Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende und die Richter Mag. Nigl und Mag. Zechmeister (Senat gemäß § 11a Abs 2 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*, **, vertreten durch MMag.Dr. Thomas Trixner, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei Land Niederösterreich, **, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen zuletzt EUR 5.000 sA, über den von der beklagten Partei und der B* erhobenen Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits und Sozialgericht vom 29.11.2024, ** 13, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
1.) Der Rekurs wird, soweit er von der B* erhoben wurde, zurückgewiesen .
2.) Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass das Verfahren, soweit es mit der B* geführt wurde, für nichtig erklärt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 251,35 (darin EUR 41,89 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung:
Der Kläger begehrt zuletzt (ON 6) EUR 5.000 an Entschädigung wegen Diskriminierung. Seine zunächst auf EUR 23.684 brutto und EUR 5.000 s.A. gerichtete Klage richtete er gegen die B*, **. Nachdem diese Einspruch und darin unter anderem den Einwand der mangelnden Passivlegitimation erhoben hatte, beantragte der Kläger die Parteienbezeichnung der beklagten Partei auf Land Niederösterreich, p.A. ** zu berichtigen. Mit mündlich verkündetem Beschluss vom 27.5.2024 wurde vom Erstgericht die Parteienbezeichnung [der beklagten Partei] antragsgemäß auf „Land Niederösterreich“ berichtigt. Die Parteien verzichteten auf Beschlussausfertigung und Rechtsmittel.
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag der beklagten Partei „das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären“ abgewiesen.
Eine Nichtigerklärung des Verfahrens bis zum Zeitpunkt der Berichtigung der Parteibezeichnung durch das Gericht erster Instanz komme nicht in Betracht, da es sich lediglich um eine (rechtskräftige) Berichtigung der Parteienbezeichnung, nicht jedoch eine Klagezurückweisung handle. Über den „von der Beklagtenvertretung“ beantragten Kostenersatz werde gesondert entschieden werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der beklagten Partei und der B* wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, „das Verfahren gegenüber der B* für nichtig zu erklären sowie der klagenden Partei den Ersatz der Kosten, bis zum Zeitpunkt der Parteienberichtigung, aufzuerlegen“.
Der Kläger hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.
1. Der Rekurs der B* ist zurückzuweisen.
Mit dem NÖ Landesgesundheitsagenturgesetz (NÖ LGA-G); StF: LGBl. Nr. 1/2020 wurde die „B*“ (B*) als Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit errichtet. Sitz der B* ist in **. Die B* ist vom Vorstand zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden (§ 1 Abs 2 NÖ LGA-G). Die B* ist seit 9.6.2020 zu FN ** beim LG St. Pölten im Firmenbuch eingetragen.
Wird die Bezeichnung der beklagten Partei zulässig auf ein anderes Rechtssubjekt umgestellt, besteht kein Prozessrechtsverhältnis mehr mit dem bisher als beklagte Partei aufgetretenen Rechtssubjekt; ein von dieser Partei erhobener Rekurs ist daher zurückzuweisen (RS0039313; vgl 5 Ob 241/15z ua). Zwar ist nach neuerer Rechtsprechung derjenige, dem im Verfahren die Parteistellung abgesprochen wurde grundsätzlich legitimiert, die Überprüfung dieser Rechtsansicht zu verlangen (1 Ob 12/12i ua). Ein bloßes Kosteninteresse begründet hingegen keine Beschwer (vgl 8 ObA 144/98d), wobei der angefochtene Beschluss ausdrücklich nicht über Kosten abspricht. Die Nichtigkeit bezieht sich aber nur auf die wirkliche Partei; nur gegenüber dieser verstoßen die gesetzten Prozesshandlungen gegen § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (8 ObA 265/01f; vgl dazu auch unten Punkt 2.).
Ist Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens nicht die Parteistellung, sondern der Umfang einer Verfahrensnichtigkeit wegen Einbeziehung des falschen Rechtssubjekts, so bleibt es dabei, dass es an einem Prozessrechtsverhältnis mit dem bisher als beklagte Partei aufgetretenen Rechtssubjekt mangelt. Der Rekurs der B* war daher zurückzuweisen.
2. Der Rekurs der beklagten Partei ist berechtigt.
Führt die Berichtigung der Parteienbezeichnung zu einem Personenwechsel auf Seiten einer der Parteien, so muss die richtige Partei – hier das Land Niederösterreich - das bis zur Berichtigung durchgeführte Verfahren nicht gegen sich gelten lassen. Soweit die richtige Partei im Verfahren nicht einbezogen wurde, ist dieses für nichtig zu erklären. Die gegenüber der „Quasi-Partei“ gesetzten Prozesshandlungen sind nichtig, weil sie – bezogen auf die richtige Partei – gegen § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verstoßen (RS0112754; 2 Ob 100/14s, 2 Ob 212/20w ua). Eine idente Adresse oder Rechtsvertretung beider Personen ändert daran nichts (2 Ob 100/14s mwN).
Dem Rekurs der beklagten Partei war daher insoweit Folge zu geben.
Soweit im Rekurs auch beantragt wird, der klagenden Partei den Ersatz der Kosten bis zum Zeitpunkt der Parteienberichtigung aufzuerlegen, ist auszuführen, dass solche der beklagten Partei (insbesondere von den Kosten des Hauptverfahrens verschiedene) schon denkmöglich nicht vorliegen. Die beklagte Partei wurde erst durch die Parteienberichtigung in das Verfahren einbezogen und hat sich „ausdrücklich gegen die Verfahrensgeltung gegen das Land Niederösterreich“ ausgesprochen (vgl Protokoll ON 10).
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 2 Abs 1 ASGG, 41 und 50 ZPO.
Der Streitwert des Verfahrens beträgt nunmehr EUR 5.000 (vgl ON 6). Für den Rekurs, der kein verfahrenseinleitender Schriftsatz nach § 23a RATG ist, gebührt ein ERV Zuschlag von lediglich EUR 2,60 ( Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 3.30).
Bei gemeinsamer Vertretung mehrerer Personen durch einen Rechtsanwalt ist die Frage des Kostenersatzes bei Obsiegen gegenüber nur einer von diesen Personen im allgemeinen auf Grund der Annahme zu lösen, dass die Personen den Rechtsanwalt nach Kopfteilen bezahlen und sie daher nach außen nur den jeweils entfallenden Kopfteil der gemeinsamen Kosten zu beziehen oder zu fordern haben (RS0035919; RS0036216 ua). Die beklagte Partei hat ihren Rekurs ausdrücklich gemeinsam mit der B* eingebracht und erhoben. Deren Rekurs war zurückzuweisen (vgl Pkt 1.). Damit steht der beklagten Partei der Ersatz der Hälfte der tarifgemäßen Kosten zu.
Eine Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO liegt nicht vor.
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