsvertretung in Kenntnis gesetzt, die noch am selben Tag Akteneinsicht beantragt habe, sodass die Beklagte erstmals am 7.8.2024 Kenntnis über die Zustellung der Klage an die Anschrift H* erlangt habe. Der Beginn der Abholfrist sei am 28.5.2024 gewesen. Der Geschäftsführer habe sich aber bis zum 26.5.2024 im Ausland befunden und die Anschrift nach seiner Rückkehr aus Thailand nicht aufgesucht. Der Grund habe unter anderem darin gelegen, dass es der Mutter des Geschäftsführers gesundheitlich nicht gut gegangen und sie am 13.6.2024 verstorben sei. Von 16.6.2024 bis 21.6.2024 sei der Geschäftsführer wegen der emotionalen Ausnahmesituation in Deutschland gewesen, um den Tod seiner Mutter zu verarbeiten. Durch den Tod seiner Mutter sei der Geschäftsführer in einer emotionalen (Ausnahme-)Situation gewesen, in der er nicht in der Lage gewesen sei, Handlungen zu tätigen.
Ad 3): Da der Geschäftsführer erstmals am 6.8.2024 Kenntnis darüber erlangt habe, dass eine Klage auf Abberufung von der Klägerin eingebracht worden und ein Versäumungsurteil am 4.7.2024 ergangen sei – und somit von einer Zustellung bzw Kenntniserlangung des Versäumungsurteils am 6.8.2024 auszugehen sei -, sei der Widerspruch innerhalb der Notfrist von 14 Tagen am 14.8.2024 rechtzeitig erhoben worden.
Ad 4): Durch die Akteneinsicht der Rechtsvertreterin der Beklagten am 7.8.2024 habe der Geschäftsführer von den einzelnen (Zustell)Vorgängen im Verfahren Kenntnis erlangt. Hinsichtlich der Zustellung von Poststücken an die Anschrift in I* sei zu erwähnen, dass der Postbeamte mit dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt sei und Poststücke ausnahmslos persönlich übergebe. Zustellungen durch Hinterlegung seien bis dato niemals erfolgt. Nachdem die ausgewiesene Rechtsvertreterin den Geschäftsführer am 7.8.2024 darüber informiert habe, dass das Versäumungsurteil unter der obigen Anschrift zugestellt worden sei, habe er seinen Postkasten kontrolliert und die Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments („gelber Zettel“) zwischen Werbesendungen vorgefunden. Die Versäumnis der Frist für die Erhebung des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil vom 4.7.2024 sei auf ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis zurückzuführen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe aufgrund der bisherigen Praxis davon ausgehen dürfen, dass Briefe vom Postboten persönlich zugestellt werden würden. Er habe auch nicht ahnen können, dass Post bezüglich der Gesellschaft an die (Privat-)Anschrift zugestellt werden würde. Es liege höchstens ein minderer Grad des Verschuldens vor. Die Beklagte sei nicht sorglos mit der Zustellung von Poststücken umgegangen. Da es sich bei der Abgabestelle in I* um einen von mehreren Nebenwohnsitzen des Geschäftsführers der Beklagten handle, sei seitens des Geschäftsführers der Beklagten der angeführte Modus mit der Post akkordiert und in den letzten Jahren auch so gelebt worden. Es sei auch das erste Mal, dass es zu einem dahingehenden Konflikt mit der Zustellung gekommen sei.
Damit verbunden (ON 14) erhob die Beklagte (5) Berufung gegen das Versäumungsurteil wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
Die Klägerin beantragte die Zurück- bzw Abweisung der von der Beklagten Anträge zu 1) bis 4).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Anträge der Beklagten auf Zustellung der Klage zurück (Spruchpunkt 1), auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Klagebeantwortung ab (Spruchpunkt 2), den Widerspruch gegen das Versäumungsurteil zurück (Spruchpunkt 3) und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Erhebung eines Widerspruchs ab (Spruchpunkt 4).
Es ging dabei von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen aus und führte in rechtlicher Hinsicht aus:
Ad 1): Das Erstgericht und die Parteien seien an das Versäumungsurteil gebunden, sodass für eine (neuerliche) Klagszustellung kein Raum bleibe. Einer unwirksamen Klagszustellung könne nur im Wege der (Nichtigkeits-) Berufung begegnet werden. Der – prioritär gestellte – Antrag auf neuerliche Zustellung der Klage samt Auftrag zur Klagebeantwortung sei daher zurückzuweisen.
Ad 2): Die Beklagte hätte im Sinne des § 146 ZPO auch Umstände darzutun, die trotz ordnungsgemäßer Zustellung dafür sprächen, dass ihr Geschäftsführer unverschuldet im Sinne des § 146 Abs 1 ZPO an der vorzunehmenden Prozesshandlung verhindert gewesen sei. Die Beklagte habe in ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gerade kein konkretes unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis behauptet oder gar bescheinigt.
Ad 3): Als Abgabestelle nach § 4 ZustellG gelte nicht nur der Sitz der GmbH, sondern auch die Wohnung des Geschäftsführers. Die Zustellung des Versäumungsurteils an die Beklagte sei durch Hinterlegung am 19.7.2024 rechtswirksam erfolgt. Der am 14.8.2024 bei Gericht eingebrachte Widerspruch sei daher verspätet.
Ad 4): Nach dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt sei von einer rechtswirksamen Zustellung des Versäumungsurteils an die Beklagte iSd § 17 ZustG auszugehen, weshalb diese Umstände darzutun habe, die trotz ordnungsgemäßer Zustellung dafür sprächen, dass sie tatsächlich unverschuldet iSd § 146 Abs 1 ZPO von der erfolgten Zustellung keine Kenntnis erlangt habe. Absprachen mit dem Zusteller hätte die Beklagte aber nicht bescheinigen können. Selbst die Behauptung, dass der Beklagten unbekannt sei, ob tatsächlich eine iSd § 17 Abs 2 ZustG ordnungsgemäß deponierte Hinterlegungsanzeige in ihren Postkasten oder in ihre Verfügungsmacht gelangt sei, könne für sich allein weder die Wirksamkeit der Zustellung entkräften noch die Annahme eines eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden minderen Grads des Versehens begründen. Mangels eines (bescheinigten) Wiedereinsetzungsgrunds sei der Antrag daher ebenfalls abzuweisen.
Das Vorbringen der Beklagten habe auch keinen Anlass geboten, den Zustellvorgang hinsichtlich des Versäumungsurteils näher zu überprüfen. Nach § 292 Abs 1 ZPO erbringe nämlich ein gemäß § 22 ZustG beurkundeter Zustellnachweis als öffentliche Urkunde, wenn er – wie hier – die gehörige äußere Form aufweise, den vollen Beweis dafür, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt sei. Für die Annahme der Unwirksamkeit der Zustellung reiche es zwar aus, dass letztlich Zweifel an der Wirksamkeit der Zustellung bestehen, dazu hätte es jedoch konkreter Darlegungen des Adressaten zu den beanstandeten Zustellmängeln sowie eines Bescheinigungsanbots, das geeignet sei, diese zumindest glaubhaft zu machen, bedurft. Derartiges habe die Beklagte nicht erbracht.
Die Entscheidung über die in eventu erhobene Berufung habe nach Rechtskraft dieses Beschlusses zu erfolgen.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen Nichtigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung samt sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass den Anträgen der Beklagten stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Voranzustellen ist, dass die Beklagte eine Nichtigkeit des Verfahrens (1.) rügt und darauf in der Überschrift „unrichtige rechtliche Beurteilung“ verweist. Den weiteren Rekursgrund „unrichtige rechtliche Beurteilung“ (Punkt 2.) behandelt sie dann tatsächlich unter den als „unrichtige rechtliche Beurteilung“ titulierten Ausführungen.
Zu den konkret geltend gemachten Rekursgründen lässt sich somit aus der gewählten Strukturierung des Rekurses zu (1.) wenig gewinnen. Allerdings gereicht eine unrichtige oder unvollständige Bezeichnung der Rechtsmittelgründe dem Rechtsmittelwerber nicht zum Schaden, wenn die Rechtsmittelausführungen die Beschwerdegründe deutlich erkennen lassen. Das Rechtsmittel muss als Ganzes betrachtet und danach beurteilt werden, welchem Rechtsmittelgrund die in dem Rechtsmittel enthaltenen Rügen zuzuordnen sind (RS0041851 [T8]).
Das Rekursgericht erachtet die Rechtsmittelausführungen der Beklagten für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses für zutreffend (§ 500a ZPO). Den Rekursausführungen ist noch Folgendes zu erwidern:
2. Zur Nichtigkeit des Verfahrens:
Inhaltlich bemängelt die Beklagte eingangs, dass das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges unberücksichtigt gelassen habe. Es seien vom Erstgericht keinerlei Feststellungen zu entscheidungsrelevanten Fragen getroffen worden, wonach in der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft eine Schiedsklausel vereinbart worden sei. Die in der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vereinbarte Schiedsklausel sei auch auf den gegenständlichen Sachverhalt anwendbar. Es liege (eine in jeder Lage des Verfahrens aufzugreifende) Unzulässigkeit des Rechtsweges vor.
Der Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges wurde vom Erstgericht zu Recht nicht aufgegriffen, weil diesem Einwand das derzeit noch rechtsbeständige Versäumungsurteil vom 4.7.2024 entgegen steht. Erst für den Fall, dass das Versäumungsurteil aufgehoben würde, hätte sich das Erstgericht mit dem Einwand auseinander zu setzen.
Eine Nichtigkeit liegt somit nicht vor.
3. Zur Rechtsrüge:
3.1 Unter „unrichtige rechtliche Beurteilung“ äußert die Beklagte zunächst Bedenken gegen die Gültigkeit der Zustellung der Klage . Ihrer Ansicht nach handle es sich bei der Geschäftsanschrift in H* um keine Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustellG, ohne dies näher zu begründen; sie vermisst dazu Feststellungen des Erstgerichts, ohne darzutun welche sie konkret vermisst. Vielmehr wiederholt die Beklagte zu Frage der gesetzesgemäßen Zustellung die verba legalia ohne Bezug zum konkreten Fall. In diesem Sinne ist der Rekurs nicht gesetzesgemäß ausgeführt.
3.2 Die Beklagte bemängelt im Hinblick auf ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist zur Klagebeantwortung , dass vom Erstgericht relevante Feststellungen nicht getroffen worden seien, ohne dazu auszuführen, welche Feststellungen sie vermisst. Darin ist der Rekurs nicht gesetzesgemäß ausgeführt.
Der Beklagten ist entgegenzuhalten, dass das Erstgericht in seiner Begründung darauf abstellt, dass die Beklagte in ihrem Vorbringen keine Wiedereinsetzungsgründe dargelegt habe und auf ungeahnte oder nicht plausibel dargestellte Gründe nicht weiters einzugehen sei. Es hat aus diesem Grund schon davon abgesehen, Tatsachen dazu festzustellen.
3.3 Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Der Umstand, dass einer Partei ein Verschulden an der Versäumung einer Frist zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung dann nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt (§ 146 Abs 1 ZPO). Ein bloß minderer Grad des Versehens liegt nicht mehr vor, wenn die Partei die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihr zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (RS0036811 [T2]).
Das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis muss für die Versäumung kausal sein. Nur wenn die Versäumung ausschließlich auf dieses Ereignis zurückzuführen ist, stellt dies einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dar.
Hier behauptet die Beklagte gar kein unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, sodass der Antrag schon aus diesem Grund abzuweisen ist.
4. Ebenfalls unter „unrichtige rechtliche Beurteilung“ äußert die Beklagte Bedenken gegen die Gültigkeit der Zustellung des Versäumungsurteils . Ihrer Ansicht nach handle es sich bei der Anschrift I*, um keine Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustellG, ohne dies näher zu begründen. In diesem Sinne ist der Rekurs nicht gesetzesgemäß ausgeführt.
Auch hier ist der Beklagten kurz zusammengefasst zu entgegnen, dass die betreffende Adresse laut Firmenbuch die Zustelladresse des Geschäftsführers der Beklagten ist und dieser nach den Feststellungen des Erstgerichts dort auch seinen Hauptwohnsitz hat, an dem er sich regelmäßig aufhält. Es handelt sich somit um eine „Abgabestelle“ gemäß § 2 Z 4 ZustG. An dieser konnte somit am 19.7.2024 das Versäumungsurteil zugestellt werden.
Im Übrigen ist die Beklagte auf die Ausführungen zu ←3.1 zu verweisen.
5. Soweit die Beklagte sich im Zusammenhang mit ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung eines Widerspruchs darauf stützt, ihr Geschäftsführer habe aufgrund der persönlichen Belastung durch den Tod der Mutter diese Frist versäumt, entfernt sie sich einerseits vom als bescheinigt festgestellten Sachverhalt und verstößt andererseits gegen das auch im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot.
Darauf, dass die Beklagte mit dem Postzusteller eine ausschließlich persönliche Übergabe von Poststücken „vereinbart“ hätte und dass sich die Hinterlegungsanzeige zwischen Werbesendungen befunden habe, kommt die Beklagte in ihrem Rekurs nicht mehr zurück.
Auch hier ist der Beklagten somit der Nachweis eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis, das kausal für deren Versäumung war, nicht gelungen.
Im Übrigen ist die Beklagte auf die Ausführungen zu ←3.3 zu verweisen.
Insgesamt erweist sich somit die Entscheidung des Erstgerichts nicht als korrekturbedürftig, dem Rekurs war ein Erfolg zu versagen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO (zum Wiedereinsetzungsantrag auf § 154 ZPO).
7. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus § 528 Abs 2 Z 2 ZPO. Sowohl die Zurückweisung eines Antrags auf Neuzustellung einer Klage als auch eines Versäumungsurteils als auch die Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags sind einer Klagszurückweisung nicht gleichzuhalten (RS0044536 [T1, T4]; RS0105321 [T15], Musger in Fasching/Konecny 3 § 528 ZPO Rz 61).
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