Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden, den Richter Dr. Stiefsohn und die Richterin MMag. a Pichler in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, Vereinigtes Königreich, vertreten durch Mag. Alexander Lubich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH, FN **, **, vertreten durch Stefan Prochaska Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen GBP 27.200,-- s.A. und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 32.628,--), über den Kostenrekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 6.956,76) gegen die im Urteil des Handelsgerichts Wien vom 20.4.2023, 31 Cg 69/21p-52, enthaltene Kostenentscheidung, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschl uss
gefasst:
I. Die mit der Kostenrekursbeantwortung vorgelegte Urkunde wird zurückgewiesen.
II. Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Kostenentscheidung wird geändert und lautet:
„Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 6.997,80 (darin EUR 995,54 Umsatzsteuer) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 392,11 (darin EUR 65,35 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Der Kläger begehrte die Zahlung von GBP 27.200,-- s.A. und die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche künftig fällig werdenden Ansprüche aus dem agency cooperation agreement vom 7./14.7.2021 sowie für sämtliche künftige Schäden aufgrund des am 11.8.2021 erklärten unberechtigten Vertragsrücktritts.
Mit Urteil vom 20.4.2023 wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Mit der angefochtenen Kostenentscheidung sprach es der Beklagten einen Kostenersatz von EUR 13.213,44 (darin EUR 2.031,48 Umsatzsteuer und EUR 20,10 Barauslagen) zu und stützte sich dafür auf § 41 Abs 1 ZPO.
Dagegen richtet sich der Kostenrekurs des Klägers erkennbar wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, der Beklagten nur EUR 7.690,08 Kostenersatz zuzusprechen, also um EUR 5.523,36 weniger, und dem Kläger seinerseits einen Kostenersatz von EUR 1.433,40 zuzusprechen.
Die Beklagte beantragt, dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
1. Am 30.6.2022 verzeichnete die Beklagte EUR 145,-- „Barauslagen – Übersetzung und Beglaubigung Vertrag“. Eine Bescheinigung dieser Auslagen ist im Verfahren erster Instanz unterblieben. Erst mit der Kostenrekursbeantwortung legte die Beklagte eine Honorarnote der Dolmetscherin Dr. C* vor.
Durch die Vorlage einer Urkunde mit ihrer Kostenrekursbeantwortung verstößt die Beklagte gegen das Neuerungsverbot, das auch im Rekursverfahren gilt (§ 482 Abs 2 ZPO; RS0108589). Die Urkunde war daher zurückzuweisen.
Barauslagen sind aufzugliedern und zu bescheinigen (vgl zB Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.52, 1.54), und zwar spätestens bei Schluss der Verhandlung (§ 54 Abs 1 ZPO; Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.58). Zudem ist die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der verzeichneten Leistungen, wo aus den Belegen nicht ersichtlich, zu begründen ( Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.52). Da die Bescheinigung nicht rechtzeitig erfolgt ist, stehen der Beklagten diese EUR 145,-- zzgl USt nicht zu. Der Beklagten sind somit keine Barauslagen zuzusprechen.
2. Der Kläger wendet ein, die Streitverhandlung am 19.7.2022 habe tatsächlich nur eine halbe Stunde und nicht wie von der Beklagten verzeichnet drei halbe Stunden gedauert. Dem ist zuzustimmen. Sowohl aus dem Deckblatt als auch aus dem Verhandlungsprotokoll selbst (ON 36.1 und ON 36.2 S 3) ergibt sich, dass diese Tagsatzung tatsächlich nur eine halbe Stunde dauerte. Der Beklagten wurden um EUR 567,-- zzgl USt zu viel zugesprochen.
3. Die Beklagte hat im November 2022 nur eine Bekanntgabe bei Gericht eingebracht und zwar am 10.11.2022. Die weitere von der Beklagte am 4.11.2022 verzeichnete Bekanntgabe ist daher nicht zu honorieren. Dabei handelt es sich um EUR 129,90 zzgl USt .
4.1. Der Kostenersatz für das Zwischenverfahren über die aktorische Kaution ist vom Ausgang der Hauptsache unabhängig (vgl zB Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.329). Der Kläger konnte den Antrag der Beklagten auf aktorische Kaution erfolgreich abwehren.
4.2. Für das Rekurs- und das Revisionsrekursverfahren wurde dem Kläger bereits mit ON 18 und ON 25 Kostenersatz zugesprochen. Die Beklagte hat daher keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Rekurses, ihrer Rekursbeantwortung und ihres Revisionsrekurses. Es handelt sich dabei um eine Summe von EUR 3.184,-- zzgl USt .
4.3. Als Kosten des Zwischenstreits sind nur die vom allgemeinen Verfahrensaufwand klar abgrenzbaren Kosten anzusehen; Kosten von Prozesshandlungen, die im fortgesetzten (Haupt-)Verfahren verwertbar sind, sind im Rahmen der Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits nicht zuzusprechen. Abgrenzbar sind zB nur den Zwischenstreit betreffende Schriftsätze und Rechtsmittelschriftsätze. Schriftsatzkosten sind dann nicht abgrenzbar, wenn auch ein Vorbringen zur Hauptsache erstattet wurde. Auch wenn sie klar abgrenzbar sind, müssen sie zweckentsprechend und notwendig im Hinblick auf das Thema des Zwischenstreits gewesen sein (
4.4. Dem Kläger steht grundsätzlich Kostenersatz für das Zwischenverfahren auch in erster Instanz zu. In seiner Äußerung vom 8.10.2021 brachte der Kläger aber nicht nur zur aktorischen Kaution vor, sondern beantragte auch der Beklagten aufzutragen das Agency Cooperation Agreement vom 7.7.2021 in der von ihr behaupteten vollständigen Fassung vorzulegen. Dieser Schriftsatz kann somit nicht ausschließlich dem Zwischenverfahren zugeordnet werden.
Der Kläger hat seine Kosten für seine weitere Äußerung vom 14.10.2021 zur aktorischen Kaution in dieser und somit rechtzeitig im Sinne des § 54 Abs 1 ZPO verzeichnet. § 54 Abs 1 ZPO regelt nur den spätesten Zeitpunkt; jede frühere Verzeichnung ist und bleibt wirksam ( Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.57). Auch wenn die Belege grundsätzlich zugleich mit dem Kostenverzeichnis vorzulegen sind, kann der Verlust des Kostenersatzanspruchs im Sinne des § 54 Abs 1 ZPO nicht eintreten, wenn die Aufwendung zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Kosten bescheinigt ist. Gegen die Berücksichtigung erst nach dem in § 54 ZPO genannten Zeitpunkt, aber noch vor der Kostenentscheidung vorgelegter Urkunden gibt es keine sachlichen Einwände, zumal § 274 Abs 1 S 2 ZPO im Bescheinigungsverfahren nur solche Beweisaufnahmen ausschließt, die sich nicht sofort ausführen lassen ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 § 54 ZPO Rz 19).
Laut UA S 2 wurde der Kläger als Einzelunternehmer tätig. Der Kläger wies in seinem Kostenbestimmungsantrag vom 23.5.2022 mitsamt einer Urkunde zur Bescheinigung darauf hin, dass die VAT (value added tax) in Großbritannien ebenfalls 20 % beträgt. Ihm steht daher Kostenersatz für seine Äußerung vom 14.10.2021 zuzüglich 20 % VAT zu ( EUR 576,90 zzgl USt ). Die wechselseitigen Kostenersatzansprüche aus dem Verfahren erster Instanz sind zu saldieren (vgl Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.78, Rz 1.100, Rz 1.268).
5. Der Kläger konnte durch seinen Rekurs seine Kostenersatzpflicht um EUR 6.215,64 verringern. Er obsiegte somit im Rekursverfahren zu 89 %. Ihm steht daher nach § 43 Abs 2 ZPO Ersatz von 78 % seiner Rekurskosten zu.
6. Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs im Kostenpunkt jedenfalls unzulässig.
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