Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden, die Richterin MMag. Pichler und die Kommerzialrätin Lang in der Rechtssache der klagenden Partei A* AG , **, vertreten durch Rechtsanwälte Gruber Partnerschaft KG in Wien, wider die beklagten Parteien 1. B* GmbH , **, Deutschland, vertreten durch Concin, Concin, Scheier Rechtsanwalts GmbH Co KG in Bludenz und 2. C* GmbH , **, Deutschland, vertreten durch Fellner Wratzfeld Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien wegen zuletzt EUR 57.798,78 samt Anhang, über die Berufungen der beklagten Parteien gegen das Zwischenurteil des Handelsgerichtes Wien vom 22.8.2024, **-105, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
I. Der Antrag der erstbeklagten Partei auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen.
II. Der Berufung der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
III. Der Berufung der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil hinsichtlich der zweitbeklagten Partei aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
IV. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klägerin als Versicherungsunternehmerin schloss mit der Wohnungseigentümergemeinschaft **, **, zur Polizzennummer ** eine Gebäudeversicherung für das auf dieser Liegenschaft errichtete Gebäude ab.
Am 29.1.2018 kam es in diesem Gebäude zu einem unbemerkten Austritt von Leitungswasser und damit verbunden zu einem massiven Schaden an der Gebäudesubstanz in Top 1, Top 2, Top 3 und der Garage. Der Leitungswasseraustritt und damit der entstandene Schaden ist auf den Bruch eines in einer Wasserzählerverschraubung, welche ihrerseits Bestandteil einer Verteilerstation des Versicherungsobjekts war, verbauten Einschraubteils (auch als „Verbindungsfitting“ bezeichnet) zurückzuführen. Die Klägerin leistete ihrer Versicherungsnehmerin im Rahmen des Versicherungsvertrages eine Entschädigung für die dieser entstandenen Schäden.
Der Bruch am Verbindungsfitting wurde durch eine Spannungsrisskorrosion ausgelöst. Zu dieser Spannungsrisskorrosion kam es, weil ein Verbindungsfitting aus dem Werkstoff Messing CW617N (was dem EN-Werkstoff CuZn40Pb2 und der DIN-Werkstoff-Nummer 2.0402 entspricht; dieser Werkstoff neigt zur Spannungsrisskorrosion, vor allem dann, wenn die Härtewerte nicht unter HBW 110 liegen) mit einer Härte von jedenfalls zumindest HBW 139 verwendet wurde.
Die RAL-GZ 643 stellt die Empfehlung für Bauteile aus Messing für die Gas- und Trinkwasserinstallation, Rohrverbinder, Verlängerungen, Armaturen, Ventile und Komponenten dar. Als Stand der Technik ist festgelegt, dass Bauteile aus Kupfer-Zink-Legierungen (wie Messing), die für diese Zwecke genutzt werden, zur Vermeidung von Spannungskorrosion nach der Herstellung eine Härte von HBW 2,5/62,5 ≤ 110 aufweisen müssen. Damit wird gewährleistet, dass die Elastizität des verwendeten Werkstoffs ausreicht, um die Gefahr einer Spannungsrisskorrosion auf ein Minimum zu reduzieren.
Werkstoffe mit bestimmten Härteobergrenzen werden nach der Bearbeitung noch einmal thermisch entspannt, also „getempert“, wodurch sich die Härte reduziert, weil Spannungen abgebaut werden. Dieser Bearbeitungsschritt fehlt bei „Ziehhart“-Werkstoffen, sodass diese in einer Art „Rohzustand“ ohne zusätzliche Härtebehandlung sind. „Ziehhart“-Werkstoffe weisen nicht die von der RAL-GZ 643 empfohlene Härte von HBW 2,5/62,5 ≤ 110 auf. Die Zweitbeklagte stellt und stellte Wasserzählerverschraubungen ausschließlich aus dem Material Messing und - jedenfalls vor dem gegenständlichen Schadensfall - „ziehhart“ her.
Im Gegensatz zu Messing neigt das – ebenfalls im Trinkwasserbereich eingesetzte - Material Rotguss nicht zu Spannungsrissen.
Die Erstbeklagte ist sowohl im Heizungsanlagen- als auch im Trinkwasseranlagenbereich tätig und stellt diesbezüglich Teilprodukte her. Die Erstbeklagte ist die Herstellerin der Verteilerstation mit der Art.-Nr.: 13300142. Im Produktkatalog der Erstbeklagten findet sich kein spezieller Hinweis auf den Werkstoff. Die dargestellte Baugruppenserie, worunter auch die Artikelnummer 13300142 fällt, ist explizit mit dem Hinweis „VSP-WZ mit 2 Wasserzähler-Einbaustrecken für Trinkwasser in horizontaler Einbaulage, Kugelhähne DVGW-zertifiziert“ versehen, verfügt also über eine Zertifizierung nach den Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches. Die Zweitbeklagte ist die Herstellerin der von der Erstbeklagten in der Verteilerstation verbauten Wasserzählerverschraubung.
Die Erstbeklagte bezog auf Grundlage des Angebots der Zweitbeklagten vom 6.9.2013 in jeweils größeren Sammelbestellungen jedenfalls 125.000 Stück Wasserzählerverschraubungen wie die gegenständliche. Der Erstbestellung der Erstbeklagten bei der Zweitbeklagten war eine Bemusterung der zweitbeklagtenseits hergestellten Wasserzählerverschraubung vorangegangen.
Die Erstbeklagte wurde von der Zweitbeklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass die zweitbeklagtenseits hergestellte Wasserzählerverschraubung beim beabsichtigten Einsatz im Trinkwasserbereich spannungskorrosionsrissgefährdet ist.
Hinsichtlich seines Spannungszustandes/seiner Härte kann das Verbindungsfitting nicht ohne Zerstörung der Wasserzählerverschraubung geprüft werden. Diesbezüglich besteht nur die Möglichkeit, eine stichprobenartige (zerstörerische) Prüfung von einzelnen Wasserzählerverschraubungen einer Lieferung vorzunehmen.
Die Erstbeklagte verkaufte die vom Schadensfall betroffene Verteilerstation an den Großhandel zum Einsatz im Trinkwasserbereich. Vom Großhandel wurde die vorgenannte Verteilerstation zum Einbau im Versicherungsobjekt weiterverkauft.
Die vom Schadensfall betroffene Verteilerstation wurde seitens des ausführenden Installationsunternehmens D* GmbH als Subunternehmerin des eigentlich beauftragten Installationsunternehmens vom Großhandel bestellt, als Ganzes im Versicherungsobjekt eingebaut und wurden seitens der D* GmbH auch die entsprechenden Anschlüsse ordnungsgemäß vorgenommen. Insbesondere wirkte der einbauende Installateur in keiner Weise so auf das Verbindungsfitting bzw auf die dort aufliegende Mutter (beispielsweise durch Anwendung überhöhter Kraft beim Drehen der Mutter) ein, dass dies (mit-)ursächlich für die Beschädigung des Verbindungsfittings gewesen wäre. Der D* GmbH war entweder von ihrer Auftraggeberin oder vom Planungsunternehmen vorgegeben worden, welche konkrete Verteilerstation sie zu bestellen und einzubauen hatte. Dem alleinigen Geschäftsführer und Gesellschafter der D* GmbH war nicht bekannt, dass bei der Wasserzählerverschraubung Messing als Material verwendet wurde. Er hätte dem aber auch keine Bedeutung beigemessen, wenn er davon Kenntnis gehabt hätte.
Die Klägerin begehrt zuletzt die Zahlung von EUR 57.798,78 samt Anhang und bringt vor, dass der Wasserschaden durch einen Produktfehler ausgelöst worden sei. Die Verschraubungselemente entsprächen nicht dem Stand der Technik, weil die Härte des eingesetzten Messings den zulässigen Grenzwert überstiegen habe. Dennoch seien die Verschraubungen als für den Einsatz im Trinkwasserbereich geeignet angegeben und mit der Gütesicherung in Verkehr gebracht worden.
Die Erstbeklagte wendet im Wesentlichen ein, die Wasserzählerverschraubungen seien fehlerfrei und laut den Zusagen der Zweitbeklagten für Trinkwasser geeignet. Jedenfalls treffe die Erstbeklagte kein Verschulden, weil sie nur den Großhandel beliefere. Die Entscheidung für den Einbau müssten Bauherr bzw Installateur an Hand der örtlichen Gegebenheiten treffen. Der Zweitbeklagten sei von Beginn der Geschäftsbeziehung mit der Erstbeklagten an bekannt gewesen, dass die Wasserzählerverschraubungen (inklusive des gegenständlichen Fittings) für Trinkwasserinstallationen Verwendung finden sollten. Die Zweitbeklagte habe daher als sachverständiges Unternehmen eine Warnpflicht getroffen, der sie nicht nachgekommen sei.
Die Zweitbeklagte wendet im Wesentlichen ein, die von ihr an die Erstbeklagte gelieferten Fittings entsprächen den werktechnischen Vorgaben und Normen. Da die Zweitbeklagte nicht gewusst habe, wofür das gegenständliche Fitting eingesetzt werden sollte, habe sie keine wie auch immer geartete Warnpflicht getroffen. Die Erstbeklagte habe ausdrücklich „ziehharte“ Fittings bestellt. Die wahrscheinlichste Schadensursache sei eine fehlerhafte Montage durch den Installateur vor Ort. Auch die Verwendung eines für eine bestimmte Wasserqualität ungeeigneten Bauteils durch den Installateur bzw Bauherrn begründe keine Haftung des Produzenten dieses Bauteils.
Mit dem angefochtenen Zwischenurteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren dem Grunde nach statt. Es traf dazu neben dem eingangs bereits zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 4 bis 8 wiedergegebenen Feststellungen.
Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, die Erstbeklagte sei als Herstellerin und Inverkehrbringerin des Endprodukts im Sinne des PHG zu qualifizieren, weil sie die Verteilerstation und die vorinstallierte Wasserzählerverschraubung samt Verbindungsfitting und Statthalter zusammengebaut sowie die Verteilerstation mit ihrem Firmennamen versehen und dem Großhandel angeboten habe. Die Zweitbeklagte sei als Herstellerin und Inverkehrbringerin des Teilprodukts im Sinne des PHG zu qualifizieren, weil sie die Wasserzählerverschraubung zusammengebaut und der Erstklägerin geliefert habe. Da die Zweitbeklagte als Herstellerin ein fehlerhaftes Teilprodukt und die Erstbeklagte als Herstellerin ein fehlerhaftes Endprodukt in den Verkehr gebracht haben, wodurch am Gebäude (einer vom Produkt verschiedenen körperlichen Sache) ein Schaden entstanden sei, haften beide Beklagten nach dem PHG solidarisch.
Dagegen richten sich die Berufungen der Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, die Berufung der Zweitbeklagten zusätzlich auch wegen Aktenwidrigkeit, mit auf Klagsabweisung gerichteten Abänderungsanträgen. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Die Berufung der Zweitbeklagten ist berechtigt, die der Erstbeklagten nicht.
1. Der Antrag der Erstbeklagten auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung ist zurückzuweisen: Seit der Aufhebung des § 492 ZPO durch das BudBG 2009 besteht kein Antragsrecht der Parteien mehr. Für die amtswegige Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung fehlt es an den Voraussetzungen des § 480 Abs 1 ZPO, sodass der Berufungssenat in nichtöffentlicher Sitzung entscheidet.
2. Zur von der Zweitbeklagten behaupteten Aktenwidrigkeit:
2.1. Die Zweitbeklagte erachtet folgende Feststellung als aktenwidrig:
[A] Den erstbeklagtenseits bei der Zweitbeklagten vorgenommenen Bestellungen von Wasserzählerverschraubungen wie der gegenständlichen lag das Angebot der Zweitbeklagten vom 6.9.2013 (Beilage ./4-2) zu Grunde. [B] In diesem Angebot ist in der Artikelbeschreibung „zh“ , die Abkürzung für ziehhart, und als Materialbeschreibung „Ms Cu Zn“ (Anmerkung: Abkürzung für Messing Kupfer Zinn) angeführt (Beilage ./4-2). (UA S 6).
2.2. Eine Aktenwidrigkeit ist gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (vgl RS0043347 T1).
2.3. Der erste Satz [A] ist nicht zu beanstanden.
Der Zweitbeklagten ist jedoch zum zweiten Satz [B] zuzustimmen, dass ihr Angebot vom 6.9.2013 (Beilage ./4-2) die Abkürzungen „zh“ und „Ms Cu Zn“ nicht enthält.
2.4. Aktenwidrigkeiten sind dadurch zu beheben, dass das Rechtsmittelgericht an die Stelle der aktenwidrigen die durch den Akteninhalt gedeckte Feststellung setzt und diese der rechtlichen Beurteilung unterzieht (RS0043324 T12).
Das Berufungsgericht legt daher den Entfall obigen Feststellungsteils [B], sohin den tatsächlichen Urkundentext der Beil./4-2 seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde. Im Übrigen kann auf die - ohne Weiteres zugrundezulegenden (RS0121557 T3) - unstrittigen Urkundentexte insbesondere laut Beilagen ./2-2 und ./3-2 verwiesen werden.
3. Zur Beweisrüge der Erstbeklagten:
3.1. Die Erstbeklagte bekämpft folgende Feststellung:
Die Verwendung von Messing im Trinkwasserbereich „mit einer nicht der RAL-GZ 643“ [sic] entspricht sohin nicht dem Stand der Technik, ist jedoch gesetzlich auch nicht verboten (UA S 5).
Sie begehrt als Ersatzfeststellung:
Sowohl das Ventil als auch insbesondere das gegenständliche Fitting sind auch in der Ausführung „hart-entspannt“ bzw „ziehhart“ produktionstechnisch in Ordnung und weisen damit diese Produkte keinen Fehler auf.
3.2. Die korrekte Ausführung der Beweisrüge erfordert, dass der Rechtsmittelwerber darlegt, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese zu treffen gewesen wäre ( A. Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 471 Rz 15 mwN; RS0041835).
3.3. Die begehrte Ersatzfeststellung steht nicht unbedingt im Widerspruch zu der vom Erstgericht getroffenen Feststellung, sondern könnte diese auch nur ergänzen. Die bekämpfte Feststellung betrifft den Einsatzzweck, die begehrte Ersatzfeststellung die Produkteigenschaften unabhängig vom Einsatzzweck. Die Beweisrüge der Erstbeklagten ist somit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Allenfalls könnte ein der rechtlichen Beurteilung zuzuordnender sekundärer Feststellungsmangel vorliegen.
4. Zur Beweisrüge der Zweitbeklagten:
4.1. Die Zweitbeklagte wendet sich gegen die Feststellung:
Der Zweitbeklagten war seit jeher bekannt, dass die Erstbeklagte die von der Zweitbeklagten gelieferten Wasserzählerverschraubungen im Trinkwasserinstallationsbereich einsetzt (UA S 6).
Sie begehrt als Ersatzfeststellung, dass ihr dies erst ab Herbst 2016 bekannt gewesen sei.
4.2. Die Zweitbeklagte argumentiert in ihrer Berufung, dass die Aussagen des Zeugen E* zu diesem Punkt widersprüchlich gewesen seien und das Erstgericht der Aussage des glaubwürdigen Zeugen F* folgen und daher die Ersatzfeststellung treffen hätte müssen.
4.3. Bei der bekämpften Feststellung ist zu unterscheiden, ob der Zweitbeklagten bekannt war, (a) dass die Erstbeklagte generell auch im Trinkwasserbereich tätig ist, und (b) dass die Erstbeklagte die von der Zweitbeklagten gelieferten Wasserzählerverschraubungen im Trinkwasserinstallationsbereich einsetzt.
4.4. Für den Teilbereich (a) liegen mit der Beilage ./1-1 und der Aussage des Zeugen E* ausreichende Beweisergebnisse vor. Für den Teilbereich (b) fehlt es jedoch an jeglichen Beweisergebnissen, die diesen Teil der Feststellung stützen können. Das Schreiben der Zweitbeklagten Beilage ./1-1 stammt aus dem Jahr 2002 und ist darin kein Bezug zu den hier relevanten Wasserzählerverschraubungen erkennbar. Auch die Aussage des Zeugen E* bezieht sich stets nur auf die Kenntnis der Zweitbeklagten von der Tätigkeit der Erstbeklagten im Trinkwasserbereich generell und nicht auf den konkreten Einsatzbereich dieser Wasserzählerverschraubungen (vgl ON 98.6 S 17, 19, 22).
Auf die Frage, ob die Erstbeklagte gegenüber der Zweitbeklagten jemals erwähnte, in welchem Bereich die von der Zweitbeklagten zu beziehenden Wasserzählerverschraubungen eingesetzt werden sollen, verwies der Zeuge E* auf die Beilage ./1-1, und darauf, dass das Gespräch damals G* geführt habe, den er nie kennenlernte, und ihm der Inhalt des Gespräches zwischen G* und F* nicht bekannt sei (ON 98.6 S 19; vgl auch S 22). In Anbetracht des Inhalts der Beilage ./1-1 stellt dies somit keine taugliche Grundlage für den Feststellungsteil (b) dar.
4.5. Die Beweiswürdigung des Erstgericht ist diesbezüglich nicht nachvollziehbar, insbesondere nicht, warum sich aus der Beilage ./1-1 ergeben soll, dass der Zweitbeklagten seit jeher bekannt gewesen sei, dass die Erstbeklagte die von der Zweitbeklagten gelieferten WZ-Verschraubungen im Trinkwasserinstallationsbereich einsetze. Wie bereits ausgeführt, findet sich in Beilage ./1-1 kein Bezug zu den konkreten Wasserzählerverschraubungen. Hinzu kommt die Feststellung (US 5) über die Tätigkeit der Erstbeklagten „ sowohl im Heizungsanlagen- als auch im Trinkwasseranlagenbereich“, sodass es umso mehr nachvollziehbarer Beweiswürdigungserwägungen dahin bedarf, warum die Zweitbeklagte gewusst habe, in welchem der beiden Bereiche die bestellten Teile zum Einsatz kommen würden.
4.6. Damit fehlt es an einer tauglichen Beweiswürdigung des Erstgerichts zum Feststellungsteil (b).
Das Fehlen einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung ist ein Verstoß gegen die Begründungspflicht des § 272 Abs 3 ZPO und ein solches Ersturteil daher mangelhaft (vgl RS0102004).
Ob die Zweitbeklagte Kenntnis vom konkreten Einsatzbereich der von ihr gelieferten Wasserzählerverschraubungen bei der Erstbeklagten hatte, ist zentral für die Frage ihrer Haftung. Daher muss dieser Feststellungsaspekt eine nachvollziehbare Begründung aufweisen. Tatsächlich hat sich das Erstgericht mit der Frage der Kenntnis der Zweitbeklagten vom konkreten Einsatzbereich bei der Erstbeklagten aber nicht auseinandergesetzt. Das Ersturteil ist diesbezüglich mangelhaft und wird diese bekämpfte Feststellung daher auch nicht übernommen.
4.7. Das Berufungsgericht legt daher die erstgerichtlichen Feststellungen mit Ausnahme der unter Punkt 2.1. und Punkt 4.1. genannten als Ergebnis einer durch die geltend gemachten Berufungsgründe nicht stichhaltig in Zweifel gezogenen Beweiswürdigung seiner Entscheidung zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO).
5. Zu den Rechtsrügen:
5.1. Beide Berufungswerberinnen argumentieren damit, dass sie einerseits kein fehlerhaftes Produkt hergestellt haben, und andererseits zumindest die der Klägerin zurechenbaren Personen ein überwiegendes Mitverschulden im Sinne des § 11 PHG zu vertreten haben.
5.2. Jede Ersatzpflicht nach dem PHG setzt ein fehlerhaftes Produkt voraus. Das schutzauslösende Moment ist das sowohl den Körperschaden als auch den Sachschaden umfassende Integritätsinteresse jeder durch das Produkt geschädigten Person. Ausschlaggebend hiefür sind die berechtigten Sicherheitserwartungen, ein objektiver Maßstab, dessen Konkretisierung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen ist. Was im Einzelfall an Produktsicherheit erwartet werden darf, ist eine Rechtsfrage (vgl RS0107605). Fehlerhaft im Sinne des PHG ist ein Produkt, das nicht einmal für jenen Gebrauch, der im Rahmen der Zweckwidmung des Erzeugers liegt, die erforderliche Sicherheit bietet, die ein durchschnittlicher Verbraucher oder Benützer erwarten darf und erwartet (RS0107605 T10).
Der Standard von Wissenschaft und Technik konkretisiert die berechtigten Sicherheitserwartungen des durchschnittlichen Produktbenützers (RS0071536). Der Stand der Wissenschaft und Technik ist einerseits für die Beurteilung relevant, ob überhaupt ein Produktfehler iSd § 5 PHG vorliegt, und andererseits für den Haftungsausschluss nach § 8 Z 2 PHG (RS0071536 T2).
Bei den Produktfehlern ist zwischen Konstruktionsfehlern, Produktionsfehlern und Instruktionsfehlern zu unterscheiden. Bei den Konstruktionsfehlern ist die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept, eben in der „Konstruktion“ des Produkts, begründet. Beim Produktionsfehler (Fabrikationsfehler) entspricht zwar das Konzept und das danach hergestellte „idealtypische Produkt“ den Erwartungen, nicht aber einzelne Stücke, weil der Produktionsprozess nicht normgerecht war. Beim Instruktionsfehler macht nur die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft (RS0107606 T4). Der Kreis der Produktdarbietung ist weit gezogen. Er beginnt mit der Werbung, geht über die Aufmachung des Produktes und den Anschluss von Beipackzetteln bis zur mündlichen Information beim Verkaufsgespräch (RS0071547).
5.3. Sowohl ein Produktions- als auch ein Konstruktionsfehler scheiden hier aus, weil nach den Feststellungen die Problematik des Produkts, nämlich die Neigung zur Spannungsrisskorrosion aufgrund des zu hohen Härtegrads, erst durch den Einsatz im Trinkwasserbereich entsteht (UA S 4 f).
5.4. Bei der Erstbeklagten folgt der Instruktionsfehler klar daraus, dass sie ihr Produkt in ihrem Produktkatalog ohne weitere Hinweise als für Trinkwasser geeignet dargestellt hat (UA S 5).
5.5. Bei der Zweitbeklagten ist die Situation anders gelagert. Durch den Entfall der unter 4.1. wiedergegebenen Feststellung ist nun offen, ob die Zweitbeklagte wusste, dass die Erstbeklagte die von ihr gelieferten Wasserzählerverschraubungen im Trinkwasserinstallationsbereich einsetzen werde. Nach den Feststellungen war die Erstbeklagte sowohl im Heizungsanlagen- als auch im Trinkwasserbereich tätig (UA S 5). Darüber hinaus ist fraglich, ob die Zweitbeklagte wusste, dass der Erstbeklagten die möglichen Probleme bei der Verwendung von Messing „ziehhart“ im Bereich Trinkwasser nicht ohnehin bekannt waren. Generell stellt sich die Frage, wodurch eine Warnpflicht der Zweitbeklagten ausgelöst wird, die ihr Produkt an ein anderes im selben Fachgebiet tätiges Unternehmen verkaufte.
Daneben fehlt es auch an Klagsvorbringen zu diesen Themen. Nur die Erstbeklagte berief sich auf das Wissen der Zweitbeklagten über den Einsatzbereich der gelieferten Wasserzählerverschraubungen bei der Erstbeklagten (zB ON 98.6 S 2). Eine Klagsabweisung mangels Vorbringens, bereits auf Basis der vorliegenden Feststellungen würde jedoch eine unzulässige Überraschungsentscheidung darstellen.
Daher ist eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Zweitbeklagten unumgänglich. Das Erstgericht wird im zweiten Rechtsgang der Klägerin Gelegenheit zu diesbezüglichem ergänzenden Vorbringen zu geben und dementsprechend begründete Feststellungen zu den Kenntnissen der Zweitbeklagten betreffend die beabsichtigte Verwendung konkret dieser bestellten Teile zu treffen haben.
Da das Erstgericht bereits auf unmittelbar durchgeführte Einvernahmen zurückgreifen kann, während das Berufungsgericht das gesamte Beweisverfahren wiederholen müsste, und auch die Weiterungen des Verfahrens noch nicht absehbar sind, war mit Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht vorzugehen ( A. Kodek in Rechberger/Klicka 5 , § 496 Rz 16).
5.6. Zum Einwand des Mitverschuldens:
Die Haftung nach dem PHG ist verschuldensunabhängig (RS0111171 T2).
Ein Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB (hier iVm § 11 PHG) setzt weder ein Verschulden im technischen Sinn noch die Rechtswidrigkeit des Verhaltens voraus. Es genügt die Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern (1 Ob 62/11s). Die Gewichtung der Zurechnungsgründe hängt von den Umständen des Einzelfalles ab; der Grundsatz, dass die Gefährdungshaftung grundsätzlich ein schwächerer Zurechnungsgrund als ein „Verschulden“ des Geschädigten sei, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (8 Ob 51/97a).
Nach den Feststellungen bewarb die Erstbeklagte ihr Produkt als für Trinkwasser geeignet (UA S 5), und kann die Härte des Verbindungsfittings nicht ohne Zerstörung der Wasserzählerverschraubung geprüft werden, sodass nur eine stichprobenartige (zerstörerische) Prüfung von einzelnen Wasserzählerverschraubungen einer Lieferung möglich gewesen wäre (UA S 7). Da Messing als Material mit einer geringeren Härte auch im Trinkwasserbereich tauglich wäre, hätte der kausale Fehler somit nur bei einer zerstörerischen Überprüfung auffallen können. Dies ist aber weder vom Planer noch vom ausführenden Haustechnikunternehmen zu erwarten. Auf die Frage, inwieweit der Klägerin Personen wie der Planer oder das ausführende Haustechnikunternehmen zuzurechnen sind, ist daher nicht einzugehen (vgl zur Gehilfenproblematik Posch/Terlitza in Schwimann/Kodek , ABGB, § 11 PHG Rz 8).
Der Klägerin bzw der Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Anspruch die Klägerin geltend macht, kann mangels eigenem Fachwissen überhaupt kein Vorwurf gemacht werden, konnte sie doch davon ausgehen, dass Fachunternehmen entsprechend taugliche Produkte verbauen.
Der Klagsanspruch ist daher nicht um ein Mitverschulden zu mindern. Dies kann bereits aufgrund der vorliegenden Feststellungen beurteilt werden, so dass die behaupteten sekundären Feststellungsmängel nicht vorliegen.
5.7. Die Berufung der Erstbeklagten bleibt somit ohne Erfolg, während hinsichtlich der Zweitbeklagten die Entscheidung aufzuheben war.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
7. Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen. Die Fragen der Erfüllung der maßgebenden Sicherheitserwartungen, der Erforderlichkeit von Produktinstruktionen und des Vorliegens bzw des Ausmaßes eines Mitverschuldens sind solche des Einzelfalles (vgl RS0107610 T10, RS0071549 T5, 1 Ob 62/11s).
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