Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 18. Feber 2025, GZ ** 11, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Der am ** geborene afghanische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Wiener Neustadt den nicht bedingt nachgesehenen Teil einer wegen §§ 15, 84 Abs 4 StGB verhängten zwanzigmonatigen Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 23. Mai 2025. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG waren am 23. Feber 2025 gegeben, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 23. März 2025 erfüllt sein.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Genannten nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 und Z 2 StVG sowohl nach Verbüßung der Hälfte als auch nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven, hinsichtlich des Hälftestichtages auch aus generalpräventiven Gründen ab.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach Zustellung erhobene (ON 12, 2) und schriftlich nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eintrat, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.
Zwar trifft es zu, dass die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall sein (und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben) soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17). Doch ist dem Erstgericht zuzustimmen, dass im vorliegenden Fall gravierende spezialpräventive Bedenken eine bedingte Entlassung ausgeschlossen erscheinen lassen.
Zutreffend verweist das Erstgericht auf das getrübte Vorleben des Strafgefangenen. Dieser war vor der nunmehr in Vollzug stehenden Verurteilung dreimal (einmal davon unter Anwendung der §§ 31, 40 ) wegen Vermögens
Die dem nunmehrigen Strafvollzug zugrundeliegende Tat wurde im November 2024, somit innerhalb offener Probezeit gesetzt. Dabei hatte A* seinen ihm bis dahin unbekannten späteren Mitangeklagten in der Tatnacht in ein Gespräch verwickelt und nach Erhalten eines Schlages mit der Hand Schnittbewegungen mit einem Messer in Richtung des Gesichtes/Halses seines Kontrahenten ausgeführt (ON 8, 5). Der bereits unter anderem wegen Körperverletzung und Raufhandels vorbestrafte A* wurde somit einschlägig und in gesteigerter Intensität rückfällig. Trotz der Stellungnahme des psychologischen Dienstes der Justizanstalt, wonach A* Reflexions und Veränderungsbereitschaft gezeigt habe (ON 10), erscheint im Hinblick auf die offensichtliche Gewaltbereitschaft des Strafgefangenen ohne begreiflichen Anlass die weitere Verbüßung des nicht bedingt nachgesehenen Strafteils schon spezialpräventiv dringend erforderlich, sodass auf (nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit ohnehin irrelevante) generalpräventive Erwägungen nicht mehr einzugehen war. Das vom Erstgericht als negativ herangezogene laufende Ordnungsstrafverfahren, das nach dem derzeitigen Akteninhalt noch nicht beendet ist (siehe ON 9, 4), war im Übrigen im Hinblick auf den Grundsatz der Unschuldsvermutung für die vorliegende Beurteilung nicht heranzuziehen.
Darüber hinaus hat der Strafgefangene schon nach eigenen Angaben keine Aussicht auf eine Arbeitsstelle und kann nur unbescheinigt eine Wohnmöglichkeit vorbringen (ON 5). Daher erscheinen auch allfällige unterstützende Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB aussichtslos.
Von einer persönlichen Anhörung konnte das Erstgericht mit zutreffender Begründung absehen, zumal eine solche bei einer achtzehn Monate nicht übersteigenden Freiheitsstrafe mangels Anwendbarkeit des § 152a StVG auch nicht zwingend ist.
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